„Menschen fühlen sich für dumm verkauft“: Corona-Klartext von Leipzig-Boss Mintzlaff

Warum er über eine Klage nachdenkt ++ Welche Symbol-Politik er kritisiert ++ Wie viele Fans er im Stadion fordert

Klub-Boss Oliver Mintzlaff ist unzufrieden mit den MPK-Beschlüssen

Klub-Boss Oliver Mintzlaff ist unzufrieden mit den MPK-Beschlüssen

Foto: picture alliance / ZB
Von: Yvonne Gabriel und Christian Kynast

Erst Geisterspiele, jetzt 1000 Fans. Und keine Sicht auf Besserung. Jetzt redet Leipzigs Klub-Boss Oliver Mintzlaff (46) Tacheles!

Sie sagten zuletzt, der Fußball müsse für alles herhalten. Wie ungerecht fühlen Sie sich gerade behandelt?

Mintzlaff: „Das Ergebnis der Ministerpräsidentenkonferenz in Bezug auf Großveranstaltungen ist für uns nicht nachvollziehbar. In dieser Hinsicht ist die MPK ergebnislos geblieben. Und das ist natürlich enttäuschend, weil nicht nur wir im Fußball, sondern auch alle anderen Großveranstalter mit höheren Kapazitäten gerechnet haben. Es gibt immer mehr Indoor-Veranstaltungen, die eine teils deutlich höhere Auslastung haben dürfen als wir beispielsweise in unserer Arena mit 1.000 Zuschauern. Das ist völlig unverhältnismäßig.“

BILD: Wie kann man sich das erklären?

Mintzlaff: „Ich kann das nicht erklären. Schauen Sie: Wir befinden uns jetzt seit zwei Jahren in dieser pandemischen Situation. Viele Experten und die Politik hatten zwei Jahre Zeit, sich damit auseinanderzusetzen. Dazu haben wir absolut belastbare Hygienekonzepte vorgelegt, bei RB Leipzig erfüllen alle den 2G-Status. Mit uns wird Symbolpolitik betrieben. Wir haben das Gefühl, dass die Politik in vielen Bereichen mehr in Problemen als in Lösungen denkt. Wenn sie das so beibehält, ist das für viele Menschen bald nicht mehr nachvollziehbar. Vor allem ist es nicht mehr transparent.“

BILD: Erklären Sie das bitte genauer.

Mintzlaff: „Ein Beispiel: Die Genesenenregelung wird für die Bevölkerung auf drei Monate reduziert, während sie im Bundestag bei sechs Monaten bleibt. Mit solchen Entscheidungen fühlen sich die Menschen für dumm verkauft. Die Bundesregierung kann sich nicht die Welt malen, wie sie ihr gefällt. Das endet dann in einem Zick-Zack-Kurs, den die Menschen nicht mehr mittragen. Ich fordere daher einheitliche und vor allem bundesweite Regeln, denn ansonsten können wir uns an gar nichts mehr orientieren und das Vertrauen in Aussagen schwindet noch mehr. “

BILD: In Bayern werden wieder 10000 Zuschauer zugelassen. Wäre das in Sachsen auch möglich?

Mintzlaff: „Absolut. Wir fordern, dass spätestens, wenn das Kabinett Sachsen nächste Woche wieder zusammenkommt, eine Lösung präsentiert wird, die sich mindestens an Bayern orientiert. Wir haben belastbare Hygienekonzepte vorgelegt, die es ermöglichen, dass der Spielbetrieb auch mit 20.000 Zuschauern oder sogar 50 Prozent Auslastung absolut sicher gewährleistet werden könnte. Darüber hinaus haben wir gelernt, dass nicht die Inzidenzen, sondern die Hospitalisierungsrate und die Krankenhausauslastung die entscheidenden Parameter für Öffnungen oder Lockerungen sind. Schauen wir uns die Hospitalisierungsrate in Sachsen an. Sie liegt bei 3,16 und ist niedriger als in Bayern, die Krankenhaus-Situation ist nicht angespannt. Es wäre daher zu erwarten, dass es Lockerungen gibt.“

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BILD: Haben Sie Kontakt zur Politik?

Mintzlaff: „Selbstverständlich. Wir sind in engem und gutem Austausch mit den lokalen Behörden und natürlich auch mit Ministerpräsident Michael Kretschmer. Herr Kretschmer hat uns signalisiert, dass man an Lösungen arbeitet.“

BILD: BVB-Boss Aki Watzke (62) nahm das Wort Klage in den Mund. Ist das auch für RB ein Thema?

Mintzlaff: „Ich finde den Vorstoß von Aki Watzke absolut richtig, und wir prüfen auch mit anderen Bundesligisten, wenn es hier nicht zu einer schnellen Lösung kommt, ob und wie wir da juristisch vorgehen. Denn das gehört zu unserer unternehmerischen Verantwortung. Wir wissen, dass die Pandemie viele im Land schwer getroffen hat. Wir haben trotz eines Minus von über 60 Mio. Euro in den vergangenen zwei Jahren viel Verständnis für Entscheidungen der Politik gehabt. Aber jetzt ist der Punkt, wo jeder Bundesbürger, jeder Unternehmer und auch jeder Bundesligaclub pragmatische, logische und nachvollziehbare Entscheidungen erwarten kann.“

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