Seit zehn Jahren testet die Stiftung Warentest Weiterbildungsangebote. Jetzt ist Zeit für eine Bilanz: Sind teure Kurse besser als preiswerte?
Ein Jahrzehnt Weiterbildungstests
Über 1 300 Angebote der beruflichen Weiterbildung hatte die Stiftung Warentest seit 2002 auf dem Prüfstand – vom Bewerbungsratgeber bis zur Sprachlernsoftware, vom Fernlehrgang Betriebswirtschaft bis zum Buchführungskurs. Das Gros der getesteten Angebote machen Präsenzkurse aus. Präsenzkurs heißt: Der Unterricht findet vor Ort beim Anbieter statt, und zwar in der Gruppe und unter Anleitung eines Dozenten. Anbieter solcher Kurse sind vor allem kommerzielle Weiterbildungsinstitute, Volkshochschulen, gemeinnützige Einrichtungen und Kammern Die vier größten Anbietergruppen. Getestet wird nach einem festen Schema. Erst besuchen geschulte Testpersonen die Kurse inkognito und dokumentieren den Kursverlauf. Dann begutachten und bewerten Experten die Qualität. Geprüft werden Inhalte, Vermittlung, Kursorganisation, Kundeninformation und Vertragsbedingungen Was die Stiftung Warentest prüft.
Besserer Unterricht für mehr Geld?
453 Präsenzkurse von 291 Anbietern waren in den vergangenen zehn Jahren im Test. Ausreichend Grundlage um zu vergleichen: Gibt es gravierende Unterschiede zwischen den Anbietergruppen? Bekommen Verbraucher für mehr Geld besseren Unterricht? Können die Volkshochschulen, denen viele ein verstaubtes Image nachsagen, mit der Konkurrenz mithalten?
Große Unterschiede beim Preis
Ergebnis des Zehn-Jahres-Vergleichs: Kommerzielle und gemeinnützige Institute, Volkshochschulen und Kammern unterscheiden sich besonders in einem Punkt sehr deutlich: im Preis. Bei der Qualität dagegen liegen sie recht nah beieinander. Das heißt: Wer mehr Geld ausgibt, kann nicht automatisch mit einem besseren Kurs rechnen. Volkshochschulen sind unschlagbar günstig und besser als ihr Ruf. Was die Qualität von Inhalt, Vermittlung und Kundeninformationen betrifft, brauchen sie den Vergleich mit der Konkurrenz nicht zu scheuen. Nur bei Kursorganisation und Vertragsbedingungen schnitten sie schlechter ab als die drei anderen Anbietergruppen.
5 Euro bis 47 Euro für 45 Minuten
Nur etwa 5 Euro kostete im Durchschnitt eine Unterrichtseinheit von 45 Minuten bei den Volkshochschulen. Kommerzielle Unternehmen verlangten mit durchschnittlich rund 47 Euro fast das Zehnfache. Bei Kammern zahlten Verbraucher rund 18 Euro, bei gemeinnützigen Einrichtungen etwa 22 Euro.
Inhalt: Teilweise mit Schwächen
Inhaltlich zeigten sich viele Kurse solide. Meist behandelten sie den angekündigten Stoff ausführlich genug. Insbesondere die gemeinnützigen Einrichtungen heimsten öfter als ihre Konkurrenten Bestnoten ein. Bei jedem fünften Kurs (21 Prozent) bewertete die Stiftung Warentest die inhaltliche Qualität mit „Sehr hoch“. Aber es gab auch Seminare mit Schwächen. Vor allem bei Kammern und Volkshochschulen hatten die Testpersonen öfter mal Pech und erwischten Kurse mit niedriger Qualität. Wenn es inhaltlich etwas zu bemängeln gab, dann war es zum Beispiel häufig fehlender Tiefgang. Sprich: Die Dozenten behandelten viel zu viele Themen. Eine intensive Auseinandersetzung mit den Inhalten war so nicht möglich.
Vermittlung: Nicht immer effektiv
Ein ähnliches Bild ergab sich im Prüfpunkt „Vermittlung“. Zwar war der Unterricht überwiegend ordentlich gestaltet und die Dozenten vermittelten den Lehrstoff meist verständlich und praxisnah. Doch auch hier gab es einiges zu bemängeln. Viel zu selten bereiteten die Dozenten im Kurs darauf vor, wie die Teilnehmer das Gelernte später im Berufsalltag umsetzen sollen. Außerdem blieben die Wünsche und Interessen der Kursbesucher im Unterricht häufig unberücksichtigt. Nur selten wurde danach vor Beginn der Weiterbildung gefragt. Die Folge: Die Dozenten wussten fast nichts über die Teilnehmer, die vor ihnen saßen.
Kursorganisation: Häufig gute Noten
Die Grafik zeigt viel Grün und wenig Rot – das bedeutet: Häufig gab es gute Noten für die Kursorganisation. Nicht ganz so überzeugend: die Volkshochschulen. Bei 13 Prozent ihrer Kurse lautete das Urteil: niedrig. Außerdem hatte nur jeder zweite Kurs eine hohe oder sehr hohe Qualität (51 Prozent). Bei den übrigen Anbietergruppen waren es deutlich mehr. Räume und Ausstattung sind bei Volkshochschulen nicht immer auf dem neuesten Stand. Älteres Mobiliar oder fehlende technische Geräte wie Beamer mussten die Teilnehmer dort des Öfteren in Kauf nehmen. Den Standard von Tagungshotels, wie sie zum Beispiel kommerzielle Anbieter oft für ihre Seminare anmieten, bieten Volkshochschulen in der Regel nicht.
Kundeninfos: In der Regel brauchbar
Die meisten Anbieter versorgten Interessenten vorab mit brauchbaren Informationen. Die wichtigsten Angaben zum Kurs wie Starttermine, Preise und ein grober Überblick über die Inhalte fehlten so gut wie nie. Die Qualität ist bei allen Anbietergruppen vor allem hoch und mittel. In dieser Prüfkategorie sind die Volkshochschulen allen anderen sogar eine Nasenlänge voraus: Jeder zweite Volkshochschulkurs (50 Prozent) bot Kundeninformationen von hoher oder sehr hoher Qualität. Was häufiger fehlte, waren ausführlichere Aussagen zum Kurs, etwa zur Qualifikation der Dozenten oder zum Aufbau und Ablauf des Unterrichts. Auch über die Lehrmethoden verrieten die Anbieter vorab meist nicht viel.
Verträge: Meist mit Mängeln
In den Vertragsbedingungen fanden wir fast immer Mängel – quer durch alle Anbietergruppen. Die größten Defizite bei diesem Prüfpunkt hatten die Volkshochschulen. Der Idealfall „keine Mängel“ tauchte bei ihnen überhaupt nicht auf. Stattdessen stellten wir bei 57 Prozent der getesteten Volkshochschulkurse deutliche und sehr deutliche Mängel fest, also bei mehr als der Hälfte. Positiv stechen hingegen die gemeinnützigen Einrichtungen hervor. Dort gab es am wenigsten zu beanstanden. 72 Prozent der getesteten Angebote hatten geringe, sehr geringe oder überhaupt keine Mängel. Zu den häufigsten Mängeln zählte zum Beispiel die Stornopauschale. Die meisten Anbieter verlangen sie, wenn der Kunde den Vertrag vor Kursbeginn storniert. Das ist zwar erlaubt, aber der Kunde muss die Möglichkeit haben, dem Anbieter nachzuweisen, dass der eigentliche Schaden geringer ist. Ist der Kunde krank und hat eine Bescheinigung vom Arzt, darf der Anbieter nur die entstandenen Kosten verlangen.
Fazit: Anbieter und Kurs vorher prüfen
Das Fazit für den Verbraucher lautet: Einen guten Kurs zu erwischen, ist Glückssache. Denn Spielraum für Verbesserungen gibt es bei allen Anbietergruppen. Überall können Verbraucher auch Pech haben und sich in einem schlechten Kurs wiederfinden. Wer sich möglichst preisgünstig weiterbilden möchte, checkt am besten zuerst das Programm der Volkshochschulen. All diejenigen, die Wert auf kleine Gruppen legen, haben bei den kommerziellen Instituten die besten Chancen. Dort finden Kurse im Schnitt schon ab vier Personen statt. Mehr als elf Kursbesucher sind dort eher selten. Fest steht: Wer Reinfällen vorbeugen will, sollte Anbieter und Kurs auf Herz und Nieren prüfen und sich gut informieren – am besten mithilfe der Stiftung Warentest So finden Sie den passenden Kurs.
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