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Gegen Werder Bremen „noch ein paar Prozente mehr“ motiviert: Stuttgart-Star Deniz Undav im DeichStube-Interview

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Deniz Undav trifft beim VfB Stuttgart aktuell fast, wie er will: Der ehemalige Jugendspieler des SV Werder Bremen spricht im DeichStube-Interview unter anderem über sein Aus an der Weser.
Deniz Undav trifft beim VfB Stuttgart aktuell fast, wie er will: Der ehemalige Jugendspieler des SV Werder Bremen spricht im DeichStube-Interview unter anderem über sein Aus an der Weser. © IMAGO/Cathrin Müller

Stuttgart/Bremen – Deniz Undav ist gerade in aller Munde und das nicht erst seit seinem Doppelpack am vergangenen Wochenende gegen Eintracht Frankfurt. Im Angriff des VfB Stuttgart sorgt der 27-Jährige seit Wochen für mächtig Furore und im Team für jede Menge gute Laune. Zuletzt hat der Deutsch-Türke sogar Top-Stürmer Serhou Guirassy auf die Bank verdrängt. Vor dem Bundesliga-Duell gegen seinen Jugendclub Werder Bremen (Samstag, 18.30 Uhr im DeichStube-Liveticker) hat sich die DeichStube mit dem gebürtigen Vareler, der in Achim aufgewachsen ist, zum Interview verabredet. Darin spricht Undav über das Wiedersehen mit dem Ex-Verein, der ihn einst aussortiert hat, seine Vorliebe für scharfes Essen und den früheren Mitspieler Senne Lynen. Zudem verrät Undav, warum er gegen den SVW besonders motiviert ist und wieso eine Rückkehr an die Weser für ihn nicht ausgeschlossen ist.

Deniz Undav, Sie sind aktuell in Top-Form, haben in neun Bundesliga-Spielen sieben Mal getroffen. Zudem benötigen Sie nur 68 Minuten für ein Tor und stellen damit den Spitzenwert aller deutschen Bundesliga-Stürmer. Woher kommt Ihr Torriecher?

Ich glaube, den hat man oder den hat man nicht. Zum Glück habe ich ihn eigentlich immer gehabt. Als Stürmer verlernst du das Toreschießen nicht. Bei mir kommt aktuell noch ein gewisses Selbstvertrauen dank unseres Trainers dazu. So fallen einem einige Sachen noch leichter als sonst. Aber ich habe mein Leben lang schon Tore gemacht. Ich wusste schon immer, wo das Tor steht, und jetzt kann ich es auch in der Bundesliga zeigen.

Hinter Ihnen liegt ein besonderer Weg. Sie flogen vor ihrem Durchbruch in Belgien bei Union St. Gilloise in Deutschland lange unter dem Radar und spielten nur bei unterklassigen Clubs wie dem SC Weyhe, dem TSV Havelse, Eintracht Braunschweig II oder dem SV Meppen. Müssen Sie sich manchmal kneifen, wenn Sie darüber nachdenken, dass Sie jetzt plötzlich in der Premier League und der Bundesliga Tore schießen?

Für mich ist das alles gefühlt immer noch ein Traum. Ich habe als 18-, 19-Jähriger nicht damit gerechnet, es irgendwann zu schaffen. Jetzt zu beweisen, dass ich nicht nur in den unteren Ligen treffen kann, sondern auch in der Premier League oder in der Bundesliga, ist einfach ein geiles Gefühl. Manchmal denke ich: Zum Glück habe ich es geschafft, ich kann es nicht fassen. Und deswegen habe ich gerade diesen Hunger in mir, immer mehr zu machen und noch mehr Tore zu schießen.

Werder Bremen im Liveticker gegen den VfB Stuttgart gibt es hier!

Sie haben mal gesagt, dass Ihre Ehefrau Tanja Ihr Leben „komplett umgekrempelt“ hat. Was meinten Sie damit? Welchen Anteil hat Sie an Ihrem aktuellen sportlichen Höhenflug? 

Einen Riesenanteil! Bevor ich mit ihr zusammenkam, habe ich nicht wie ein Fußballer gelebt. Ich habe nur unterwegs gegessen, mich ungesund ernährt, war lange wach und viel unterwegs. Sie hat mich dann auf die richtige Bahn gebracht, hat dafür gesorgt, dass ich gesünder esse, mich mehr auf Fußball konzentriere und Extraeinheiten schiebe. Ich habe mit ihr immer jemanden zu Hause, auf den ich mich verlassen kann. Gerade auch, wenn es mal nicht so läuft. Das ist sehr wichtig für mich. Sie versucht, mir den Rücken freizuhalten. Sie kümmert sich um alles, sodass ich mich auf den Fußball konzentrieren kann.

„Das war sehr, sehr hart“: VfB-Stuttgart-Star Deniz Undav über die Gründe für sein Aus bei Werder Bremen

Sie wirken nicht nur auf, sondern auch neben dem Platz immer sehr authentisch, erfrischend selbstbewusst und gelten als großer Spaßvogel. Woher kommt Ihre Lockerheit?

So war ich schon immer. Als Kind habe ich immer Bundesliga geguckt und gedacht: Warum sind die oft so ernst? Wir können doch Spaß haben. Die verdienen Geld damit, die Leute gucken ihnen jedes Wochenende zu. Als kleiner Junge habe ich mal einen berühmten Spieler an einer Tankstelle bei uns in der Nähe getroffen und habe ihn nach einem Foto gefragt. Er war aber ein bisschen gestresst und hat mich abgewimmelt. Da habe ich mir gesagt: Wenn ich irgendwann mal Profi werde, wird jeder, der mich nach einem Foto fragt oder mit mir reden will, das auch bekommen. Ich will, dass alle sagen: Deniz ist ein guter Typ. Deswegen bin ich so, wie ich bin.

Am Wochenende treffen Sie auf Ihren Ex-Club Werder Bremen, bei dem Sie einst als Jugendlicher aussortiert wurden - mit der Begründung Sie seien zu klein, um Profi zu werden.

Und zu dick!

Wie hart war das damals für Sie und wie groß ist heute die Genugtuung, dass Sie es dennoch geschafft haben?

Das war sehr, sehr hart. Als kleiner Junge hat ja jeder den Traum gehabt, Fußballer zu werden. Und gefühlt war mein Traum dann geplatzt als es bei Werder nicht mehr weiterging. Damals habe ich im ersten Moment auch nicht mehr daran geglaubt, um ehrlich zu sein. Deswegen ist es für mich eine große Freude, dass ich es doch geschafft habe.

Also sind Sie besonders motiviert?

Ich bin immer motiviert, aber gegen Werder Bremen kommen natürlich noch ein paar Prozent mehr dazu.

Deniz Undav (hier im Duell mit Davy Klaassen und Claudio Pizarro) erzielte im September 2018 bei der 2:5-Testspiel-Niederlage seines SV Meppen gegen Werder Bremen einen Doppelpack.
Deniz Undav (hier im Duell mit Davy Klaassen und Claudio Pizarro) erzielte im September 2018 bei der 2:5-Testspiel-Niederlage seines SV Meppen gegen Werder Bremen einen Doppelpack. © IMAGO / Werner Scholz

Gegen Werder Bremen „noch ein paar Prozente mehr“ motiviert: VfB-Stuttgart-Star Deniz Undav im DeichStube-Interview

Ihr Trainer Sebastian Hoeneß hat angedeutet, Sie und ihren Sturmpartner Serhou Guirassy erstmals gemeinsam in die Startelf zu stellen. Auf was müssen sich die Bremer gefasst machen?

Auf eine spielstarke Mannschaft. Auf einen Stürmer mit Serhou, der gerade alles trifft, und mit mir auf jemanden, bei dem es zum Glück gerade auch ganz gut läuft. Wir ergänzen uns gut, aber Serhou und ich sind natürlich nicht alles beim VfB Stuttgart. Wir haben eine überragende Defensive, überragende Mittelfeldspieler und wir machen es im Kollektiv gut, dann ist es einfach für uns, vorne zu glänzen.

Neun Siege aus zwölf Spielen, Tabellenplatz drei und die drittbeste Offensive der Liga: Stuttgart ist das Überraschungsteam der Saison. Was macht den VfB aktuell so erfolgreich?

Der Zusammenhalt. Und der Spaß, als Mannschaft erfolgreich zu sein. Jeder gönnt es dem anderen. Jeder gibt Gas, auch wenn er nicht spielt. Natürlich ist jeder Spieler erstmal enttäuscht und traurig, wenn er nicht von Anfang an oder gar nicht dabei ist. Aber im Endeffekt steht das Team an erster Stelle. Jeder einzelne Spieler kommt danach. Und wenn das Team erfolgreich ist, ist jeder Spieler automatisch erfolgreich. Das musste auch ich lernen. Deswegen haben wir gerade so Spaß am Fußball und geben für den anderen alles.

Sie haben kürzlich in einem Interview verraten, dass Sie lange Zeit Schwierigkeiten hatten, Ihr Ego dem Mannschaftserfolg unterzuordnen – bis Pascal Groß Ihnen in Brighton maßgeblich weitergeholfen hat. Wie?

Er hat mir viele Sachen beigebracht, bei denen ich vorher eher weniger gedacht hätte, dass sie wichtig sind. In meiner Anfangszeit in Brighton hatte ich es schwer, weil ich nur auf der Bank saß, da war ich oft frustriert. Pascal hat mir immer gesagt: Freu dich für das Team, das steht an erster Stelle. Gib im Training so Gas, dass du dir nichts vorzuwerfen hast. Wenn du mal ein schlechtes Spiel machst, gehört das dazu. Aber im Training trotzdem Gas zu geben und im Spiel immer positiv zu sein – das habe ich von ihm gelernt und dafür bin ihm sehr dankbar.

Sie sind für ein Jahr ausgeliehen von Brighton and Hove Albion, der VfB besitzt eine Kaufoption, die im niedrigen zweistelligen Millionenbereich liegen soll. Würden Sie gerne länger in Stuttgart bleiben?

Ich kann es mir auf jeden Fall vorstellen. Aber es jetzt noch relativ früh, wir sind ja bald erst im Dezember. Was ist, wenn ich im nächsten halben Jahr kein Tor schieße? Dann will mich der Verein vielleicht auch nicht haben. Deswegen versuche ich, Gas zu geben. In zwei, drei Monaten kann man dann langsam gucken, wo der Weg hinführt. Bis dahin ist aber noch eine Menge Zeit.

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VfB-Stuttgart-Star Deniz Undav erwartet „viel Kampf“ im Duell mit dem SV Werder Bremen

Vor der Saison wurden Sie in den Medien immer wieder mal als ein möglicher Nachfolger von Niclas Füllkrug bei Werder gehandelt. Gab es Kontakt oder sogar ein konkretes Angebot von Werder?

Nein, das war kein Thema.

Sie sind in Varel in Ostfriesland geboren, in Achim bei Bremen aufgewachsen und haben dort auch geheiratet. Wie oft sind Sie noch dort?

Dadurch, dass ich jetzt so weit weg bin, ist es schwierig. Aber sobald ich mal ein paar Tage frei habe, fahre ich schon in die Heimat. Mein kleiner Bruder ist jetzt acht Jahre alt und spielt auch Fußball. Da war ich neulich Mal beim Training und bei einem Turnier. Ich will auch mal seine Schule besuchen. Ich kenne gefühlt jeden in Achim - und mittlerweile kennt mich auch fast jeder (lacht). Ich bin gerne in meiner Heimat. Ich weiß, wo ich herkomme. Der Familienzusammenhalt ist mir sehr wichtig, und den haben wir zum Glück.

Welchen Bezug haben Sie noch zur Stadt Bremen - und zu Werder?

In Bremen bin ich eher selten, wenn dann meist in Achim. Aus meiner Werder-Zeit habe ich nur noch zu Niclas Stelljes Kontakt. Mit ihm habe ich bis zur U14 zusammengespielt und danach noch in Weyhe.

Was erwarten Sie am Wochenende für ein Spiel gegen Werder?

Auf jeden Fall eines mit viel Kampf. Werder hat viele gute und zweikampfstarke Spieler sowie eine läuferisch starke Mannschaft. Sie pressen gerne und sie spielen auch einen ansehnlichen Fußball. Außerdem wollen sie sicher eine Reaktion zeigen nach der Niederlage letzte Woche. Wir wissen, dass es in der Vergangenheit für den VfB immer schwere Spiele gegen Werder waren. Darauf müssen wir uns einstellen. Wir wollen wieder versuchen, unser Spiel durchzubringen.

Trotz bitterem Bremen-Aus betont Stuttgarts Deniz Undav: „Ich hege überhaupt keinen Groll gegen Werder“

In Belgien haben Sie zusammen mit Werder-Profi Senne Lynen gespielt. Jetzt kommt es am Samstag zum Wiedersehen. Wundert es Sie, dass er sich an der Weser noch nicht durchgesetzt hat?

Warum es noch nicht geklappt hat, kann ich nicht beurteilen. Dafür bin ich zu weit weg. Senne hat aber das Potenzial, sich durchzusetzen und Stammspieler zu werden. Er hat sich damals zwar schwer verletzt bei uns, aber ich habe immer gesagt, dass er für mich ein überragender Spieler ist. Er ist läuferisch stark, fußballerisch auch und sein Abschluss ist sehr gut. Er ist ein cooler Typ. Ich freue mich, ihn am Wochenende wiederzusehen.

Können Sie sich vorstellen, eines Tages zu Werder zurückzukehren?

Ich hege überhaupt keinen Groll gegen Werder. Ich würde niemals sagen, ich gehe nicht mehr dahin. Im Fußball kann alles passieren. Da bin ich ganz entspannt. Aber ich fühle mich gerade sehr wohl beim VfB Stuttgart.

Stimmt es, dass Sie sich bei Auswärtsspielen im Hotel zum Essen gerne eine Extraportion Tabasco bestellen?

Ja, ich bin ein Scharfesser. Bei jedem Verein habe ich dem Koch gesagt, dass ich mein Essen sehr scharf zubereitet brauche. Manchmal bestelle ich mir Saucen, die eine bis zwei Millionen Scoville (Die Scoville-Skala ist eine Skala zur Abschätzung des Schärfegrads, d. Red.) haben, weil ich die Schärfe brauche. Mein Vater isst auch scharf, aber ich bin da schon noch mal ein Extremfall.

Viele junge Profifußballer kaufen sich von ihrem ersten Gehalt gerne ein Auto oder andere Luxusgegenstände - wofür ist Ihr erster Lohn draufgegangen?

Ich habe meinem Vater ein Auto gekauft. Und ich versuche seit einiger Zeit, in meiner Heimat ein Haus für meine Mutter zu kaufen. Aber da haben wir leider noch nichts Richtiges gefunden. Also das Haus ist natürlich auch für meinen Vater gedacht, aber mehr für meine Mutter als für ihn – er hat ja schon das Auto bekommen (lacht).

VfB Stuttgart-Star Deniz Undav will gegen Werder Bremen treffen und jubeln: „Das gehört für mich dazu“

Warum haben Sie eigentlich keinen Social Media-Account?

Als ich mich verletzt habe, habe ich mir gesagt: Ich konzentriere mich jetzt voll und ganz auf den Fußball und die Reha. Ich war damals zu oft und zu lange am Handy und auf Instagram. Dann habe ich mir gedacht: Was bringt mir das? Deswegen habe ich es einfach gelöscht.

Die Aufstellung von Werder Bremen: So dürfte die Werder-Startelf gegen den VfB Stuttgart aussehen!

Sie sind großer Basketball-Fan, sollen auch selbst ganz gerne mal Körbe werfen. Woher kommt Ihre Leidenschaft für den Sport?

Damals in Havelse hat mich ein Mannschaftskollege zum Basketball gebracht. Ich feiere LeBron James. Er ist einfach der Superstar der Superstars, für mich der beste Spieler aller Zeiten. Ich habe dann immer mehr Basketball verfolgt. Oft kann ich die Spiele in der NBA zwar nicht gucken, aber ich schaue mir immer gerne die Highlights an. Meine Lieblingsmannschaften sind die LA Lakers und die Philadelphia 76ers.

Eigentlich bejubeln Sie Ihre Treffer immer mit zwei angespannten Bizepsen. Zuletzt haben Sie den Telefon-Jubel ausgepackt, und in der Vergangenheit haben Sie auch schon mal mit Ihren Händen ein „T“ für Ihre Frau Tanja geformt. Überlegen Sie sich das vorher oder kommt das spontan?

Der Muskel-Jubel ist ja mein Standard-Jubel. Den Jubel für meine Frau habe ich mal an ihrem Geburtstag gemacht, das hat damals perfekt gepasst. Ich bin da ganz spontan, ich plane sowas nicht.

Wenn Sie am Samstag gegen Ihren Ex-Verein Werder treffen sollten, werden Sie dann jubeln?

Der Torjubel gehört für mich zum Toreschießen dazu.

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