Lübeck ist die einzige Stadt in Deutschland, die mit dem Buddenbrookhaus und dem Günter Grass-Haus Forschungs- und Erinnerungsstätten für zwei Literaturnobelpreisträger unterhält. Die Schriftsteller Thomas Mann und Günter Grass gehören auch international zu den bedeutendsten Repräsentanten deutscher Literatur und Kultur.
Der Thomas-Mann-Preis der Hansestadt Lübeck und der Bayerischen Akademie der Schönen Künste zählt zu den wichtigsten Literaturpreisen in Deutschland. Er wird jährlich, abwechselnd in Lübeck und München, verliehen und ist mit 25.000 Euro dotiert.
Um die Strahlkraft Lübecks als Literaturstadt zu festigen und langfristig auszubauen und um der internationalen Bedeutung Günter Grass‘ Rechnung zu tragen, soll nun ein »Günter Grass-Preis der Hansestadt Lübeck« etabliert werden, der alle zwei Jahre im Wechsel mit dem Thomas-Mann-Preis verliehen wird und mit 10.000 Euro dotiert ist.
Die Vorgeschichte dieses Preises ist eng mit dem Lübecker Literaturtreffen verbunden, das Günter Grass 2005 ins Leben rief und das jährlich stattfindet. An einem Wochenende finden sich renommierte Autor:innen im Sekretariat von Günter Grass ein. Die Schriftsteller:innen lesen sich unveröffentlichte Manuskripte vor und diskutieren intensiv über die gehörten Texte. Im Rahmen dieser Zusammenkunft findet eine öffentliche Lesung der beteiligten Autor:innen in Lübeck statt. Somit erfährt das Publikum über die aktuellen Strömungen der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur, häufig in direktem Austausch mit den Autor:innen während und nach der Veranstaltung. Für die Kulturstadt Lübeck ist das Literaturtreffen von hoher Bedeutung: Die Zusammenkunft der Schriftsteller:innen wird überregional in den Medien und in der Öffentlichkeit beachtet.
Günter Grass hat nicht nur das Literaturtreffen begründet und mit seiner Reputation immer wieder neue Autor:innen in die Hansestadt gelockt. Grass hatte auch die Idee, einen Preis im Rahmen des Lübecker Literaturtreffens zu vergeben. Dieser Literaturpreis war bundesweit einzigartig, denn er wurde »Von Autoren für Autoren« verliehen. Die Jury setzte sich aus den Teilnehmer:innen des Literaturtreffens zusammen. Das Preisgeld wurde von den Schriftsteller:innen privat gestiftet. Die Organisation der Preisverleihungen übernahm das Günter Grass-Haus in Abstimmung mit der Bürgermeisterkanzlei der Hansestadt Lübeck. Ausgezeichnet wurden Günter Herburger (2011), Ernst Augustin (2013), Irina Liebmann (2015), Katja Lange Müller (2017) und Jens Sparschuh (2019).
Seit dem Tod von Günter Grass ist die Pflege seines Werkes für die Hansestadt noch wichtiger geworden. 2017, im Jahr des 90. Geburtstags von Günter Grass, wurde der Preis »Von Autoren für Autoren« in »Günter Grass-Preis von Autoren für Autoren« umbenannt. Er wird an zeitgenössische Schriftsteller:innen, deren Werke sich produktiv und kritisch mit den gesellschaftspolitischen Verhältnissen ihrer Zeit auseinandersetzen, in Lübeck verliehen. Aufgrund der engen Beziehung von Günter Grass zur Hansestadt hatte die Günter und Ute Grass Stiftung, die den Nachlass verwaltet, der Benennung zugestimmt.
Angesichts der hohen Bedeutung von Günter Grass für die kulturelle Strahlkraft Lübecks soll die Tradition dieses Preises fortgeführt, zugleich aber auch die Verbindung zur Hansestadt Lübeck hergestellt werden, die sowohl dem Anspruch Lübecks als Literaturstadt als auch der Bedeutung von Günter Grass gerecht wird. Der neue »Günter Grass-Preis der Hansestadt Lübeck« soll institutionell verankert und alle zwei Jahre im Wechsel mit dem Thomas-Mann-Preis verliehen werden. Die Preissumme soll 10.000 Euro betragen. Der Preis soll das Gedenken an das bedeutende Werk des Literaturnobelpreisträgers wachhalten und Lübeck als Stadt der historischen und zeitgenössischen Literatur profilieren.
Für die Ausrichtung der jährlich stattfindenden Literaturtreffen der zeitgenössischen Schrift-steller:innen und den Festakt der Verleihung werden darüber hinaus jährlich 5.000 Euro im Haushalt der Lübecker Museen eingestellt.