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Vereinsikone meldet sich Schaaf nach Werder-Aus sauer: „Das kann ich so nicht stehen lassen"

Nach dem Aus für Thomas Schaaf meldet sich nun die Bremer Vereinsikone. Dass Werder die Stelle des Technischen Direktors streicht, stößt bei Schaaf auf Unverständnis - ebenso wie die Begründung des Vereins.
22.06.2021, 11:55 Uhr
Lesedauer: 3 Min
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Von Björn Knips

Thomas Schaaf ist ein ruhiger, besonnener Mann, kaum etwas kann ihn im Fußball noch schocken, schließlich hat er fast alles erlebt – und das vor allem beim SV Werder Bremen. Doch ausgerechnet sein Herzensverein bringt ihn nun gehörig in Rage. „Ich bin total baff, ich kann das überhaupt nicht nachvollziehen“, sagt der 60-Jährige im Gespräch mit der Deichstube. Es geht um sein Aus als Technischer Direktor beim SV Werder Bremen – und dabei speziell um die Begründung des Clubs. Sportchef Frank Baumann hatte am Montag mitgeteilt, Werder könne sich nach dem Abstieg in die 2. Liga eine Vertragsverlängerung mit der Vereinsikone schlichtweg nicht mehr leisten.

„Das kann ich in keiner Weise so stehen lassen. Es ging in dem Gespräch mit Frank Baumann gar nicht um die finanzielle Seite. Das war überhaupt kein Thema“, betont Schaaf: „Ich wäre für viele Dinge sehr offen gewesen, ich kenne doch unsere finanzielle Situation. Wir haben schon längst auf Gehalt verzichtet und Einsparungen vorgenommen. Doch Frank hat nur gesagt, dass er nicht weiß, welches Angebot er mir machen kann.“ Damit sei die Geschichte dann schnell erledigt gewesen.

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Es folgte die Pressemitteilung des Clubs, in der Schaafs Arbeit in den vergangenen drei Jahren ausdrücklich gelobt wird, aber der finanzielle Aspekt in den Vordergrund geschoben wird. Und das stößt Schaaf extrem sauer auf. „Ich bin nicht beleidigt, dass ich keinen neuen Vertrag bekommen habe. Aber ich will, dass die Fakten richtig dargestellt werden und nicht der Eindruck entsteht, ich hätte irgendwelche übertriebenen und nicht erfüllbaren Gehaltsforderungen“, sagt Schaaf: „Ja, ich habe ein gutes Gehalt bekommen. Aber das ist nicht vergleichbar mit ähnlichen Positionen bei anderen Clubs. Und wenn es mir wirklich um den wirtschaftlichen Aspekt gegangen wäre, hätte ich das vor drei Jahren gar nicht gemacht. Da lagen mir ganz andere Angebote vor.“

Doch Schaaf entschied sich damals für eine Rückkehr zu Werder – in einer ganz neuen Funktion. Den Posten des Technischen Direktors gab es bis dato nicht. Schaaf sollte sich fortan zum Beispiel für die Umsetzung einer Spielidee im gesamten Nachwuchsbereich kümmern, die Ausbildung der Spieler und Trainer verbessern und die Durchlässigkeit zur Bundesligamannschaft weiter vorantreiben. „Ich habe viel angemahnt und konnte längst nicht alles umsetzen. Die ersten Jahre waren nicht einfach, aber wir waren jetzt auf einem richtig guten Weg“, sagt Schaaf: „Wir waren uns eigentlich einig, dass wir diesen Weg fortsetzen wollen. Ich hätte das gerne gemacht. Ich habe auch von allen Mitstreitern positive Signale bekommen.“ Doch es kam anders, Werder spart sich künftig den Technischen Direktor, diese Aufgaben sollen Björn Schierenbeck und Thomas Wolter als Direktor und sportlicher Leiter des Nachwuchsleistungszentrums mit übernehmen. Schaaf kann das nicht nachvollziehen. „Diese Position muss in jedem Verein besetzt sein. Dabei geht es mir nicht um Thomas Schaaf, sondern grundsätzlich um diesen Posten. Da braucht es einfach eine Beständigkeit in einem Verein“, so Schaaf: „Was passiert zum Beispiel, wenn plötzlich der Geschäftsführer Sport weg ist, wo ist dann die fußballerische Kompetenz im Vorstand?“

Zudem hinkt Werder im Kampf um die besten Talente im Land wegen des inzwischen maroden Nachwuchsleistungszentrums in der Pauliner Marsch schon hinterher. Der geplante Neubau lässt seit Jahren auf sich warten, wurde wegen der finanziellen Probleme durch die Corona-Pandemie auch erst mal weit nach hinten geschoben. Dafür konnte Werder oftmals durch gutes Trainerpersonal punkten, auch Schaaf war mit seiner sportlichen Vergangenheit und Expertise ein Anziehungspunkt. Nun ist er weg. Sein Vertrag läuft am 30. Juni. aus.

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„Um mich muss sich keiner Gedanken machen, ich werde bestimmt eine neue Aufgabe bekommen“, sagt Schaaf. Ob er wieder als Trainer arbeiten wird, lässt er offen. Ausschließen kann Schaaf nur eines – einen Posten im Aufsichtsrat, der im September neu gewählt wird: „Das kommt nicht infrage.“

Von Werder, so klingt es, hat der 60-Jährige erstmal genug. Seit 1972 ist er Mitglied, hat als Spieler und Trainer so ziemlich alles gewonnen, was möglich war. 2013 wurde er trotzdem entlassen. Danach arbeitete Schaaf für Eintracht Frankfurt, dann für Hannover 96. 2018 kehrte er nach Bremen zurück. Ausgerechnet am letzten Spieltag der vergangenen Saison feierte Schaaf in der Bundesliga sogar sein Comeback auf der Trainerbank – als letzter Hoffnungsträger nach der Entlassung von Florian Kohfeldt. „Das war eine sehr intensive Woche“, erinnert sich Schaaf: „Wir haben alles versucht, den Klassenerhalt noch zu schaffen. Leider hat es nicht funktioniert. Das war sehr, sehr enttäuschend.“ Groll, dass er Werder für dieses Himmelfahrtskommando noch gut genug war, aber jetzt nicht mehr erwünscht ist, verspürt er eigentlich nicht. „Das war damals eine ganz persönliche Entscheidung, weil ich ein ganz besonderes Verhältnis zu Werder habe. Ich habe von diesem Verein viel bekommen, ihm aber auch sehr viel gegeben. Es gibt, glaube ich, kaum jemanden, der das so viele Jahre für einen Verein gemacht hat“, sagt Schaaf, hält kurz inne und lässt noch einen Satz folgen, der tief blicken lässt, wie es aktuell um sein Verhältnis zu Werder bestellt ist: „Diese besondere Beziehung zu meinem Verein werde ich mir nicht kaputt machen lassen.“

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