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Kanzlerin im Italien-Urlaub "Ich schäme mich für die Fotos von Signora Merkel"

Angela Merkel urlaubt auf der italienischen Insel Ischia. Paparazzi knipsen Fotos von ihr beim Baden, ihr Lieblingskellner wurde entlassen, und das Wetter ist auch noch mies. Was ist los in Sant' Angelo? Ein Anruf bei Bürgermeister Rosario Caruso.
Merkel und Ehemann Sauer bei der Ankunft auf Ischia: Rummel um Urlaub

Merkel und Ehemann Sauer bei der Ankunft auf Ischia: Rummel um Urlaub

Foto: CIRO DE LUCA / REUTERS

Sant' Angelo - Angela Merkel macht Ferien - und Italien schaut ganz genau hin. Die Medien sind voll von Fotos der Kanzlerin auf der Insel Ischia. Die seriöse "Repubblica" zeigt auf ihrer Website gar 27 Bilder von der badenden Regierungschefin. Und als Merkel ihren mittlerweile entlassenen Lieblingskellner zu Hause besucht, sorgt auch das für Schlagzeilen .

Ziemlich viel Rummel für die gestresste Krisenkanzlerin, die acht Tage entspannen wollte. Was ist da los? Ein Anruf beim Bürgermeister der Gemeinde Serrara Fontana: Rosario Caruso, 39 Jahre, geht im Rathaus ans Telefon.

SPIEGEL ONLINE: Herr Caruso, freuen Sie sich, dass die Bundeskanzlerin in Ihrer Gemeinde Urlaub macht?

Caruso: Natürlich. Sie kommt ja schon seit Jahren. Es ist mittlerweile normal für uns. Sie hat hier auch viele Freunde gefunden, die sie als normale Politikerin kennen, aber nicht als Regierungschefin.

SPIEGEL ONLINE: Haben Sie die Kanzlerin selbst gesehen?

Caruso: Nein, nein, nein. Ich bin ja erst seit 2011 Bürgermeister. Aber auch meine Vorgänger haben sie nie zu Gesicht bekommen. Sie ist hier sehr zurückgezogen, will hier entspannen. Aber ich habe Signora Merkel dieses und vergangenes Jahr einen Blumenstrauß geschickt. Mit einer kleinen Karte, auf der ich ihr ruhige, glückliche, entspannende Tage gewünscht habe.

SPIEGEL ONLINE: Welche Blumen gab's?

Caruso: Das weiß ich gerade nicht, meine Sekretärin hat die ausgesucht. Aber 2012 waren es Orchideen.

SPIEGEL ONLINE: Kam denn eine Antwort der Kanzlerin?

Caruso: Nun ja, nicht wirklich. Aber wie ich höre, soll sie sich gefreut und bedankt haben. Das hat mir ein Freund berichtet. Wie gesagt: Sie ist hier sehr zurückgezogen.

SPIEGEL ONLINE: Was sagen die Leute im Dorf über den prominenten Gast?

Caruso: Wir sind alle stolz, dass Merkel unseren Ort auswählt. Zum einen ist sie eine demütige Person, die nicht den großen Glanz im Urlaub sucht. Zum anderen kriegt unsere Gemeinde dadurch positive Schlagzeilen.

SPIEGEL ONLINE: Die Kanzlerin hat wegen ihrer Krisenpolitik gerade keinen guten Ruf in Italien.

Caruso: Es gibt welche, die sie unterstützen und andere, die sie kritisch sehen. Das ist doch bei allen Themen und Personen so. Die öffentliche Meinung ist natürlich kritisch, wegen ihrer übermäßigen Sparpolitik. Aber das ist ja nicht nur hier so, sondern auch in Spanien oder Griechenland. Die Krise spürt man natürlich auch auf unserer Insel.

SPIEGEL ONLINE: Woran merken Sie das?

Caruso: Wir sind zwar ein reicher Ort, aber früher hatten die Hotels acht, neun Monate im Jahr auf. Nun bleiben viele Touristen vom Festland und aus Deutschland weg. Die Hotels können nun nur noch sechs Monate öffnen. Aber wir hoffen, dass der Besuch Merkels gute Werbung für uns bei euch Deutschen ist. Wir haben nicht nur das Meer, die Berge, die Sonne, wir haben auch Thermalquellen!

SPIEGEL ONLINE: Klingt gut. Die Kanzlerin ist allerdings verärgert über die Paparazzi, die sie verfolgen.

Caruso: Ja, ich habe hier so etwa zehn Fotografen gesehen. Ich habe einen Appell an die Fotografen gerichtet, sie mögen bitte größtmöglichen Respekt vor der Privatsphäre unserer Gäste zeigen. Es gibt eine regelrechte Belagerung.

SPIEGEL ONLINE: Es hat nichts genützt.

Caruso: Nein, die haben hier Fotos von Signora Merkel gemacht, für die ich mich ehrlich gesagt schäme.

SPIEGEL ONLINE: Und das Wetter, hört man, war auch nicht so toll.

Caruso: Der Freitag, an dem die Kanzlerin kam, war schön, Samstag bis Dienstag war das Wetter aber schlecht. Heute ist es so lala.

SPIEGEL ONLINE: Merkel ist noch zwei Tage da - was empfehlen Sie ihr?

Caruso: Die ganze Insel abzuwandern. Und ich wünsche mir, dass sie noch einmal wiederkommt, zu unserem großen Fest San Michele. Das feiern wir im September.

SPIEGEL ONLINE: Im September sind in Deutschland Wahlen.

Caruso: Schade, da wird sie nicht kommen. Aber gut, dann schicken wir eine CD mit Fotos und Videos vom Fest. Ich wünsche der Kanzlerin noch einen schönen Aufenthalt. Bis zum nächsten Jahr!