Erläuterungen zur Gefühlten Temperatur EN

Die Gefühlte Temperatur beschreibt das Temperaturempfinden eines Menschen.
Dieses stimmt häufig nicht mit der gemessenen Lufttemperatur überein, da das Empfinden neben der Lufttemperatur auch von den meteorologischen Größen Luftfeuchte, Wind und Strahlung sowie dem menschlichen Verhalten (insbesondere der Aktivität und Bekleidung) bestimmt wird.
Damit der Organismus weder auskühlt, noch aufheizt, müssen sich Wärmegewinn und Wärmeabgabe die Waage halten. Die damit verbundene Anpassungsleistung ist ein Maß für die Beanspruchung des Organismus unter den gegebenen thermischen Bedingungen. Sie lässt sich objektiv über vollständige Wärmehaushaltsmodelle des Menschen erfassen. Diese verknüpfen alle für den menschlichen Wärmehaushalt relevanten Größen und berechnen u. a. die geforderte Anpassungsleistung.
Beim DWD wird das Klima-Michel-Modell (VDI, 1998) angewendet. Es basiert auf der Behaglichkeitsgleichung nach Fanger (1972) inkl. zusätzlicher Korrekturterme, welche die Resultate eines komplexeren Energiebilanzmodells (Gagge, 1986) über Parametrisierungen integrieren, wodurch insbesondere bei feucht-warmen Bedingungen, aber auch im Kalten eine realistischere Einschätzung erreicht wird.
Das Klima-Michel-Modell liefert eine Aussage über das durchschnittliche subjektive Empfinden des Menschen (Behaglichkeit, Wärmebelastung, Kältestress). Der Name <Michel> weist auf einen Standardmenschen hin.
Das thermisches Empfinden wird somit berechnet als eine Funktion aus den meteorologischen Variablen Lufttemperatur, Windgeschwindigkeit, Wasserdampfdruck, mittlere Strahlungstemperatur (berücksichtigt sämtliche Strahlungsflüsse auf den Menschen)
und der metabolischen Rate sowie der Wärmeisolation der Bekleidung.
Zur Beschreibung des thermischen Empfindens dient die Gefühlte Temperatur (Staiger et al., 2012). Sie vergleicht die tatsächlich vorgefundenen Bedingungen mit der Temperatur, die in einer Standardumgebung herrschen müsste, um ein identisches Temperaturempfinden auszulösen. Die Bekleidung wird zwischen sommerlich leichter und winterlich dicker stets so variiert, dass sich der Mensch nach Möglichkeit behaglich fühlt.

Klima Michel und Gefühlte Temperatur

Kurz- und langwellige Strahlungsflüsse, die das thermische Empfinden des Menschen beeinflussen (Quelle DWD)

Literatur
Fanger, P.O., 1972: Thermal Comfort, Analysis and Applications in Environmental Engeneering. McGraw-Hill, New York.
Gagge, A.P., A.P. Fobelets, L.G. Berglund, 1986: A Standard Predictive Index of Human Response to the Thermal Environment.
In: ASHRAE Trans., Vol. 92, 709-731
Staiger, H., G. Laschewski, A. Grätz, 2012: The perceived temperature – a versatile index for the assessment of the human thermal environment. Part A: scientific basics. Int. J. Biometeorol. No 56, 165 - 176