Münchner Hauptbahnhof:Der Fehlalarm wird zur Routine

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"Robuste Streifen": die Bundespolizei am Hauptbahnhof. (Foto: Catherina Hess)
  • Viele Münchner sind derzeit derart wachsam, dass Einsatzkräfte immer häufiger umsonst ausrücken müssen.
  • Der Hauptbahnhof war in der Nacht stundenlang gesperrt. Am Hofbräuhaus hielt ein Passant den Trafo für die Weihnachtsbeleuchtung fälschlicher Weise für eine Bombe.

Von Martin Bernstein und Susi Wimmer, München

Die Bürger sollen angesichts der Terrorgefahr wachsam sein, hatte Münchens Polizeipräsident Hubert Andrä am Mittwoch gefordert. Nun, die Münchner sind derzeit derart wachsam, dass die Einsatzkräfte am Donnerstag gleich mehrmals ausrücken mussten - immer wegen Fehlalarmen. Im besonderen Fokus dabei: der Hauptbahnhof.

Am Mittwochabend sperrte die Bundespolizei um 22.30 Uhr für mehrere Stunden den gesamten Bahnhof und unterbrach den Zugverkehr. Ein Koffer, der zunächst keinem Besitzer zugeordnet werden konnte, war auf der Galerie in der Schalterhalle gefunden worden. Eigens hinzugezogene Spezialkräfte der Bundespolizei öffneten ihn gegen 1.23 Uhr - und gaben Entwarnung: In dem Reisekoffer befand sich nur Kleidung.

Ein weiteres herrenloses Gepäckstück wurde am Donnerstagmorgen auf dem Mittelbahnsteig der S-Bahn am Hauptbahnhof gemeldet. Vorsichtshalber durften die Züge dort nicht anhalten. Nach fünf Minuten konnten Bundespolizisten Entwarnung geben.

Wie die Münchner Bahnhöf geschützt werden

Seit der Terrorwarnung von Hannover am Dienstagabend verzeichnet die Münchner Bundespolizei eine deutliche Zunahme derartiger Meldungen. Rund um die Uhr bewachen Beamte Haupt- und Ostbahnhof sowie den Bahnhof Pasing, drei der vier größten bayerischen Bahnhöfe, mit "robusten Streifen". Das heißt, sie tragen Schutzwesten und haben Maschinenpistolen dabei. Von den 150 S-Bahn-Stationen in und um München sind außerdem 58 mit etwa 600 Kameras ausgestattet. Hinzu kommen Kameras in den S-Bahnen.

Trotz allem ist totale Sicherheit und Überwachung gerade am Hauptbahnhof eine Illusion. "Die Bahn ist ein Massenverkehrsmittel - und ein offenes System", sagt Wolfgang Hauner, Sprecher der Bundespolizei. Die Sicherheitsmaßnahmen sollten effektiv sein, "aber das normale Leben so wenig wie möglich einschränken".

Fehlalarm
:Hauptbahnhof in der Nacht zeitweise gesperrt

In der Nacht musste der Hauptbahnhof drei Stunden lang gesperrt werden. Beamte der Bundespolizei hatten einen herrenlosen Koffer gefunden.

Aber das müssten sie, wollte man sie deutlich ausweiten. In Spitzenzeiten frequentieren mehr als 500 000 Menschen pro Tag den Hauptbahnhof. Nicht nur Fahrgäste tummeln sich dort, auch Passanten, die dort essen, einkaufen oder einfach nur die Bahnhofshalle durchqueren. "Wir haben ein U-Bahn-, ein S-Bahn- und ein Zwischengeschoss und noch den Bereich, in dem die Züge abfahren", erklärt Hauner. Diese Stränge müsste man ähnlich wie am Flughafen baulich trennen, um wirklich jeden Fahrgast samt Gepäck kontrollieren zu können. "Das ist kaum zu realisieren", sagt der Sprecher der Bundespolizei.

Fehlalarm auch am Hofbräuhaus

Das Bahnhofsareal müsste deutlich größer und zudem technisch hoch gerüstet werden, zudem schnell hermetisch abzuriegeln sein. Allein die baulichen Maßnahmen dafür würden horrende Summen verschlingen. Und erweiterte Kontrollen der Passagiere wie etwa am Flughafen würden auch bedeuten, dass sich Fahrgäste Stunden vorher am Zug einfinden müssten - wie eben an einem Airport.

Der Münchner Hauptbahnhof ist aber ohnehin schon gut bewacht. Als einziger Bahnhof in Deutschland beherbergt er zwei Polizei-Dienststellen: Die Bundespolizei mit 300 Einsatzkräften und die Landespolizei mit 50 Beamten. "Unser Bahnhof ist sauber, übersichtlich, mit viel Glas, wir haben kurze Wege", zählt Hauner die Vorteile aus polizeilicher Sicht auf. Mit Fehlalarmen werden Fahrgäste und Polizisten leben müssen.

Übrigens auch an anderen besonders frequentierten Orten in der Innenstadt: Ein Passant alarmierte am Donnerstag die Polizei, weil er einen Mann beobachtete, der eine Apparatur am Hofbräuhaus angebracht hatte. Es handelte sich freilich nicht um eine Bombe, sondern um den Trafo für die Weihnachtsbeleuchtung.

© SZ vom 20.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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