Raumordnungsverfahren zum ICE-Werk im Raum Nürnberg abgeschlossen

Abwägung aller Belange für und gegen die einzelnen Standorte

07.02.2023-006

ANSBACH. Die Regierung von Mittelfranken hat das im Mai letzten Jahres von der DB Fernverkehr AG beantragte Raumordnungsverfahren zu einem ICE-Instandhaltungswerk im Raum Nürnberg abgeschlossen. Die landesplanerische Beurteilung kommt zu dem Ergebnis, dass das Vorhaben an zwei der untersuchten Standorte – am Standort G südlich der ehemaligen MUNA Feucht und am Standort B Allersberg/Pyrbaum/Roth-Harrlach - nicht raumverträglich ist. Am Standort F - der ehemaligen MUNA Feucht – wird das Vorhaben nur unter Beachtung umfangreicher Maßgaben als raumverträglich eingestuft.

Damit ist noch nicht entschieden, ob das ICE-Instandhaltungswerk gebaut wird. Bei der landesplanerischen Beurteilung handelt es sich um ein fachbehördliches Gutachten zur Raumverträglichkeit, das als Grundlage für die weiteren Planungen der Vorhabensträgerin dient, aber keine unmittelbare Rechtswirkung entfaltet. Eine rechtsverbindliche Genehmigung des Vorhabens bleibt einem Planfeststellungsverfahren des Eisenbahnbundesamtes vorbehalten. Ob ein solches Verfahren durchgeführt wird, steht derzeit noch nicht fest und obliegt der Entscheidung der DB Fernverkehr AG.

Die Regierung von Mittelfranken hat auf der Grundlage der Verfahrensunterlagen der DB-Fernverkehr AG am 4. Mai 2022 das Raumordnungsverfahren eingeleitet und die von der DB-Fernverkehr AG in das Verfahren eingebrachten drei Standorte für den Bau eines ICE-Instandhaltungswerks auf ihre Vereinbarkeit mit den Erfordernissen der Raumordnung hin geprüft. Dabei wurden 56 Stellungnahmen von Kommunen, Behörden, Verbänden und Organisationen sowie rund 17.000 Stellungnahmen aus der Öffentlichkeit ausgewertet. Gegenstand waren vor allem Belange des Immissionsschutzes, Natur und Landschaft, Land- und Forstwirtschaft, Erholung, Boden und Wasser, Verkehr, Siedlungsstruktur und gewerbliche Wirtschaft. Das Ergebnis des Verfahrens wird nun in einer rund 170 Seiten umfassenden landesplanerischen Beurteilung bekannt gegeben.

Danach ergibt sich für alle drei Standorte, dass die Belange des Verkehrs, insbesondere die Schienenverkehrsinfrastruktur, sowie die Wirtschaftsstruktur von der Realisierung des Vorhabens deutlich profitieren würden. Auch weitere wirtschaftliche Aspekte wie Arbeits- und Ausbildungsplätze, Aufträge für die heimische Wirtschaft, Wertschöpfung und Steuereinnahmen sprechen für das Vorhaben.

Nach Abwägung aller für und gegen die einzelnen Standorte sprechenden Belange haben sich aus landesplanerischer Sicht die Standorte G (südlich der ehemaligen MUNA Feucht) und B (Allersberg/Pyrbaum/Roth-Harrlach) als nicht raumverträglich herausgestellt. Für den Standort B, der sich auch auf das Gebiet der Oberpfalz erstreckt, erfolgt diese Beurteilung auch im Einvernehmen mit der Regierung der Oberpfalz.
An diesen beiden Standorten überwiegen die entgegenstehenden Belange. Insbesondere sind dies die Belange des Immissionsschutzes, von Natur und Landschaft (d. h. die nach etwaigen Ausgleichsmaßnahmen verbleibenden negativen Wirkungen auf den Arten- und Lebensraumschutz), den Landschaftsschutz, die Erholung und Forstwirtschaft sowie die zum Teil erst durch diese Ausgleichsmaßnahmen entstehenden Folgen für die Landwirtschaft. Hinzu kommen am Standort B die möglichen Auswirkungen auf die Oberflächengewässer und die Wasserversorgung.

Der Standort F (ehemalige MUNA Feucht) entspricht unter Berücksichtigung umfangreicher Maßgaben für die weitere Planung den Erfordernissen der Raumordnung. Durch die weitgehende Einzäunung ist das Gebiet für Belange der Erholung oder der Forstwirtschaft überwiegend nicht nutzbar. Das Vorhaben wirkt neben dem Gewerbepark Nürnberg-Feucht-Wendelstein weniger zersiedelnd. Um insbesondere den Belangen des Immissionsschutzes, der Natur und Landschaft, der Land- und Forstwirtschaft, der Wasserwirtschaft und der Siedlungsstruktur besser Rechnung zu tragen, wurden für den Standort F eine Reihe von Maßgaben festgelegt. Hierzu zählen unter anderem die Minimierung von Lärmemissionen und -immissionen, eine eigene Straßenanbindung, Ersatzaufforstungen, Vermeidung erheblicher Beeinträchtigungen geschützter Arten und Lebensräume bzw. deren Ausgleich, eine fachgerechte Sanierung wo erforderlich und der Schutz des Grundwassers. Die Regierung von Mittelfranken fordert insbesondere, dass alle vom Werksgelände ausgehenden Lärmquellen einschließlich der wegen ihrer Lautstärke umstrittenen Makrofontests nach der TA Lärm bewertet werden und die Lärmschutzmaßnahmen entsprechend ausgelegt werden. Für die Anbindung des ICE-Werks an das Straßennetz wurde festgelegt, dass die Hauptzufahrt des ICE-Werks von der Staatsstraße 2225 im Westen erfolgen soll.

Die Belange von Natur und Landschaft können im Raumordnungsverfahren nicht abschließend gewürdigt werden, sondern sind im Rahmen einer detaillierten FFH-Verträglichkeitsprüfung und voraussichtlich im Rahmen einer artenschutzrechtlichen Ausnahmeprüfung im nachfolgenden Planfeststellungsverfahren zu prüfen. Auch über die Erlaubnis für die Rodung des Bannwaldes sowie über die Bodensanierung im Bereich des Standortes F ist erst in einem etwaigen Genehmigungsverfahren zu entscheiden. Die Ergebnisse des Sondierungsgutachtens liegen der Regierung von Mittelfranken derzeit noch nicht vor.

Die landesplanerische Beurteilung der Regierung von Mittelfranken ist unter folgender Internetadresse einsehbar: https://www.reg-mfr.de/raumordnung

Gegenstand des Raumordnungsverfahrens waren nur die drei von der DB Fernverkehr AG eingebrachten Standorte

  • B (Allersberg/Pyrbaum/Roth-Harrlach),
  • F (ehemalige MUNA Feucht),
  • G (südlich der MUNA Feucht) und

nicht die vorab von ihr ausgeschlossenen Standorte (z. B. der Nürnberger Hafen). Eine Karte der Standorte finden Sie ebenfalls unter https://www.reg-mfr.de/raumordnung.

Zum Inhalt und Ablauf eines Raumordnungsverfahrens:

Ziel eines Raumordnungsverfahrens ist es festzustellen, wie sich ein geplantes Vorhaben auf die für die Raumordnung relevanten überörtlichen Belange wie beispielsweise Natur und Landschaft, Land- und Forstwirtschaft, Wasser, Verkehr, Rohstoff- und Energieversorgung, Siedlung sowie Wirtschaft auswirkt. Den Maßstab bilden das Bayerische Landesplanungsgesetz (BayLplG), das Landesentwicklungsprogramm Bayern (LEP) sowie der jeweilige Regionalplan. Eine Bedarfsprüfung erfolgt im Raumordnungsverfahren nicht, sondern ist einem nachfolgenden Zulassungsverfahren vorbehalten.
 
Den Abschluss des Raumordnungsverfahrens bildet – nach sorgfältiger Prüfung und Abwägung eingegangener Stellungnahmen – die sogenannte landesplanerische Beurteilung: Dieses fachbehördliche Gutachten stellt fest, ob ein Vorhaben oder eine Variante davon raumverträglich, nicht raumverträglich oder unter bestimmten Maßgaben raumverträglich ist. Es hat jedoch keine unmittelbare genehmigende oder ablehnende rechtliche Wirkung. Eine rechtsverbindliche Entscheidung über ein bestimmtes Vorhaben ist einem späteren Genehmigungsverfahren vorbehalten, in dem das Ergebnis des Raumordnungsverfahrens in allen Abwägungs- und Ermessensentscheidungen zu berücksichtigen ist. Nicht Gegenstand des Raumordnungsverfahrens sind private Belange sowie die Prüfung des Bedarfs für das Vorhaben. Die landesplanerische Beurteilung enthält zudem zahlreiche fachbehördliche Hinweise zum weiteren Planungsprozess. Diese Hinweise stützen sich vor allem auf die fachbehördlichen Stellungnahmen, die im Rahmen des Beteiligungsverfahrens bei der höheren Landesplanungsbehörde eingegangen sind.