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FC Bayern | Rummenigge: "Wir haben zwei unglaubliche Angebote bekommen"


Bayerns Ex-Boss Rummenigge
"Wir haben zwei unglaubliche Angebote bekommen"

InterviewVon Julian Buhl

Aktualisiert am 02.02.2023Lesedauer: 8 Min.
Interview
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Der Gesprächspartner muss auf jede unserer Fragen antworten. Anschließend bekommt er seine Antworten vorgelegt und kann sie autorisieren.

Zum journalistischen Leitbild von t-online.
Karl-Heinz Rummenigge: Der 67 Jahre alte frühere Weltklassestürmer spielte von 1974 bis 1984 für den FC Bayern. Von 1991 bis 2021 leitete er dann als Verantwortlicher die Geschicke des Klubs.Vergrößern des Bildes
Karl-Heinz Rummenigge: Der 67 Jahre alte frühere Weltklassestürmer spielte von 1974 bis 1984 für den FC Bayern. Von 1991 bis 2021 leitete er dann als Verantwortlicher die Geschicke des Klubs. (Quelle: Sven Hoppe)

Ex-Boss Karl-Heinz Rummenigge spricht in Teil eins des großen t-online-Interviews über den FC Bayern, Nachfolger Kahn, Hoeneß, Neuer, die Katar-Frage und das PSG-Duell.

Pünktlich auf die Minute erscheint Karl-Heinz Rummenigge am vereinbarten Treffpunkt in einem Café im Münchner Nobelvorort Grünwald. Der 67-Jährige ist zu Fuß unterwegs, schließlich wohnt er ganz in der Nähe.

Nachdem er seinen Mantel und seine Handschuhe abgelegt hat, bestellt er sich erst mal einen Cappuccino und sucht sich dazu an der Theke ein Stück Marmorkuchen aus. Neben dem Spaziergang habe er schließlich bereits eine Sporteinheit am Vormittag hinter sich, wie er erzählt. Dass der frühere Weltklassestürmer und langjährige Vorstandsvorsitzende des FC Bayern noch immer gut Form ist, sieht man ihm nach wie vor an.

Nach über 20 Jahren in verantwortlicher Position hat er sich im Sommer 2021 beim Rekordmeister zurückgezogen und verfolgt die Entwicklungen an der Säbener Straße nun aus einer anderen Perspektive. Im ersten Teil des großen Exklusivinterviews mit t-online spricht er darüber, wie genau.

t-online: Herr Rummenigge, der FC Bayern ist mit drei Unentschieden enttäuschend aus der WM-Pause gestartet. Am Mittwochabend steht im Pokalachtelfinale in Mainz der erste Titel auf dem Spiel. Wie gefährlich ist die Lage für Ihren Ex-Klub?

Karl-Heinz Rummenigge: Es ist eine sehr wichtige Woche für den FC Bayern, mit dem K.o.-Spiel in Mainz und dem Auftritt bei den Wölfen, die zwar zuletzt zwei Niederlagen kassiert haben, aber nicht zu unterschätzen sind. Das entscheidende Kriterium ist, dass du jetzt wieder Stabilität reinbringen musst. Das funktioniert im Fußball generell nur über Siege. Vorne wurden zuletzt zu wenig Chancen herausgespielt und hinten schon das eine oder andere zugelassen.

In der Bundesliga sind die Bayern weiter Tabellenführer – allerdings nur noch mit einem Punkt Vorsprung. Wäre es nicht sogar gut für die Liga, wenn ihre Dominanz nach so vielen Meisterschaften in Folge vorerst enden würde?

Fußball definiert sich grundsätzlich über Emotion. Wenn ein Verein zehnmal hintereinander Meister wird, ist das dafür nicht förderlich. Aktuell sieht es ja danach aus, als wenn die Saison mal wieder spannend werden könnte. Ich wünsche dem FC Bayern aber trotzdem die 11. Meisterschaft in Folge, das ist ja kein Geheimnis.

Wenn Sie jetzt Manager in Dortmund oder Leipzig wären, wie würden Sie versuchen, Bayern vom Thron zu stoßen?

Der große Unterschied ist doch: Diese Klubs haben eine andere Philosophie, auch aufgrund anderer wirtschaftlicher Voraussetzungen. Bayern München würde nie einen Bellingham oder einen Nkunku verkaufen. Bei uns gab es immer das eiserne Gesetz: Ein Spieler, der für die Qualität der Mannschaft unabdingbar ist, muss bleiben, auch wenn du dafür das Geld auf den Tisch legen musst. Ich kann auch genau sagen, wann wir das eingeführt haben.

Bitte.

Das war 2008, als wir zwei unglaubliche Angebote für Franck Ribéry bekommen hatten: eines aus Spanien und ein quasi unmoralisches aus England. Da haben Uli Hoeneß, Karl Hopfner und ich uns mit Franck Ribéry am Tegernsee getroffen und ihm gesagt: "Du kannst dich auf den Kopf stellen, aber du bleibst bei uns. Wir machen dir jetzt ein neues Vertragsangebot und gehen dafür bis an die Grenze des Möglichen." Wir haben einen Transfer damals also abgelehnt und die besagte Regel aufgestellt.

Gilt die nach wie vor?

Ich glaube, ja. Und das ist ein Punkt, bei dem Uli Hoeneß nach wie vor große Bedeutung für den Klub hat. Damit diese Dinge, die früher Bestand hatten, es auch heute noch haben. Jamal Musiala könntest du jetzt vermutlich für weit über 100 Millionen Euro verkaufen. Aber finden Sie mal so einen Jungen. Er ist ja nicht nur auf dem Platz außergewöhnlich, sondern auch als Mensch ein ganz toller Charakter. Diese Spieler darfst du nicht abgeben. Dafür musst du dann alles Mögliche möglich machen.

Wie beurteilen Sie die bisherige Entwicklung Ihres Nachfolgers Oliver Kahn?

Ich möchte das gar nicht beurteilen, das ist nicht meine Aufgabe. Zu meiner Zeit als CEO wurden wir vom Aufsichtsrat immer am sportlichen Erfolg sowie an finanzieller Seriosität und Solidität gemessen. Und ich gehe davon aus, dass diese Werte bis heute Bestand haben.

Wie haben Sie die Szene in der Hinrunde erlebt, als Kahn sich auf der Tribüne in Dortmund äußerst emotional über den 2:2-Ausgleich in der Nachspielzeit ärgerte?

Ich habe geschmunzelt, das war der Oliver Kahn, wie ich ihn im Tor früher regelmäßig erlebt habe. Wenn der dann in die Kabine kam, hat’s auch mal ordentlich gescheppert. Heute hält er sich natürlich dem Amt angemessen zurück, aber der Vulkan in ihm wird immer noch brodeln. In dem Moment war er bedient, und es hat ihm viele Sympathien bei den Fans eingebracht.

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Wie würden Sie Ihr aktuelles Verhältnis zum FC Bayern beschreiben, nachdem Sie sich dort im Sommer 2021 als langjähriger Vorstandsvorsitzender zurückgezogen haben?

Ich verfolge den Klub nach wie vor sehr intensiv, habe aber ganz zielbewusst kein offizielles Amt mehr angestrebt. Alle sechs bis acht Wochen hole ich an der Säbener Straße meine Post ab, trinke einen Espresso und dann schleich ich mich auch wieder. Ich habe ein ganz freundschaftliches, respektvolles Verhältnis zu den Verantwortlichen, zu den Mitarbeitern und bleibe dem Verein für immer verbunden.

Klingt trotzdem nach einem endgültigen Schlussstrich …

Wenn man zurücktritt, muss man bereit sein loszulassen. Wenn man noch einen Fuß in der Tür hat, kann man sie schlecht richtig zumachen. Als ich 2021 aufgehört habe, bin ich für zweieinhalb Monate mit meiner ganzen Familie nach Sylt gefahren. Da habe ich erst mal drei Gänge runtergeschaltet. Die ersten zwei Wochen habe ich die Zeitung noch gelesen, als wäre ich in Amt und Würden, und habe dann zu mir selbst gesagt: "Lass los, Junge!" (lacht).

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Wie sieht es mit Uli Hoeneß aus, vermissen Sie ihn und die kleinen Auseinandersetzungen mit ihm nicht ein wenig?

(Grinst) Als ich ihn am 5. Januar anrief und ihm zum Geburtstag gratulierte, sagte er: "Ich bin glücklich, dass wir wieder so ein gutes, entspanntes Verhältnis haben, wie ganz früher." Als ich mit 18 als Spieler zu Bayern kam, bin ich ihm als Zimmernachbar zugeteilt worden, und wir haben die Nächte vor den Spielen wie so ein altes Ehepaar zusammen im Bett verbracht. Ich bin Uli Hoeneß zu Dank verpflichtet, weil ich durch ihn sehr viel gelernt habe.

Wie sehen Sie Hoeneß' gegenwärtige Rolle im Verein? Er hat er sich ja nicht komplett zurückgezogen und ist weiter Aufsichtsratsmitglied.

Uli darf und wird sich nicht zurückziehen, weil er so riesige Fußspuren im Klub hinterlassen hat. Der wichtigste Mann beim FC Bayern in allen Bereichen war Franz Beckenbauer. Aber die Seele dieses Klubs war immer Uli Hoeneß. Der hat den Klub geführt wie sein Eigentum. Er hat wahnsinnig große Qualität, Erfahrung und diese unglaubliche Emotionalität. Uli Hoeneß ist auch der perfekte Mann, der dieses Polarisieren des Klubs, um das uns alle immer beneidet haben, personifiziert hat.

Aktuell polarisiert ja vor allem die Frage, ob der Sponsoringvertrag des FC Bayern mit Qatar Airways über den Sommer hinaus fortgesetzt werden soll. Was würden Sie den Verantwortlichen raten?

Ich bin, nachdem der Vertrag 2018 abgeschlossen wurde, jedes Jahr nach Brüssel geflogen, wo wir uns mit Vertretern von Menschenrechtsorganisationen getroffen haben. Und immer haben wir die Frage gestellt, ob die Organisationen empfehlen würden, diese Partnerschaft zu beenden oder weiterzuführen. Unisono kam jedes Mal die Antwort: bitte unbedingt weitermachen.

Mit welcher Begründung?

Nur im Dialog können Veränderungen angestoßen werden. Aber ich will da keine Ratschläge erteilen. Oliver Kahn hat im Trainingslager Gespräche geführt. Die wird er jetzt bewerten.

Mit Milliardensummen aus Katar unternimmt Bayerns Achtelfinalgegner Paris Saint-Germain große Anstrengungen, um den Champions-League-Titel zu gewinnen. Ist es nur eine Frage der Zeit, bis das gelingt?

Den Champions-League-Titel kann man nicht kaufen. Auch wenn Klubs wie Paris oder ManCity finanziell bessere Voraussetzungen haben, haben sich zuletzt eher Real Madrid oder auch Bayern durchgesetzt. Die große Frage ist, wie lange sich das noch aufrechterhalten lässt? Denn die Summen werden schon absurd, wenn ich lese, was Ronaldo jetzt in Saudi-Arabien verdient oder auch Messi bei PSG. Da kannst du als Bayern München strampeln, wie du willst, da kommst du nicht hin, und das sollte auch nicht das Ziel sein.

Wie kann man dem entgegenwirken?

Da sind die Verbandsinstitutionen mehr denn je gefragt. Financial Fairplay ist eingeführt worden, um diesen Absurditäten ein Ende zu setzen und finanziell für mehr Stabilität zu sorgen. Jeder Verband muss daran interessiert sein, dass in seinem Sport oder in seinen Wettbewerben investiert wird. Aber ich glaube, das Wichtigste ist es, gewisse Werte auch im Fußball aufrechtzuerhalten, um die Statik des Sports zu stützen. Das ist eine schwierige Balance für die Uefa und auch für die Fifa.

Ab 2024 wird die Uefa in der Champions League allerdings ein Ligasystem einführen, das 100 Spiele mehr mit sich bringt. Die Fifa plant unter anderem eine Klub-WM mit 32 Teams und alle zwei oder drei Jahre eine WM. Da geht es doch offenbar auch mehr ums Geld als um Werte. Sollte man da also auch auf die Bremse treten?

Das muss man schon im Detail diskutieren. Die Reform der Champions League, die die Uefa beschlossen hat, finde ich gut. Der FC Bayern war auch dieses Jahr schon wieder nach dem vierten Spieltag fürs Achtelfinale qualifiziert. Der neuen Gruppenphase wird mehr Qualität eingehaucht, und es wird auch für die großen Klubs wesentlich schwieriger, die K.o.-Phase zu erreichen. Dabei geht es nicht darum, einfach nur noch mehr Geld zu verdienen. Man wollte die Gruppenphase emotionalisieren und das wird damit gelingen, davon bin ich überzeugt.

Mit großer Spannung werden bereits die Achtelfinalduelle der Bayern mit Paris erwartet, die für die Bewertung der gesamten Saison jeweils sehr entscheidend sind. Für wen steht da mehr auf dem Spiel?

Für beide das Gleiche. Ich habe bei der Sitzung des Uefa-Exekutivkomitees zufällig neben Nasser (PSG-Präsident al Khelaifi; Anm. d. Red.) gesessen und ihn gefragt, wie die Situation in Paris ist. Er meinte, dass sie dort den beiden Spielen gegen Bayern schon entgegenfiebern. In München gestaltet sich die Situation ähnlich, auch da fiebert alles auf dieses Spiel hin, es ist schon eine gewisse Nervosität spürbar, auch wenn noch wichtige Spiele dazwischenliegen.

Könnte sich Trainer Julian Nagelsmann noch mal so ein frühes Champions-League-Aus erlauben, auch wenn es gegen Lionel Messi, Kylian Mbappé und Neymar geht?

Die vergangenen zwölf Jahre kam Bayern nur einmal nicht über das Achtelfinale hinaus, das war 2019 gegen Liverpool. Ich erinnere mich sehr ungern an dieses letzte frühe Ausscheiden in der Allianz Arena, ich weiß noch, wie extrem enttäuscht unsere Fans damals das Stadion verlassen haben, unter anderem hat Mané zwei Tore erzielt, damals noch im Liverpool-Dress. Ich wünsche dem FC Bayern für die ohne Frage zwei sehr wichtigen Champions-League-Begegnungen alles Gute und viel Erfolg.

Manuel Neuer, der sich bei einer Skitour den Unterschenkel gebrochen hat, wird dabei nicht mithelfen können. Wie beurteilen Sie dieses Thema?

Das Wichtigste ist erst mal, dass Manuel jetzt wieder gesund wird. Er weiß selbst, dass es nicht die beste Idee war, diese Piste runterzufahren und sich dabei zu verletzen. Aber man darf auch nicht vergessen: Er kam gerade frustriert aus Katar zurück, wollte den Kopf freibekommen, und dann passiert dieser Unfall. Alle sollten bitte im Hinterkopf behalten, was er für Bayern und die Nationalmannschaft geleistet hat, man sollte ihn seriös und fair behandeln. Er hat das Torwart-Spiel perfektioniert, war fünfmal Welttorhüter. Wenn er wieder gesund ist, wird er mit einem Riesenehrgeiz zurückkommen und wieder angreifen.

Den zweiten Teil des großen Interviews mit Karl-Heinz Rummenigge über die neue DFB-Taskforce und die Fifa lesen Sie am Donnerstag auf t-online.

Verwendete Quellen
  • Persönliches Interview mit Karl-Heinz Rummenigge
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