Talk-Legende Wolfgang Heim verabschiedet sich in den Ruhestand

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Wolfgang Heim
SWR1 Leute-Moderator Wolfgang Heim (Foto: SWR, SWR1)

SWR1 Leute-Legende Wolfgang Heim hört auf. In seiner letzten Leute-Sendung gaben ihm zwei ehemalige Kollegen aus den 80ern die Ehre - aus der Zeit, als alles begann: Rüdiger Becker und Thomas Roth. Der Abschied ist aber Grund genug, auch über diese Sendung hinaus auf die lange Karriere des Ausnahme-Talkers zurückzublicken.

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80er Jahre: Kalter Krieg, Friedensbewegung, Kohl

SWR1 Leute-Moderator Wolfgang Heim blickte im Rahmen seiner letzten Leute-Sendung auf seine Anfänge zurück: Deutschland Anfang der 80er Jahre. Der Streit um die Nachrüstung und die Friedensbewegung. Kollektive Ängste und individuelle Selbstverwirklichung. Der Wechsel von Schmidt zu Kohl. Punks contra Popper. Und mittendrin eine Jugendfunksendung namens POINT, in der all das thematisiert wurde.

SDR3 Sendung POINT für die Jugend in den 80ern

Mit im POINT-Team damals: Rüdiger Becker, der Redaktionsleiter (er ging später zum WDR und wurde Hörfunkkorrespondent in Berlin), Thomas Roth als Volontär (er wurde später TV-Auslandskorrespondent und moderierte die ARD Tagesthemen) und Wolfgang Heim als Hospitant (er wurde später Redakteur und Moderator von SWR1 Leute).

Jetzt trafen sich die drei erneut am alten Arbeitsplatz: Rüdiger Becker und Thomas Roth waren die Gäste in Wolfgang Heims letzter Leute-Sendung.

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SWR1 Leute: nicht immer nur "den gefälligen Mainstream bedienen"

Wolfgang, 34 Jahre lang die gleiche Sendung: Noch ein toller Mensch und noch eine Politikerin und noch ein Sänger. Jeden zweiten Tag. Hattest Du "SWR1 Leute" nie über? 

34 Jahre ist ein enorm langer Zeitraum. Auf der anderen Seite: meine Art zu arbeiten, das war mir immer bewusst, war natürlich eine hoch privilegierte ...

»Ich konnte die Sendungen so machen, wie ich sie machen wollte, ich konnte die Fragen stellen, die ich stellen wollte.«

Von daher war das ein wirklich tolles Arbeiten. Es ist ja auch nicht so, dass man im normalen Leben nach einer bestimmten Anzahl von Begegnungen die Sozialkontakte einstellt, weil Du schon genug erlebt hast. Sondern nein: natürlich geht das Leben weiter. Bei "Leute" kam dazu, dass die Aktualität immer dringlicher geworden ist. Vor allem in den letzten drei Jahren. Der Versuch, Leben und Aktualität abzubilden, erweitert ja auch den eigenen Horizont. 

Für "Leute" fand ich es wichtig, auch mal provokante Sendungen zu machen. Wo Du schon vorher weißt, dass es Proteste geben wird.

»Ich fand es immer wichtig, das Spektrum möglichst breit zu halten und auch Sendungen zu machen, die polarisieren, an denen man sich reiben kann und die man auch Scheiße finden kann, als immer nur diesen gefälligen Mainstream zu bedienen. Ansonsten kann ich mich nur wiederholen: unsere Stärke ist Journalismus.«

 Wolfgang Heim wird vom Interviewer zum Interviewten

Den "Spieß umgedreht" haben wir mit Wolfgang Heim in "SWR1 - Der Sonntag-Nachmittag". Die Leute-Legende wurde selbst zum Talk-Gast. Moderator Rainer Hartmann hat mit ihm auf die spannendsten, interessantesten, witzigsten, anstrengendsten und auch kontroversesten Leute-Sendungen und -Gäste zurückgeblickt. Außerdem hat er versucht, dem Mann Persönliches zu entlocken, der bei seinen Talkgästen auch niemals locker gelassen hat:

Vielen Dank für über 30 Jahre Talk auf Top-Niveau

Mehr als 30 Jahre und um die 3000 Leute-Sendungen: wer eine solche Ausnahmesendung moderiert, braucht ein enorm breites Hintergrundwissen, ausführliche Vorbereitung, große Schlagfertigkeit - und gute Nerven. Nicht immer liefen Gespräche so, wie Wolfgang Heim es sich vorgestellt hatte, im positiven wie im negativen Sinne. Eine Live-Sendung mittendrin abbrechen, weil ein Gespräch nicht mehr möglich war? Ist passiert. Mit einem Gast, der sich in der Sendung als Alt-Nazi entlarvte. Überraschende Geständnisse, unerwartete Themenwechsel, Talk-Battles, die der Sendung noch mehr Würze gaben? Aber klar doch. Und immer mit wieder mit folgendem Beginn:

»Guten Morgen und herzlich willkommen!
Wie geht es Ihnen?«

Herausforderung mit "Erzähl mir was Neues"

Weit ab von jeglicher Komfortzone für einen Moderator bewegte Wolfgang Heim sich in der Talk-Reihe "Erzähl mir was Neues".

»Ich möchte von Menschen Geschichten hören, die für mich neu und überraschend sind.«

Er begab sich damit in jeder Sendung ganz bewusst auf völlig unbekanntes Terrain, wusste nicht, wer ihm gleich gegenüber sitzen wird und konnte sich auch nicht vorbereiten. Spannend - und immer wieder mehr als überraschend, wie dieser Zusammenschnitt zeigt: