Das Ministerium für Landesentwicklung und Wohnen hat im Mai 2022 neue Leitlinien erlassen, um die Installation von Photovoltaikanlagen (PV-Anlagen) auf denkmalgeschützten Gebäuden zu erleichtern. Im April 2023 wurden die Leitlinien aktualisiert und an die neuen Rahmenbedingungen im Denkmalschutzgesetz angepasst. Der denkmalfachliche Belang wird nun stärker zurückgestellt, um noch mehr PV-Anlagen zu ermöglichen. Außerdem wurde das Verfahren beschleunigt.
Wer eine Solaranlage an oder auf einem Kulturdenkmal (nach § 2 Denkmalschutzgesetz) errichten will, braucht dafür grundsätzlich eine denkmalschutzrechtliche Genehmigung. Dies wird von den zuständigen unteren Denkmalschutzbehörden in den Landratsämtern, größeren Gemeinden und Verwaltungsgemeinschaften jeweils im Einzelfall geprüft. Die Leitlinien des Ministeriums dienen dabei als Handreichung und Entscheidungshilfe.
Die Leitlinien stellen klar: Die Genehmigung ist „regelmäßig zu erteilen“, wenn sich die Solaranlagen der eingedeckten Dachfläche unterordnen und möglichst flächenhaft angebracht werden. Nur bei einer „erheblichen Beeinträchtigung“ des Kulturdenkmals kann anders entschieden werden. Dabei soll in der Einzelfallprüfung zum Beispiel auch berücksichtigt werden, ob die Solaranlage ausreichend Abstand zur Dachkante hält.
Die Leitlinien in Kürze
Grundlagen für die Einzelfallentscheidung sind folgende Punkte:
- Zu prüfen ist, ob sich Alternativstandorte beispielsweise auf nachrangigen Nebengebäuden besser für die Errichtung eignen.
- Solaranlagen müssen sich der eingedeckten Dachfläche unterordnen.
- Bestehen künstlerische Schutzgründe für das Kulturdenkmal oder handelt es sich um Dachflächen mit einer anspruchsvollen Gestaltung, ist zu prüfen und gesondert zu begründen, ob eine erhebliche Beeinträchtigung des Erscheinungsbildes und/oder ein erheblicher Substanzeingriff bei der Errichtung von Solaranlagen vorliegt.
- Soll die Solaranlage in der Umgebung eines Kulturdenkmals von besonderer Bedeutung errichtet werden, sind die Hinweise zum Vollzug von § 15 Absatz 4 Satz 2 DSchG zu berücksichtigen.
- Von den Leitlinien unberührt bleiben die Kulturdenkmale, die im Schutzbereich einer bereits anerkannten oder potentiellen UNESCO-Weltkulturerbestätte liegen.
Leitlinien für die Errichtung von Solaranlagen...
Leitlinien für die Entscheidung über die Erteilung einer denkmalschutzrechtlichen Genehmigung nach § 8 Absatz 1 DSchG i.V.m. § 7 Absatz 2 Satz 2 für die Errichtung von Solaranlagen auf bzw. an einem Kulturdenkmal nach § 2 DSchG*
1. Der Begriff Solaranlagen umfasst sowohl Photovoltaik- als auch Solarthermieanlagen (jeweils alle technischen Elemente).
2. Die Errichtung von Solaranlagen an oder auf Kulturdenkmalen nach § 2 DSchG bedarf grundsätzlich einer denkmalschutzrechtlichen Genehmigung. Die Genehmigung ist regelmäßig zu erteilen. Nur bei einer erheblichen Beeinträchtigung eines Kulturdenkmals im Sinne von § 8 Absatz 1 DSchG kommt eine abweichende Entscheidung in Betracht.
3. Grundlage für die Einzelfallentscheidung sind die folgenden Leitlinien:
• Zu prüfen ist, ob sich Alternativstandorte bspw. auf nachrangigen Nebengebäuden besser für die Errichtung von Solaranlagen eignen.
• Solaranlagen müssen sich der eingedeckten Dachfläche unterordnen. Das ist insbesondere der Fall, wenn
- das Dach des Kulturdenkmals durch die Solaranlage nicht fremdartig überformt wird; aufgesetzte Solarelemente halten so viel Abstand von den Dachkanten, dass das Dach in seiner Kontur noch deutlich ablesbar bleibt (in der Regel 2 bis 3 Ziegelreihen);
- die Solaranlage möglichst flächenhaft angebracht ist; keine „Briefmarken“ über die Dachfläche verteilt sind;
- die Solaranlage matt und monochrom ausgeführt ist (Rahmen und Module).
• Sind künstlerische Schutzgründe für das Kulturdenkmal benannt oder handelt es sich um Dachflächen mit einer anspruchsvollen Gestaltung, wie bspw.:
- stark gegliederte Dachflächen (Kreuzungen, Rundungen, Überschneidungen, Turmeinschnitte, etc.),
- mit einer besonderen Gestaltung im Dachbereich (verzierter Ortgang, gestaltete historische Dachgauben, Zwerchhäuser, Schweifgiebel etc.) oder
- mit vorhandener historischer Dachdeckung
ist zu prüfen und gesondert zu begründen, ob eine erhebliche Beeinträchtigung des Erscheinungsbildes und/oder ein erheblicher Substanzeingriff bei der Errichtung von Solaranlagen vorliegt. In diesen Fällen ist zudem zu prüfen, ob durch die farbliche Anpassung der Solarmodule an die Dachfarbe die Erheblichkeit der Beeinträchtigung so weit gemindert werden kann, dass eine Genehmigungsfähigkeit erreicht wird. Soweit das ausnahmsweise nicht möglich ist, ist die Errichtung der Solaranlage dann regelmäßig nicht genehmigungsfähig.
• Soll die Solaranlage in der Umgebung eines Kulturdenkmals von besonderer Bedeutung errichtet werden, sind die Hinweise zum Vollzug von § 15 Absatz 4 Satz 2 DSchG zu berücksichtigen.
4. Die Genehmigungsbehörden haben ihren Ermessens- und Beurteilungsspielraum auszuschöpfen. Ggf. sind Nebenbestimmungen in Erwägung zu ziehen.
5. Für Solaranlagen, die entsprechend diesen Leitlinien ausgeführt werden, gilt die Anhörung des Landesamts für Denkmalpflege (§ 3 Absatz 4 Satz 1 DSchG) als vorweggenommen erfolgt (vgl. Erlass der obersten Denkmalschutzbehörde vom 23. Februar 2022). Das Landesamt für Denkmalpflege erhebt in diesen Fällen keine denkmalfachlichen Bedenken. Die Genehmigungsbehörden müssen das Landesamt für Denkmalpflege vor der Entscheidung über die Erteilung einer denkmalschutzrechtlichen Genehmigung nach § 8 Absatz 1 DSchG i.V.m. § 7 Absatz 2 Satz 2 DSchG also regelmäßig nicht mehr anhören, können es aber insbesondere in Zweifelsfällen weiterhin anhören.
* Unberührt bleiben die Kulturdenkmale nach § 2 DSchG, die im Schutzbereich einer bereits anerkannten oder einer potentiellen Stätte von außergewöhnlichem universellen Wert für die Menschheitsgeschichte (UNESCO-Weltkulturerbe) liegen.
Leitlinien für die Entscheidung über die Erteilung einer denkmalschutzrechtlichen Genehmigung nach § 15 Absatz 3 Satz 3 DSchG i.V.m. § 15 Absatz 4 Satz 2 DSchG für die Errichtung von Solaranlagen in der Umgebung eines Kulturdenkmals von besonderer Bedeutung (§§ 12, 28 DSchG)
1. Der Begriff Solaranlagen umfasst sowohl Photovoltaik- als auch Solarthermieanlagen (jeweils alle technischen Elemente).
2. Ob für die Errichtung einer Solaranlage in der Umgebung eines Kulturdenkmals von besonderer Bedeutung (§§ 12, 28 DSchG) eine denkmalschutzrechtliche Genehmigung erforderlich ist, richtet sich weiterhin nach § 15 Absatz 3 Satz 1, 2 DSchG.
3. Die folgenden Leitlinien bilden die Grundlage für die nach § 15 Absatz 3 Satz 3 DSchG i.V.m. § 15 Absatz 4 Satz 2 DSchG im Einzelfall zu treffende Entscheidung über die Erteilung einer denkmalschutzrechtlichen Genehmigung:
a. Der Errichtung einer Solaranlage stehen außer in den Fällen der Ziffer 3. b. denkmalfachliche Belange regelmäßig nicht entgegen. Die denkmalschutzrechtliche Genehmigung ist insoweit regelmäßig zu erteilen.
Soll die Solaranlage an bzw. auf einem Kulturdenkmal nach § 2 DSchG errichtet werden, sind insoweit Ziffern 2, 3 und 4 der „Leitlinien für die Entscheidung über die Erteilung einer denkmalschutzrechtlichen Genehmigung nach § 8 Absatz 1 DSchG i.V.m. § 7 Absatz 2 Satz 2 DSchG für die Errichtung von Solaranlagen auf bzw. an einem Kulturdenkmal nach § 2 DSchG“ anzuwenden.
b. Lediglich in den folgenden Fällen können der Errichtung einer Solaranlage in der Umgebung eines Kulturdenkmals von besonderer Bedeutung denkmalfachliche Belange ausnahmsweise entgegenstehen und kann die Errichtung zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Kulturdenkmals führen:
-
Kulturdenkmal von besonders exponierter topografischer, kulturlandschaftlicher Lage oder landschaftlicher Dominanz
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Kulturdenkmal mit besonderer stadträumlicher Wirksamkeit bzw. Sonderstellung im Stadtraum („Stadtbaustein“)
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Kulturdenkmal von sehr hoher landesgeschichtlicher oder sehr hoher touristischer Bedeutung
-
UNESCO-Welterbestätten mit Kern- und Pufferzone sowie Tentativlistenanträge
Das Landesamt für Denkmalpflege im Regierungspräsidium Stuttgart hat im Rahmen seiner Anhörung in denkmalschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren (§ 3 Absatz 4 Satz 1 DSchG) das Vorliegen eines Ausnahmefalls zu prüfen sowie gesondert zu begründen und kann nur insoweit entgegenstehende denkmalfachliche Belange vorbringen. Nur in diesen Fällen kann die Errichtung einer Solaranlage in der Umgebung eines Kulturdenkmals von besonderer Bedeutung ausnahmsweise nicht genehmigungsfähig sein.
4. Die Genehmigungsbehörden haben ihren Ermessens- und Beurteilungsspielraum auszuschöpfen. Ggf. sind Nebenbestimmungen in Erwägung zu ziehen.
Das Verfahren: Wer entscheidet über die Anbringung von Solaranlagen?
Die äußere Erscheinung denkmalgeschützter Gebäude darf regelmäßig nur eingeschränkt verändert werden. Daher ist eine Genehmigung verpflichtend. Dies gilt auch für den Bereich denkmalgeschützter Stadtkerne. Auch bei Anlagen in der Nähe denkmalgeschützter Objekte sollte man sich teilweise um eine denkmalschutzrechtliche Genehmigung bemühen.
Bei solchen denkmalschutzrechtlichen Verfahren entscheiden die unteren Denkmalschutzbehörden, die in der Regel in den unteren Baurechtsbehörden angesiedelt sind. Das sind Landratsämter, größere Gemeinden und Verwaltungsgemeinschaften. Diese Verwaltungsbehörden sind für den Vollzug des Denkmalschutzes zuständig. Sie sind erster Ansprechpartner für die Denkmaleigentümerinnen und Denkmaleigentümer, nehmen deren Anträge entgegen und treffen die Entscheidungen.