"Mit großer Trauer habe ich die Nachricht vom Tode Michail Gorbatschows vernommen. Michail Gorbatschow hat Weltgeschichte geschrieben. Er hat vorgelebt, wie ein einzelner Staatsmann die Welt zum Guten verändern kann.

Ohne den Mut des früheren Generalsekretärs des Zentralkomitees der KPdSU zu Glasnost und Perestroika, also zu Offenheit und Umbau, wäre auch die friedliche Revolution in der DDR nicht möglich gewesen. Ich kann noch heute die Angst nachspüren, die ich zusammen mit vielen Menschen in der DDR 1989 hatte, ob wie 1953 wieder Panzer rollen würden, als wir "Wir sind das Volk" und später "Wir sind ein Volk" riefen. Doch dieses Mal - anders als 1953 - rollten keine Panzer, fielen keine Schüsse. Stattdessen hielt Michail Gorbatschow der greisen DDR-Führung den Satz "Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben" vor.

Michail Gorbatschow, den seine Parteikarriere in der Sowjetunion 1985 an die Spitze seine Staates getragen hatte, stellte sich 1989/1990 dem Ruf der Menschen nach Freiheit in der DDR nicht mehr entgegen. Mehr noch, er ließ zu, dass ein wiedervereinigtes Deutschland Mitglied der Nato werden konnte. Für mich unvergessen sind die Bilder der Begegnung von ihm mit Bundeskanzler Helmut Kohl im Kaukasus 1990, mit der die Einheit Deutschlands in Frieden und Freiheit zum Greifen nah wurde.
Michail Gorbatschow hat auch mein Leben grundlegend verändert. Ich werde das nie vergessen.

Die Welt verliert einen einzigartigen Weltpolitiker. Möge die Erinnerung an seine historische Leistung gerade in diesen schrecklichen Wochen und Monaten des Krieges Russlands gegen die Ukraine ein Innehalten möglich machen."

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