Newsletter

Eine vergessene Schlacht - Die Alpen, 10.-25. Juni 1940

Aktie :

Die alpine Infanterie im Dauphiné, Aufstellen eines 81 mm - Mörsers. Quelle : ECPAD Frankreich
Die alpine Infanterie im Dauphiné, Aufstellen eines 81 mm - Mörsers. Quelle : ECPAD Frankreich
Corps 1

10. Juni 1940: Italien tritt an der Seite Deutschlands in den Krieg ein. In den Alpen stehen die 190 000 Männer von General Olry den etwa 450 000 Italienern gegenüber, die von Prinz Umberto von Piemont geführt werden. Die französischen Streitkräfte stützen sich auf die "Maginot - Linie der Alpen", die aus Festungsanlagen aus dem Ende des 19. Jahrhunderts besteht, die nach 1928 entwickelten Plänen modernisiert und abgeschlossen wurden. Da man einen Konflikt mit Italien, das sich mit Deutschland verbündet hatte, kommen sah, wurden diese Befestigungsanlagen, die den Vormarsch des Feindes aufhalten sollten, in den Alpen entlang der Grenze weiter geführt. Die Italiener, die zwar zahlenmäßig überlegen sind, sind schlecht ausgebildet, mittelmäßig ausgerüstet und nicht sehr beweglich. Im Übrigen ist der "Vallo Alpino" (Alpenwall), der ab 1937 als Antwort auf die französischen Befestigungen von den Italienern aufgebaut wird, noch längst nicht abgeschlossen, als der Krieg beginnt.

Corps 2

Zur selben Zeit ist General Olry gezwungen, eine neue Front zur Sicherung seiner Nachschubgebiete aufzubauen. In der Tat haben die Deutschen die Alliierten im Norden zurück gedrängt und marschieren mit großer Geschwindigkeit in Richtung Süden. Am 16. Juni haben sie Langres und Dijon erreicht. Sie werden sich mit den Italienern vereinigen und die Alpenarmee "in die Zange nehmen". Sie müssen aufgehalten werden! Aber wie?

General Olry stellt einen Schlachtplan im Rhônetal auf, der auf der Einrichtung von drei aufeinander folgenden Verteidigungslinien beruht, die erste an der Rhône in Lyon, die zweite entlang der Isère und die dritte entlang der Durance, mit deren Aufbau General Cartier betraut wird. Um die in den Alpen kämpfenden Streitkräfte nicht zu schwächen, wird beschlossen, ihre Deckung aufrecht zu erhalten. In aller Eile werden Einheiten aus Reservisten und aus dem Norden zurück kehrenden Soldaten gebildet, oder zumindest wird deren Material dazu benutzt, andere Soldaten auszurüsten. Diese Truppen, die aus Soldaten, die über Dünkirchen aus Belgien oder über Brest aus England kommen, aus Matrosen, Fliegern, Spahis oder Infanteristen bestehen, sind bunt zusammen gewürfelt. Drei Organisations- und Ausbildungszentren werden für sie eingerichtet: eins in Orange für die Kavallerie, eins in Avignon für die Pioniere und die Infanterie und eins in Nîmes für die Artillerie.

Der erste Riegel wird gesprengt, als Lyon zur offenen Stadt erklärt wird. Seit dem 19. Juni steht die Alpenarmee den Deutschen gegenüber, die die Rhône über die Brücken von Lyon überschritten haben. Am Abend des 20. lässt General Olry alle Brücken über die Isère flussabwärts von Voreppe sprengen. Das 16. Panzerkorps greift nun an drei Achsen an. Die Gruppe C, die von Vienne aus nach Süden vorrückt, wird an der Isère und am rechten Ufer der Rhône aufgehalten, wo die Spahis ein letztes Mal in Andance angreifen. Die Gruppe B, die von Lyon aus vorrückt, wird am 23. an der Schlucht von Voreppe aufgehalten, von wo aus man Grenoble erreicht. Die Gruppe A, die von Bourg aus anrückt, überquert die Rhône in Culoz und erreicht Aix-les-Bains am Abend des 23. Juni. Der Angriff auf Chambéry wird trotz allem aufgehalten.

Am 22. und 24. Juni werden die Waffenstillstandsabkommen mit Deutschland und Italien von Frankreich unterzeichnet. Das Feuer wird am 25. Juni um 0 h 35 eingestellt, aber erst Anfang Juli geben die letzten Garnisonen der Maginot - Linie den Kampf auf. Trotz ihrer begrenzten Mittel in ihrem Kampf gegen zwei Fronten gelingt es der Alpenarmee, die 400 km lange Grenze siegreich zu verteidigen, indem sie ihre Devise "Niemand kommt hier durch" anwendet. Indem sie die Italiener an der Grenze aufhält und den Vormarsch der Deutschen verlangsamt, kann sie vermeiden, dass das nationale Territorium vollständig besetzt wird.
 

1. September 1939

Beginn des deutschen Angriffs auf Polen.

3. September 1939

Großbritannien und Frankreich erklären Deutschland den Krieg

21. März 1940

Die Regierung Édouard Daladier tritt zurück, Bildung der Regierung Paul Reynaud

10 mai 1940

Beginn der deutschen Offensive im Westen: Einmarsch in die Niederlande, nach Belgien und Luxemburg

13. Mai 1940

Durchbruch der Deutschen bei Sedan

15. Mai 1940

Kapitulation der holländischen Armee

18. Mai 1940

Marschall Pétain wird Staatsminister und Vizepräsident des Rates

28. Mai 1940

Kapitulation der belgischen Armee
28. Mai -4. Juni 1940 Schlacht von Dünkirchen

5.- 8. Juni 1940

Durchbruch durch die letzten französischen Verteidigungslinien an der Somme und an der Aisne

10. Juni 1940

Eintritt Italiens in den Krieg an der Seite Deutschlands ; Evakuierung der Zivilbevölkerung vor und in der Nähe der Stellungen des französischen Widerstandes; Zerstörung verschiedener Zugangspunkte durch die Franzosen

12. Juni 1940

Erste Schusswechsel zwischen französischen und italienischen Ski - Aufklärern

13. Juni 1940

Bombardierung von Turin durch die Royal Air Force; Bombardierung von Toulon und der Gegend von Fayence und Cannes durch die Regia Aeronautica

14. Juni 1940

Beschießung der Industriegebiete von Genua und Savona durch die französische Flotte; Einmarsch der deutschen Truppen in Paris, das zur offenen Stadt erklärt wird.
15. Juni 1940 Bombardierung der Gegend von Cuers, Luc, Hyères und Saint-Raphaël durch die Regia Aeronautica

16. Juni 1940

Bombardierung der Gegend von Novi Ligure und verschiedener Ziele in Italien durch die Franzosen; Rücktritt von Paul Reynaud, Bildung des Kabinetts von Marschall Pétain

17. Juni 1940

Bombardierung der Fabriken von Turin, des Flugplatzes und des Bahnhofs von Mondovi und des Fliegerhorstes von Novi Ligure durch die Franzosen; offensive Aufklärungseinsätze der Italiener gegen die wichtigsten Punkte an der Grenze; die Franzosen bitten um den Waffenstillstand

18. Juni 1940

Weitere Aufklärungsunternehmen durch die Italiener ; Einmarsch der Deutschen in Bourg-en-Bresse, Roanne, Mâcon; Lyon wird zur offenen Stadt erklärt

19. Juni 1940

Befehl zum Angriff durch Mussolini, Ankunft der Deutschen in Nancy, Vichy, Rennes, Überquerung der Loire

21. Juni 1940

Allgemeine italienische Offensive in den Alpen/strong> ; Besetzung von Lyon und Vienne durch die Deutschen

22. Juni 1940

Unterzeichnung des französisch - deutschen Waffenstillstands in Rethondes

23. Juni 1940

Besetzung eines Teils von Menton durch die Italiener; Einmarsch der Deutschen in Aix-les-Bains

24. Juni 1940

Unterzeichnung des französisch - italienischen Waffenstillstands in Rom
25. Juni 1940 Die Waffenruhe tritt in Kraft


 

(Lille 28. Juni 1880 - Angoulême 3. Januar 1944) Der Absolvent der Ecole polytechnique René Olry wird am 10. Oktober 1904 zum Leutnant im 21. Regiment der Artillerie befördert. Er nimmt in dieser Waffengattung am Ersten Weltkrieg teil, beim Stab der Artillerie des 6. Korps, beim Stab der Festung Verdun, in der Artillerie der 2. Armee. 1917 gehört er zu dem französischen Expeditionskorps in Italien und nimmt an den Kämpfen an der Piave teil, bevor er 1918 zum Kommandeur einer Artilleriegruppe im 283. AR ernannt wird. Seine hervorragende Haltung bringt ihm fünf ehrenvolle Erwähnungen während des Krieges ein, zwei davon auf Antrag der Armee. 1922 ist er Sekretär des Obersten Rats der nationalen Verteidigung und nimmt dann bis 1928 an der französischen Militärmission in Griechenland teil. Damals ist er Korpskommandeur des 309. Regiments der Artillerie. 1932 wird er zum Brigadegeneral und 1935 zum Generalmajor ernannt. Er führt nun die 29. Division der Alpeninfanterie und übernimmt 1937 das Kommando der 15. Region und 1939 des 15. Armee - Korps in den südlichen Alpen. Am 5. Dezember 1939 wird er an die Spitze der Alpenarmee berufen, mit der es ihm gelingt, trotz beschränkter Mittel die italienische Offensive vom Juni 1940 und den Druck der Deutschen auf seine Nachschubgebiete aufzuhalten.

Die Front in den Alpen wird von Alpentruppen gehalten, die sich hauptsächlich aus Festungstruppen zusammensetzen, deren Devise "Niemand kommt hier durch" ist und deren Stoßtrupps von den Abteilungen der Ski - Aufklärer (SES) gebildet werden. Die SES werden 1931 nach der Zusammenlegung der in jedem Bataillon vorhandenen Ausbildungszentren für den Kampf in den Bergen und der in der Nähe der italienischen Grenze gelegenen Kommandos gebildet, die einige Jahre früher gegründet wurden. Die SES gibt es also im Wesentlichen in den Bataillonen der Alpenjäger, den Regimentern der alpinen Infanterie, den in den Alpen stationierten Regimentern der Infanterie und den 1935 gegründeten alpinen Festungsbataillonen. Diese von einem Leutnant geführten Formationen bestehen aus etwa vierzig kampferprobten Männern, deren Führer in der Berg - Militärschule von Chamonix ausgebildet wurden. Die SES sind die Schwertklingen der alpinen Einheiten. Ihre Aufgaben sind die Fernaufklärung, die Verbindung zwischen den Abschnitten, der Schutz von strategischen Punkten und das Aufhalten des Vormarsches der Feinde. Die alpinen Einheiten verfügen im September 1939 über 31 Abteilungen von Ski - Aufklärern und bei Kriegseintritt der Italiener am 10. Juni 1940 über 99.

Als Italien in den Krieg eintritt, verfügt die Zone der Luftoperationen in den Alpen (ZOAA) von General Houdemon, die die italienischen Luftstreitkräfte bekämpfen soll, über eingeschränkte Mittel, zwei Einsatzgruppen für Bombardierungen mit Maschinen vom Typ LeO 451, drei Jägerstaffeln und ein einziges Geschwader von Nachtjägern, einen Aufklärungstrupp der Armee und zwei Gruppen für Luftbeobachtung, d.h. insgesamt 150 Maschinen. Diese Formationen werden allerdings von den Briten unterstützt, die über zwei Schwadronen von "Wellington"- Maschinen des Bomber Command in Crau, in der Nähe von Salon-de-Provence, verfügen. Vom 10. bis zum 18. Juni haben die französischen Luftstreitkräfte nur einen Gegner zu bekämpfen, die italienische Luftwaffe, die am 13. und 15. Juni die Gegend von Cannes und Fayence sowie Toulon und dann die Gegend von Cuers, Luc, Hyères und Saint-Raphaël angreift. Die französischen Luftstreitkräfte fliegen erfolgreiche Abfangoperationen, in deren Verlauf der Stabsfeldwebel Le Gloan in der GC III/6, der unmittelbar nach seinem Einsatz zum Leutnant ernannt wird, am 15. Juni fünf italienische Flugzeuge in weniger als 40 Minuten abschießt. Daraufhin wagen die italienischen Maschinen nur noch einige kurze Aktionen ohne große Bedeutung, abgesehen von dem Angriff auf Marseille am 21. Juni. Allerdings müssen sich die Luftstreitkräfte seit dem 18. Juni auch an zwei Fronten schlagen und abwechselnd Aufklärungsflüge und Beschießungen der deutschen Kolonnen unternehmen. Wegen des schlechten Wetters und der Verzahnung der Einheiten auf dem Schlachtfeld können Bombardierungen nur beschränkt durchgeführt werden. Während der fünfzehn Tage der Schlacht wurden 20 feindliche Maschinen offiziell abgeschossen und viele beschädigt. Die französischen Verluste, abgesehen von den Verlusten der Marineluftstreitkräfte, belaufen sich auf drei gefallene Offiziere, drei verwundete Piloten, zwei abgeschossene Jagdflugzeuge vom Typ Bloch 152 und MS 406 und einen Bomber LeO 451.

Der Kriegsschauplatz in den Alpen, wo sich im Juni 1940 Franzosen und Italiener gegenüber stehen, reicht vom Genfer See bis zum Mittelmeer, auf einer Front von 400 km Länge und 150 km Breite. Die Alpen zerfallen in zwei deutlich voneinander getrennte Zonen, die eine im Norden des Tals der Ubaye, die schwer zu durchqueren ist, abgesehen von einigen nur im Sommer passierbaren Pässen und von Tälern, die nur an einer einzigen Stelle überwunden werden können (Tarentaise, Maurienne, Briançonnais, Queyras und Ubaye), so dass sie sich gut zu Verteidigungszwecken eignet, und eine zweite im Süden, die leichter zugänglich ist, da das Alpenmassiv allmählich in Richtung Nizza abfällt und sich eher für eine italienische Intervention in den See - Alpen eignet. Diese Front wird von dem südlichen Teil der Maginot - Linie geschützt, an der seit 1931 Modernisierungsarbeiten durchgeführt werden. Aus Sparsamkeit liegen diese Befestigungen allerdings nicht immer an der Grenze und lassen bestimmte Abschnitte ohne Schutz. Diese Planung geht davon aus, dass man den Verteidigungswert des Terrains so weit wie möglich ausnutzt und sich auf den Abschnitt der See - Alpen und der Ubaye konzentriert. Die Festungswerke, aus denen diese Verteidigungslinie besteht, sind von unterschiedlichem Wert: es gibt einige moderne, gut bewaffnete und manchmal mit starken Garnisonen ausgestattete, während andere schwächer sind und unter Umständen nur als Unterstand dienen.


Sources
Source: MINDEF/SGA/DMPA

  • Die alpine Infanterie im Dauphiné, Aufstellen eines 81 mm - Mörsers. Quelle : ECPAD Frankreich

  • Italienische Soldaten in Maurienne, Ende der Feindseligkeiten. Viele von ihnen haben Erfrierungen an den Füßen und können nicht nach Hause entlassen werden.<BR>Sie werden von ihrem Bataillon in die Pflege der Franzosen gegeben. Quelle: Traditionsmuseum der Alpentruppen

  • Nachdem sie die Rhône überschritten haben, greifen die deutschen Streitkräfte die Alpenarmee von der Flanke aus an. <BR>Quelle : Traditionsmuseum der Alpentruppen 

  • Rimplas, Blick von der Haute Tinée. Quelle : ECPAD Frankreich

  • Ski - Aufklärer bringen ein 24-29 -Maschinengewehr in Stellung. Quelle : ECPAD Frankreich

  • Die Schlacht von Voreppe, von G. Boutin. Quelle : Traditionsmuseum der Alpentruppen

  • Die Schlacht von Voreppe, von G. Boutin. Quelle : Traditionsmuseum der Alpentruppen

  • General Olry, Kommandeur der Alpenarmee im Jahr 1940. Quelle : Traditionsmuseum der Alpentruppen

  • Abmarsch einer Abteilung von Ski - Aufklärern zum Einsatz. Quelle : ECPAD Frankreich

  • Forts de l'Esseillon. Quelle : ECPAD Frankreich

  • Befestigungswerk Janus. Quelle : ECPAD Frankreich