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  4. Krise der Union: Hamburger CDU-Chef Ploß stellt Forderungen an Laschet

Deutschland Krise der Union

„Alle Bürgerlichen in Deutschland müssen aufwachen“

Korrespondent
Friedrich Merz – „Wir müssen jetzt kämpfen“

Die Union startet in die heiße Wahlkampfphase. Bei der Veranstaltung im Berliner Tempodrom spricht auch der frühere Unionsfraktionschef Friedrich Merz. Er fordert seine Partei zu einem couragierten Wahlkampf auf.

Quelle: WELT

Autoplay
Rücktrittsforderungen gegen Armin Laschet aus der Union und ein historisches Umfragetief – Hamburgs CDU-Chef Ploß vermisst auch nach dem offiziellen Start eigentlich alles, was zu einem erfolgreichen Wahlkampf dazugehört. Er gibt nur noch ein Minimalziel aus.

WELT: Herr Ploß, es sieht nicht gut aus für die Union mit Blick auf die Bundestagswahl. Nicht im Bund, nicht in Hamburg, und wenn die Experten von wahlkreisprognose.de recht haben, auch nicht in Ihrem Wahlkreis? Woran liegt’s?

Christoph Ploß: Als Union führen wir ja in den meisten Erhebungen in Deutschland immer noch – wenn auch knapp. Wir haben also noch alle Chancen. Klar ist: Wir müssen jetzt richtig Gas geben. Die Menschen müssen merken, dass wir um ihre Stimmen kämpfen, dass wir von morgens bis abends präsent sind. Wir müssen unsere Botschaften pointiert formulieren, damit sie wahrgenommen werden.

WELT: Das gelingt bisher nicht so richtig. Weshalb auch innerparteilich immer wieder Kritik an Ihrem Kanzlerkandidaten Armin Laschet aufkommt. Was macht er falsch?

Christoph Ploß Mitglied des Deutschen Bundestages Stellvertretender Vorsitzender der CDU Hamburg und Vorsitzender des CDU-Kreisverbandes Hamburg-Nord.
Christoph Ploß ist Mitglied des Deutschen Bundestages und Vorsitzender der CDU Hamburg
Quelle: Bertold Fabricius/WELT

Ploß: Die aktuellen Umfrageergebnisse können uns alle nicht zufriedenstellen. Aber die heiße Wahlkampfphase hat auch erst an diesem Wochenende begonnen. Ich bin zuversichtlich, dass es Armin Laschet in den kommenden Wochen schaffen wird, die Stimmung und den Trend zu drehen. Unser Ziel bei der Bundestagswahl müssen 30 Prozent plus X sein. Das ist der Minimalanspruch, den wir als CDU und CSU an uns selbst haben müssen.

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WELT: Sie selbst haben Armin Laschet von Anfang an nicht so viel zugetraut und wären lieber mit Friedrich Merz (CDU) oder Markus Söder (CSU) in den Wahlkampf gezogen. Fühlen Sie sich bestätigt?

Ploß: Ich habe immer gesagt, dass Armin Laschet eine herausragende Persönlichkeit ist und in Nordrhein-Westfalen bewiesen hat, dass er Kanzler kann. Wir müssen im Wahlkampf geschlossen agieren. Wenn wir das nicht tun, wird das unsere Lage nicht verbessern.

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WELT: Was sagen Sie den Unionsabgeordneten, die Ende vergangener Woche den Rückzug Laschets für den Fall gefordert haben, dass sich die Umfragedaten nicht innerhalb der kommenden zwei Wochen deutlich verbessern?

Ploß: Armin Laschet ist unser Kanzlerkandidat. Diese Diskussion hilft jetzt niemandem.

WELT: Haben Sie denn eine Erklärung dafür, dass sowohl die Union als auch die Grünen sich für den schwächeren, also zumindest weniger publikumswirksamen Kandidaten entschieden haben?

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Ploß: Eines der ausschlaggebenden Argumente für Armin Laschet war, dass er 2017 bei der nordrhein-westfälischen Landtagswahl in der heißen Phase des Wahlkampfs aufgedreht und aus einer schwierigen Situation heraus eine Wahl gewonnen hat. Ich bin zuversichtlich, dass ihm das auch dieses Mal wieder gelingen kann.

WELT: Und gegen Söder hat gesprochen, dass Teile der CDU ihn als unzuverlässig empfunden haben?

Ploß: Ich selbst habe beide Kandidaten als charakterlich einwandfrei erlebt.

WELT: Das Ergebnis der Nominierungen ist jetzt, dass Olaf Scholz der einzige Kanzlerkandidat ist, dem die Menschen das Kanzleramt zutrauen. Zurecht?

Ploß: Überhaupt nicht. Olaf Scholz hat klar gemacht, dass er auch für ein Linksbündnis, für Rot-Rot-Grün zur Verfügung steht...

WELT: Das hat er so nicht gesagt.

Ploß: Er hat es im Gegensatz zu Armin Laschet explizit nicht ausgeschlossen. Und jeder in der Politik weiß: Wenn eine solche Koalition nicht ausgeschlossen wird, ist sie eine Option. Angesichts der Umfragen ist die Lage damit klar: Alle Bürgerlichen in Deutschland müssen aufwachen und im Wahlkampf alles geben, damit Deutschland kein rot-rot-grünes Linksbündnis bekommt. Hinter Scholz laufen sich schon Saskia Esken, Kevin Kühnert und Ralf Stegner als Minister warm. Dazu kämen dann noch die Vertreter der Linkspartei wie deren kommunistische Parteivorsitzende Janine Wissler.

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WELT: Interessantes Team, das Sie da im Kopf haben. In der Union kommt ja auch immer wieder die Forderung auf, dass Laschet sich mit einer Mannschaft umgeben soll, die möglichst viel Aufbruch signalisiert – teilen Sie diese Forderung?

Ploß: Ich halte es für wichtig, dass in unserem Wahlkampf noch weitere Köpfe sichtbar werden, die die ganze Breite der Union darstellen und Strahlkraft für bestimmte Themen haben. Carsten Linnemann (CDU) und Friedrich Merz können zum Beispiel gerade beim Mittelstand, bei Familienunternehmern sowie bei wertkonservativen und liberalen Wählern punkten.

WELT: Wer sollte außer den beiden Genannten Mitglied eines solchen Teams sein?

Ploß: Welche weiteren Köpfe im Wahlkampf eine Rolle spielen sollten, muss Armin Laschet entscheiden. Beim sehr gelungenen Wahlkampfauftakt am Samstag hat man bereits gesehen, dass die Union dann stark ist, wenn sie mit einem Team auftritt. Wichtig ist, dass Personen dabei sind, die einen gewissen Bekanntheitsgrad haben und Wähler an uns binden können. Andreas Jung, unser Klimaschutzexperte, wäre noch so ein Name.

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WELT: Fallen Ihnen für dieses Führungsteam auch Frauen ein?

Ploß: Klar. Wir haben auch viele sehr gute Frauen. Natürlich Dorothee Bär (CSU) oder auch Ronja Kemmer (CDU), die jüngste Abgeordnete unserer Bundestagsfraktion, zum Beispiel. Sie treibt das wichtige Thema Künstliche Intelligenz voran und wird sicherlich auch in Zukunft eine wichtige Rolle für uns spielen.

WELT: Auffällig ist jedenfalls, dass diejenigen, die eigentlich die Leistungsträger sein sollten in so einem Wahlkampf, die Bundesminister und die Ministerpräsidenten, bisher eher blass bleiben. Wie erklären Sie das?

Ploß: Das sehe ich nicht so. Michael Kretschmer aus Sachsen oder Daniel Günther aus Schleswig-Holstein sind viel im Wahlkampf unterwegs. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (alle CDU) macht einen tollen Job und engagiert sich stark, er kommt Ende August auch zu mir in den Wahlkreis. Ich sehe viel Zuspruch auch für unsere Minister.

WELT: Den brauchen sie vermutlich auch. Im Ernst: Können Sie sich zum Beispiel vorstellen, dass Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) angesichts der, freundlich ausgedrückt, Entwicklung in Afghanistan noch einmal Bundesverteidigungsministerin werden kann?

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Ploß: Ich halte nichts von Postenspekulationen, bevor die Wähler überhaupt ihre Stimmen abgeben konnten. Klar ist, dass es nach jeder Wahl ein anderes Kabinett gibt als vor der Wahl. Angela Merkel (CDU) wird nicht erneut als Bundeskanzlerin kandidieren. Armin Laschet hat in der vergangenen Woche einen Vorschlag unterbreitet, mit dem wir eine dringend notwendige Stärkung einer gemeinsamen europäischen Außenpolitik erreichen können.

Gerade der Fall Afghanistan zeigt, wie wichtig ein klares Bekenntnis der Politik zur Bundeswehr und zur Nato ist, Stichwort: Zwei-Prozent-Ziel. Eine erfolgreiche Friedens- und Entwicklungspolitik ist ohne eine gewisse militärische Durchsetzungsfähigkeit nicht möglich. Ohne Investitionen in die Bundeswehr und mit ständigen Kürzungen der Verteidigungsetats, wie es die politische Linke seit Jahren propagiert, werden wir auch in Zukunft nicht in der Lage sein, sicherheitspolitisch zusammen mit unseren europäischen Partnern auf eigenen Füßen zu stehen.

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WELT: Laschet plädiert dafür, jetzt wenigstens humanitär noch zu retten, was zu retten ist. Er will alle Helferinnen und Helfer, die die Bundeswehr und die Bundespolizei in Afghanistan unterstützt haben, in Deutschland aufnehmen. Auch alle Frauen, die sich vor den Taliban fürchten. Ist das das richtige Konzept?

Ploß: Es ist für mich selbstverständlich, dass wir als Bundesrepublik Deutschland alles in unserer Macht Stehende tun müssen, um den Ortskräften und ihren Familien zu helfen, die jetzt in Gefahr sind, weil sie unsere Soldaten in ihrem gefährlichen Einsatz unterstützt haben.

Darüber hinaus ist doch völlig klar, dass Deutschland zu seiner humanitären Verantwortung steht. Das haben wir in den letzten Jahren immer wieder eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Aber wir werden die Probleme der Welt nicht dauerhaft dadurch lösen können, dass wir unbegrenzte Zuwanderung nach Deutschland erlauben. Ich würde davor warnen, diese Debatte jetzt erneut aufzumachen.

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WELT: Welche Themen sollte die Union in den kommenden fünf Wochen noch setzen?

Ploß: Wir sind diejenigen, die die Bürger und Unternehmen entlasten wollen, statt sie weiter zu belasten. Wir bekämpfen Extremismus von links und rechts, Islamismus und Antisemitismus. Das unterscheidet uns von SPD, Grünen und Linkspartei. Wir wollen Klimaschutz nicht über Verbote oder Gängelung erreichen, sondern daraus Innovationen und Exportschlager entwickeln.

Das ist eine große Stärke von Armin Laschet. Er hat in Nordrhein-Westfalen unter Beweis gestellt, dass Klimaschutz am besten funktioniert, wenn damit Arbeitsplätze erhalten und neue geschaffen werden, etwa durch den Aufbau einer Wasserstoffindustrie.

WELT: Falls es am Ende doch noch reicht für einen Wahlsieg: Mit wem sollte die Union dann regieren?

Ploß: Die größten Schnittmengen haben wir mit der FDP. Ob das am Ende dann auf eine Jamaika-Koalition mit den Grünen oder eine Deutschland-Koalition mit der SPD hinausliefe, kann man derzeit noch nicht sagen. Beides halte ich für denkbar.

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