Kinderarzt klärt auf Sind Atem-Masken für Kinder gefährlich?

Stylische Mundschutzmasken für Kinder und Erwachsene zeigen in der Silke Wagler Couture ein Mädchen (l) und eine junge Frau
Stylische Mundschutzmasken für Kinder und Erwachsene zeigen in der Silke Wagler Couture ein Mädchen (l) und eine junge FrauFoto: Waltraud Grubitzsch / dpa

Über WhatsApp und in den sozialen Medien werden aktuell Nachrichten verbreitet, die davor warnen, Kindern – insbesondere kleinen – selbstgenähte Atemschutzmasken aufzusetzen.

Denn unter den Masken würde sich zu viel CO2 sammeln, das Kinder dann wieder einatmeten. Angeblich könne das zu Atemlähmungen führen. Für Kinder unter 12 Jahren seien die Masken ungeeignet. Für unter 6-Jährige sogar gefährlich.

BILD hat den Kinder- und Jugendarzt Dr. Michael Achenbach gefragt, ob da etwas dran ist und ob sich Eltern wirklich Gedanken machen müssen.

Atemschutzmaske für Kinder

BILD: Viele Eltern fragen sich gerade: Sind selbstgenähte Masken für Kinder wirklich gefährlich?

Dr. Achenbach:
„Zunächst einmal: Ich halte die Sorge von Eltern für nachvollziehbar. Man macht sich halt Gedanken, ob die Kinder auch unter den Masken noch genug Luft bekommen und ob sie durchlässig genug sind.“

Und sind sie es?

Achenbach:
„Ich denke, man kann da in der Regel komplett Entwarnung geben. Gerade die selbstgenähten Masken sind ja so konzipiert, dass der Stoff vor Nase und Mund sitzt und davor schützen soll, dass beim Husten oder Niesen die Tröpfchen beziehungsweise das Aerosol nach außen dringen oder auch andersherum nicht in die Atemwege gelangen. Die Atemluft gelangt dagegen über die Seiten der Maske nach innen. Besorgte Eltern können also darauf achten, dass von dort genügend Luft zum Atem reinkommt. Komplett geschlossene Masken wie beispielsweise Staubschutzmasken aus dem Baumarkt würde ich für Kinder dagegen nicht unbedingt empfehlen.“

Zu viel CO2 unter den selbstgenähten Masken kann sich also nicht stauen?

Achenbach:
„Ganz prinzipiell reicht die Luft unter einer Maske – egal welcher, denn das sind nur wenige Milliliter – nicht einmal für einen einzigen normalen Atemzug. Ein Erwachsener atmet dabei jedes Mal im Schnitt ungefähr einen Liter Luft ein ...“

Also das Volumen, was ungefähr einem Milch-Tetra Pak entspricht ...

Achenbach:
„ ... und auch wenn das bei Kindern mit ihren kleineren Lungen deutlich weniger ist, brauchen sie dennoch viel mehr Luft als die, die sich unter einer Maske sammeln kann.

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Gefährlich für kleinere Kinder?

Gibt es eine Gefahr für kleinere Kinder?

Achenbach:
„Je kleiner die Kinder, desto schwieriger das Handling durch das Kind selber. Aber ich habe in der Praxis auch schon Vierjährige mit Masken gesehen. In Begleitung eines Erwachsenen und - wie schon gesagt - mit einer offenen Mund-Nasen-Maske (keine geschlossen anliegende Staubschutzmaske) sehe ich da kein Problem. Irgendwo zwischen 6 und 12 können die Kinder es dann zusätzlich selber hinbekommen, die Masken anzulegen. Wobei, wenn sie mit Gummizug und nicht zum Knoten ist, dann kriegen das auch jüngere Kinder unter Umständen schon alleine hin.“

Vermeindlich gutinformierte Warnung im Internet
Vermeindlich gutinformierte Warnung im InternetFoto: Whatsapp


Stimmt es, dass Kinder nicht merken, wenn sie zu wenig Luft bekommen?

Achenbach:
„Diese Behauptung ist irreführend: Kinder merken es deutlich, wenn sie keine Luft bekommen und können sich im Zweifel die Maske selbstständig vom Gesicht ziehen, gerade wenn es eine Maske mit Gummizug hinter den Ohren ist. Und Sie als aufmerksamer Erwachsener würden es auch sofort mitbekommen. Die Kinder gehen im Moment doch ohnehin nicht allein raus zum Einkaufen oder fahren ohne Begleitung mit öffentlichen Verkehrsmitteln, wo die Masken getragen werden sollen. Beim Spazieren im Park, beim Spielen draußen oder beim Sport ist es viel wichtiger darauf zu achten, die Mindestabstände einhalten.“

5 Gesichtsmasken-Typen im Vergleich – Infografik

Gefährliche Keime unter der Maske?

Was ist an der Behauptung dran, durch die Feuchtigkeit in der Maske könnten sich gefährliche Keime in der Lunge vermehren?

Achenbach:
„Zunächst einmal: Hinter der Maske sind zuallererst unsere eigenen Keime. Es ist unsere eigene Feuchtigkeit – davon geht keine Gefahr für uns selbst aus. Außerdem sollen die Masken auch nicht länger als zwei Stunden am Stück getragen werden. Dann müssen sie gewaschen und desinfiziert werden.

Deshalb sollte man bei einer Maske Marke Eigenbau auch einen Stoff verwenden, der gekocht werden kann.

Falls eine Kochwäsche aber nicht möglich ist, empfehle ich mit einem desinfizierenden Waschmittel zu waschen. Die sind speziell gekennzeichnet und desinfizieren auch schon bei einer 60-Grad-Wäsche. Eine korrekt behandelte Maske ist keine Brutstätte für Keime!“

Dr. Michael Achenbach ist niedergelassener Kinder- und Jugendarzt in Plettenberg (NRW) im Sauerland.