Mögliches Vertriebskartell Kartellamt ermittelt gegen Telekom

Noch mehr schlechte Nachrichten für Telekom-Chef René Obermann: Die Verkaufserfolge des Konzerns im Mobilfunk und im Festnetz seit seinem Aufstieg von Vorstandschef im November 2006 stehen unter dem Verdacht, durch den Aufbau eines Vertriebskartells mit den Konkurrenten Freenet und Debitel zustande gekommen zu sein.

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Telekom-Chef René Obermann: Der Konzern wird verdächtigt, ein Vertriebskartell aufgebaut zu haben. Quelle: dpa

DÜSSELDORF. Das Bundeskartellamt ermittelt derzeit und prüft, ob es ein Verfahren gegen die Telekom einleitet. "Es gibt einen Verdacht für kartellrechtlich bedenkliche Absprachen", sagte ein Sprecher der Behörde der Wirtschaftswoche. Aus internen Unterlagen geht laut dem Wirtschafsmagazin hervor, dass die Telekom zwischen den Jahren 2006 und 2008 die Konkurrenten Debitel und Freenet verstärkt als Vertriebspartner für die eigenen Produkte eingesetzt hat, um Marktanteile im Mobilfunk hinzuzugewinnen und den Kundenschwund im Festnetz zu stoppen.

Dazu nutzte die Telekom offenbar die Doppelrolle, die Debitel und Freenet im Telekommunikationsmarkt einnehmen. Auf der einen Seite sind sie als Mobilfunk-Dienstleister Konkurrenten der Mobilfunksparte T-Mobile, die Handys mit eigenen Tarifen verkaufen. Auf der anderen Seite sind sie aber auch verstärkt als Vertriebspartner der Telekom tätig und verkaufen in ihren Shops parallel die Originalprodukte der Telekom.

Insbesondere die rund 400 Shops des Filialisten Dug, die im Dezember 2006 von Debitel übernommen wurden, hoben diese Trennung der beiden Geschäftsmodelle teilweise auf - mit der Folge, dass in diesen Verkaufsstellen vorwiegend Telekom-Produkte verkauft wurden. Die Zusammenarbeit war so eng, dass der damals designierte Debitel-Vorstandschef Oliver Steil auf einer Vorstandssitzung am 8. November 2007 vorschlug, die Unabhängigkeit aufzugeben und "der Deutschen Telekom eine bevorzugte Vermarktung einzuräumen", wie es in einer internen Vorstandsvorlage heißt. Konkret strebte Debitel "einen überproportionalen Marktanteil bei den Telekom-Produkten" an.

Mit Prämien und Zuschüssen in Millionenhöhe sorgte die Telekom in den Folgemonaten unter anderem dafür, dass Debitel 2007 wieder in die Gewinnzone zurückkehrte. Der Eigner Permira konnte deshalb Debitel für 1,6 Milliarden Euro an Freenet verkaufen.

Kartellrechtlich bedenkliche Vereinbarungen gab es offenbar auch mit Freenet. So verhandelte T-Mobile über die "Migration einer kleinen Zahl besonders wertvoller Kunden", wie es in einer Präsentation für ein Treffen der Vorstände beider Unternehmen im Juni 2008 heißt.

Die Kartellvorwürfe wiegen besonders schwer, weil von der Telekom beauftragte Rechtsgutachter der Anwaltskanzlei Clifford Chance Wettbewerbsverstöße bei den Vertriebskooperationen mit Debitel und Freenet feststellten: "Jede Form der Zusammenarbeit von Wettbewerbern im Rahmen des Vertriebs von Produkten und Dienstleistungen ist kartellrechtlich bedenklich", heißt es in einem Memorandum, das der Wirtschaftswoche vorliegt.

Auch die Zusammenlegung von strikt getrennten Vertriebsabteilungen bei T-Mobile, die sich zuvor unabhängig voneinander um Freenet als Konkurrenten und als Vertriebspartner kümmerten, stößt bei Clifford Chance auf Kritik: Damit steige "das Risiko eines gedämpften Preis- und Konditionenwettbewerbs und einer unzulässigen Einflussnahme auf das Wettbewerbsverhalten von Freenet", heißt es in einem Sondergutachten.

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