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Inhaltsverzeichnis "Hilfe bei sexualisierter Gewalt"

 

Prävention – Intervention – Begleitung - Aufarbeitung

Hilfe bei sexualisierter Gewalt

Das Thema „sexualisierte Gewalt“ prägte in den letzten Jahren an vielen Stellen das öffentliche Bild von Kirche und prägt es auch weiterhin. Nicht zuletzt durch die aktuellen und kommenden Veröffentlichungen verschiedener Gutachten und Studien kommt das Thema immer wieder – zurecht und notwendigerweise – an die Oberfläche des öffentlichen Bewusstseins.
 
Sexualisierte Gewalt, beginnend mit Grenzverletzung und Übergriffigkeit bis hin zu strafrechtlich relevanten Handlungen, ist ein Angriff auf die menschliche Würde und die seelische und körperliche Integrität. Sexualisierte Gewalt ist ein Missbrauch von Macht und Machtstrukturen, die durch Abhängigkeitsverhältnisse entstehen und ist ein Missbrauch des entgegengebrachten Vertrauens.
 
Sexualisierte Gewalt wird dort verübt, wo Menschen sind – also auch in Kirche und Diakonie. Mit dem christlichen Glauben aber ist das unvereinbar und darum auch in keiner Weise tolerierbar. Leider werden auch theologische Denkmuster und Lehren zur Rechtfertigung und Vertuschung von Taten missbraucht.
 
Es ist besonders erschütternd, wenn Menschen innerhalb unserer Gemeinschaft anderen Menschen derart tiefgreifende Wunden zufügen, die oft ein Leben lang nicht heilen – und das in einem Umfeld, in dem sich – so unser Anspruch – alle sicher fühlen sollten. Für das kirchliche Handeln gilt darum ein umfassender Schutzauftrag durch Prävention und möglichst frühzeitige Intervention.
 
Es kommt deshalb darauf an, dass alle, die in Kirche und Diakonie Verantwortung tragen, genau hinhören und genau zuhören. Es kommt darauf an, dass wir in allen unseren Äußerungen und Handlungen (von den Gebeten im Gottesdienst bis zu den Behördenbriefen) auf unsere Sprache achten und konsequent danach fragen, wie das, was wir sagen und tun, in den Ohren von Betroffenen klingt. Und es kommt darauf an, die Maßnahmen zur Prävention und frühzeitiger Intervention weiterzuentwickeln und konsequent umzusetzen.
 
Die Aufarbeitung vergangener Taten ist dabei ein grundlegender Teil. Der Blick auf die Taten und das Versagen von Personen und auf Strukturen, die begünstigend wirken, lässt uns als Organisation lernen. Diese Erkenntnisse fließen ganz konkret in Schutzkonzepte ein. Die Erarbeitung und Aneignung dieser Schutzkonzepte ist ein Weg zur Sensibilisierung, die auch weit über den kirchlichen Tellerrand hinaus Wirkung zeigen kann.
 
Sie finden auf dieser Seite Informationen zu den einzelnen Themenfelder, Adressen für Beratung und Hilfe sowie Handlungsleitfäden.
 
 

Haltung zum Umgang mit sexualisierter Gewalt

 
  • Wir müssen mit der Tatsache umgehen, dass es in der Evangelischen Kirche und Diakonie sexualisierte Gewalt gab und gibt.

  • Die badische Landeskirche toleriert keine Grenzverletzungen. Dies betrifft nicht nur den Kinder- und Jugendbereich, sondern alle Arbeitsfelder und Kontexte, in denen Abhängigkeitsverhältnisse vorliegen können, unabhängig vom Alter. Sei es in der Beratung oder Seelsorge, der Pflege im Krankenhaus oder der Seniorenhilfe, der Kirchenmusik oder der Erwachsenenbildung.

  • Die Interessen und Bedürfnisse betroffener Personen stehen bei uns im Fokus. Wir hören sie und unterstützen sie individuell. Ihnen gegenüber fühlen wir uns verpflichtet. Die Verantwortung, die daraus erwächst, ist uns bewusst. Wir sind ihr bisher jedoch nicht immer gerecht geworden. 

  • Wir treffen alle Entscheidungen zum Thema sexualisierte Gewalt unter Mitwirkung von Betroffenenvertreter*innen im Beteiligungsforum. Dazu zählt auch der Bereich der Anerkennungsleistungen, in dem wir als Gemeinschaft der einzelnen Landeskirchen in Deutschland koordiniert vorgehen wollen.

  •  Wir unterstützen betroffene Personen und erkennen das Unrecht an, das sie erfahren haben. Wir stehen für die konsequente Aufklärung und Ahndung zurückliegender Taten. Wir setzen umfassende Präventionsmaßnahmen auf allen Ebenen von Kirche und Diakonie um.

  • Die unabhängige wissenschaftliche Aufarbeitungsstudie ForuM bildet eine neue systematische Grundlage für unsere institutionelle Aufarbeitung. Sie hilft uns dabei, Zusammenhänge besser zu verstehen und Risiken zu minimieren.

  • ForuM ist ein Teil unseres entschlossenen Einsatzes gegen sexualisierte Gewalt. Sie ist ein wichtiger Schritt in einer Daueraufgabe, die sich aus unserem kirchlichen und diakonischen Auftrag ergibt, nämlich entschlossen und sorgfältig gegen sexualisierte Gewalt vorzugehen.

  • Die Landeskirche ermutigt Betroffene, sich zu melden. Dies kann über verschiedene Kanäle geschehen, über das Vertrauenstelefon und die Meldestelle, aber auch über die Landesbischöfin und Prälat*in. Unser Blick und offenes Ohr gelten an erster Stelle den Betroffenen. Wir wollen die individuellen Geschichten von Betroffenen hören und von dem Unrecht, das sie erlitten haben – um ihrer selbst willen. Das kann und darf nicht verzweckt werden. Als Institution geht es uns in einem zweiten Schritt auch darum, aus dem Gehörten zu lernen, welche Strukturen, Regelungen, Einstellungen, etc. tatbegünstigend und/oder tatverdeckend sind. Daraus ziehen wir Schlüsse für die institutionelle Aufarbeitung und Präventionsarbeit. 
 

Aufarbeitung

Die badische Landeskirche beteiligte sich - wie alle anderen Landeskirchen - an der EKD-Studie zur Aufarbeitung sexualisierter Gewalt durch den Forschungsverbund ForuM (https://www.forum-studie.de/), deren Ergebnisse seit 25. Januar 2024 vorliegen. Sie benennt Strukturen, die sexualisierte Gewalt in der evangelischen Kirche erleichtern bzw. eine Aufdeckung behindern. Am Ende dieses Dokuments finden Sie ausführliche Informationen zur Studie. Die Ergebnisse der Studie finden Sie hier:   

 
 
Um eine weitergehende Aufarbeitung auf regionaler Ebene durchzuführen, werden in Deutschland regionale unabhängige Aufarbeitungskommissionen geründet. Diese sind mit der Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM), Kerstin Claus, abgestimmt. Die Vereinbarung wurde am 12. Dezember 2023 unterzeichnet. Damit beginnt der Aufbau der  Kommissionen. Die pfälzische und die badische Kirche bilden eine dieser regionalen Aufarbeitungskommissionen. Weiterführende Informationen zur Vereinbarung finden Sie hier: Gemeinsame Erklärung und Unabhängige Regionale Aufarbeitungskommissionen.
 
Ziele sind: 
  • Die Aufarbeitung aller bekannten Fälle sexualisierter Gewalt.

  • Die Identifikation von Strukturen, die sexualisierte Gewalt ermöglicht oder erleichtert oder deren Aufdeckung erschwert haben, und aus den gewonnenen Erkenntnisse Schlussfolgerungen für den Schutz vor sexualisierter Gewalt ziehen.  

  • Die Untersuchung des administrativen Umgangs mit Betroffenen sowie Täterinnen und Tätern und Beschuldigten soll einen institutionellen und gesellschaftlichen Reflexionsprozess anregen und aufrechterhalten.

  • Betroffene Personen sind in die Arbeit der Kommission einzubinden. Die Beteiligung von Betroffenen ist eine Voraussetzung für konstruktive Aufarbeitungsprozesse. Die Landeskirche arbeitet darum als eine von ca. 60 Organisationen mit an dem neu aufgelegten Dialogprozess der UBSKM zur Etablierung von Standards der Betroffenenbeteiligung im Kontext institutioneller Aufarbeitungsprozesse. 
Alle Kirchen und viele andere Institutionen sind intensiv mit dem Thema Aufarbeitung beschäftigt. In der katholischen Kirche werden nach und nach Studien der einzelnen Bistümer veröffentlicht. Die evangelische Kirche in Deutschland hat sich für eine zentrale Studie für alle Gliedkirchen, die sogenannte Aufarbeitungsstudie (s.o.) entschieden. Daneben gibt es andere Formen der Aufarbeitung. Grundlegend ist der Leitsatz „Gründlichkeit geht vor Schnelligkeit“. Die Betroffenen sollen bestmöglich und angemessen beteiligt werden.
 
Zahlen, hinter denen Menschen stehen
An ForuM wurden 178 betroffene Personen gemeldet, die in Gemeinden und (stationären) Einrichtungen von Kirche und Diakonie sexualisierte Gewalt erlebt haben. Diesen stehen 88 Beschuldigte gegenüber.

Das Dunkelfeld ist sicherlich weiter sehr groß. Viele Betroffene haben sich (noch) nicht gemeldet. Wir erwarten, dass durch die Arbeit der neuen unabhängigen Regionalen Aufarbeitungskommissionen weitere Fälle bekannt werden. Die angegebenen Zahlen sowohl der Betroffenen als der Beschuldigten werden sich dementsprechend verändern und stellen immer nur eine Momentaufnahme dar.
Wenn es Ihnen möglich ist, ermutigen Sie bitte betroffene Personen, sich zu melden.
 

Wieso hat die evangelische Kirche keine Personalakten zur Verfügung gestellt, bzw. woran scheiterte es konkret? 

Der große Wert der ForuM-Studie liegt in den zahlreichen Interviews mit Betroffenen und in der Aufarbeitung der Umstände und Strukturen, welche sich in der evangelischen Kirche als tatbegünstigend erwiesen haben. Der Erkenntnisgewinn der Studie ist ungeachtet der quantitativen Zahlen hoch. Dass nicht alle Personalakten in der gegebenen Zeit gesichtet werden konnten, ist der Größe und der Struktur der Landeskirche geschuldet sowie dem Umfang der Studie, die sich nicht auf Pfarrpersonen beschränkt, sondern alle Fälle in Kirche und Diakonie berücksichtigen sollte.
 
Ursprünglich war der zweite Teilschritt des Teilprojekt E anders konzipiert: Auf der Grundlage von zuvor gewonnenen Erkenntnissen über den vorhandenen Daten- und Informationsstand wollten die Forschenden geeignete Gliedkirchen auswählen, in denen die Personalaktenbestände und andere problemrelevanten Datensätze in quantitativer Hinsicht untersucht werden sollten (Screening). 
 
Nachdem es zu Verzögerungen in der Bereitstellung von umfangreichen Fragebögen durch die Landeskirchen gekommen war, entwickelten EKD und Forschende gemeinsam ein gutes Verfahren zur nachträglichen Erhebung der Daten. Forschende und Verantwortliche aus den Landeskirchen konnten in direkter Kommunikation offene Fragen klären. Auf Basis dieser umfangreichen Gespräche und Nacherhebungen in den Landeskirchen schlugen die Forschenden einen geänderten Plan vor, der das Screening von Disziplinarakten in den Landeskirchen vorsah. Mit einer Landeskirche vereinbarten die Forschenden ein weitergehendes Screening auch von Personalakten. 
 
Die Landeskirche hat keinen Zugriff auf Personalakten verwehrt. Ein Screening der Akten fand nicht durch die Wissenschaftler des Forschungsverbundes statt, sondern immer durch die Landeskirche selbst. 
 
Für das bessere Verständnis der zugrundeliegenden Zahlen
In der Registratur der Landeskirche (im Evangelischen Oberkirchenrat) befinden sich derzeit 6.938 Personalakten. Hinzu kommen 15.481 Personalakten im Archiv der Landeskirche. Darüber hinaus gab es in der Fläche der Landeskirche (Stand 2020) 20.000 aktive Personalfälle, rückwirkend bis zum Jahr 1946 kann man von einem mehrfachen an Personalakten ausgehen. Dies sind zum Beispiel nicht mehr tätige Erzieher*innen, Hausmeister, Kirchenmusiker*innen, Verwaltungsmitarbeitende und Angestellte in diakonischen Einrichtungen usw., zu denen Personalakten in der Fläche (den Gemeinden, Bezirken und Verwaltungsämtern) vorliegen, aber nicht im Evangelischen Oberkirchenrat.
 

Anerkennungskommission

Betroffene können einen Antrag bei der gemeinsamen Anerkennungskommission von Landeskirche und Diakonischem Werk auf Leistung in Anerkennung erlittenen Unrechts stellen. Ein Antragsformular für die Anerkennungskommission finden sie hier: 
 
Die Geschäftsstelle ist beim Ausfüllen gerne behilflich. 
 
Kontaktdaten finden Sie hier:

 

Prävention

Sexualisierte Gewalt ist nicht nur ein Thema für die Aufarbeitung zurückliegender Taten. Sexualisierte Gewalt, Übergriffe und Grenzverletzungen kommen nach wie vor in allen gesellschaftlichen Bereichen vor, in denen es  Abhängigkeitsverhältnisse und damit ein Machtgefälle zwischen Menschen gibt. Im institutionellen Bereich, also zum Beispiel im Sport oder im Schulwesen, an Universitäten oder am Arbeitsplatz. Da ist die Kirche leider keine Ausnahme. Es bleibt aber auch eine traurige Tatsache, dass sexualisierte Gewalt am häufigsten im häuslichen Umfeld durch Angehörige geschieht.
 
Der Schutz vor sexualisierter Gewalt ist darum eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung, der wir als Evangelische Kirche auch gemeinsam mit anderen Organisationen, Fachstellen und nicht zuletzt mit der unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs der Bundesregierung begegnen.
 
Durch Maßnahmen der Prävention, Früherkennung und Frühintervention soll der Gewalt entgegengewirkt werden. Hierbei helfen auch die Ergebnisse von Aufarbeitungsstudien. Es geht, neben der persönlichen Sensibilisierung durch Schulungen, auch um strukturelle Rahmenbedingungen und Verfahrensabläufe. Rechtlich verankert ist dies in der Gewaltschutzrichtlinie der Landeskirche.
 
Landeskirchliche Gewaltschutzrichtlinie:
Die Richtlinie umfasst die Bereiche Intervention, Prävention, Aufarbeitung sowie Hilfe und Anerkennung. Darin ist die Grundlage kirchlichen Handelns formuliert. Die aktuelle Richtlinie wurde gerade überarbeitet. Nun werden, neben sogenannten Schutzbefohlenen, also Kinder und Jugendliche sowie kranke Erwachsene und Menschen mit Behinderungen, alle Erwachsene in Abhängigkeitsverhältnissen verstärkt in den Blick genommen. Gewaltschutzrichtlinie (www.kirchenrecht-ekiba.de)

  • Verbindlichkeit durch Standards: 
  • Dienst- und arbeitsrechtlich bringt die Gewaltschutzrichtlinie weiter Klarheit und Verbindlichkeit durch Standards: Abstinenz- und Abstandsgebot, Tätigkeitsausschluss bei entsprechenden Vorstrafen und Meldepflicht bei hinreichendem Verdacht. 

  • Alle Mitarbeitenden, die unter den Anwendungskreis der Gewaltschutzrichtlinie fallen, müssen nunmehr auch eine Selbstverpflichtung zur Grenzwahrung und zum Verhalten bei wahrgenommenen Grenzverletzungen, Übergriffen und dem Verdacht auf sexueller Gewalt unterschreiben.

  • Alle Personen, die beruflich oder ehrenamtlich in unserer Kirche mit Kindern oder Jugendlichen arbeiten oder in der Beratung und Seelsorge tätig sind, müssen ein erweitertes Führungszeugnis vorlegen. 

  •  In unseren Gemeinden und Einrichtungen kooperieren wir nur mit Vereinen, Förderkreisen und Einrichtungen, die diese Standards einhalten; beruflich in der Landeskirche Tätige, Älteste und ehrenamtlich Engagierte sollten nur in entsprechend aufgestellten Organisationen mitarbeiten. 
  • Schulungskonzept:
    Alle Personen, die beruflich oder ehrenamtlich in unserer Kirche mit Kindern oder Jugendlichen arbeiten oder in der Beratung und Seelsorge tätig sind müssen an einer entsprechenden Schulung teilnehmen. Sie umfasst Elemente der Prävention, der Intervention und der Risikoanalyse. Sie informiert Mitarbeitende über sexualisierte Gewalt, sensibilisiert sie für Grenzverletzungen und weist ihnen Wege, angemessen darauf zu reagieren.
Für Leitungskräfte gibt es eine erweiterte Form der Schulung mit besonderem Schwerpunkt auf Intervention und Schutzkonzept.

  • Multiplikator:innen: 
    Um eine Vielzahl von Schulungen vor Ort anbieten zu können, werden in den Kirchenbezirken und in den Arbeitsbereichen Multiplikator:innen ausgebildet. Diese befähigen vor allem hauptberuflich Mitarbeitenden, Basis- und Aufbauschulungen durchzuführen und selbst Interventionsfähigkeiten zu erwerben. Ungefähr 250 Multiplikator:innen sind derzeit aktiv.

  • Schutzkonzept: 
    Die Gefahrenanalyse bildet den Ausgangspunkt eines Schutzkonzepts. Die für Grenzverletzungen, Übergriffe und Missbrauch sensiblen Tätigkeiten, Orte, Strukturen und Situationen werden in einem bestimmten Arbeitsbereich (Gemeinde, Freizeit, Einrichtung…)  konkret benannt und bewertet. Auf der Basis dieser Risikoanalyse werden konkrete Präventionsmaßnahmen und Handlungspläne für Interventionen geplant. 
 

Wohin können sich Betroffene wenden

So verschieden die Erfahrungen sind, die Betroffene von sexualisierter Gewalt gemacht haben, so unterschiedlich sind die Bedürfnisse nach Kontaktaufnahme. Dem tragen wir mit unterschiedlichen Kanälen der Kontaktmöglichkeiten Rechnung. 
 

Meldungen von Vorfällen oder Beobachtungen

  • Mitarbeitende können und sollen sich mit der Ansprechstelle in Verbindung setzten, wenn sie etwas beobachten, wahrnehmen oder ihnen irgendeine Situation nicht geheuer ist. Dies ist ein niederschwelliges Angebot zur Einschätzung von Situationen.

  • Wenn ein begründeter Verdacht von sexualisierter Gewalt bekannt wird und unmittelbar Interventionsmaßnahmen getroffen werden müssen, sind die Dienstvorgesetzten und die Meldestelle des Evangelischen Oberkirchenrates zu informieren, die die Meldung weiterbearbeiten, ggf. ein Interventionsteam bilden und weitere Stellen einschalten. 

  • Die Meldestelle ist unter meldestelle@ekiba.de erreichbar. Die Meldestelle ist in ihrer Tätigkeit selbständig und an Weisungen nicht gebunden.
 

Intervention

  • Strukturierte Handlungs- und Notfallpläne: In Fällen eines begründeten Verdachts auf sexualisierte Gewalt soll angemessen interveniert werden können. Durch strukturierte Handlungs- und Notfallpläne liegen klare Standards vor. 
  • Interventionsteams: In konkreten Fällen wird vor Ort ein Interventionsteam gebildet, welches, unterstützt durch die landeskirchliche Ansprechstelle, konkret Maßnahmen zum Opferschutz ergreift und mit interner sowie unabhängiger Begleitung die weiteren Maßnahmen, wie bspw. Beweissicherung, Begleitung, Zusammenarbeit mit den Behörden, arbeits- und dienstrechtliche Maßnahmen einleiten kann.

  • Einschaltung der Strafverfolgungsbehörden: Bei einem schwerwiegenden Verdacht werden die Ermittlungen an die staatlichen Strafverfolgungsbehörden abgegeben, soweit dies den Schutzinteressen und den Wünschen der Betroffenen nicht entgegensteht.
 
Im Folgenden ist schematisch der Ablauf einer Intervention dargestellt.
 
Schritte im Verfahren:
  1. Sicherheit der Betroffenen gewährleisten: Falls die Sicherheit einer Person unmittelbar gefährdet ist, sind sofort Maßnahmen zu ergreifen, um die Sicherheit (ggf. durch Polizei) wieder herzustellen.

  2. Notwendige Meldungen absetzten: Information aller relevanten Stellen, insbesondere die Leitung des Rechtsträgers, die Meldestelle im EOK, bei Kinderschutzverfahren die Stellen gemäß SGB VIII oder andere rechtlich vorgegeben Stellen. Strafverfolgungsbehörden (bspw. Polizei) sind bei unmittelbarer Gefahr direkt einzubeziehen. Ansonsten nur in enger Absprache mit der Betroffen und unter Einbezug einer (opferschutz)anwaltschaftlichen Vertretung. Hier finden Sie ein Liste von Opferschutzanwält*innen.
  3. Beteiligung (externer) Fachstellen: Es ist immer sinnvoll (externe) Fachberatung einzuholen. Dies kann die Meldestelle im EOK sein und/oder freie Beratungsstellen.
    Sind Kinder- und Jugendliche betroffen ist eine sogenannte "Insoweit erfahrene Fachkraft" einzubeziehen. Diese kann über eine Beratungsstelle oder dem örtlichen Jugendamt eingebunden werden. Das zuständige Jugendamt kann über folgende Seite gefunden werden: Jugendämter-in-Ihrer-Nähe 

  4. Plausibilitätsprüfung: Die Plausibilitätsprüfung ist eine Prüfung, die auf eine Klärung von Unstimmigkeiten oder Widersprüchen in vorliegenden Informationen, Dokumenten oder Sachverhalten abzielt. Dabei geht es in erster Linie darum, die Glaubwürdigkeit, Stimmigkeit und Nachvollziehbarkeit von Daten, Fakten und Behauptungen zu überprüfen, um entsprechende Rückschlüsse und Maßnahmen herzuleiten. Diese Prüfung ist aber keine Ermittlungstätigkeit und steht auf der grundlegenden Annahme, dass eine Meldung von sexualisierter Gewalt, kommt diese von einer betroffenen Person direkt oder einer beobachtenden Person, der Wahrheit entspricht.

  5. Arbeitgeberseitige Maßnahmen: Ergibt die Plausibilitätsprüfung, dass sexualisierte Gewalt stattgefunden hat, sind den Verdachtsstufen (unbegründeter -, vager -, erhärteter - oder tatsachenbegründeter Verdacht) entsprechend angemessene (disziplinarische) Maßnahmen zu ergreifen. 
 
Schritte während des Verfahrens:
  1. Betroffene unterstützen: Stellen Sie sicher, dass den Betroffenen angemessene Unterstützung angeboten wird, sei es durch psychologische Hilfe, Beratung oder andere Ressourcen. Es ist wichtig, ihre Bedürfnisse und Wünsche zu berücksichtigen.

  2. Vertraulichkeit wahren: Die Privatsphäre und Vertraulichkeit der Betroffenen und Beteiligten sind zu respektieren. Informationen sollten nur denjenigen Personen zugänglich gemacht werden, die unmittelbar am Verfahren beteiligt sind oder die zur Bewältigung der Situation beitragen können. Es gilt das Persönlichkeitsrecht für alle Beteiligte, auch für die beschuldigte Person.

  3. Kommunikation: Sie sollten alle Beteiligten über das Vorgehen und die Ergebnisse informieren, soweit dies angemessen ist, und sicherstellen, dass alle Beteiligten über den Fortschritt auf dem Laufenden gehalten werden. Beachten Sie aber unbedingt die Verpflichtung zur generellen Verschwiegenheit und den Persönlichkeitsschutz. Gegenüber der Öffentlichkeit (Gemeindeglieder oder Presse) ist je nach Sachlage zu kommunizieren. Es gilt unter Wahrung der Persönlichkeitsrechte und des Datenschutzes im konkreten Fall größtmögliche Transparenz herzustellen. 

  4. Dokumentieren: Zur späteren Nachvollziehbarkeit und Ihrer eigenen Entlastung, ggf. auch für ein gerichtliches Verfahren sowie für die interne Aufarbeitung ist es wichtig alle Schritte und Maßnahmen umfassend zu dokumentieren. 
Nach dem eigentlichen Verfahren:
Jeder Fall ist unter verschiedenen Gesichtspunkten aufzuarbeiten. 
 

Informationen zum Forschungsprojekt ForuM

  • Hintergrund
    Ende 2020 hat der Forschungsverbund ForuM (Forschung zur Aufarbeitung von sexualisierter Gewalt und anderen Missbrauchsformen in der Evangelischen Kirche und Diakonie in Deutschland) mit einer breit angelegten unabhängigen Studie zum Thema sexualisierte Gewalt in der evangelischen Kirche seine Arbeit aufgenommen. Ausführliche Informationen finden Sie hier als FAQ der Evangelischen Kirche in Deutschland
    und auf der Seite der EKD sowie auf der Homepage des Forschungsverbunds https://www.forum-studie.de/ und der EKD Aufarbeitungsstudie ForuM – EKD
  • Was tut die evangelische Kirche aktuell gegen sexualisierte Gewalt?
    Für die Arbeit der evangelischen Kirche sind vor allem folgende Punkte wichtig:
  • Aufarbeitung (als Aufklärung von und Auseinandersetzung mit Taten)
  • Unterstützung betroffener Personen
  • Prävention künftiger Fälle
  • Intervention bei aktuellen Fällen 
    Konkret wird zurzeit im Beteiligungsforum (also zusammen mit Betroffenenvertreter*innen) und in der evangelischen Kirche u. a. an den folgenden Themen gearbeitet:
  •  
    Einführung regionaler unabhängiger Aufarbeitungskommissionen als nächster Schritt der Aufarbeitung
  • Verbesserung und Vereinheitlichung von finanzieller Anerkennung für betroffene Personen
  • Bessere Unterstützung betroffener Personen in kirchlichen Disziplinarverfahren 
  • Schaffung einer digitalen Vernetzungsplattform für betroffene Personen
  • Flächendeckende Umsetzung der hohen Präventionsstandards der Gewaltschutzrichtlinie
Ausführliche Informationen zur Arbeit der evangelischen Kirche zum Thema sexualisierte Gewalt finden Sie hier

  • Was ist ForuM?
    ForuM ist ein unabhängiges Forschungsprojekt. Es umfasst ein Metaprojekt sowie mehrere Teilprojekte. Beteiligte Institutionen sind die Hochschule Hannover, die Universität Münster, die Bergische Universität Wuppertal, die Freie Universität Berlin, das Institut für Praxisforschung und Projektberatung München, das Universitätskrankenhaus Hamburg-Eppendorf, das Zentralinstitut für Seelische Gesundheit in Mannheim sowie die Universität Heidelberg. Ein Verbundbeirat begleitet das Forschungsprojekt. Er besteht aus externen Wissenschaftler*innen, Betroffenen von sexualisierter Gewalt und kirchlichen Beauftragten. Das Forschungsprojekt wurde von der evangelischen Kirche mit ihren 20 Landeskirchen initiiert und ist auf drei Jahre angelegt. Die Kosten belaufen sich auf ca. 3,6 Millionen Euro. Alle 20 Landeskirchen beteiligen sich an der Finanzierung. 

  • Was passiert mit den Ergebnissen?
    Die Ergebnisse werden der Öffentlichkeit durch die Forschenden vorgestellt. Die Kommunikation über die Ergebnisse wird koordiniert auf Ebene der EKD und der Landeskirchen erfolgen. Gemeinden wenden sich bei Presseanfragen an Ihre Dekanate und diese an ihre Landeskirchen.

    Aufgrund der zu erwartenden Komplexität der Ergebnisse wird es im Anschluss notwendig sein, sie in einem längeren Prozess auszuwerten. Dabei werden viele unterschiedliche Akteur*innen eingebunden: Eine zentrale Rolle bei der Auswertung und Rezeption der Ergebnisse spielt das Beteiligungsforum Sexualisierte Gewalt der EKD (Evangelische Kirche in Deutschland). In ihm arbeiten Betroffenenvertreter*innen und kirchliche Beauftragte zusammen. Unabdingbar ist die Einbindung der gesamten evangelischen Kirche und ihrer Mitglieder, der Synoden aller Landeskirchen und ihrer Bildungseinrichtungen sowie anderer Akteure.  Ziel ist es, auf der EKD-Synode im November 2024 erste Maßnahmen und Konsequenzen zu benennen. 
 

Die Arbeit des EKD Beteiligungsforum

Konkret wird zurzeit im Beteiligungsforum (also zusammen mit Betroffenenvertreter*innen) und in der evangelischen Kirche u. a. an den folgenden Themen gearbeitet: 
 
  • Einführung regionaler unabhängiger Aufarbeitungskommissionen (siehe oben)

  • Verbesserung und Vereinheitlichung von finanzieller Anerkennung für betroffene Personen

  • Bessere Unterstützung betroffener Personen in kirchlichen Disziplinarverfahren 

  • Schaffung einer digitalen Vernetzungsplattform für betroffene Personen

  • Flächendeckende Umsetzung der hohen Präventionsstandards der Gewaltschutzrichtlinie 
Informationen zum Beteiligungsforum finden Sie hier: Beteiligungsforum Sexualisierte Gewalt – EKD
 
Ausführliche Informationen zur Arbeit der evangelischen Kirche in Deutschland zum Thema sexualisierte Gewalt finden Sie hier: Sexualisierte Gewalt – EKD
 
  

Ansprechpersonen für das Thema in der Landeskirche

Vertrauenstelefon der Landeskirche

Kostenlos und anonym
 
Telefonzeiten
Mittwoch von 12:00 bis 13:00 Uhr
Donnerstag von 17:00 bis 18:00 Uhr

Milena Hartmann

Fachstelle Prävention
Prävention

Bernd Lange

Stabsstelle Schutz vor Sexualisierter Gewalt
Intervention / Meldung