Künstliche Intelligenz Muss der Chef dem Einsatz von ChatGPT zustimmen?

ChatGPT kann Texte jeglicher Art generieren. Für den Arbeitsalltag von Arbeitgebern und ihren Mitarbeitern bietet das praktische Möglichkeiten. Aber was sagt das Arbeitsrecht zum Einsatz von ChatGPT im Betrieb? Müssen Arbeitnehmer ihren Chef über den Einsatz informieren? Und dürfen die den Chatbot sogar ganz verbieten? Fünf Antworten auf arbeitsrechtliche Fragen rund um ChatGPT.

Illustration: Chatbot mit Sprechblasen.
Arbeitgeber und -nehmer sollten von ChatGPT erstellte Inhalte kritisch prüfen. - © MindestensM - stock.adobe.com

Seit November letzten Jahres ist die KI-Anwendung ChatGPT (Chat Generative Pre-trained Transformer) des amerikanischen Unternehmens OpenAI frei verfügbar. ChatGPT kann Texte jeder Art verfassen, korrigieren, komplettieren, analysieren und übersetzen. Für viele Arbeitgeber und -nehmer ergeben sich so verlockende neue Möglichkeiten – aber auch einige arbeitsrechtliche Herausforderungen. Nils Wigger von der Arbeitsrechtskanzlei Wittig Ünalp beantwortet fünf wichtige Fragen rund um den Einsatz von ChatGPT im Unternehmen:

1. Ist es grundsätzlich erlaubt, eine KI die Arbeit machen zu lassen? Und welche Risiken können dabei auftreten?

Von E-Mails über Stellenanzeigen bis hin zur Analyse großer Datenmengen – all das kann mit ChatGPT automatisiert erstellt werden. Die KI-Anwendung könnte somit den Berufsalltag vieler Menschen deutlich erleichtern. Aber ist die Nutzung der Software aus arbeitsrechtlicher Sicht erlaubt? "Grundsätzlich dürfen Arbeitnehmende ihre Arbeit von ChatGPT erledigen lassen", erklärt Nils Wigger. "Denn eine KI ist nach heutiger Ansicht kein Dritter, sondern lediglich ein Arbeitsmittel." Folglich steht die Unübertragbarkeit des Dienstes (§ 613 BGB) einer Anwendung nicht im Wege.

Ganz ohne Eigenleistung geht es aber auch mit ChatGPT nicht. Denn zum einen müssen die Eingaben (genannt "Prompts") möglichst präzise sein, um nützliche Antworten zu erhalten. Zum anderen sind die vom Chatbot generierten Texte nicht immer fehlerfrei. Übernehmen Arbeitnehmer falsche Inhalte, werden diese als eigene Fehler gewertet. Sie sollten daher KI-basierte Texte immer kritisch hinterfragen und auf ihre Richtigkeit prüfen.

2. Müssen Arbeitnehmer ihren Arbeitgeber über den Einsatz von ChatGPT informieren?

Es empfiehlt sich für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, ihre Arbeitgeber vor der Verwendung der KI zu informieren. Eine Auskunftspflicht besteht zumindest dann, wenn die Aufgaben ausschließlich mit dem Chatbot erbracht werden, erläutert Wigger.

3. Was ist beim Datenschutz zu beachten?

Es ist wichtig, niemals sensible Daten bei ChatGPT einzugeben. "Sämtliche Daten werden von OpenAI sowie unbenannten Service-Providern gespeichert. Gegen die Verarbeitung von personenbezogenen Daten bestehen daher erhebliche Bedenken", sagt der Fachanwalt für Arbeitsrecht. Zudem ist es möglich, dass ChatGPT die erhaltenen Angaben nutzt, um seine Dienste weiter zu optimieren. So kann es passieren, dass sich die Software Zahlen, Unternehmensdaten oder gar Geschäftsgeheimnisse merkt und an Dritte weitergibt.

4. Dürfen Arbeitgeber verbieten, ChatGPT im Betrieb zu nutzen?

Unternehmen, die zum Beispiel aufgrund der Datenschutzproblematik gegen das Arbeiten mit ChatGPT sind, dürfen dessen Einsatz im Unternehmen untersagen. "Im Rahmen ihres Weisungsrechts können Arbeitgeber ChatGPT im Betrieb einführen oder aber verbieten. Wird gegen das Verbot verstoßen, dürfen arbeitsrechtliche Maßnahmen wie eine Abmahnung oder Kündigung ergriffen werden", erläutert Wigger.

5. Dürfen Arbeitgeber den Chatbot für den Bewerbungsprozess einsetzen?

Möchten Arbeitgeberinnen oder Arbeitgeber den Chatbot bei personellen Entscheidungen (z. B. Auswahl von Bewerberinnen und Bewerbern) einsetzen, ist darauf zu achten, dass die letzte Entscheidung immer bei einer natürlichen Person liegen muss (gemäß Art. 22 Abs. 1 DSGVO).

Um als Unternehmen alle Rechte und Pflichten im Zusammenhang mit ChatGPT im Blick zu haben, rät Nils Wigger zu einer juristischen Beratung: "So kann eine rechtskonforme und verantwortungsvolle Implementierung der KI-Anwendung im Unternehmen sichergestellt werden." ew