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„Ein sehr unglücklicher Zeitpunkt“

Lotus-Mehrheitseigner Lopez über Räikkönens vorzeitiges Saisonende, Ungerechtigkeit in der Formel 1 und Hülkenbergs Chancen

Der Weltmeistertitel ist längst an den Deutschen Sebastian Vettel vom Red-Bull-Rennstall vergeben. Trotzdem kommt die Formel 1 nicht zur Ruhe. Thema der Woche ist wieder einmal Kimi Räikkönen. Über eine finnische Zeitung teilte der Ex-Weltmeister am Wochenende mit, wegen einer Rückenoperation in diesem Jahr kein Rennen mehr für seinen Arbeitgeber Lotus absolvieren zu können. Schon am Sonntag beim Großen Preis der USA in Austin/Texas (20.00 Uhr, RTL, Sky und welt.de) muss die Lotus-Führung um Teameigner Gerard Lopez einen neuen Piloten präsentieren.

Die Welt:

Monsieur Lopez, Kimi Räikkönen wird Lotus in den nächsten zwei Rennen bis zum Saisonende nicht zur Verfügung stehen, weil er am Donnerstag am Rücken operiert wird. Was halten Sie davon?

Gerard Lopez:

In erster Linie geht Räikkönens Gesundheit vor, und ich wünsche ihm gute Besserung. Allerdings kommt die Operation zu einem sehr unglücklichen und für Lotus unpassenden Zeitpunkt. Und ich weiß auch, in welchem Sport wir uns befinden.

Finden Sie es schade, dass er am Saisonende zu Ferrari zurückkehrt?

Ja.

Wie sehr schmerzt sein Abschied?

Sehr.

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Womöglich war Geld einer seiner Beweggründe. Ihr Rennstall wird immer wieder mit finanziellen Problemen in Verbindung gebracht, zuletzt hat Räikkönen das Fehlen von Gehaltszahlungen angeprangert.

Erstens und das soll klar sein: Die Gehälter in der Firma wurden immer bezahlt. Zweitens haben wir nicht den Schuldenberg, den andere haben. Drittens ist das Geld, das bei uns als Schuld auftaucht, zu 80 Prozent Geld, das wir dem Team geliehen haben. Viertens ist das größte Risiko für Lotus, aber auch für eine ganze Reihe anderer Teams, die privat finanziert werden, dass wir Privatbesitzer einfach Schluss machen. Das könnte bei verschiedenen Teams passieren, wenn die Formel 1 weiter die Großen reicher macht und die anderen Rennställe vergisst. Wir lesen ja immer wieder negative Schlagzeilen, dabei scheint es niemanden zu kümmern, dass wir uns entschieden haben, eine Firma zu retten und über 500 Mitarbeiter zu behalten. Wir hätten uns zu jeder Zeit entscheiden können, ein Team zu werden, das uns weniger Geld kostet, aber dafür 300 oder mehr Familien auf die Straße setzt. Natürlich ist die Formel 1 keine karitative Organisation. Aber die riesigen Unterschiede, mit denen die Teams finanziell von der Formel 1 unterstützt werden, machen es zum eigentlichen Thema. Es geht ja nicht darum, dass andere mehr Geld investieren, sondern darum, dass sie einfach mehr Geld kriegen. Und das nicht, weil sie besser sind, sondern weil sie anscheinend wichtiger sind.

Sie fühlen sich ungerecht behandelt.

Ich möchte, dass Lotus so behandelt wird wie ein Topteam. Wir starten bei den Rennen wie die anderen Topteams, also gibt es keinen Grund, warum wir anders behandelt werden. Das Geld, das Lotus vom Management der Formel 1 bei guten Platzierungen bekommt, bekommen andere Topteams schon allein dafür, dass sie überhaupt antreten oder anreisen. Diese Summen müssen wir im Moment aus eigenen Mitteln oder durch Sponsorengelder zuzahlen. Das macht nach außen unsere Finanzprobleme aus. Das ist Unterschied zwischen uns und den anderen Topteams. Das macht den Hauptteil unserer Misere und des Sports aus. Wir fangen unser 100-Meter-Rennen bei der Startlinie der 200-Meter-Rennen an und kommen trotzdem aufs Podest. Deshalb sind wir sehr stolz auf Enstone (Firmensitz in England – d.R.). Mehr möchte ich im Moment dazu nicht sagen.

Warum geben Sie und Genii Geld für ein Formel-1-Team aus?

Das Team ist ein Marketinginstrument, das wir weltweit einsetzen. Neue Investoren haben Interesse gezeigt da mitzumachen. Das liegt auch an der Leistung des Teams.

Wie lautet zwei Rennen vor dem Ende der Saison Ihre Bilanz?

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Wir haben noch eine gute Chance, vor Ferrari oder Mercedes und klar vor McLaren den zweiten oder dritten Platz in der Konstrukteurswertung zu erreichen. Sportlich betrachtet sieht es sehr gut aus. Das Lotus-Team funktioniert. Wir sind technisch sehr gut aufgestellt und haben uns 2013 in die richtige Richtung entwickelt. Daneben haben wir auch schon das Auto für die neue Saison erfolgreich auf den Weg gebracht. Wie sind sehr zufrieden.

Wie wird Ihre Fahrerpaarung 2014 aussehen?

Grundsätzlich entscheiden wir, und nicht ich, wer fährt. Eric Boullier (Teamchef – d.R.) und seine Leute sind da sehr wichtig. Wenn andere in der Vergangenheit darüber entschieden hätten, würde Romain Grosjean schon lange nicht mehr für uns fahren. Also entscheiden besser wir, was für uns richtig ist. Die ganze Unruhe kommt von außen, nicht von uns. Konkret reden wir von vier Kandidaten. Zu ihnen gehören auch Nico Hülkenberg und Pastor Maldonado. Es hat sich teamintern noch nichts getan, was diese Frage angeht.

Welche Rolle spielt der mögliche Sponsorenvertrag mit dem Investorenkonsortium Quantum?

Die haben auch einen Fahrer, den sie mögen, die haben ihre Vorstellungen. Wenn der Deal zustande kommt, haben die also auch ein Wort mitzureden. Das ist genau Grund, aus dem wir uns noch nicht entschieden haben.

Egal was passiert – würde Maldonado nur wegen des Geldes seiner potenten Sponsoren aus der venezolanischen Ölbranche kommen?

Nein. Dann wäre auch Romain bei uns wegen des Geldes und auch der Hülkenberg. Oder am liebsten Fernando Alonso. Vergessen Sie nicht: Maldonado hat schon einmal einen Grand Prix gewonnen. Der braucht sich nicht zu verstecken. Noch einmal: Wir werden keinen Mann in unser Auto setzen, der gerade erst seinen Führerschein gemacht hat. Egal wie der heißt.

Interview: Burkhard Nuppeney

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