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Ex-Nationaltorhüter Eike Immel: "Eine Blamage für die ganze Familie"


Ex-Nationaltorwart Immel ganz offen
"Eine Blamage für die ganze Familie"

InterviewVon Kim Steinke

Aktualisiert am 04.08.2022Lesedauer: 5 Min.
Interview
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Der Gesprächspartner muss auf jede unserer Fragen antworten. Anschließend bekommt er seine Antworten vorgelegt und kann sie autorisieren.

Zum journalistischen Leitbild von t-online.
Eike Immel: Der Torwart absolvierte 19 Partien für die deutsche Nationalmannschaft, dann trat er aus der DFB-Elf zurück.Vergrößern des Bildes
Eike Immel: Der Torwart absolvierte 19 Partien für die deutsche Nationalmannschaft, dann trat er aus der DFB-Elf zurück.

Eike Immel war Nationaltorhüter und Deutscher Meister – dann traf ihn das Schicksal hart. Seine bewegende Geschichte erzählt er t-online im Interview.

534 Partien, viertjüngster Torhüter der Bundesliga-Geschichte und in der Nationalmannschaft, er spielte bei Welt- und Europameisterschaften mit. Doch irgendwann kam für Eike Immel der Absturz. Er hatte Geldsorgen, meldete Insolvenz an und landete im Dschungelcamp bei RTL.

Das Leben von Eike Immel – ein ständiges Auf und Ab. t-online hat mit dem Ex-Fußballstar über seine bewegende Karriere gesprochen. Dabei verriet er, wo es Probleme gab, was die Highlights waren und was er – mit gehörigem Abstand zum Karriereende – heute anders machen würde.

t-online: Herr Immel, wie würden Sie Ihre Karriere beschreiben?

Eike Immel: Ich saß in meiner Karriere ein einziges Mal auf der Bank und musste von draußen zusehen, das spricht für eine gewisse Beständigkeit und Klasse, daher blicke ich zufrieden zurück. Leider gab es nur einen Titel, bei dem ich selbst aktiv mitgeholfen habe: die Deutsche Meisterschaft 1992 mit dem VfB Stuttgart. Es war vielleicht noch mehr machbar, aber das weiß man nachher immer besser als vorher.

Mit nur 15 Jahren ging es nach Dortmund. Zwei Jahre später debütierten Sie in der Profimannschaft. Erinnern Sie sich noch an das Gefühl, das Sie damals hatten?

Der Abschied von zu Hause mit 15 Jahren war nicht so einfach – aber der Traum einfach größer als das Heimweh. Meine Eltern hatten einen Bauernhof, der groß war und da hieß es: "Du wirst Landwirt oder Fußballer." Ich bin dann mit 15 in eine Pflegefamilie gekommen. Mit 17 habe ich in der Bundesliga gespielt, mit 19 in der Nationalmannschaft. Heute sage ich, das war natürlich super in dem Moment, als es passiert ist. Vielleicht war das aber auch alles etwas früh und für die Spätfolgen entscheidend.

Wie sind Sie als junger Spieler mit diesem Karrieretempo umgegangen?

Ich war von Gott gesegnet, was mein Talent betraf. Mit 15 Jahren war mir klar, dass ich es schaffe, als das noch niemand anderes gewusst hat. Als Vollblutsportler bist du dann dermaßen im Tunnel drin und speziell als Torwart stehst du unter Druck. Du kannst dir keine Nachlässigkeit erlauben – und das musstest du jede Woche bestätigen. Aber die Vereine waren komplett amateurhaft. Im Präsidium waren zwei, drei Leute, die keine Ahnung von Fußball hatten. Es gab kein richtiges Management. Alles, was heute ist, gab es damals nicht. Wenn ich heute spielen würde, gäbe es keine Grenzen.

Wie meinen Sie das?

Du wirst betreut, jeder Wunsch von deinen Augen abgelesen. Damals hast du schnell einen Tritt in den Arsch bekommen, wenn du nicht funktioniert hast. Das Geschäft war härter und rauer. Du musstest jede Woche funktionieren. Gott sei Dank ging das 20 Jahre lang bei mir gut.

1990 hätten Sie Weltmeister werden können, traten aber aus der Nationalmannschaft zurück. Würden Sie das als Fehler bezeichnen?

Das war mit Sicherheit ein Riesenfehler. Ich war ab 1979 in der Nationalmannschaft und bin erst 1987 die Nummer eins geworden. Da waren unzählige Länderspiele, bei denen ich auf der Bank saß – weil Toni Schumacher als einer der besten der Welt galt. Doch dann bist du auf einmal Erster. Ich wusste, dass ich besser bin als die anderen, das muss ich klar sagen. Aber dann kam das Ausscheiden bei der EM 1988. Wir haben in der Vorrunde gegen Italien, Spanien und Dänemark gespielt und sind weitergekommen. Das war die Crème de la Crème.

Im Halbfinale war dann aber gegen Holland, die damals beste Mannschaft der Welt, Schluss – wenn auch nach einer kapitalen Fehlentscheidung des Schiedsrichters. Nach der EM verletzte ich mich am Knie und Bodo (Illgner; Anm. d. Red.) verdrängte mich als Stammspieler. Darauf habe ich vollkommen falsch reagiert.

Bereuen Sie das?

Zwei Jahre später wäre ich Weltmeister geworden – zugegebenermaßen habe ich das nicht im Ansatz erwartet. Aber so oder so, ob als erster oder zweiter Torhüter: Ich wäre Weltmeister geworden. Denn einen Besseren als mich gab es nicht. Erst 2006, als Oliver Kahn klaglos hinter Jens Lehmann seinen Platz auf der Bank eingenommen hat, habe ich gedacht: Junge, der macht es richtig, du nicht.

Woran lag das?

Ich war 28 Jahre alt und im Verein besser denn je: 1989 standen wir mit Stuttgart im Uefa-Cup-Finale (1:2 und 3:3 gegen SSC Neapel, Anm. d. Red.), 1992 sind wir Deutscher Meister geworden.

Ich dachte, dass keiner besser ist als ich – wurde aber nicht gut beraten. Mein Schwiegervater hat damals gesagt: "Wenn du zweiter Torwart bist, musst du sofort zurücktreten. Das ist eine Blamage für die ganze Familie." Das ist natürlich völliger Schwachsinn. Später, als die finanziellen Probleme kamen, habe ich das verstanden. Doch hätte meine Oma Eier, wäre sie mein Opa. Es ist, wie es ist. Heute, mit grauen Haaren und etwas weiser, weiß ich, dass es ein Fehler war.

Ihre Karriere haben Sie dann 1997 bei Manchester City beendet.

Genau. Ich bin froh, dass ich noch in der Premier League spielen durfte. Das war nach 20 Jahren in Deutschland etwas komplett anderes, ein sensationelles Erlebnis, von dem ich keinen Tag missen möchte – und noch mal besser als in der Bundesliga. Ich habe im ersten Jahr alle 38 Ligaspiele gemacht. Doch dann hatte ich Arthrose in der Hüfte und habe nur noch vier Spiele gemacht. Es ging nicht mehr. Die Karriere ist dann sang- und klanglos zu Ende gegangen.

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Von England ging es zu Besiktas Istanbul – als Torwarttrainer. Doch die Zusammenarbeit mit Coach Christoph Daum war nicht von langer Dauer. Was ist passiert?

Das Gehalt wurde lang nicht gezahlt. Nachdem wir die Meisterschaft gewonnen haben, hätte es eine 50.000-Euro-Prämie geben sollen. Aus irgendwelchen Gründen hat das monatelang nicht funktioniert. Dann gab es einen Krankheitsfall in der Familie. Einer der Torhüter hat mir Geld mitgebracht, das ich als sein Torwarttrainer niemals hätte annehmen dürfen. Aber ich habe es gemacht. Ich sah darin auch kein Problem, weil ich ja sowieso noch Geld bekommen sollte vom Verein. Doch die Geschichte mit dem geliehenen Geld kam schneller raus als das mit den Prämien vom Verein. Für mich war das wie eine Befreiung.

Wie ging es danach weiter?

Als es von Vereinsseite hieß, wir lösen den Vertrag auf, musste ich keine Sekunde nachdenken. Der Umgang mit den Mitarbeitern, die Unregelmäßigkeiten bei der Bezahlung, die Hüftarthrose und die damit verbundenen, unvorstellbaren Schmerzen jeden Tag – ich habe nur gedacht: Hauptsache weg jetzt. Als Torwarttrainer konnte ich wirklich was. Ich war Weltklasse. Ich dachte, die Welt steht mir offen. Doch als ich zurück nach Deutschland kam, gingen im Fußball alle Türen zu.

2008 kam dann die Privatinsolvenz. Es folgten die Teilnahme am Dschungelcamp, die Aufnahme einer Single und wenig später eines Albums.

Das war unvorstellbar. Das waren dort (im Dschungelcamp, Anm. d. Red.) für mich alles Idioten, die entweder unbekannt waren und bekannt werden wollten, oder eben – wie ich – Schulden hatten. Als Calli (Rainer Callmund, Anm. d. Red.) anrief und mir das vorschlug, sagte ich: "Hast du noch alle Tassen im Schrank?" Ich ließ mich aber trotzdem darauf ein. In den 14 Tagen habe ich ganz gutes Geld verdient. Auch mit der Single. Ich bin kein Sänger, war aber schmerzfrei – wenn sich was ergab, war ich dabei.

Würden Sie noch mal zurück ins Dschungelcamp?

Ich würde es heute wieder machen, wenn es nicht im Fernsehen kommt. Das ist eine Lebenserfahrung, die man gerne machen kann, um aus dem Alltag herauszukommen.

Verwendete Quellen
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