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I.
1.
Die Beklagte wird verurteilt, folgende Mängel an der Photovoltaikanlage auf dem Grundstück A.Straße x, xxxxxx B. zu beheben:
a) Entgegen der DIN VDE 0100-712 aus Oktober 2016 liegen die Solarkabel- und Stecker auf der Dachhaut.
b) Entgegen der Aufbauanleitung des Unterkonstruktionsherstellers ist bei der Montage der Profile eine Dehnungsfuge von 1 bis 2 mm nicht beachtet worden.
c) Sämtliche Wechselrichter wurden im Gebäude 7 installiert, obwohl in solchen Betriebsstätten die Verlegung von Gleichstromkabeln unzulässig ist.
d) Die Wechselrichter weisen zueinander zu geringe Montageabstände auf.
e) Die Zugänglichkeit der Wechselrichter ist nur mit technischen Hilfsmitteln möglich.
f) Die Leitungsverlegung insgesamt am Wechselrichterstandort ist nicht ordnungsgemäß erfolgt.
g) Auf der Dachfläche des Gebäudes 2 wurde die Dachdurchdringung mit Bau-Schaum abgedichtet, der nicht UV-beständig ist, was zu Undichtigkeiten führt.
h) Anstatt der vereinbarten 672,345 kWp leistet die Anlage maximal nur 441,6 kW.
i) Eine vollständige Anlagendokumentation und notwendige Messprotokolle gemäß DIN VDE 0126-23 liegen nicht vor.
2.
Die Beklagte wird darüber hinaus verurteilt, folgende Mängel an der Photovoltaikanlage auf dem Grundstück C.Straße. xx, xxxxx D. zu beheben:
a) Der Zugang zu den Modulfeldern, den Generatoranschlusskästen und Leitungsanlagen ist für Fachkräfte nicht möglich.
b) Der Zugang zum Generator muss noch eingerichtet und gekennzeichnet werden.
c) Es sind noch Laufwege einzurichten und zu kennzeichnen.
d) Ein ordnungsgemäßer Betrieb und eine Instandhaltung der RWA-Anlage sind aktuell nicht möglich, da beim Öffnen der Luke im Einsatzfall diese zerstört wird und dabei auch die PV-Anlage partiell beschädigt werden würde.
e) Zum Teil wurden die DC-Leitungen entgegen DIN VDE 0100-712 gegen Umwelteinflüsse ungeschützt verlegt.
f) In Kabelrinnen wurden Leitungen von mehreren Teilgeneratoren sehr eng aneinander verlegt.
g) Es sind die Modulanschlussleitungen der Südanlagen in der Reihenschaltung unzureichend vor Abrieb geschützt.
h) Ein üblicher Abfluss des Regenwassers wird durch die Bodenprofile der Unterkonstruktion behindert und ist nur unzureichend möglich.
i) Die Unterkonstruktion wurde unzureichend befestigt.
j) Es liegt kein Ballastierungsplan vor.
k) Die zulässigen Biegeradien der eingesetzten Leitungen vom Dach zum Wechselrichterstandort wurden nicht eingehalten.
l) Die Kabelrinnen vom Dach zum Wechselrichterstandort sind überlastet.
m) Die Leitungen vom Dach zum Wechselrichterstandort sind in der senkrechten Verlegung an der Fassade herunter unzureichend befestigt worden.
n) Die waagerechte Kabelrinne unterhalb der Wechselrichter ist zu dicht unterhalb der Wechselrichter angeordnet.
o) Zulässige Biegeradien am Wechselrichterstandort werden unterschritten und Kabelverschraubungen in den Wechselrichtergehäusen können nicht verschlossen werden.
p) Die Kabelrinne der Leitungen am Wechselrichterstandort ist völlig überlastet, sodass der Deckel nicht schließt
q) Als Anschlusskabel am Wechselrichter wurde der Kabeltyp NYY-J 5x16 RE verwandt, der einen zu geringen Querschnitt aufweist.
r) Eine vollständige Anlagendokumentation und notwendige Messprotokolle gemäß DIN VDE 0126-23 liegen nicht vor.
s) Die Anlage leistet anstatt der vereinbarten 686,2 kWp lediglich maximal 559,260 kW.
3.
Die Beklagte wird weiter verurteilt, an die Klägerin 13.978,66 € (netto) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.05.2022 zu zahlen.
4.
Die Beklagte wird ferner verurteilt, an die Klägerin 37.751,52 € (netto) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 03.03.2023 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
III.
Das Urteil ist wegen des vorstehenden Tenors zu I. 1. und 2. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von jeweils 30.250,00 EUR, im Übrigen gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand:
2Die Klägerin begehrt an zwei von der Beklagten errichteten Photovoltaikanlagen Mängelbeseitigung sowie die Erstattung von Ertragsausfällen und vergeblich aufgewandten Sachverständigenkosten.
3Die Klägerin schloss am 21.03.2020 mit der Beklagten einen Vertrag über die Entwicklung, Planung und Errichtung einer EEG-konformen Auf-Dach-Photovoltaikanlage zur Netzeinspeisung mit einer Nennleistung von 686,2 kWp auf dem Grundstück C.Straße. xx, xxxxx D. und am 12.02.2020 über die Entwicklung, Planung und Errichtung einer EEG-konformen Auf-Dach-Photovoltaikanlage zur Netzeinspeisung mit einer Nennleistung von 672,345 kWp auf dem Grundstück A.Straße x, xxxxxx B. . Ausweislich der Anlage zu 10.1 des jeweiligen Werkvertrags sollten die Anlagen bis zum 15.05.2020 (B.) bzw. bis zum 30.08.2020 (D.) errichtet und an das örtliche Versorgungsnetz angeschlossen werden. Die Beklagte bot der Klägerin die Anlage in B. am 26.11.2021 als abnahmefähig an. Die Klägerin verweigerte indes die Abnahme der Anlage, da der hinzugezogene Sachverständige Schulte diverse - zwischen den Parteien streitige - Mängel der Anlage gemäß dessen Stellungnahme vom 06.12.2021 (Anlage K 7) feststellte, deren Beseitigung von der Klägerin mit dieser Klage geltend gemacht wird (Klageantrag zu 1.). Für den Abnahmetermin sind der Klägerin Kosten für den Sachverständigen in Höhe von 3.592,86 € brutto entstanden. Den entsprechenden Rechnungsbetrag hat die Klägerin bereits beglichen und ihrerseits der Beklagten unter dem 26.01.2022 in Rechnung gestellt. Ebenso verweigerte die Klägerin am 16.12.2020 die Abnahme der ihr als abnahmefähig angebotenen Anlage in D., da der von der Klägerin zum Abnahmetermin hinzugezogene Sachverständige Hueck gemäß seiner gutachterlichen Stellungnahme vom 21.12.2020 (Anlage K 23) diverse - zwischen den Parteien ebenfalls streitige - Mängel feststellte, die Gegenstand des Klageantrags zu 2. sind. Für diesen Abnahmetermin sind der Klägerin Kosten für den Sachverständigen in Höhe von 2.704,28 € brutto entstanden bzw. in Rechnung gestellt worden. Den entsprechenden Rechnungsbetrag hat die Klägerin gleichfalls beglichen und ihrerseits der Beklagten unter dem 24.03.2022 in Rechnung gestellt. Die Klägerin forderte die Beklagte letztmalig vorgerichtlich mit anwaltlichem Schreiben vom 05.05.2022 - erfolglos - sowohl zur Zahlung der geltend gemachten Ertragsausfälle (Klageantrag zu 3.) als auch zur Herstellung von funktionstüchtigen Anlagen unter Frist auf.
4Die Klägerin behauptet, die beiden Anlagen wiesen die Mängel gemäß den Klageanträgen zu 1. und 2. auf. Die mangelbedingte Minderleistung der Anlage in B. habe zu Ertragsausfällen für die Klägerin in der Zeit von November 2021 bis Februar 2022 in Höhe von insgesamt 3.051,42 EUR brutto geführt. Die Minderleistung der Anlage in D. habe zu Ertragsausfällen für die Klägerin in der Zeit von Januar 2021 bis Februar 2022 in Höhe von insgesamt 7.286,05 EUR brutto geführt (Klageantrag zu 3.). Für die Anlage B. ergebe sich darüber hinaus ein Ertragsausfall für die Jahre 2021 und 2022 in Höhe von insgesamt netto 18.486,68 €, für die Anlage in D. ein weitergehender Ertragsausfall für die Jahre 2021 und 2022 in Höhe von insgesamt netto 19.264,84 € (Klageantrag zu 4.). Die Beklagte habe - so die Ansicht der Klägerin - aufgrund der Mangelhaftigkeit der Anlagen auch die Sachverständigenkosten für die erfolglosen Abnahmen zu tragen, da die Beklagte diese zu Unrecht verlangt habe (Klageantrag zu 3.).
5Die Klägerin beantragt nach erfolgter Klageerweiterung zuletzt,
61.
7Die Beklagte zu verurteilen, folgende Mängel an der Photovoltaikanlage auf dem Grundstück A.Straße x, xxxxxx B. zu beheben:
8a) Entgegen der DIN VDE 0100-712 aus Oktober 2016 liegen die Solarkabel- und Stecker auf der Dachhaut.
9b) Entgegen der Aufbauanleitung des Unterkonstruktionsherstellers ist bei der Montage der Profile eine Dehnungsfuge von 1 bis 2 mm nicht beachtet worden.
10c) Sämtliche Wechselrichter wurden im Gebäude 7 installiert, obwohl in solchen Betriebsstätten die Verlegung von Gleichstromkabeln unzulässig ist.
11d) Die Wechselrichter weisen zueinander zu geringe Montageabstände auf.
12e) Die Zugänglichkeit der Wechselrichter ist nur mit technischen Hilfsmitteln möglich.
13f) Die Leitungsverlegung insgesamt am Wechselrichterstandort ist nicht ordnungsgemäß erfolgt.
14g) Auf der Dachfläche des Gebäudes 2 wurde die Dachdurchdringung mit Bau-Schaum abgedichtet, der nicht UV-beständig ist, was zu Undichtigkeiten führt.
15h) Anstatt der vereinbarten 672,345 kWp leistet die Anlage maximal nur 441,6 kW.
16i) Eine vollständige Anlagendokumentation und notwendige Messprotokolle gemäß DIN VDE 0126-23 liegen nicht vor.
172.
18Die Beklagte zu verurteilen, folgende Mängel an der Photovoltaikanlage auf dem Grundstück C.Straße. xx, xxxxx D. zu beheben:
19a) Der Zugang zu den Modulfeldern, den Generatoranschlusskästen und Leitungsanlagen ist für Fachkräfte nicht möglich.
20b) Der Zugang zum Generator muss noch eingerichtet und gekennzeichnet werden.
21c) Es sind noch Laufwege einzurichten und zu kennzeichnen.
22d) Ein ordnungsgemäßer Betrieb und eine Instandhaltung der RWA-Anlage sind aktuell nicht möglich, da beim Öffnen der Luke im Einsatzfall diese zerstört wird und dabei auch die PV-Anlage partiell beschädigt werden würde.
23e) Zum Teil wurden die DC-Leitungen entgegen DIN VDE 0100-712 gegen Umwelteinflüsse ungeschützt verlegt.
24f) In Kabelrinnen wurden Leitungen von mehreren Teilgeneratoren sehr eng aneinander verlegt.
25g) Es sind die Modulanschlussleitungen der Südanlagen in der Reihenschaltung unzureichend vor Abrieb geschützt.
26h) Ein üblicher Abfluss des Regenwassers wird durch die Bodenprofile der Unterkonstruktion behindert und ist nur unzureichend möglich.
27i) Die Unterkonstruktion wurde unzureichend befestigt.
28j) Es liegt kein Ballastierungsplan vor.
29k) Die zulässigen Biegeradien der eingesetzten Leitungen vom Dach zum Wechselrichterstandort wurden nicht eingehalten.
30l) Die Kabelrinnen vom Dach zum Wechselrichterstandort sind überlastet.
31m) Die Leitungen vom Dach zum Wechselrichterstandort sind in der senkrechten Verlegung an der Fassade herunter unzureichend befestigt worden.
32n) Die waagerechte Kabelrinne unterhalb der Wechselrichter ist zu dicht unterhalb der Wechselrichter angeordnet.
33o) Zulässige Biegeradien am Wechselrichterstandort werden unterschritten und Kabelverschraubungen in den Wechselrichtergehäusen können nicht verschlossen werden.
34p) Die Kabelrinne der Leitungen am Wechselrichterstandort ist völlig überlastet, sodass der Deckel nicht schließt
35q) Als Anschlusskabel am Wechselrichter wurde der Kabeltyp NYY-J 5x16 RE verwandt, der einen zu geringen Querschnitt aufweist.
36r) Eine vollständige Anlagendokumentation und notwendige Messprotokolle gemäß DIN VDE 0126-23 liegen nicht vor.
37s) Die Anlage leistet anstatt der vereinbarten 686,2 kWp lediglich maximal 559,260 kW.
383.
39Die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 16.634,61 € nebst Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.05.2022 zu zahlen.
404.
41Die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 37.751,52 € nebst Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
42Die Beklagte beantragt,
43die Klage abzuweisen.
44Die Beklagte ist der Ansicht, die Klageanträge zu den Ziffern 1. und 2. wiesen keinen vollstreckungsfähigen Inhalt auf und seien in der vorliegenden Form insgesamt unzulässig. Die Klägerin trage die Beweislast für das Vorliegen der geltend gemachten Mängel. Sie ist auch der Ansicht, die von der Klägerin mit dem Klageantrag zu 3. geltend gemachten Schadenspositionen könne diese nur ohnehin als Nettobeträge verlangen. Die Beauftragung von Sachverständigen zur Begleitung der entsprechenden Abnahmen seien schon nicht erforderlich gewesen. Die geltend gemachten Sachverständigenkosten seien zudem nicht nachvollziehbar bzw. zumindest teilweise nicht erstattungsfähig.
45Entscheidungsgründe:
46I.
47Die Klage ist zulässig und ganz überwiegend begründet.
481.
49Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Beseitigung der mit den Klageanträgen zu 1. und 2. geltend gemachten Mängel (= Tenor zu I. 1. und 2.) gemäß §§ 634 Nr. 1, 635 BGB.
50a)
51Entgegen der Ansicht der Beklagten sind die Klageanträge zu 1. und 2. hinreichend bestimmt gefasst, § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, und damit zulässig. Insbesondere hat die Klägerin die einzelnen Mangelerscheinungen der beiden Anlagen bzw. teils fehlenden Unterlagen jedenfalls unter Berücksichtigung ihres schriftsätzlichen Vortrags und der vorgelegten gutachterlichen Stellungnahmen der Sachverständigen Hueck und Schulte hinreichend genau bezeichnet. Eine weitergehende Spezifikation der Mängel war danach nicht erforderlich.
52b)
53Der Anspruch ist auch begründet.
54Insbesondere sind die beiden Anlagen in dem geltend gemachten Umfang nach § 633 Abs. 2 BGB i.V.m. den hier vertraglich bestimmten Anforderungen mangelhaft.
55aa)
56Entgegen der Ansicht der Beklagten war sie für das Nichtvorliegen der Mängel beweisbelastet. Denn die Klägerin hat unstreitig wegen der von den von ihr hinzugezogenen Privatgutachtern festgestellten Mängel die Abnahme der beiden Anlagen jeweils verweigert, so dass es an einer Abnahme und damit an einer Bestätigung der Vertragsgemäßheit des Werks durch die Klägerin als Bestellerin bislang mangelt, so dass die Beweislast für die Mangelfreiheit der Anlagen bei der beklagten Unternehmerin verbleibt (vgl. Grüneberg/Retzlaff, BGB, § 634, Rn. 20 mwN).
57bb)
58Die danach beweisbelastete Beklagte ist für das Nichtvorliegen der Mängel gemäß ihrem schriftsätzlichen Vortrag beweisfällig geblieben, so dass diese als gegeben anzusehen waren.
59Die Kammer hat mit Beschluss vom 12.09.2022 die Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens über das (Nicht-)Vorliegen der Anlagenmängel angeordnet und mit weiterem Beschluss vom 20.10.2022 den Sachverständigen Buschmann bestellt. Mit weiterem Beschluss vom 22.12.2022 ist der Beklagten auf der Grundlage des Schreibens bzw. der Anforderung des Sachverständigen vom 02.12.2022 aufgegeben worden, einen ergänzenden Kostenvorschuss für den Sachverständigen zur Erstellung des Gutachtens in Höhe von 3.000,00 EUR einzuzahlen, wovon ausdrücklich in dem vorgenannten Beschluss die weitere Begutachtung durch den Sachverständigen abhängig gemacht wurde. Die Beklagte hat diesen weiteren Kostenvorschuss bis zuletzt aber ohne Angabe von Gründen nicht eingezahlt. Darauf, dass aus diesem Grund der Beweisbeschluss vom 12.09.2022 nicht weiter ausgeführt wird, wurde die Beklagte mit Verfügung vom 20.01.2023 hingewiesen. Stellung genommen hat sie hierzu nicht.
602.
61a)
62Die Klägerin kann darüber hinaus von der Beklagten als Schadensersatz nach §§ 634 Nr. Nr. 4, 280 Abs. 1 BGB die Erstattung von Ertragsausfällen der beiden Anlagen gemäß dem Klageantrag zu 3. (= Tenor zu I.3.) für die Zeit von Januar 2021 - Februar 2022 in Höhe von 8.686,95 EUR netto und gemäß dem Klageantrag zu 4. (=Tenor zu I.4.) für die Jahre 2021 und 2022 in Höhe von weiteren 37.751,52 € (netto) verlangen.
63aa)
64Dass die Ist-Leistung der beiden Anlagen mangelbedingt hinter der vertraglich vereinbarten Soll-Nennleistung zurückbleibt und die Anlagen daher auch insoweit mangelhaft sind, steht aufgrund der vorstehenden Erwägungen fest. Denn der Beweisbeschluss der Kammer vom 12.09.2022 umfasste zu Ziff. 1. h) und 2. r) auch die Behauptungen der Klägerin zu den entsprechenden tatsächlichen Minderleistungen der beiden Anlagen, so dass die Beklagte auch in diesen Punkten beweisfällig geblieben ist. Für eine mögliche Exkulpation nach § 280 Abs. 1 S. 2 BGB hat die Beklagte nichts vorgetragen. Hierfür ist auch sonst nichts ersichtlich.
65Den Berechnungen der Klägerin zur Höhe der Ertragsausfälle ist die Beklagte nicht hinreichend substantiiert entgegengetreten, obwohl ihr dies als Fachunternehmerin ohne Weiteres möglich sein müsste und ihr nach dem zuletzt erfolgten Vortrag der Klägerin mit Schriftsätzen vom 09.02.2023 und 02.03.2023, auf den die Beklagte nicht mehr erwidert hat, auch die maßgeblichen Unterlagen als Grundlage der von der Klägerin vorgenommenen Berechnungen vorliegen. Zudem hat nach dem ebenfalls unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Klägerin die Beklagte bis November 2021 die Ertragsausfälle für die Anlage in B. auf der Grundlage der Berechnungen der Klägerin beanstandungslos erstattet. Die von der Klägerin in ihre Berechnungen eingestellten prognostizierten Ertragswerte für die Anlagen stammen dabei von der Beklagten selbst und waren der Klägerin von der Beklagten in Tabellenform vorgerichtlich zur Verfügung gestellt worden. Das pauschale Bestreiten der Richtigkeit der klägerischen Berechnungen zur Höhe der Ertragsausfälle ist daher unbeachtlich. Die Darstellung der Klägerin zu den mit dem Klageantrag zu 4. geltend gemachten weitergehenden Ertragsausfällen hat die Beklagte zudem ohnehin mit keinem Wort angegriffen.
66bb)
67Zuzugeben ist der Beklagten aber, dass gemäß dem Hinweis der Kammer in der Sitzung vom 18.04.2023 die Klägerin bei dem hier in Rede stehenden (echten) Schadensersatz, bei dem mangels Leistungsaustauschs kein steuerbarer Umsatz i.S.v. § 1 Abs. 1 UStG vorliegt, so dass die Klägerin im Zusammenhang hiermit auch keine Umsatzsteuer abzuführen hat, nur die Nettobeträge für die Ertragsausfälle beanspruchen kann (vgl. BGH Urt. v. 23.04.2008 – XII ZR 136/05, BeckRS 2008, 13310 Rn. 28, beck-online). Die Klage unterlag wegen der geltend gemachten Umsatzsteuer daher der Abweisung.
68b)
69Die Zinsforderungen bezüglich der geltend gemachten Ertragsausfälle sind abweichend zu den Klageanträgen lediglich in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz begründet, da es sich bei dem hiermit verlangten Schadensersatz nicht um eine Entgeltforderung i.S.d. § 288 Abs. 2 BGB handelt. Im Übrigen stellen sich die Zinsforderungen jedoch nach §§ 286 Abs. 1 S. 1 u. 2, 288 Abs. 1 BGB als begründet dar.
703.
71a)
72Die Klägerin hat ferner gegen die Beklagte einen Anspruch auf Erstattung der für die erfolglosen Abnahmen angefallenen Sachverständigenkosten in Höhe von 5.291,71 EUR netto gemäß §§ 634 Nr. 4, 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB (= Tenor zu I.3.).
73aa)
74Weist das Werk noch wesentliche Mängel auf und hat der Unternehmer folglich die Abnahme zu Unrecht verlangt, kann er aufgrund einer eigenen Pflichtverletzung verpflichtet sein, die mit der fehlgeschlagenen Abnahme verbundenen Kosten aus Schadenersatzgesichtspunkten zu übernehmen. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass den Unternehmer ein Verschulden trifft und nicht nur unwesentliche Mängel vorliegen (vgl. BeckOGK/Kögl, 1.4.2023, BGB § 640 Rn. 255 mwN),
75So liegt es aber hier. Nach obigen Erwägungen weisen beide Anlagen Mängel auf, die auch unzweifelhaft als wesentlich zu beurteilen sind. So sind u.a. die Verwendung von Leitungen unzureichenden Querschnitts und eine fehlerhafte Leitungsverlegung als sicherheitsrelevante Mängel sowie die Leistungsfähigkeit der Anlagen insgesamt betroffen. Auch die Beklagte macht nicht geltend, dass es sich ggf. nur um unwesentliche Mängel handelt. Für eine fehlendes Verschulden der Beklagte ist weder etwas dargetan noch sonst etwas ersichtlich. Die Beklagte hat somit die Abnahme der beiden Anlagen von der Klägerin zu Unrecht verlangt, da sie zum Zeitpunkt der jeweiligen Abnahme ihrer Herstellungspflicht noch nicht vertragsgemäß nachgekommen war.
76bb)
77Die Klägerin kann von der Beklagten als Schadensersatz die Nettokosten iHv. 2.272,50 EUR und 3.019,21 EUR aus den beiden Rechnungen der Sachverständigen vom 18.02.2021 (Bl. 1429 ff. d.A.) und 20.01.2022 (Bl. 1463 ff. d.A.) verlangen. Soweit die Beklagte die Erstattungsfähigkeit der angefallenen Sachverständigenkosten in Abrede gestellt hat, war dem nicht nachzugehen. Zum einen war die Klägerin zur Abnahme derart technisch komplexer Anlagen ohne Weiteres berechtigt, Sachverständige mit entsprechendem technischen Sachverstand hinzuzuziehen. Zum anderen hat die Klägerin zur Beauftragung der beiden Sachverständigen und zu den angefallenen Kosten unter Vorlage der diesbezüglichen Rechnungen der beiden Sachverständigen nebst detaillierter Tätigkeitsdokumentationen und -nachweisen im Einzelnen in ihrer Replik vom 09.02.2023 vorgetragen. Stellung genommen hat die Beklagte auch hierzu nicht weiter. Das vor diesem Hintergrund pauschal gebliebene Bestreiten der Beklagten ist damit unbeachtlich.
78cc)
79Aus den obigen Gründen zu 2. a) bb) kann die Klägerin jedoch nicht die Umsatzsteuer auf diese Kosten von der Beklagten ersetzt verlangen, da auch insoweit "echter" Schadensersatz seitens der Beklagten betroffen ist, so dass die Klage wegen der somit unberechtigten Mehrforderung der Abweisung unterlag.
80b)
81Die insoweit tenorierte Zinsforderung ist aus den obigen Gründen zu 2. b) nach §§ 286 Abs. 1 S. 1, 288 Abs. 1 BGB teilweise begründet.
82II.
83Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 709 S. 1 u. 2 ZPO.
84III.
85Der Streitwert des Rechtsstreits wird auf bis zu 109.386,13 EUR festgesetzt.