Karl-Heinz Rummenigge im Interview: „Wir wollen die beste Mannschaft der Welt werden“

Barcelona - Bayern heute ab 20.45 Uhr im Live-Ticker

Von: Von FELIX SEIDEL

BILD am FEIERTAG: 4:0 gegen Barcelona im Hinspiel. Das muss doch reichen fürs Champions-League-Finale am 25. Mai in Wembley, oder?

Karl-Heinz Rummenigge (57): Ich bin alles andere als entspannt. Die Wiese ist noch nicht gemäht. Ich weiß, dass Barcelona noch mal alles versuchen wird. Wir werden eine sehr konzentrierte Leistung abrufen müssen, um unsere gute Ausgangsposition nicht zu gefährden – und ins Finale einzuziehen.

Sie rechnen mit einem Barca-Orkan?

Barcelona hat eine gewaltige Offensivkraft. Und die werden sie von Anfang an reinschmeißen. Wie nach dem 0:2 im Achtelfinal-Hinspiel gegen den AC Mailand. Da ist ihnen im Rückspiel schon nach fünf Minuten durch Messi das 1:0 gelungen. Damit haben sie Milan beeindruckt. Das gilt es, zu verhindern.

Dennoch: War die 4:0-Demütigung in München nicht bereits der Machtwechsel an Europas Fußball-Spitze?

Ich bin vorsichtig mit dem Wort Wechsel. Barcelona hat über sechs, sieben Jahre Europa dominiert, dreimal in dieser Zeit die Champions League gewonnen. Wir sind mit den ganz großen Klubs dieser Welt nun wieder auf Augenhöhe. Jetzt müssen wir daran arbeiten, dass wir dieses Niveau in den kommenden Jahren stabil halten. Die Qualität dazu haben wir.

Bayern steht vor dem dritten Final-Einzug innerhalb von vier Jahren.

Der erneute Einzug ins Champions-League-Finale wäre fantastisch. Wir haben den Traum, die beste Mannschaft der Welt zu werden. Diese Chance haben wir in dieser Saison. Wir sind schon Meister, stehen im Pokalfinale. Wenn wir es auch nach Wembley schaffen, könnten wir das Triple holen. Das ist uns selbst zu Beckenbauer-Müller-Maier-Zeiten nicht geglückt. Da war das Double das Maximum.

Ärger gibt es trotzdem. Dortmund-Boss Watzke und Mainz-Manager Heidel übten Kritik wegen mangelnder Kommunikation bei Transfers. Verliert Bayern gerade seinen guten Stil?

Die Aufgabe von uns ist es, gute Transfers zu machen, um die Qualität unserer Mannschaft zu steigern. Solange nicht alles unterschrieben ist, kannst du damit nicht hausieren gehen oder einfach anrufen und sagen: Übrigens, wir haben uns mit Mario Götze geeinigt.

Besonders dieser Transfer sorgte für Verstimmung.

Ich glaube nicht, dass Bayern München nicht stilvoll ist. Ich glaube, dass bei den Kollegen eher ein Stück weit  Enttäuschung darüber herrscht, dass sie gute Spieler verlieren. Mainz verliert Jan Kirchhoff an uns -  ohne Ablöse. Das tut dir natürlich weh. Und wenn in Dortmund der beste Spieler geht, bist du ebenfalls verärgert. Auch wenn du für ihn viel Geld bekommst. Dafür habe ich Verständnis. Ich würde mich doch auch ärgern, wenn uns morgen einer den Franck Ribéry wegschnappen würde. Aber: Götze hat eine Ausstiegsklausel in seinem Vertrag, die ihm einen Wechsel ermöglicht.

Ribéry hat einen Vertrag bei Bayern bis 2015. Ohne Ausstiegsklausel.

Richtig. Denn wenn du Spielern die Möglichkeit gibst, sich mit Klauseln aus dem Vertrag zu lösen, dann darfst du am Ende des Tages auch nicht klagen, dass es passiert. Bei Bayern hat deshalb kein Spieler eine Ausstiegsklausel im Vertrag.

Auch 37-Millionen-Einkauf Mario Götze nicht?

Nein, eine Ausstiegsklausel wie in Dortmund hat er in München nicht. Es ist zwar versucht worden, diese in den Vertrag zu verhandeln. Aber das ist von uns abgelehnt worden.

Günter Netzer sagt, Götze sei das größte Talent der Welt.

Wenn das ein Fachmann wie Günter Netzer sagt, will ich ihm nicht widersprechen. Mario ist ohne Frage jetzt schon ein super Spieler.

Und wann kommt Dortmunds Stürmer-Star Robert Lewandowski?

Mit der Personalie gehen wir entspannt um. Ich habe gelesen, er soll bereits bei uns unterschrieben haben. Das haben wir umgehend dementiert. Mehr gibt´s dazu nicht zu sagen.

Wie viele Namen stehen noch auf der Einkaufsliste von Neu-Trainer Pep Guardiola?

Jupp Heynckes übergibt Pep eine extrem intakte Mannschaft. In allen Gesprächen gab es deshalb auch immer eine klare Aussage von ihm: Ihr habt ein klasse Team. Und da muss nicht viel getan werden. Mit der Personalie Mario Götze ist Pep sehr, sehr zufrieden. Er hat mir auch per E-Mail zum Transfer gratuliert. Wie´s weiter geht? Ich habe in meiner Zeit in Italien gelernt, Planungen nicht öffentlich zu machen.

Setzt sich Heynckes nach dieser Saison wirklich zur Ruhe?

Ich weiß es nicht. Ich habe den Eindruck, Jupp will nicht darüber sprechen. Deshalb frage ich ihn erst gar nicht. Aber sein Name wird ja bei vielen Vereinen gehandelt.

Außer auf Schalke. Dort ist jetzt Stefan Effenberg als Trainer im Gespräch.

Matthias Sammer hat ja den Trainer-Lehrgang mit Stefan Effenberg zusammen gemacht. Da muss er sich unglaublich gut engagiert und präsentiert haben. Ich weiß heute schon: Effe wird ein guter Trainer. Und ich bin ziemlich überzeugt: Wenn Schalke Effe das Vertrauen gibt, treffen sie eine sehr gute Wahl. Er hat zwar keine Erfahrung als Trainer. Aber er hat einen so großen Fundus als Fußballfachmann, dass er das schon hinkriegen würde. Und irgendwann musst du ins kalte Wasser.

Auch bei Bayern ist Effenberg im Gespräch – als Trainer der Amateure.

Wenn Effe die Möglichkeit hat, in der Bundesliga zu arbeiten, dann muss er das machen. Das kann ich ihm nur empfehlen.

Muss er sich dort kommende Saison mit schottischen Verhältnissen rumplagen, weil Bayern dann alles überragt?

Schottische Verhältnisse – das ist die Dortmunder Wortwahl. Wir müssen einen Spagat bewältigen. Alle Bundesliga-Klubs sind national an einem spannenden Wettbewerb interessiert. Auf der anderen Seite muss die Bundesliga auch international endlich mal wieder Flagge zeigen, Titel holen. Man tut jetzt so, als wenn Bayern in den letzten sechs Jahren sechsmal Deutscher Meister geworden ist. Schon vergessen, dass uns das in den zurückliegenden zwei Jahren nicht gelungen ist?

Keine Sorge, dass die Liga langweilig werden könnte?

Nein, ich habe keine Sorge um die Attraktivität der Bundesliga. Schottische Verhältnisse werden wir nie haben. Wir hatten immer ein bisschen spanische Verhältnisse. In den 70er Jahren dominierten Bayern und Gladbach, in den 80er Jahren Bayern und Hamburg, in den 90er Jahren Bayern und Bremen. Jetzt haben wir Bayern und Dortmund. Und ich bin überzeugt, dass die Dortmunder weiter an uns kratzen werden. Sie werden vor uns nicht die weiße Flagge hissen.

Bei aller sportlicher Euphorie: Inwieweit trübt die Selbstanzeige von Uli Hoeneß die Stimmung?

Das ist eine Situation, mit der man seriös und trotzdem auch souverän umgehen muss. Wir müssen es bewerkstelligen, dass der Verein – und ganz speziell die Mannschaft – davon unbeeindruckt spielt.  Das ist gelungen. 

Leiden Sie mit Uli Hoeneß?

Uli ist sehr angespannt. Das Ganze geht nicht spurlos an einem Menschen vorbei. Ich habe ja bereits gesagt: Ich bin ein Freund von Uli Hoeneß. Und ein Freund zeigt sich in schwierigen Zeiten. Und nicht in Jubel-Momenten. Ich habe eine sehr hohe Wertschätzung über Uli Hoeneß und sein Lebenswerk, unseren FC Bayern.

Wäre es aufgrund der Unruhe nicht dennoch besser, Uli Hoeneß würde zumindest sein Amt als Aufsichtsratsvorsitzender während der Ermittlungen ruhen lassen?

Das ist eine Entscheidung, die nur Uli Hoeneß gemeinsam mit dem Aufsichtsrat fällen kann.

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