Freiburg-Star Grifo: Streich würde ich auch gegen Nagelsmann nicht eintauschen

Grifo bestritt schon acht Länderspiele für Italien

Grifo bestritt schon acht Länderspiele für Italien

Foto: Tom Weller/dpa
Von: JOHANNES WOLF

Neun Tore erzielte Freiburg-Stürmer Vincenzo Grifo (29) in der vergangenen Saison – und genau so viele in den ersten 15 Partien der aktuellen Spielzeit.

Macht Platz vier der Torjägerliste, gleichauf mit Bayern-Überflieger Jamal Musiala (19). Der Deutsch-Italiener, geboren in Pforzheim, verabschiedete sich stilecht mit einem Dreierpack in die Winterpause – und ist nun heiß wie nie ...

BILD am SONNTAG: Herr Grifo, was meinen Sie: Gab es in der Liga einen Spieler, der über die lange Winterpause unglücklicher war als Sie?

Vincenzo Grifo: (lacht) „Das weiß ich nicht. Nach meinem Hattrick gegen Union am letzten Spieltag des alten Jahres hätte ich gerne noch weitergemacht – am liebsten bei der WM für Italien (Italien war nicht qualifiziert; d. Red.). In so guter Form nicht weiterspielen zu können, tat mir richtig weh. Aber ganz ehrlich: Auch ich habe mich über die Pause gefreut. Vor allem, weil ich endlich mal wieder Zeit für meine Familie hatte.“

Und da gab es frohe Kunde ...

Grifo: „Und wie! Meine Frau Vanessa und ich werden im Sommer zum zweiten Mal Eltern. Die kleine Emilia bekommt ein Geschwisterchen. Ob Bruder oder Schwester wissen wir noch nicht. Deswegen hätte es in der Pause keine schöneren Neuigkeiten geben können.“

Herzlichen Glückwunsch! Aber lassen Sie uns auf das Sportliche schauen. Mit neun Treffern haben Sie jetzt schon Ihren Saison-Rekord eingestellt. Zählen Sie sich mittlerweile zu den besten Spielern der Liga?

Grifo: „Wenn man auf die Statistiken der letzten Jahre schaut, gehöre ich schon dazu, ja. Aber das soll jeder für sich selbst beurteilen. Ich schiele nicht auf Dinge wie Ranglisten oder die Torjägerkanone, so ticke ich nicht. Was mich weiterbringt, ist die Bestätigung, dass ich auf allerhöchstem Level abliefern kann. Ich bin in der Lage, für mein Team das Siegtor zu schießen oder vorzubereiten, und habe somit einen hohen Wert für die Mannschaft. Darauf kommt es mir an.“

Sie haben diesen Status erst in den letzten Jahren und mit Ende 20 erreicht. Kam dieser späte Leistungssprung für Sie überraschend? Oder wussten Sie immer, dass Sie das in sich haben?

Grifo: „Das ist schwer zu sagen. Sicher davon ausgehen konnte ich nicht. Trotzdem habe ich immer darauf hingearbeitet, um in der Bundesliga zu den Besten zu gehören. Ich wusste, dass ich die Voraussetzungen mitbringe. Um ehrlich zu sein, überrascht es mich im Nachhinein nicht, dass es erst im etwas reiferen Alter und nicht schon mit 23 oder 24 passiert ist.“

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Warum?

Grifo: „Bei meinem Spielstil muss ich große Verantwortung übernehmen. Ich reiße das Spiel gerne an mich, spiele so kreativ wie möglich und will den entscheidenden Ball spielen. Die nötige Selbstverständlichkeit und das Selbstvertrauen dafür habe ich erst mit der Zeit erlangt. Erst nachdem ich mich im Laufe meiner Karriere mehr für Ratschläge vom Trainer oder Mitspieler geöffnet habe, konnte ich noch mal große Schritte machen.“

Das war früher anders?

Grifo: „Als ich jünger war, dachte ich noch, dass ich selbst am besten weiß, was gut für mich ist. Jetzt weiß ich, wie sehr mich Tipps weiterbringen können. Das ist generell ein großes Erfolgsgeheimnis von uns in Freiburg. Das gesamte Team ist unglaublich kritikfähig und offen für Ratschläge. Das hilft uns extrem, besser zu werden.“

Nach vielen Leihen und Wechseln zu Beginn Ihrer Karriere sind Sie jetzt in Freiburg heimisch geworden. Haben Sie diese Sesshaftigkeit gebraucht, um Ihr Potenzial abrufen zu können?

Grifo: „Die vielen Wechsel haben mir letztendlich gezeigt, worauf es mir wirklich ankommt und was am besten für mich ist. Das war und ist Freiburg. Ich brauche eine Stadt, einen Klub und ein Umfeld, wo ich und vor allem auch meine Familie sich wohlfühlt. Deswegen habe ich 2019 gesagt, dass für mich nur Freiburg infrage kommt. Da wusste ich, dass alles passt. Es war mir egal, von welchen anderen Klubs Angebote auf dem Tisch lagen. Ich wusste: Der SC und Christian Streich waren das Beste für mich.“

Sie sprechen den Trainer an. Wie viel extra hat Christian Streich noch mal aus Ihnen herausholen können?

Grifo: „Unglaublich viel! Ohne ihn wäre ich nicht so gut, wie ich es jetzt bin. Er hat bei mir deutlich mehr rausgeholt, als es andere gemacht haben. Und nicht nur bei mir. Mit welcher Energie er jeden Spieler Tag für Tag besser macht, ist außergewöhnlich.“

Viel Liebe! Grifo fühlt sich in Freiburg pudelwohl

Viel Liebe! Grifo fühlt sich in Freiburg pudelwohl

Foto: Tom Weller/dpa

Was ist sein Erfolgsgeheimnis?

Grifo: „Sein Anspruch ist es, immer einen draufzusetzen. Für mich zählt Christian Streich zu den Allergrößten im Fußball. Warum sind Ronaldo und Messi die besten Spieler? Weil sie sich nie zurücklehnen, immer besser sein wollen. Genau das trifft auch auf Christian Streich als Trainer zu. Er setzt immer noch mal einen drauf – egal, wie gut man schon war.“

In Hoffenheim war Julian Nagelsmann Ihr Trainer. Viel Spielzeit hatten Sie unter ihm nicht. Was konnte Streich aus Ihnen herauskitzeln, was Nagelsmann nicht geschafft hat?

Grifo: (lacht) „Das ist eine gemeine Frage. Beide sind überragende Trainer, so viel steht fest. Ich habe in Hoffenheim leider nicht viel gespielt, aber das lag nicht daran, dass Julian und ich nicht miteinander auskamen. Es passt in Freiburg unter Christian einfach besser. Ich vergleiche das gerne mit einem Freundeskreis: Da verstehen sich alle untereinander super, trotzdem gibt es oft den einen besten Freund, mit dem alles passt. So ist das bei Christian und mir – natürlich auf den Fußball bezogen.“

Sie würden Ihren Trainer also gegen niemanden eintauschen wollen – auch nicht gegen Julian Nagelsmann?

Grifo: „Nein, das ist schon alles gut so, wie es gerade ist. Christian Streich tausche ich gegen niemanden ein, auch nicht gegen Nagelsmann. Ich spiele beim SC Freiburg, und da gehört Christian ja einfach dazu. Ich bin sehr glücklich, unter ihm spielen zu dürfen, und freue mich, so noch besser zu werden. Das wird Julian auch verstehen, da bin ich mir sicher. (lacht)“

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Quelle: BILD

Lassen Sie uns zum Abschluss noch einen Ausblick wagen: Sie stehen mit dem SC auf Rang zwei, der würde am Ende der Saison die Champions League bedeuten. Können Sie diesen Platz halten?

Grifo: „Erst mal finde ich, dass wir verdient auf Platz zwei stehen. Ob es am Ende reicht, werden wir sehen. Ich finde, es bringt nichts, irgendwelche Ansagen rauszuhauen. Natürlich will kein Profi schlechter werden, sondern immer schauen, was maximal möglich ist. Die Champions League ist für uns ein Traum, aber kein Ziel. Unser Ziel ist es, jedes Spiel zu gewinnen und unser Potenzial abzurufen. Wenn das am Ende für die Top vier reichen sollte, werden wir das Startrecht für die Königsklasse sicher nicht zurückgeben. Aber da macht sich wirklich keiner verrückt.“

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