BILD-Interview mit Opel-Chef Karl-Friedrich Stracke: Ist Opel noch zu retten?

Von: Von KRISTIN BREUER

Rüsselsheim – Vor zwei Wochen beschloss der Opel-Aufsichtsrat ein umfassendes Sanierungskonzept (u.a. Jobgarantie bis 2016). Jetzt verhandeln Betriebsrat, IG Metall und Vorstand die Umsetzung.

BILD: Der Aufsichtsrat hat ein umfassendes Sparpaket für Opel abgesegnet, ist das der große Befreiungsschlag?

Karl Friedrich Stracke: "Unser Plan ist kein Sparpaket, sondern ein klarer Wachstumsplan. Damit haben wir eine gesunde Grundlage mit der wir neu durchstarten werden. IG Metall, Betriebsrat und wir vom Opel-Vorstand ziehen dabei an einem Strang. Das ist ein positives Signal."

BILD: Sie verzichten auf Werksschließungen und Entlassungen, setzen stattdessen auf eine Modelloffensive und Kostenreduktion. Reicht das wirklich aus?

Stracke: "Um genau zu sein, investieren wir Milliarden in neue Modelle, wie den neuen Astra, den SUV Mokka und den Kleinwagen Adam. Bis 2016 bringen wir 23 neue oder aufgefrischte Modelle. Nicht zu vergessen neue sparsame Motoren. Daneben starten wir eine Qualitäts- und Service-Offensive und sind künftig wieder in der Fußball-Bundesliga aktiv. Wir schärfen unsere Marke, setzen auf Export, nutzen clevere Allianzen und verschlanken unsere Produktion. Kurzum: Wir drehen in unserem 150. Jubiläumsjahr jeden noch so kleinen Stein um."

BILD: Es scheint aber als rutsche der Konzern alle zwei Jahre in eine neue Krise. Ist Opel überhaupt noch zu retten?

Stracke: "Wir haben jetzt einen Geschäftsplan, der eine gute Grundlage für die Zukunft ist. Aber natürlich müssen wir noch viel tun, um wettbewerbsfähiger zu werden. Wir haben elf Werke in Europa, davon vier in Deutschland. Die müssen wir in Zukunft voll auslasten – um profitabel arbeiten zu können und um im harten Wettbewerb zu bestehen."

BILD: Oder konnten Sie sich mit radikaleren Maßnahmen nicht gegen die mächtige Gewerkschaft durchsetzen?

Stracke: Der IG Metall geht es genau wie uns um eine nachhaltige Sicherung unserer Zukunft und der Arbeitsplätze unserer Mitarbeiter. Die IG Metall hat genau wie wir erkannt, dass wir in Europa uns in einer Krise befinden. Wir müssen schnellstens profitabel werden. Wir dürfen keinen Rückenwind vom Markt erwarten. Das zweite Halbjahr 2012 wird in ganz Europa sicher schlechter ausfallen als ursprünglich erwartet.

BILD: Ist mit einem Kündigungsschutz bis 2016 nicht nur alles aufgeschoben?

Stracke: Wer in Deutschland kann sich heute schon über eine Job-Garantie für die kommenden vier Jahre erfreuen? Ich denke, das wäre ein schöner Durchbruch. Deswegen arbeiten wir hart daran. Langfristig gibt es aber nur eine Arbeitsplatzgarantie: wir müssen nachhaltig Gewinne schreiben."

BILD: Der gesamte europäische Automarkt steuert auf eine neue Krise zu. Die Märkte brechen zum Teil drastisch ein. Warum soll ausgerechnet Opel jetzt auf die Beine kommen?

Stracke: "Wir glauben an unsere Stärken. Wir sind eine deutsche Traditionsmarke, die sinnvolle Innovationen für breite Massen erschwinglich macht. Die Kundennutzen und Familien in den Mittelpunkt stellt – und gleichzeitig ein sportliches Angebot macht. Wir haben gerade das beste Produktangebot aller Zeiten."

BILD: GM bestimmt doch ohnehin den Kurs von Opel. Sind Sie nur Ausführungsgehilfe des mächtigen Mutterkonzerns?

Stracke: "Keineswegs. Opel ist seit 1929 Teil von GM und wir können auf viele gemeinsame Erfolge zurückblicken. Auch jetzt steht GM voll hinter Opel – und wir sind dankbar für die Unterstützung. Unsere Mutter will, genau wie wir, dass Opel wieder voll punktet. Aber unsere Mutter ist zu Recht ungeduldig mit uns. Deswegen müssen wir so schnell wie möglich wieder profitabel werden. Wir dürfen unserer Mutter nicht länger auf der Tasche liegen."

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