Der Attentäter der Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker ist nach Ansicht eines psychiatrischen Gutachters voll schuldfähig. Der 44-jährige Frank S. glaube an diverse Verschwörungstheorien, die Grenze zum Wahnsinn sei aber nicht überschritten, sagte Norbert Leygraf im Düsseldorfer Oberlandesgericht. Hinweise auf eine verminderte Schuldfähigkeit gebe es nicht. Im Prozess droht dem Angeklagten lebenslange Haft wegen versuchten Mordes. Das Urteil soll am 1. Juli verkündet werden.

Henriette Reker war kurz vor ihrer Wahl zur Oberbürgermeisterin lebensgefährlich verletzt worden. Frank S. hatte ihr ein großes Jagdmesser in den Hals gerammt und zudem vier weitere Menschen verletzt. Der Angreifer hat seine Tat bereits gestanden. Als Motiv nannte er die deutsche Flüchtlingspolitik, wie sie auch von Reker vertreten worden sei. Der Prozess gegen den Attentäter wird diesen Donnerstag fortgesetzt.

Der Gutachter Leygraf sagte, der Angeklagte weise eine paranoid-narzisstische Persönlichkeitsstörung auf. Er sei eigensinnig, überempfindlich und von seiner schwarz-weißen Weltsicht restlos überzeugt. Wegen seiner problematischen Kindheit sehe er sich als misstrauischer Einzelkämpfer einer feindseligen Umwelt gegenüber. Die leiblichen Eltern hatten Frank S. im Alter von vier oder fünf Jahren in einer Düsseldorfer Wohnung zurückgelassen und waren verschwunden.

In den Monaten vor der Tat hat er laut Leygraf ein trost- und perspektivloses Leben geführt. Soziale Kontakte habe der arbeitslose Maler und Lackierer ausschließlich über das Internet geführt. Eine erfolgreiche Therapie werde Jahre benötigen.

Dass der Angeklagte sich dagegen verwahrt habe, als typisch rechtsradikaler Attentäter zu erscheinen, heiße nicht, dass er dies nicht sei: Er habe acht Vorstrafen wegen Gewaltdelikten, überwiegend mit rechtsradikalem Hintergrund. Seine Hauptfeinde seien "die Antifa, die hinter allem und jedem steckt", und Ausländer. Bereits zum Prozessauftakt hatte Frank S. eingeräumt, der rechten Szene in Bonn angehört zu haben. 

Messerattacke - Kölns Oberbürgermeisterin Reker sagt aus Reker hat vor dem Düsseldorfer Oberlandesgericht die Messerattacke vom Oktober 2015 geschildert, bei der die damalige OB-Kandidatin schwer verletzt wurde. Im Gerichtssaal begegnete sie erstmals wieder ihrem Angreifer.