Gesundheitsämter ermitteln nicht nur im Rahmen der Umgebungsuntersuchung Kontaktpersonen, die sich bei dem Fall angesteckt haben könnten, sondern erheben auch, wo sich ein Fall selbst angesteckt haben könnte (Quellensuche). Neu gemeldete COVID-19-Fälle werden hierfür vom Gesundheitsamt eingehend befragt, ob sie innerhalb der 14 Tage vor ihrem Symptombeginn Kontakt zu einem bestätigten Fall hatten und wenn ja, ob sich dieser Kontakt im Haushalt, am Arbeitsplatz oder in einer medizinischen Einrichtung zugetragen hat. Diese Informationen lassen sich nicht immer ermitteln, sie liegen nur für einen Teil der Fälle vor.
Der wahrscheinliche Infektionsort wird ebenfalls erhoben und in die Meldesoftware eingegeben. Die Daten und Entwicklungen werden regelmäßig im Situationsbericht veröffentlicht. Tatsächlich ist es in der Praxis für Gesundheitsämter und Betroffene oft sehr schwer, den exakten Infektionsort zu bestimmen. SARS-CoV-2 ist derzeit weltweit verbreitet. Auch in Deutschland kann man in keiner Region ausschließen, dass dort Übertragungen stattfinden. Die Inkubationszeit ist mit bis zu 14 Tagen sehr variabel und die Symptome beginnen schleichend und sind oft unspezifisch. Übertragungen können auch von Personen ausgehen, die (noch) keine Symptome zeigen. In den 14 Tagen vor Symptombeginn kann sich ein COVID-19 Fall an vielen möglichen Orten und Umständen angesteckt haben. Eine eindeutige Aufklärung der eigenen Infektionsumstände ist daher für sehr viele Einzelfälle nicht möglich. Die Angaben hierzu im Meldewesen sind daher nur mehr oder weniger hohe Wahrscheinlichkeiten, keine Gewissheiten.
Gemäß Infektionsschutzgesetz soll auch übermittelt werden, ob die COVID-19-Fälle in einer für den Infektionsschutz relevanten Einrichtung betreut, untergebracht oder tätig sind. Dabei wird zwischen verschiedenen Arten von Einrichtungen unterschieden (z.B. betreut oder tätig in einer Gemeinschaftsteinrichtung, einer medizinischen Einrichtung, einer Gemeinschaftsunterkunft oder tätig in einem lebensmittelverarbeitenden Betrieb). Auch diese Daten erscheinen im Situationsbericht. Da Angaben zu Betreuung, Unterbringung und Tätigkeit bei 25% der Fälle noch fehlen, sind die Anteile der Fälle mit einer Betreuung, Unterbringung oder Tätigkeit in den einzelnen Einrichtungen als Mindestangaben zu verstehen. Betreuung oder Tätigkeit in einer Einrichtung ist nicht gleichbedeutend mit einem Infektionsort in derselben. Aus den Angaben zur Einrichtung kann also nicht direkt auf den Infektionsort geschlossen werden – die Angaben sollen vielmehr das Gesundheitsamt frühzeitig in die Lage zu versetzen, nach Auftreten des Falls in diesen Einrichtungen Infektionsschutzmaßnahmen zu treffen und z.B. durch Betretungs- oder Tätigkeitsverbote oder auch Schließungen die weitere Verbreitung des Erregers zu verhindern. Bislang kann die Einrichtungsart nicht differenziert werden. Beispielsweise werden derzeit Einrichtungen, die unter § 36 IfSG genannt werden, das sind Pflegeeinrichtungen, Obdachlosenunterkünfte, Asylsuchenden-Unterkünfte und Justizvollzugsanstalten, nur gemeinsam erfasst. Es ist ein Update der Meldesoftware geplant, das eine genauere Differenzierung der Einrichtungen in Kürze möglich machen soll.
Die rechtliche Grundlage für die Übermittlung von mehr Details zu Einzelfällen wurde Ende Mai 2020 geschaffen. Die fachliche und technische Umsetzung dieser Gesetzesänderung ist noch nicht abgeschlossen. Sie ist aufgrund von möglichen Mehrfachangaben und Wahrscheinlichkeiten komplex und muss daher sehr gut vorbereitet werden, damit die Zahlen nachher auch auswertbar sind.
Da eine eindeutige Aufklärung der eigenen Infektionsumstände für sehr viele Einzelfälle nicht möglich ist, ist die Aufarbeitung von COVID-19-Ausbruchsgeschehen umso wichtiger. Die Gesundheitsämter ermitteln im Umfeld von Fällen, ob weitere Fälle auftreten. Können wahrscheinliche Infektionsketten nachvollzogen werden, fassen sie diese als Ausbruchsgeschehen zusammen. Solche Ausbruchsgesehen sollen den Landesbehörden und dem RKI ebenfalls übermittelt werden. Die bisherigen Daten zeigen, dass Ausbrüche in vielfältigen Settings in Deutschland stattfinden und dass daher ein breiter Präventionsansatz mit Beachtung der AHA-Regeln (Abstand, Hygiene und Alltagsmasken) in allen Lebenswelten essenziell ist, um COVID-19-Ausbrüche zu verhindern. Erste Daten zu Auswertung von Ausbrüchen sind hier abrufbar.
Für die zielgerichtete Prävention von COVID-19-Infektionen und -Ausbrüchen ist es wichtig zu wissen, unter welchen Bedingungen sich Infektionsübertragungen besonders leicht ereignen und Ausbrüche entstehen.
Die Ausweisung von Ausbrüchen dient in erster Linie der Erleichterung der Arbeit im Gesundheitsamt und besseren Zusammenarbeit zwischen beteiligten Gesundheitsämtern. Wie Ausbrüche in den Gesundheitsämtern als solche gekennzeichnet werden, ist sehr unterschiedlich und hängt von den Gegebenheiten vor Ort sowie der Charakteristika der Ausbrüche ab. Manchmal kann es sinnvoll sein, einen größeren Ausbruch in mehrere kleinere Cluster zu unterteilen, sodass die absolute Anzahl der übermittelten Ausbrüche nicht immer aussagekräftig ist.
Auch bei Ausbruchsgeschehen wird erfasst, in welcher Umgebung sie sich ereignen. Dabei kann zwischen Wohnstätten, Übernachtungen, Arbeitsplatz, Ausbildungsstätten, medizinischen Behandlungseinrichtungen, Betreuungseinrichtungen, Freizeit, Speisestätten, Verkehrsmitteln, und sonstigen unterschieden werden. Es sind jeweils weitere Unterteilungen möglich. Allerdings sind auch diese Angaben mit Vorsicht zu interpretieren: Die Zuordnung ist nicht immer eindeutig. Trotz der Vielzahl der Auswahlmöglichkeiten werden nicht alle Settings abgedeckt, in denen es zu Ausbrüchen kommt. Die Gesundheitsämter hatten zudem während der Krisensituation der ersten Welle aufgrund des hohen Aufkommens von Fällen häufig nicht die Kapazität, detaillierte Informationen zu Ausbrüchen zu erheben und zu übermitteln. Im Mittelpunkt stand zu dieser Zeit die Übermittlung der Fälle.
Viele Erkenntnisse zu besonderen Übertragungsrisiken werden nicht direkt aus dem Meldewesen- Surveillancedaten gewonnen, sondern aus der aktiven Beteiligung des RKI an Ausbruchsuntersuchungen, beispielsweise in Tischenreuth.
An einzelnen Ausbruchsgeschehen können Übertragungswege manchmal im Rahmen von Studien genauer nachvollzogen werden
Für weitere Informationen siehe auch „Wie funktioniert der Meldeweg und welche Informationen zu den Erkrankten werden an das RKI übermittelt?“.
Stand: 21.08.2020