Ebay Selbst den Preis hoch­treiben – keine gute Idee

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Ebay - Selbst den Preis hoch­treiben – keine gute Idee

Verkaufen per Ebay-Auktion. Selbst mitzubieten oder Freunde das tun zu lassen, wenn der Preis für das schicke Fahr­rad hinter den Erwartungen zurück­bleibt, ist recht­lich riskant. Es drohen Schaden­ersatz­forderungen und sogar ein Straf­verfahren. © Getty Images / Moment RF

Bei Ebay fürs eigene Angebot zu bieten oder Freunde zu Schein­angeboten anzu­stiften, ist verboten. Es droht heftiger Ärger mit Ebay, dem Staats­anwalt und Bietern.

„Shill Bidding“ ist rechts­widrig

Den Preis für die eigene Ware mit Schein­geboten („Shill bidding“, eng­lisch für Gebot­streiberei) zu treiben, ist rechts­widrig. Wer erwischt wird, muss Bietern, die wegen Schein­geboten mehr gezahlt haben, Schaden­ersatz zahlen. Die test.de-Rechts­experten erklären die Rechts­lage anhand eines konkreten Falles – und haben bei Ebay nachgefragt, wie das Unternehmen mit vorgetäuschten Geboten umgeht.

Den eigenen Wagen ersteigert

Bert B.* ärgert sich. Kaum einer auf der Internetplatt­form Ebay interes­siert sich für seinen gut erhaltenen Mercedes. Wert des Wagens laut Schwacke-Liste: 10 000 Euro. Einen Tag vor Ende der Auktion liegt der Preis nach zwei Geboten bei nur 2 580 Euro. Bert B. zieht die Notbremse. Ob er selbst über ein zweites Ebay-Konto mitbietet oder er einen Freund anstiftet, bleibt unklar. Bei Auktions­ende liegt der Preis jedenfalls bei 8 058 Euro. Bert B. behält den Wagen und bietet ihn später erneut an.

Enttäuschter Bieter klagt – und gewinnt

Kalle K.* ist stinksauer. Er hatte früh geboten. Von Rechts wegen hätte er den Wagen für 2 580 Euro bekommen müssen, findet er und zieht vor Gericht. Kalle K. hat Recht, urteilt das Ober­landes­gericht Frank­furt am Main. Bert B. muss 7 420 Euro Schaden­ersatz an Kalle K. zahlen. Für das Gericht stand fest: B. hatte entweder selbst oder über einen Freund unwirk­same Schein­gebote abge­geben, um den Preis in die Höhe zu treiben oder den Verkauf zu einem aus seiner Sicht unzu­reichenden Preis zu verhindern.
Ober­landes­gericht Frank­furt am Main, Urteil vom 27.06.2014
Aktenzeichen: 12 U 51/13

Bestätigung vom Bundes­gerichts­hof

Der Bundes­gerichts­hof beur­teilte später einen ganz ähnlichen Fall ebenso. Der Bieter dort schnitt noch besser ab als Kalle K*. Er hätte einen wenig gebrauchten VW Golf für 1,50 Euro erhalten müssen und bekommt jetzt 16 500 Euro Schaden­ersatz, nachdem der Anbieter den Wagen inzwischen an jemand anders weiterge­geben hatte.
Bundes­gerichts­hof, Urteil vom 24.08.2016
Aktenzeichen: VIII ZR 100/15

Straf­verfahren wegen Verdachts auf Betrug

Vor ein Strafge­richt musste Bert B. allerdings nicht. Die Außen­stelle Offenbach der Staats­anwalt­schaft Darm­stadt ermittelte wegen des Verdachts auf Betrug, stellte das Verfahren aber ein. Zur Über­raschung der Rechts­experten der Stiftung Warentest kamen die Straf­verfolger zum Ergebnis: Die Aussicht darauf, bei Ebay ein Schnäpp­chen zu machen, ist kein vom Strafrecht geschütztes Vermögen (Az. 1200 Js 76886/12). test.de denkt: Das werden viele andere Staats­anwalt­schaften und Gerichte wie die Juristen der Stiftung Warentest anders sehen. Wenn Straf­verfolger einen Fall von Shill-Bidding so sehen wie die Zivil­richter am Ober­landes­gericht, werden sie Anklage wegen Betrugs erheben. Shill-Biddern und Auftrag­gebern droht dann mindestens eine empfindliche Geld­strafe – oder sogar eine Frei­heits­strafe. Die Höchst­strafe für Betrug: fünf Jahre Gefäng­nis. Erscheint das Handeln als gewerbs­mäßig, sind sogar bis zu zehn Jahre Frei­heits­strafe möglich.

So geht Ebay mit vorgetäuschten Geboten um

test.de hat bei Ebay nachgefragt, wie das Unternehmen mit vorgetäuschten Geboten umgeht.

test.de: Schreitet Ebay ein, wenn in vergleich­baren Fällen der Verdacht naheliegt, dass ein Verkäufer mit Schein­geboten den Preis in die Höhe treibt oder einen Verkauf unter einem bestimmten Preis verhindern will?

ebay: Unser Grundsatz zum Bieten auf eigene Angebote verbietet sogenanntes Shill Bidding, also mithilfe eines weiteren Kontos auf eigene Angebote zu bieten oder bieten zu lassen. Das schließt auch Gebote von Personen ein, die den*die Verkäufer*in persönlich kennen. Konten, die nach­weislich in solche unzu­lässigen Gebote invol­viert sind, schließen wir vorüber­gehend vom Handel bei eBay aus und verwarnen sie. Bei wieder­holtem Fehl­verhalten erfolgt ein dauer­hafter Ausschluss. Entsprechende Hinweise prüft unser eBay-Sicher­heits­team unver­züglich. Zudem sucht es auch eigen­initiativ stich­proben­artig nach derartigen Angeboten. Jede*r, der*die den Verdacht hat, dass ein*e Verkäufer*in eigene Auktionen in unzu­lässiger Weise manipuliert, kann dies unserem Sicher­heits­team melden. 

test.de: Stellen Sie in solchen Fällen auch Straf­anzeigen wegen Betrugs?

ebay: Der Nach­weis eines strafrecht­lich relevanten Verhaltens ist an höhere Anforderungen geknüpft als der Nach­weis einer unwirk­samen Willens­erklärung. Betroffene haben aber natürlich die Möglich­keit, Straf­anzeige zu stellen.

test.de: Kennen Sie Fälle, in denen Schein­gebote zu einem Straf­verfahren wegen Betrugs geführt haben?

ebay: Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir uns aus Gründen der Betrug­sprävention hierzu nicht äußern können.

Kommentar von test.de: Ebay regelt seine Angelegenheiten gern selbst und schaltet von sich aus weder Gerichte noch Straf­verfolgungs­behörden ein. Das Unternehmen kann betrügerische Anbieter ohnehin nicht zwingen, Schaden­ersatz zu zahlen. Ebay-Nutzer sollten sich deshalb nicht allein auf von Ebay vermittelte Konfliktlösungen verlassen, sondern sich selbst um die Durch­setzung ihrer Rechte kümmern. Ebay ist kein rechts­freier Raum, wie zahlreiche Verurtei­lungen von Ebay-Anbietern es eindrucks­voll zeigen.

* Name von der Redak­tion geändert

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Nutzer­kommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.

  • Profilbild Stiftung_Warentest am 03.05.2022 um 08:42 Uhr
    Grund für die Verurteilung

    @axiom: Das ist unserer Ansicht nach ein Missverständnis. Der wirkliche Grund für die Verurteilung des Verkäufers zum Schadenersatz sind die unwirksamen Scheingebote, mit dem er den aus seiner Sicht zu günstigen Verkauf verhindern wollte.
    Zitat aus der Urteilsbegründung: "Die Gebote des Bieters mit dem Account A (...) haben nicht zum Zustandekommen eines Kaufvertrages geführt. Denn diese Gebote sind gemäß § 117 Abs. 1 BGB nichtig. Der Nachweis, dass der Beklagte oder ein von ihm beauftragter Dritter unter dem Account „A“ mit geboten hat, ist durch die Gebotsübersichten zu den Auktionen desselben Fahrzeugs vom 27. 11., 14. 12. und 14.12.2011 geführt (Bl. 24, 29, 35)."
    Mit anderen Worten: Die von Ihnen genannten Umstände sind nur insofern wichtig, als sie das Gericht davon überzeugt haben, dass der Verkäufer, der dies bestritten hat, die Scheinangebote entweder selbst abgegeben oder veranlasst hat.
    Klar ist natürlich: Zu schummeln wird für Ebay-Anbieter erst und nur zum Problem, wenn sie dabei erwischt werden.
    Der Fall zeigt vor allem: Der Nachweis kann durchaus gelingen, auch wenn gar nicht bekannt ist, wer da wirklich die betrügerischen Gebote abgegeben hat; siehe auch unten die Kommentare von unserem Nutzer juistland.

  • axiom am 03.05.2022 um 08:06 Uhr
    öhm

    Der Artikel gibt nicht den wirklichen Grund für die Verurteilung wider. Liesst man das Urteil so geht daraus hervor, das der Beklagte jedesmal das Fahrzeug nicht übereignet hat und diese Auktion dann dreimal wiederholt hat. Das sind die Gründe warum angenommen wird das es bei dem Bieter um einen weiteren Account des Beklagten gehandelt haben muss.
    Es ist die Regel das bei Auktionen lange Zeit nicht geboten wird und dann ggf. erst Minuten davor die Bieterei beginnt, insofern wurde ich bei dem Artikel stutzig und wie beschrieben, im Urteil steht der wirkliche Grund.

  • Profilbild test.de-Redakteur_Herrmann am 18.06.2021 um 09:38 Uhr
    Re: Dem Täter auf der Spur

    Vielen Dank für die Hinweise! Ich denke, dass Sie in einem solchen Fall ein Gericht davon überzeugen können, dass ein Betrug vorliegt & Ihnen die angebotene Ware zu dem Preis zu liefern ist, der sich ohne Berücksichtigung der Scheingebote ergibt.

  • juistland am 17.06.2021 um 14:28 Uhr
    Dem Täter auf der Spur Teil 2

    Auffälligkeiten gibt es in der Regel, wenn kleine Artikel, um und bei 20 Euro mit 10 oder mehr Geboten aktiv sind.
    Hier nicht gleich bieten, einfach auf LAST MINUTE mit dem Gebot warten.
    (Den Preis vorher hochtreiben lassen lohnt nicht, dass ist zu dem Futter für die Spassbieter)
    Ggf. 5 Minuten vor dem Auktionsende einen Blick in die Gebotsliste werfen und nach den o.g. Auffälligkeiten suchen.
    Wenn ja, Finger weg oder überlegen, welchen richtigen Max-Preis ich eingebe und der Artikel mir Wert ist.
    Solltest Du oder sollten Sie nicht der glückliche Gewinner einer Auktion auf Last Minute sein, dann ist es nicht schlimm.
    Verkäufer mit Spassbietern / Scheinmitbbietern, melden sich umgehend binnen 2 Stunden, wenn sie verloren haben, mit einem Angebot an unterlegene Bieter.
    Gruß
    Juistland
    -----
    P.S.
    Ich bin kein Geschädigter, doch alles jammerte herum, Undank Lockdown kein Theater, keine Kultur.
    Pfffffffff.
    Warum dafür Geld ausgeben, es gibt anderweitig Unterhaltung pur und das umsonst

  • juistland am 17.06.2021 um 14:27 Uhr
    Dem Täter auf der Spur

    Moin,
    die Findung von Scheinmitbbietern ist doch vielleicht einfacher als man denkt.
    Bei der betreffenden Auktionen einfach mal auf die GEBOTE klicken.
    Auffälligkeiten?
    Wenn ja, auf den mehrfach erscheinenden und zensierten Namen mit gleicher (Zahl) klicken, dann könntet Ihr unter Umständen schlauer sein.
    Hier mal ein Beispiel:
    Zusammenfassung der letzten 30 Tage
    Anzahl der Gebote:204
    Geboten auf unterschiedliche Artikel: 27
    Interessanter ist die vorletzte Spalte: Verkäufer
    In meinem Fall die gesamte Spalte: Nur ein Verkäufer, das bi unten durchgehend.
    Wenn das nicht so offensichtlich ist, dann auf laufenden und / oder beendete / verkaufte Auktionen des Anbieters über die betreffende Auktion klicken.
    Auch hier einmal einen Blick auf Gebote werfen.
    Der zensierte Name kann sich ändern, aber die (Zahl) bleibt gleich.