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Unternehmensberater "McKinsey wurde uns noch nicht angeboten"

Was tun, wenn die Renditen im klassischen Beratergeschäft schwinden? Man nimmt Geld in die Hand - und übernimmt Risiken. Familienunternehmer Walter Droege über sein Geschäftsmodell, seine Investments und die Renditeaussichten der Consultingbranche.
Walter Droege: "Fressgier ist uns völlig fremd"

Walter Droege: "Fressgier ist uns völlig fremd"

Foto: Droege International Group

mm: Herr Droege, manager magazin veröffentlicht in seiner aktuellen Ausgabe einen großen Report über die Zukunft der Beraterbranche. Fühlen Sie sich eigentlich noch der Zunft zugehörig?

Droege: Aber sicher. Obwohl wir ein besonderes Geschäftsmodell haben, das mit der herkömmlichen Managementberatung wenig gemein hat.

mm: Wie sieht Ihr Geschäftsmodell aus?

Droege: Wir sind ein Beratungs- und Investmenthaus. Wir halten Beteiligungen an mittelständischen Unternehmen, investieren dort mit eigenem Geld. Anschließend restrukturieren wir. Auch externen Kunden bieten wir Hilfe bei Restrukturierungen an. Der Mehrwert aus der Wertsteigerung deckt Honorare, Kosten und Gewinn ab.

mm: Herr Droege, sind Sie eine Heuschrecke?

Droege: Nein, Fressgier ist uns völlig fremd. Wir bleiben in der Regel langfristig investiert und tragen das volle unternehmerische Risiko. Wir setzen für Investments unser Eigenkapital von rund 800 Millionen Euro ein. Bei unserer Bilanz könnte ich von den Banken problemlos 60 bis 70 Prozent Fremdkapital bekommen. Also könnten wir theoretisch ein Objekt für 3 Milliarden Euro kaufen. Es ist aber nicht unser Interesse, alles auf eine Karte zu setzen.

mm: Die mittlerweile insolvente Drogeriemarktkette Schlecker hätten Sie zu einem Schnäppchenpreis bekommen. Warum ist aus der Übernahme nichts geworden?

Droege: Wir haben das Unternehmen eingehend geprüft. Das Sanierungskonzept erschien uns nicht tragfähig. Deshalb haben wir uns zurückgezogen.

mm: Wieso sind Sie nicht bei der klassischen Unternehmensberatung geblieben?

Droege: Ich wollte ja nie ausschließlich Unternehmensberater sein. Das Investmenthaus war meine Gründungsidee. Doch nach zwei Jahren merkte ich, dass dieses Modell ohne Eigenkapital nicht funktioniert. Also habe ich erst einmal ein Beratungsgeschäft aufgebaut, um so Kapital anzusammeln. Nach zwölf Jahren habe ich die alte Idee dann langsam entwickelt.

mm: Kapital ist im Moment nicht gerade ein knappes Gut. Es fehlt eher an lukrativen Anlagemöglichkeiten. Hat Ihr Geschäftsmodell überhaupt eine Zukunft?

Droege: Ich sehe sehr große Möglichkeiten. Wir werden zunehmend von Großkonzernen eingeladen, die Partner suchen für Ausgründungen und Entkonsolidierungen.

mm: Das machen Private-Equity-Firmen auch.

Droege: Ja, der Unterschied ist: Die schauen bei einem Objekt oft nur auf die Finanzen. Wir bieten betriebliche Optimierung, Finanzen und Management aus einer Hand. Ich habe ja noch 100 Berater, und die brauche ich für solche Restrukturierungen. Außerdem können wir schneller entscheiden. Wir tragen unsere Pläne dem Aufsichtsrat vor, und schon können wir loslegen. Private-Equity-Unternehmen müssen erst ihre Investment- Kommitees fragen, das dauert.

"Die Erträge in der Beraterbranche werden schwinden"

mm: Man hört so wenig vom Investor Droege. Wie viel haben Sie bisher investiert?

Droege: Wir haben Unternehmen aus mehreren Branchen gekauft. Das größte Investment ist die Also AG in Zürich, ein Logistikunternehmen, das für große internationale Hersteller wie Samsung  , Apple  oder Hewlett-Packard  arbeitet; dort sind wir Hauptaktionär. Das zweitgrößte Engagement ist der Wiener Zeitarbeitskonzern Trenkwalder, der 70.000 Mitarbeiter beschäftigt. Alles in allem erzielen unsere Beteiligungen einen Gesamtumsatz von mehr als sieben Milliarden Euro. Das finde ich beachtlich.

mm: Warum sind andere Unternehmensberatungen Ihrem Beispiel bisher nicht gefolgt?

Droege: Die meisten Consultants tun sich schwer damit, neue Geschäftsmodelle zu entwickeln. Das geht in einer Partnerstruktur nicht so ohne weiteres. Wir tragen ja auch ein nicht unbeträchtliches unternehmerisches Risiko. Davor schrecken die meisten Beratungen zurück.

mm: Wie entwickelt sich aus Ihrer Sicht die Beraterbranche?

Droege: Die Erträge werden schwinden. Ich habe um die Jahrtausendwende schon gesehen, dass die Profite unter Druck kommen. Sonst hätte ich mein Beratungsgeschäft, das ja damals nicht schlecht lief, noch weiter ausgebaut.

mm: Was wird denn heute in der Szene verdient?

Droege: Die Managementberater dürften im Schnitt 10 bis 15 Prozent Rendite erzielen, mehr ist heutzutage nicht drin. In den USA sind die Gewinnaussichten noch schlechter. Deshalb verdient dort auch kein europäischer Consultant richtig Geld.

mm: Wie werden die Beratungen darauf reagieren?

Droege: Die Branche wird sich weiter konsolidieren. Drei bis vier globale Marken wie McKinsey oder Boston Consulting wird es geben, die den Unternehmen einen weltweiten Service anbieten können. Die Consultingsparten der großen Wirtschaftsprüfer betreiben das Massengeschäft und offerieren viele Leute für wenig Geld. Spezialberater, etwa für Einkauf, Controlling oder Pricing, werden auch ihr Auskommen finden. Die mittelgroßen Beratungen werden sich allerdings schwer tun. Wir waren ja damals in der gleichen Position, stuck in the middle sozusagen.

mm: Wurden Ihnen schon Beratungsfirmen angeboten? Motto: Droege schluckt McKinsey?

Droege: Also: McKinsey wurde uns noch nicht angeboten. Aber Arthur D. Little war mal auf dem Markt, über Management Engineers gibt es immer wieder Verkaufsspekulationen, auch Booz sucht angeblich Partner.

mm: Und wann verkauft Droege?

Droege: Ich will nicht Kasse machen. Ich bin Familienunternehmer und möchte meinen Betrieb an meine Kinder weiter geben.