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Fall Claas Relotius Wie der SPIEGEL auf die Kritik des US-Botschafters reagiert

Der US-Botschafter in Berlin, Richard Grenell, erhebt im Fall Claas Relotius unter anderem Vorwürfe des Antiamerikanismus gegen den SPIEGEL. Wir dokumentieren das Schreiben an die Chefredaktion - und die Antwort des Hauses.

US-Botschafter Richard Grenell hat den SPIEGEL wegen des Falls Claas Relotius kritisiert und sich "besorgt" geäußert, dass die SPIEGEL-Leitung "diese Art der Berichterstattung forciert und die Reporter offenkundig das liefern, was die Unternehmensleitung verlangt". Er wirft dem Haus Antiamerikanismus vor und behauptet, Reporter und Redakteure hätten "regelmäßig Informationen und Berichte veröffentlicht, deren Unwahrheit sich herausgestellt hätte, wenn die Fakten zuerst mithilfe der US-Botschaft überprüft worden wären". Leider würden SPIEGEL-Journalisten "uns nicht einmal anrufen", bevor sie schreiben. Wir dokumentieren das Schreiben des Botschafters an den künftigen Chefredakteur Steffen Klusmann und die Antwort des Hauses.


Sehr geehrter Herr Botschafter,

danke für Ihren Brief. Ich antworte Ihnen, da sich die Vorwürfe auf einen Zeitraum beziehen, in dem Steffen Klusmann nicht Chefredakteur des SPIEGEL war. Er übernimmt die Geschäfte am 1. Januar 2019. Ich war in den vergangenen vier Jahren stellvertretender Chefredakteur und antworte Ihnen im Namen der Chefredaktion, die zum 31. Dezember abtritt.

Tatsächlich hat einer unserer Reporter Berichte weitgehend erfunden, darunter auch Berichte aus den USA. Wir entschuldigen uns bei allen amerikanischen Bürgern, die durch diese Reportagen beleidigt und verunglimpft wurden. Uns tut das sehr leid. Das hätte niemals passieren dürfen.

Hier haben unsere Sicherheits- und Kontrollsysteme versagt. Wir arbeiten hart daran, diese Dinge aufzuklären und unsere Verfahren und Standards zu verbessern.

Gleichwohl möchte ich Ihnen in einem Punkt widersprechen. Wenn wir den amerikanischen Präsidenten kritisieren, ist das nicht Anti-Amerikanismus, sondern Kritik an der Politik des Mannes im Weißen Haus. Anti-Amerikanismus ist mir zutiefst fremd und mir ist absolut bewusst, was Deutschland den USA zu verdanken hat: sehr viel. Es gibt beim SPIEGEL keine institutionelle Voreingenommenheit gegenüber den USA.

Sie deuten an, dass es auch in anderen Fällen eine fehlerhafte Berichterstattung über Ihr Land gegeben habe. Nennen Sie uns bitte diese Fälle, wir gehen dem umgehend nach.

Hochachtungsvoll

Dirk Kurbjuweit, stellvertretender Chefredakteur DER SPIEGEL