Spielerverkäufe als Überlebensmodell?: „Der ganz große Druck ist raus"

Beim Interviewtermin nimmt sich VfB-Boss Alexander Wehrle (48/Foto) fast eine Stunde Zeit für BILD.

Beim Interviewtermin nimmt sich VfB-Boss Alexander Wehrle (48/Foto) fast eine Stunde Zeit für BILD.

Foto: Pressefoto Rudel
Von: felix arnold und julian agardi

VfB-Boss Alexander Wehrle (48) spricht im BILD-Interview über den Transfersommer, ausgeschlagene Angebote und ferne Ziele.

BILD: Abstiegskampf, Porsche-Deal, Trainingsstart. Ganz schön was los beim VfB. Gibt es auch schon etwas Neues in Sachen Trikotsponsor?

Alexander Wehrle: Wir haben sehr viele Gespräche geführt. Unser Ziel ist es, dass wir bis zum ersten Pflichtspiel Trikot und Ärmel besetzt haben.

BILD: Wann kommt Schwung in die Transfers?

Wehrle: Der englische Markt ist noch nicht in Wallung gekommen, und davon hängt erfahrungsgemäß sehr viel ab. Von daher überrascht mich die aktuelle Situation nicht. Aber klar ist es immer besser, so früh wie möglich eine Mannschaft zusammen zu haben. Der große Vorteil ist im Vergleich zur letzten Spielzeit, dass wir im August nur zwei Spieltage haben werden. Im letzten Jahr war die Transferperiode erst nach dem 4. Spieltag zu Ende. In diesem Sommer haben wir eine bessere Ausgangssituation.

BILD: Muss der VfB erst Spieler verkaufen, bevor er weitere Neuzugänge verpflichtet?

Wehrle: Es gehört zum Geschäftsmodell fast aller Bundesligisten, Transfereinnahmen zu generieren. Durch das Bündnis mit Porsche, MHP und Mercedes-Benz ist der ganz große Druck, Spieler verkaufen zu müssen, raus. Trotzdem wird es immer so sein, dass der ein oder andere Spieler den nächsten Schritt machen und international spielen will. Wenn der Preis stimmt, setzen wir uns an den Tisch und versuchen, eine Lösung finden. Ansonsten freuen wir uns auch, wenn die Spieler bei uns bleiben.

BILD: Gibt es einen Zeitpunkt, ab dem Sie keine Spieler mehr verkaufen werden?

Wehrle: Das hängt immer davon ab, ob wir einen adäquaten Ersatz haben. Das haben wir schon im Winter gezeigt. Wir hatten für drei Spieler schriftliche Angebote von insgesamt mehr als 45 Millionen Euro vorliegen, haben sie aber nicht angenommen, weil das Ziel Klassenerhalt über allem stand und wir so kurzfristig keinen adäquaten Ersatz mehr finden konnten. Genauso würde es in dieser Transferperiode sein.

BILD: Haben Sie schon konkrete Angebote auf dem Tisch?

Wehrle: Es gibt natürlich Anfragen für einige unserer Spieler. Aber es ist nicht so, dass wir ein schriftliches Angebot bekommen haben, das uns dazu veranlasst, in Verhandlungen zu treten.

BILD: Zur Achse eines Teams gehört auch der Torwart. Wie läuft die Suche nach einer neuen Nummer eins?

Wehrle: Wir sind in intensiven Gesprächen mit sehr guten Torhütern, so dass wir wieder ein komplettes Torhüterteam für die Saison haben. Wer dann die Nummer 1 sein wird, entscheidet das Trainerteam nach dem Leistungsprinzip.

BILD: Gerüchte um Bayerns Yann Sommer halten sich hartnäckig.

Wehrle: Gerüchte gibt es immer, wir äußern uns zu Namen dann, wenn Verträge unterschrieben sind.

BILD: Ist es denkbar, dass Stürmer Serhou Guirassy den VfB im Sommer schon wieder verlässt?

Wehrle: Im Moment mache ich mir keine Gedanken darüber, dennoch beschäftigen wir uns auch immer mit einem Plan B.

BILD: Trainer Sebastian Hoeneß rettete den VfB in der letzten Saison vor dem Abstieg. Wie wichtig ist er für den Verein?

Wehrle: Er hat in kürzester Zeit gezeigt, dass er mit seiner positiven Ausstrahlung, seiner Energie und einer klaren Spielidee das Team mitnehmen und entwickeln kann. Sein Mut, den VfB in dieser schwierigen Situation auf Platz 18 zu übernehmen, hat mich beeindruckt. Er hat vom ersten Tag an Ruhe und Zuversicht ausgestrahlt. Ich bin davon überzeugt, dass wir mit ihm etwas Gutes aufbauen können.

VfB-Boss Alexander Wehrle (48/m.) im Talk mit den BILD-Reportern Julian Agardi (l.) und Felix Arnold (r.).

VfB-Boss Alexander Wehrle (48/m.) im Talk mit den BILD-Reportern Julian Agardi (l.) und Felix Arnold (r.).

Foto: Pressefoto Rudel

BILD: Mit welchem Ziel geht der VfB nach zwei Jahren Abstiegskampf in die neue Saison?

Wehrle: Wir sind realistisch genug, um zu sagen: Wenn wir am Ende über dem Strich stehen, war es eine erfolgreiche Saison. Je früher wir Planungssicherheit haben, desto besser.

BILD: Wie lange können Sie den Klassenerhalt noch als Ziel verkaufen?

Wehrle: Unsere Fans haben einen realistischen Blick auf unsere Situation. Wir müssen schauen, dass wir den VfB in den nächsten zwei bis drei Jahren wieder als stabilen Bundesligisten etablieren. Wenn wir das geschafft haben, mit einem neuen Stadion und soliden Partnern, dann können wir uns perspektivisch auch wieder neue Ziele setzen.

BILD: Fredi Bobic sprach Anfang der Woche davon, dass die Bundesliga mittlerweile nur noch eine Ausbildungsliga für die Premier League ist. Wie sehen Sie das?

Wehrle: Im Vergleich zu England sind wir durch 50+1 und deutlich geringere TV-Einnahmen im Nachteil. Wir müssen aufpassen, dass Top-Stars, wegen denen die Leute ins Stadion gehen, weiter in der Bundesliga spielen. Nachdem der Investoren-Deal der DFL nicht funktioniert hat, gilt es zu schauen, wie wir in Themen wie Internationalisierung, digitale Transformation und Infrastruktur investieren können, um über internationale Einnahmen die Lücke zur Premier League perspektivisch zu schließen.

BILD: Geht das, wenn die Bundesliga weiter an der 50+1-Regel festhält?

Ich bin ein ganz klarer Verfechter von 50+1, weil das den Fußball in Deutschland immer ausgezeichnet hat. Deshalb wünsche ich mir, dass wir dabei bleiben. Ich sehe aktuell keine Tendenzen, dass wir von dieser Regel wegwollen.

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Quelle: Instagram: Loredana/ Karim_Adeyemi
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