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"Kommende Saison ist Aufstieg kein Thema"

Im großen Interview mit hannover96.de spricht 96-Geschäftsführer Martin Kind über realistische Ziele, die Attraktivität der 2. Liga, Umbruch und Neuausrichtung sowie darüber, was ihn in der Pandemiekrise am meisten beeindruckt hat.

/ Klub, Profis
96-Geschäftsführer Martin Kind (Foto: imago images/Wedel)

Herr Kind, bevor wir nach vorne schauen: Ein kurzer Rückblick auf eine Saison, deren Verlauf und Ausgang sich alle bei Hannover 96 anders gewünscht haben.

Martin Kind:
Die Saison ist sportlich mit Tabellenplatz 13 und wirtschaftlich im Ergebnis unbefriedigend. Ganz klar: Wir haben unsere Ziele nicht erreicht, es war eine verlorene Saison. Wir werden mit einem Verlust abschließen, der größer als 10 Millionen Euro sein wird. Allein bei den Zuschauereinnahmen fehlen durch die Pandemie 7 Millionen Euro, zudem hatten wir anteilig Verluste bei den Werberechten und hohe, nicht angepasste Kosten. Wichtig ist jetzt insbesondere die Analyse der sportlichen Entwicklung, und - daraus abgeleitet - neue Entscheidungen zu treffen.

Mit dem Trainerwechsel wurde die erste wichtige Entscheidung frühzeitig getroffen.

Martin Kind:
Wir haben am Ende der vergangenen Saison mit Trainer Kenan Kocak gemeinsam entschieden, die Zusammenarbeit nicht fortzusetzen und eine Auflösung des Vertrages vereinbart. Mit Jan Zimmermann haben wir einen neuen, im Profifußball noch unbekannten Trainer verpflichtet. Das ist sicherlich eine mutige Entscheidung, aber auch eine der Zukunft. Wir sind von Jan Zimmermann als Trainer überzeugt.

Welche Ziele haben Sie sich und 96 für die nächste Saison und die kommenden Jahre gesetzt?

Martin Kind:
Wir müssen realistisch sein. Hannover 96, die Landeshauptstadt und die Region gehören in die 1. Liga. Aber erst einmal sind Realismus und Vernunft gefordert, das bedeutet eine Zeitachse für den Wiederaufstieg von einigen Jahren - und auch Geduld. Für die kommende Saison ist ein Aufstieg kein Thema, es wäre taktisch und strategisch falsch, dieses Ziel zu benennen. Mittelfristig bleibt der Aufstieg unser Ziel, aber mit Nachhaltigkeit und Stabilität, um dann auch wettbewerbsfähig in der 1. Liga aufgestellt zu sein. Nächste Saison wollen wir attraktiven Fußball zeigen und die Basis schaffen mit einer Mannschaft, mit der sich die Zuschauer identifizieren können. Bei der Infrastruktur sind wir bereits erstklassig mit der HDI Arena und der Nachwuchs-Akademie in der Eilenriede. Die Infrastruktur steht, jetzt gilt es, die sportliche Struktur so zu entwickeln, dass wir uns dann in der 1. Liga wieder etablieren können.

Experten und Fans sprechen für die Saison 2021/22 bereits von der besten 2. Liga, die es je gab. Wie sehen Sie das?

Martin Kind:
In der kommenden Saison sind sehr viele Traditionsvereine in der 2. Liga vertreten wie Schalke 04, Werder Bremen, Fortuna Düsseldorf, Hamburger SV, Dynamo Dresden und wir. Das wird eine hochattraktive Liga und eine sportliche wie wirtschaftliche Herausforderung, die wir gern annehmen. Diese Attraktivität bedeutet eine Exklusivität der 2. Liga. Ich erwarte - wenn es die Pandemie zulässt - in mehreren Spielen eine ausverkaufte HDI Arena.

Künftig wird es in der 2. Liga Samstagabendspiele um 20.30 Uhr geben. Diese neue Fernsehzeit kommt genau richtig, oder?

Martin Kind:
Es ist die attraktivste 2. Liga in der Entwicklung, die wir bisher hatten. Dass Spiele künftig am Samstagabend um 20.30 Uhr bei Sky und im frei empfangbaren Fernsehen bei Sport1 übertragen werden, steigert die Werthaltigkeit der Liga zusätzlich. Da gibt es künftig eine große Auswahl attraktiver Spiele.

Alle Klubs freuen sich auf die Rückkehr von Zuschauern. Wie ist der Plan von 96, und wie realistisch sind schon im Sommer volle Stadien?

Martin Kind:
Ich hoffe, dass wir die Dynamik bei der Impfung der Bevölkerung beibehalten können und zügig auch die junge Generation geimpft werden kann. Ich glaube, dass es die Kennzahlen zulassen, bereits zu Saisonbeginn Ende Juli wieder mit voller Zuschauerzahl spielen zu können. Ob das politisch gewollt ist, lässt sich im Moment noch nicht abschließend beurteilen. Wenn nicht, hoffe ich auf mindestens 50 Prozent Auslastung zum Start. Wir werden alle Vorschriften, die aus der Politik und von den Gesundheitsämtern kommen, vollumfänglich umsetzen und auf ein schlüssiges Hygiene- und Sicherheitskonzept in der HDI Arena zurückgreifen können.

Es gibt zur neuen Saison auch personell rund um das Profiteam einen großen Umbruch. Was ist der Grund dafür?

Martin Kind:
Ich habe einleitend gesagt, dass wir unsere Ziele nicht erreicht haben. Das war die Grundlage für alle Überlegungen. Wir haben erste Analysen durchgeführt und haben uns mit allen Leistungsbereichen beschäftigt und tun das auch noch weiter. Die ersten Entscheidungen haben wir im Staff rund um die Mannschaft getroffen. Auch hier brauchen wir neue Impulse, Veränderungs- und Weiterentwicklungsbereitschaft. Deshalb haben wir uns für eine vollständige Neuausrichtung entschieden. Das soll intern, aber insbesondere extern zeigen, dass Hannover 96 mit einem Neuaufbau im Sinne der professionellen Weiterentwicklung beginnt.

Welche Rolle spielt bei diesem Neuaufbau das Nachwuchsleistungszentrum der Roten?

Martin Kind:
Auch die Akademie wurde und wird von uns analysiert. Die Deutsche Fußball-Liga (DFL) hat den Verteilerschlüssel beim Fernsehgeld verändert. Die Säule "Nachwuchsspieler" gewinnt in den nächsten Jahren eine größere Bedeutung. Ziel ist es, die Qualität der Ausbildung und die Integration der Nachwuchsspieler in die Profimannschaft zu verbessern - auch im Sinne des deutschen Fußballs. Bei 96 sind wir uns einig, dass es notwendig ist, die Vernetzung zwischen Profimannschaft und U23/U19 deutlich weiterzuentwickeln. Wir wollen für mehr Spielzeiten unserer besten Nachwuchstalente bei den Profis sorgen. Mit Jan Zimmermann haben wir einen Trainer, der das bei seinen bisherigen Stationen erfolgreich praktiziert hat. Ein solches Konzept - das kein Alibi sein darf - wird darüber hinaus die Attraktivität von Hannover 96 für Nachwuchsspieler erhöhen.

Abschließend die Frage: Was hat Sie in den vergangenen Monaten des Sonderspielbetriebs durch die Corona-Pandemie am meisten beeindruckt?

Martin Kind:
Für mich persönlich war es das schönste Signal, dass in der Krise unsere Sponsoren und Partner zu 96 gestanden haben. Das war wirklich ein tolles Zeichen, dass unsere Sponsoren und Partner nicht nur bei Sonnenschein zu 96 stehen. Wir wollen daran arbeiten, dass die Stadt, die Region, die Wirtschaft, die Zuschauer, die Fans, also alle Bereiche, 96 unterstützen und wieder stolz sein können auf die Marke 96 im Profifußball.
hr

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