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Drohende Klopapier-Krise bei hartem Brexit Briten von der Rolle

Medikamente könnten ausgehen, Fabriken schließen, Queen und Familie außer Landes gebracht werden - und jetzt auch noch das: Den Briten soll eine Klopapier-Krise bevorstehen, sollten sie ohne Abkommen die EU verlassen.

Was Toilettenpapier betrifft, haben die Briten seit 2007 einen gewissen Ruf. Eine Branchenkonferenz machte damals eine Statistik publik, der zufolge ein Bewohner des Inselreichs im Jahresmittel 17,6 Kilo Papier benötigt - mehr als selbst die Amerikaner und zweieinhalbmal so viel wie der durchschnittliche Europäer.

Was vor zwölf Jahren eine unterhaltsame Randnotiz war, droht jetzt zum Problem zu werden. Denn laut aktuellen Statistiken ist der britische Verbrauch an Zellstoff seither nicht kleiner geworden. Gewachsen ist derweil die Gefahr, dass der Stoff den Briten ausgehen könnte. Denn sollten sie am 29. März ohne Austrittsabkommen aus der EU ausscheiden, könnten die Vorräte in Windeseile aufgebraucht sein.

Das berichtet  inzwischen sogar "Foreign Policy" - ein Magazin, das sich sonst eher Fragen von Krieg und Frieden widmet. Zuvor hatte schon im Herbst 2018 kein Geringerer als Denis MacShane, ehemaliger britischer Europaminister und angeblich Erfinder des Worts "Brexit", vor der drohenden Krise gewarnt . Großbritannien sei Europas größter Klopapier-Importeur, and man sage, die Vorräte reichten lediglich für einen Tag. Den Rest könne man sich vorstellen.

Hamsterkäufer könnten Regale binnen Stunden leeren

MacShane wollte seinen Landsleuten damit auf rustikale Art klarmachen, was im Falle eines No-Deal-Brexits passieren könnte: Endlose Staus vor den Fährterminals in Dover und Calais, der Zusammenbruch der Just-in-Time-Lieferketten. Zwar erfolge die Klopapier-Versorgung der Briten "nicht ganz just in time", sagt Andrew Large, Generaldirektor des Branchenverbands Confederation of Paper Industries. Aber sie orientiere sich durchaus an der Nachfrage - und sie würde darüber entscheiden, ob die Briten tatsächlich, wie MacShane nahelegt, am Tag zwei nach dem Brexit im Supermarkt vor leeren Klopapier-Regalen stünden.

Normalerweise reichten die Vorräte an Papierbrei für eine mehrwöchige Produktion, sagt Large dem SPIEGEL. Außerdem habe man sich auf einen Chaos-Brexit vorbereitet: Die Vorräte seien "bedeutend größer" als sonst. Auch die Menge an bereits hergestelltem Klopapier würde mehrere Wochen halten - solange die Menschen die Nerven behalten. "Wenn die Leute aber mit Panikkäufen beginnen, könnten sie die Regale binnen Stunden leeren", sagt Large. "Kein System könnte damit Schritt halten."

Dennoch glaubt er nicht, dass es zur Klopapier-Krise käme - selbst dann nicht, wenn das Worst-Case-Szenario mit massiven Störungen der Warenversorgung einträte. Denn dann, meint Large, "würde Großbritannien so ziemlich alles ausgehen", auch Lebensmittel und Medikamente. "Der Zustand würde kritisch werden, lange bevor uns das Klopapier ausgeht". Das wiederum würde hoffentlich "eine Lösung provozieren" - bevor die Briten, wie MacShane gewarnt hat, auf der Toilette die Zeitung zweckentfremden müssten.