Kein Grund zur Entwarnung

Pressemitteilung vom
Überschuldungsexperte Christoph Zerhusen ordnet die neuesten Zahlen aus dem SchuldnerAtlas Deutschland 2021 ein

Kein Grund zur Entwarnung

Überschuldungsexperte Christoph Zerhusen ordnet die neuesten Zahlen aus dem SchuldnerAtlas Deutschland 2021 ein

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Die Lage auf dem Arbeitsmarkt entspannt sich, die Konjunktur erholt sich zusehends und die Wirtschaftsauskunftei Creditreform vermeldet, dass die Überschuldungszahlen in Deutschland auf einem neuen Tiefststand sind. Haben wir also die Corona-Krise wirtschaftlich ohne größere Blessuren überstanden? Reichten die staatlichen Maßnahmen und Corona-Zuschüsse aus, um Existenzen zu sichern und die finanzielle Überforderung der Menschen zu verhindern? Überschuldungsexperte Christoph Zerhusen hat sich die aktuellen Zahlen aus dem SchuldnerAtlas Deutschland im Detail angeschaut und warnt vor vorschnellen Interpretationen.

Die Zahl der überschuldeten Menschen ist laut aktuellem SchuldnerAtlas Deutschland trotz Corona-Krise zurückgegangen. Ein Grund zur Freude?

Auf den ersten Blick schon, aber leider nur eine Momentaufnahme. Die Zahlen zeigen zwar, dass die staatlichen Maßnahmen wie Kurzarbeitergeld oder die Verlängerung der Insolvenzantragspflicht die Folgen der Pandemie erst einmal wirksam abgefedert haben. Und auch, dass viele Verbraucher:innen besonnen mit der Krise umgegangen sind. Sie haben den Konsum zurückgestellt und wegfallende Kosten wie Fahrtkosten oder Ausgaben für Restaurantbesuche genutzt, um Rücklagen zu bilden. Doch die staatlichen Maßnahmen hatten vor allem eine aufschiebende Wirkung. Zeitversetzt werden die Zahlen wieder ansteigen.

Für manche Bevölkerungsgruppen wie ältere Menschen gilt der sinkende Überschuldungs-Trend laut Report schon jetzt nicht. Warum?

Die Lage bei Senior:innen, Kleinselbständigen und Geringverdienern ist besorgniserregend. Das zeigt auch die anhaltend hohe Nachfrage nach Unterstützung in den Schuldnerberatungen. Die Gründe dafür sind vielfältig. Die Mieten in den Ballungsräumen steigen stetig an, die Energie- und Lebensmittelpreise schießen ebenfalls in die Höhe. Da sind Ersparnisse schnell aufgebraucht. Anhaltende Einkommenseinbußen durch Kurzarbeit oder Ähnliches tragen ebenfalls dazu bei, dass den Menschen das Wasser schnell bis zum Halse steht. Spätestens im Frühjahr, wenn viele Nachzahlungen für Gas und Strom fällig werden, wird sich diese Entwicklung noch beschleunigen.

Welche Schritte wären notwendig, um die Auswirkungen der höheren Energiepreise auf Geringverdiener abzumildern?

Ein Schritt könnte die Erhöhung des Wohngeldes sein. Zudem sollten Sozialleistungsträger in den Kommunen - also Sozialämter oder Jobcenter - bei Leistungen im Rahmen von Hartz IV die Angemessenheit von Heizkosten wohlwollender prüfen. Denn wenn diese jetzt höher ausfallen, liegt es meist eben nicht an höherem Verbrauch, sondern an den gestiegenen Preisen. Bei zu erwartenden hohen Nachzahlungen sollten die Sozialämter zudem Menschen, die keine Sozialleistungen beziehen, in Notfällen verstärkt mit Darlehen unterstützen, um eine Energiesperre zu vermeiden.

Was können Betroffene tun, wenn ihnen die Schulden über den Kopf wachsen?

Von Überschuldung betroffene Menschen sollten sich möglichst frühzeitig in einer amtlich anerkannten Schuldner- und Insolvenzberatungsstelle Hilfe holen, etwa bei den Wohlfahrtsverbänden oder der Verbraucherzentrale NRW.

Weitere Informationen und Links:

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