„War überfällig!“: DFL-Boss Seifert kritisiert Corona-Politik

Quelle: BILD

Noch 81 Tage ist Christian Seifert (52) Boss der DFL, dann gibt er seine Aufgaben in die Hände von Donata Hopfen (44), die am 1. Januar 2022 als erste Frau den Job übernimmt.

Langweilig dürften die verbleibenden Wochen für Seifert nicht werden, dank Corona ist kein Tag wie der andere. Aber vor allem das nächste Wochenende ist für den scheidenden Chef ein besonderes: Die Stadien werden so voll wie noch nie seit der Pandemie sein. Allein in Dortmund werden 67 000 Fans im Stadion erwartet.

In der neuesten Ausgabe des BILD-Fussball-Talks „Reif ist Live“ stellte sich Seifert den Fragen von BILD-Sportchef Matthias Brügelmann (49) und Marcel Reif (71). Seifert über...

... Fans im Stadion: „Das ist das Ziel, auf das wir hingearbeitet haben. Fußball ist mehr als 90 Minuten unten auf dem Platz zu spielen, sondern das soziale Erlebnis. Und dann nicht mehr nur vor den Bildschirmen, sondern im Stadion. Das ist etwas sehr Besonderes. Wenn man in die Gesichter der Leute blickt, dann sieht man, dass ihnen mehr gefehlt als 90 Minuten Fußball. Insofern freue ich mich sehr auf das nächste Wochenende.“

... die Corona-Politik: „Ich gehöre zu den Bürgern, die sagen, es wird mal langsam Zeit, dass wir uns wieder schrittweise den Rechten annähern, die Bürger und Unternehmen vor der Pandemie hatten. Insofern ist das jetzt ein großer Schritt nach vorne, den andere Länder einfach früher gegangen sind. Hoffen wir, dass das der Einstieg ist, dass wir endlich lernen mit dem Virus zu leben. An der einen oder anderen Stelle scheint das noch nicht so verankert zu sein. Der Schritt jetzt, und zwar nicht nur in den Stadien, sondern auch in den Hallen, in den Theatern, in den Kinos, in den Restaurant usw. der Schritt ist nach meinem Verständnis überfällig.“

... über einen bedingungslosen Stadionbesuch: „Ab wann scheint es geboten, den Menschen das Leben wieder zurückzugeben. Nämlich das, was wir früher mal geführt haben, ohne Einschränkungen. Ich will da keine Prognose abgeben. Ich hoffe nur, dass Deutschland nicht wieder unter der Maßgabe des „Team Vorsicht“ oder unter der Maßgabe, dass angeblich in der größten Exportnation Europas die Intensivstationen überfließen, mit teilweise – muss man rückblickend sagen – sehr fragwürdigen Kennziffern versucht wird Einschränkungen zu definieren, die eigentlich so nicht zu verargumentieren sind.“

... über Corona-Spielregeln: „Es wäre gut, wenn es gewisse Spielregeln für ganz Deutschland gibt. Auch wenn es unterschiedliche Infektionsgeschehen gibt, würde es der Akzeptanz dieser Spielregeln deutlich dienen, wenn man nicht den Eindruck hätte, dass sich das teilweise an Stadtgrenzen ändert.“

... eine nicht zu unterschätzende Auswirkung: „Wir haben anderthalb Jahren lang Menschen und Kindern gesagt, Nähe ist gefährlich. Die Frage ist: Wann stehen wir wieder einigermaßen entspannt und ohne Gedanken im Hinterkopf eng beieinander auf den Stehplätzen? Nähe und Zusammenkünfte wurden mit Angst belegt. Wir haben einige Politiker erlebt, die sagen, sie haben ein ungutes Gefühl, wenn sich zwei Geimpfte umarmen, was ich nicht nachvollziehen kann. Diese psychologische Komponente wird noch etwas brauchen.“

Klartext von DFL-Boss SeifertBundesliga-Stars sollten ALLE geimpft sein

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... ausverkaufte Stadien: „Das nächste Wochenende wird einen guten Hinweis geben, in welche Richtung es geht. Aber auch hinterher werden nicht alle Stadien ausverkauft sein, das waren sie auch vor der Pandemie nicht. Das sollte man dann nicht auf Corona schieben, sondern sich als Klub hinterfragen, woran das liegen könnte.“

... Impfungen für Spieler: „Ich persönlich glaube, dass eine Impfung ziemlich sinnvoll ist. Man übt ja einen Beruf aus und auch noch einen ziemlich gut bezahlten. Bei dem es nicht möglich ist, körperlich Abstand zu halten. Vielmehr lebt man von der körperlichen Nähe. Einerseits kann jeder für sich entscheiden, andererseits hat man auch eine professionelle Verantwortung für sich und seinem Körper gegenüber. Und man verdient mit seinem Körper sogar ziemlich viel Geld. Ich habe wenig Verständnis dafür, wenn man sich nicht impfen lässt.“

... die Impfquote in der Bundesliga: „Was wir wissen: In der Bundesliga – auf der Basis von freiwilligen Angaben – haben wir eine Impfquote über die gesamten Teams hinweg von 94 Prozent. Das ist ziemlich gut.“

... zur saudi-arabischen Übernahme von Newcastle United: „Man hatte schon in der Vergangenheit Investoren, die mindestens mal Fragezeichen aufgeworfen haben. In meinen knapp 17 Jahren bei der DFL hatten wir auch Situationen, wo plötzlich Investoren um die Ecke kamen - natürlich im Rahmen der 50+1-Regeln –, da sind auch Fragezeichen angegangen. Wir moralisieren ein bisschen in Deutschland in der letzten Zeit, heben sehr mahnend den Zeigefinger. Dabei sind wir in der einen oder anderen Dimension, wenn man ehrlich ist, als Land nicht mehr richtig erstklassig. Aber moralisch sind wir immer erstklassig. Das ist mir persönlich etwas suspekt.“

... über die Menschenrechts-Situation, u.a. in Saudi-Arabien und Katar: „Es steht völlig außer Frage, dass es rund um den Globus Situationen gibt, in denen die Lage von Menschenrechten mit der in Deutschland oder Westeuropa überhaupt nicht zu vergleichen ist. Menschenrechte finden sicherlich in diesen Staaten und Ländern nicht statt. Wir haben aber, auch wenn es ein ganz anderes Beispiel ist, gesehen, dass die Wahrheit manchmal mehrere Perspektiven hat. Wir haben auch sehr kritisch über Katar gesprochen, in Teilen auch zurecht. Wir haben bei der EM sehr kritisch über Aserbaidschan gesprochen. Und wenige Wochen später sind deutsche Flugzeuge genau dort gelandet, um Menschen aus Afghanistan auszufliegen. Die Welt ist ziemlich komplex. Erst recht für ein Land wie Deutschland, auch noch als Export-Nation.“

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