18 Fragen zu 2018

Geht Donald Trump? Kommt die Frauenquote? Erwartet uns ein Hitzesommer? Wir haben 18 Expertinnen und Experten gebeten, konkrete Prognosen für 2018 zu stellen.   

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Stephan Schmitz

Wird Donald Trump Ende 2018 noch im Amt sein?

Ja, meint Michael D’Antonio, Autor der Biographie «Die Wahrheit über Donald Trump».

Es ist ein kalter Tag im Frühjahr 2018. Wegen der Kälte verspätet sich die Kirschblüte in Washington, aber so viele der 500 000 Demonstrantinnen und Demonstranten, die sich auf der National Mall versammelt haben, tragen Pussy-Hüte, dass die Stadt trotzdem rosa zu blühen scheint. Die Hüte erinnern an Donald Trumps Prahlereien über sexuelle  Übergriffe. Auf Transparenten steht: «Impeachment now», Amtsenthebungsverfahren jetzt.

Käme es 2018 zu einem Impeachment, würde sich eine Phantasie vieler Leute auf der Welt erfüllen, vieler Amerikaner – und selbst einiger Republikaner, die insgeheim fürchten, Trump sei geistig instabil. Diese Sorge um seine geistige Gesundheit beflügelte die Diskussionen, ob man auf Artikel 25 der Verfassung zurückgreifen sollte, um den Präsidenten wegen Unfähigkeit aus dem Amt zu entfernen. Dieser Schritt erfordert, dass sein Kabinett ihn für arbeitsunfähig erklärt und dass der Kongress ihn danach aus dem Amt wählt. Bei Trump würde das Amtsenthebungsverfahren sich auf die psychiatrische Diagnose einer Persönlichkeitsstörung oder irgendeiner anderen Form von psychischer Krankheit stützen.

Es scheint also naheliegend, dass 2018 Donald Trumps Präsidentschaft an ihr Ende kommt – zur Erleichterung aller, die seines unberechenbaren Verhaltens müde sind. Aber es wird nicht geschehen. So schrecklich Trump sein mag: das amerikanische System ist auf eine stabile Regierung hin angelegt, auch unter der Kontrolle eines instabilen Führers. Und zu viele in Washington befürchten, dass Trumps Nachfolger, Vizepräsident Mike Pence, schlimmer wäre. Der regierungserfahrene Pence wäre ein viel kompetenterer Präsident – einer, der seine Anliegen durchsetzt: Verbot der Abtreibung, begrenzter Zugang zu Empfängnisverhütung, Dezimierung der Bildungsausgaben, entschiedener Kampf gegen Umweltschutz. Kurzum, Pence wäre ein weniger freimütiger, aber wirkungsvollerer Präsident, und das wäre für die Welt schlimmer als das, was unter Trump geschieht.

Darum sollten wir uns darauf einstellen, dass Donald Trump weiterhin taumelnd und trampelnd seine politischen Fehden und Kämpfe ausfechten wird, mit Kongressmitgliedern, Staatschefs, Sportlern, Prominenten und jedem anderen, den er seiner Feindschaft für würdig hält. 2018 bedeutet Vollbeschäftigung für die Journalisten, die über den Präsidenten berichten, und für die Therapeuten, die Leute behandeln, die unter Trump-induzierten Angstzuständen und Depressionen leiden. Trost wird in der Erkenntnis liegen, dass die Welt grösser ist als Donald Trumps Vermögen, sie auf den Kopf zu stellen. Und dass der mythische «tiefe Staat», gegen den Trumps Anhänger Sturm laufen, sich tatsächlich entwickeln und zusammenwachsen wird, um den Schaden zu begrenzen, den der Präsident anrichten kann.

Kommt es 2018 zu einer Grippe-Pandemie?

Nein, meint Beda M. Stadler, ehemaliger Direktor des Instituts für Immunologie der Universität Bern.

Zu einer Pandemie kommt es, wenn der Grossteil der Bevölkerung nicht immun gegen ein Virus ist. Bei den grossen Pandemien starben die Menschen meist nicht an der Grippe selbst, sondern an bakteriellen Sekundärinfekten, vor allem Lungenentzündungen, gegen die es heute Antibiotika gibt. Die spanische Grippe forderte 1918/1919 zwischen 50 und 100 Millionen Todesopfer. Damals meinte man, es handle sich um eine Infektion mit Bakterien. Erst 15 Jahre später wurde das Influenza-virus als Auslöser entdeckt. Unser heutiges Wissen und die Hygienemassnahmen sind derart verbessert, dass die schlimmsten Befürchtungen nicht gerechtfertigt sind.

Zudem gibt es fast keine «weissen» Flecken mehr, wo die Grippe nie durchgezogen ist. Normale Grippeviren reichten an solchen Orten aus, um die Urbevölkerung in Nordamerika oder Australien fast auszurotten. Und in den Menschen rund um die Welt wurde ein Restschutz durch Impfung und durchgemachte Grippe aufgebaut, auch wenn sich wie in der Schweiz nur jeder fünfte impft.

Den Globus überziehen könnte eine Grippe nur, falls ein völlig neues und gefährliches Virus entstehen würde. Das ist etwa so wahrscheinlich wie die Möglichkeit, dass wir 2018 von einem Meteoriten ausgelöscht werden oder ein geklontes Mammut durch Zürich spaziert.

Wird ein Schweizer Start-up 2018 zum Einhorn?

Neinmeint Philip D. Bodmer, Berater, Investor und Business Angel des Jahres 2017.

Ich sehe in unserem Start-up-Ökosystem keine Firma, die umsatz- oder ertragsmässig das Potential dazu hätte. Start-ups mit einer Milliardenbewertung sind in der Regel Firmen mit einem extrem skalierbaren Geschäftsmodell, die also in kürzester Zeit gewaltig wachsen. Das geht am ehesten in den Bereichen IT-Applikationen, Apps, Fintech oder E-Commerce. Da haben die USA klar die Nase vorn. In der Schweiz sind Start-ups dagegen in den Bereichen Technologie und Life Sciences stark. Weil das Wachstum in diesen Gebieten aber viel langsamer vor sich geht, sind Firmen mit einer Bewertung von über 1 Milliarde im engeren Sinne keine Start-ups mehr.

Zudem sind die Unternehmensbewertungen in der Schweiz viel konservativer, also tiefer, als etwa im Silicon Valley. Darum ist es anspruchsvoller, in der Schweiz ein Einhorn zu werden als in den USA ein Unicorn. Derzeit gibt es bei uns nur zwei: Avaloq, die Bankensoftware entwickelt, und Mindmaze, die auf virtuelle Realität und Neurowissenschaft spezialisiert ist.

Ein Problem ist auch: Es gibt in der Schweiz zu wenig Risikokapital. Aber je mehr Start-ups wir haben, desto eher werden wir in der obersten Liga einen Erfolg sehen. Mit einem Einhorn rechne ich 2018 nicht, aber ich würde mich sehr freuen, wenn ich mich irren würde.

Werden Hacker 2018 ein Supervirus freisetzen?

Nein, meint Martin Leuthold, Netzwerk- und Sicherheitschef der Switch, die u. a. die Internetadressen der Schweiz verwaltet.

Nur wenige können solche Superschädlinge herstellen und einsetzen, namentlich organisierte Internetkriminelle und Hacker im Staatsdienst. Sie haben aber zumindest in Friedenszeiten kein Interesse an Schadensmaximierung. Kriminelle streben Gewinnmaximierung an, Staaten die Beschaffung kritischer Daten, die Manipulation von Informationen oder die Schädigung von Infrastrukturen. Ein Beispiel dafür ist die Zerstörung von Zentrifugen für die Urananreicherung in Iran durch Stuxnet.

Auch wenn kein neues Supervirus kommt, ist die Situation kritisch. Internetkriminalität ist attraktiver denn je – die umfassende Digitalisierung schafft neue Angriffs- flächen, vom Kochherd über den Fernseher bis zum Auto. Bereits heute sind die Schäden durch Internetkriminalität in vielen Ländern grösser als der Schaden durch klassische Kriminalität; sie werden noch zunehmen.

Im Alleingang lassen sich diese Gefahren immer weniger bewältigen. Wirtschaft, Verwaltung, Lehre und Forschung müssen zusammenarbeiten. Die Schweiz hat mit ihrer Tradition der Kooperation von Interessengruppen und erfolgreichen Public-Private-Partnerships eine gute Ausgangslage. Diese gilt es nun zu nutzen: Sicherheit und Vertrauen sind für die Weiterentwicklung von Gesellschaft und Wirtschaft zwingend notwendig.

Wird 2018 jemand von einem selbstfahrenden Auto getötet?

Nein, meint Olga Uskova, Präsidentin von Cognitive Technologies, dem führenden russischen Softwareunternehmen zur Entwicklung autonomer Fahrzeugtechnik in Russland.

Heute fahren auf den Strassen der Welt etwa 1,2 Milliarden Autos. Und jedes Jahr sterben 1,2 Millionen Menschen bei Autounfällen. So gesehen töten jährlich jeweils tausend Autos eine Person. Selbstfahrende Fahrzeuge werden diese Zahl drastisch senken.

Ich schätze, dass es beim Einsatz selbstfahrender Fahrzeuge in naher Zukunft nur noch einen Strassentoten pro zehntausend Autos geben wird – vielleicht sogar noch weniger. Weil im Moment noch keine zehntausend autonomen Fahrzeuge in Betrieb sind, sollte statistisch gesehen im nächsten Jahr niemand durch sie zu Tode kommen. Aber die Statistik ist natürlich wertlos, um Einzelfälle vorauszusagen, ein tödlicher Unfall könnte also doch passieren.

Im Moment kann man noch nicht die ganze Vielfalt an Strassensituationen voraussehen und behaupten, die autonome Fahrtechnologie sei die endgültige Lösung des Problems, dass so viele Menschen unter den Rädern von Autos zu Tode kommen. Dass heute Millionen von Fahrzeugen mit elektronischen Fahrassistenten ausgerüstet sind, heisst noch lange nicht, dass diese technischen Lösungen eine grundsätzlich gefährliche Art der Fortbewegung gänzlich sicher machen werden.

Kann man 2018 am Kiosk mit Bitcoins bezahlen?

Nein, meint Aleksander Berentsen, Professor für Wirtschaftstheorie an der Universität Basel.

Erstens sind die Transaktionskosten für Bitcoin-Zahlungen zurzeit viel zu hoch. In den letzten Monaten hat eine Transaktion zwischen 2 und 5 Dollar gekostet. Man ist aber daran, diese Kosten zu senken.

Zweitens sind die Eigentümer aufgrund der bisherigen spektakulären Wertsteigerungen nicht bereit, Bitcoin als Zahlungsmittel einzusetzen. Sie horten Bitcoin. 2010 wurden für zwei Pizzas 10000 Bitcoins bezahlt; zum heutigen Bitcoin-Preis sind dies 50 Millionen Franken. Dieses Phänomen heisst «Gresham’s Law». Es besagt, dass schlechtes Geld gutes Geld als Zahlungsmittel verdrängt. Das gute Geld ist in diesem Fall Bitcoin, das schlechte Geld sind Währungen wie Euro, Dollar oder Franken.

Drittens ist der Umgang mit Bitcoin immer noch zu kompliziert. Dies schreckt viele Leute ab, sich mit der neuen Technologie auseinanderzusetzen. Diese Kinderkrankheiten werden sich früher oder später auswachsen.

Ungewiss bleibt, ob sich Bitcoin als Zahlungsmittel für Kleinbeträge etablieren wird. Alternative Kryptowährungen wie Litecoin und Dash haben bereits heute viel geringere Transaktionskosten, im Iota-Netzwerk gibt es gar keine. Das macht dieses Netzwerk geeignet für die Überweisung von Kleinbeträgen. Bitcoin wird sich aber wie Gold als alternative Wertanlage etablieren.

Kommt 2018 die Frauenquote für Verwaltungsräte?

Nein, meint Monika Bütler, Professorin für Wirtschaftspolitik an der Universität St. Gallen.

Ausländische Erfahrungen zeigen: Eine Frauenquote bringt mehr Frauen in Verwaltungsräte. Und sonst nichts. Keine Angleichung der Löhne, keine besseren Beförderungschancen der Frauen. Selbst die Diversität nimmt kaum zu, weil sich die Frauen im VR zwar etwas von den Männern unterscheiden, aber noch stärker von den anderen Frauen. Bezüglich Risikofreude überholen die Verwaltungsrätinnen ihre Kollegen sogar. Die Frauenquote im VR wird so zu einem Feigenblatt.

Aber nicht alle Quoten sind unwirksam: So brachte der Zwang geschlechtermässig ausgeglichener Wahllisten in Italien und Schweden nicht nur mehr Frauen ins Parlament, sondern im Durchschnitt auch besserqualifizierte Politiker beiderlei Geschlechts.

Was ich 2018 nicht mehr hören möchte: Dass starke Frauen die Quote nicht brauchten. Das Argument ist naiv. Erstens werden immer wieder starke Frauen «übersehen». Zweitens kann ich mich an kaum einen beruflichen Erfolg erinnern, der nicht eine Bemerkung zu meinem Frausein auslöste: angefangen vom Vordiplom in Physik vor 35 Jahren (den Professoren schöne Augen gemacht) bis zur Wahl in Verwaltungsräte (die brauchten halt eine Frau). Den Stempel Quotenfrau gibt es – gab es schon immer – gratis. Ganz ohne Quote.

Kommt 2018 die Impfung gegen Alzheimer?

Nein, meint Reto W. Kressig, Ärztlicher Direktor im Felix-Platter-Spital für Universitäre Altersmedizin Basel.

Aber in der Forschung hat sich in den letzten fünf Jahren viel getan. Wir wissen, dass die Krankheit bei gesunden, unauffälligen Menschen beginnt – schon zwanzig Jahre bevor sie ausbricht. Auslöser sind oft genetische Mutationen. Lange konzentrierte sich die Forschung auf die Beta-Amyloid-Proteine. Mittlerweile werden auch die sogenannten Tauablagerungen untersucht. Diese Proteinablagerungen stehen in einem direkten statistischen Zusammenhang mit den geistigen Fähigkeiten. Je mehr Tau im Hirn ist, desto schlechter geht es dem Menschen.

Vermutlich wird es in den kommenden Jahren zu einer Kombinationsimpfung kommen – nicht für jedermann wie bei Masern, dazu ist die Herstellung der Antikörper viel zu aufwendig und teuer. Die Impfung wird es nur für Personen mit erhöhtem Risikoprofil geben, das heisst, bei genetischer Disposition oder Amyloidablagerungen im Gehirn. Eine finnische Studie hat uns gelehrt, wie Risikopatienten sich ausgewogen ernähren können. Viele Proteine spielen dabei eine Rolle, Molke, Vitamin D. Bis die Impfung kommt, helfen geistige und viel körperliche Bewegung, die richtige Ernährung und gute Freunde. Wichtig ist auch die Behandlung von hohem Blutdruck, hohem Cholesterin und Diabetes; damit kann man das Risiko einer Alzheimererkrankung senken.

Gewinnt «Dunkirk» 2018 den Oscar für den besten Film?

Nein, meint Arthur Cohn, Produzent und mehrfacher Oscar-Gewinner.

«Dunkirk» ist zwar eindrücklich inszeniert, aber die Academy of Motion Pictures bevorzugt in den letzten Jahren Filme mit einer menschlich-sozialen Botschaft; die Mitglieder mögen das Gefühl, mit kleinen, humanen Filmen etwas in der Gesellschaft zu bewegen. Dies geht auf Kosten von Mega-Produktionen wie «Dunkirk». Ich teile diese Geisteshaltung. Konflikte und Emotionen, basierend auf einer bewegenden Geschichte, sollen das Herzstück des Kinos bilden, nicht Gewalt und Spezialeffekte.

Kommt 2018 der nächste Börsencrash?

Nein, meint Oswald J. Grübel war CEO von UBS und davor von Credit Suisse.

Die Börsen stehen zwar hoch, aber solange wir mit Null- und Minuszinsen leben, werden sie sich halten. Es wird Einbrüche von fünf oder zehn Prozent geben. Doch neue Käufer werden die Rückschläge für einen Einstieg in den Aktienmarkt nutzen – es gibt nach wie vor enorm viel billiges Geld. Bis die Zinsen steigen, brauchen wir klare Anzeichen von Inflation. Die wird es auch 2018 nicht geben. Es sei denn, es geschehe etwas völlig Unerwartetes.

Werden wir 2018 ausserirdisches Leben finden?

Nein, meint Ben Moore, Professor für Astrophysik an der Universität Zürich und Autor von «Da draussen. Leben auf unserem Planeten und anderswo». 

Ich hoffe es jedenfalls nicht! Wenn wir im nächsten Jahr Ausserirdische träfen, dann hätten sie uns gefunden und nicht wir sie. Auf einen solchen Besuch wären wir nicht vorbereitet. Theoretisch möglich wäre er allerdings. Wir begannen hier auf der Erde in den 1930er Jahren damit, Hochleistungs-Funkübertragungen zu senden. Inzwischen haben die Radiowellen von damals eine Entfernung von über 80 Lichtjahren in alle Richtungen erreicht. Es gibt Tausende von Sternen mit bewohnbaren Planeten in diesem Umkreis. Wenn eine dieser Welten fortgeschrittenes Leben beherbergt, hätten die Ausserirdischen unsere Übertragungen schon vor Jahrzehnten empfangen können. Und wenn sie es nicht mochten, von unseren Radio- und Fernsehsendungen zugemüllt zu werden, dann hat sich ihr Raumschiff vielleicht Mitte des letzten Jahrhunderts auf den Weg gemacht und würde unser Sonnensystem ungefähr jetzt erreichen.

Der Pessimist in mir sagt, dass das nicht passieren werde. Denkendes biologisches Leben wird immer eine Entwicklungsphase durchlaufen, in der es das zum Überleben entwickelte Bewusstsein missbraucht, um eigennützig Kontrolle und Herrschaft auszuüben. Das führt unweigerlich zu Konflikten und zur Selbstzerstörung aller fortgeschrittenen Arten. So lässt sich auch das Fermi-Paradox erklären. Der italienische Physiker Enrico Fermi fragte sich 1950, warum uns noch keine Ausserirdischen kontaktiert haben, wenn es überall im Universum Leben geben soll. Doch wenn sich dieses Leben immer selbst zerstört, bevor es ein interstellares Raumschiff bauen konnte, werden wir für immer allein bleiben.

Realistischerweise gibt es allein in unserer Galaxie über zehn Milliarden Gesteinsplaneten. Ich wäre schockiert, wenn die Erde die einzige Welt mit Leben wäre. Das wäre ein sehr trauriger Gedanke: allein in diesem riesigen Universum.

Innerhalb des nächsten Jahrzehnts werden wir die Technologie haben, um Leben – wenn auch nicht unbedingt intelligentes – auf anderen Welten mit dem Extremely Large Telescope zu entdecken. Daran wird derzeit in der Atacama-Wüste in Chile gebaut. Mit seinem 39 Meter messenden Spiegel kann es Biosignaturen in der Atmosphäre von Planeten ausserhalb unseres Sonnensystems nachweisen. Biosignaturen sind Moleküle, die nur von lebenden Organismen produziert werden, wie zum Beispiel Sauerstoff aus dem Stoffwechsel, Lachgas aus verwesender Vegetation oder Methylchlorid aus Bränden (nur die Überreste von Lebewesen können brennen). Möglich, dass sich sogar industrielle Schadstoffe wie FCKW finden lassen. Vielleicht werden wir im nächsten Jahr noch kein ausserirdisches Leben finden, aber ich bin zuversichtlich, dass das im nächsten Jahrzehnt passieren wird.

Wird 2018 der Song einer künstlichen Intelligenz in die Hitparade kommen?

Nein, meint Drew Silverstein, Mitgründer von Amper-Music, einer künstlichen Intelligenz, die Musik komponiert.

Voraussichtlich wird es 2018 kein Musikstück von einer künstlichen Intelligenz (KI) bis in die Charts schaffen. Ein Song, bei dem menschliche Intelligenz und künstliche Intelligenz zusammengearbeitet haben, allerdings schon. Denn etwas kann man mit Gewissheit sagen: Die Zukunft der Musik liegt in der Kooperation zwischen Mensch und KI.

Alle Künstler, egal wie begabt sie sind, stossen irgendwann an ihre Grenzen. Durch die Verwendung moderner Kollaborationswerkzeuge werden sie ihre musikalischen Fähigkeiten erweitern und auch ihren kreativen Ausdruck durch die Musik fördern können. Dazu haben wir unserer Kompositionssoftware Amper beigebracht, menschliche Gefühle zu verstehen und durch Musik auszudrücken.

Nicht nur etablierte Künstler werden diese neuen Fähigkeiten nutzen. Weil die künstliche Intelligenz die technologischen, finanziellen und die Ausbildungsbarrieren senkt, werden weltweit Milliarden von Menschen erstmals in die kreative Klasse aufgenommen. Mit einem solchen Zustrom neuer Ideen wird die künstliche Intelligenz nicht nur einen Song in den Charts berühren, sondern alle Songs.

Bricht 2018 ein Bild die Rekordmarke des teuersten Kunstwerks der Welt?

Ja, meint Caroline Lang, Auktionatorin und Präsidentin von Sotheby’s Schweiz & Deputy Chairman Europe.

Das Unerwartete ereignet sich überraschend regelmässig, wie gerade bewiesen wurde. Sehen wir die Dinge, wie sie sind: Ist jemand bereit, 450 Millionen Dollar für ein Gemälde von da Vinci zu bezahlen, findet sich auch ein Sammler, der das überbietet – schlicht, weil er oder sie dazu in der Lage ist. Für einen Rekord müssen einige Faktoren zusammenkommen: Es geht um die Bedeutung des Künstlers in der Kunstgeschichte, die Wichtigkeit des Werks im Gesamtwerk, Qualität und thematische Bedeutung des Werks, um Seltenheit, Zustand, Grösse und Herkunft. Preisbestimmend ist auch, ob das Bild frisch auf den Markt gelangt oder bereits angeboten wurde.

Der Kunstmarkt ist heute global vernetzt. Das vervielfacht die Konkurrenz. Nie konnten sich so viele Menschen wegweisende Kunst leisten. In vielen Ländern ist der Cashflow grösser denn je, aber es existieren nur wenige Bereiche, in die Vermögen nachhaltig investiert werden können. Ausserdem ist Kunst nach Philanthropie eines der schönsten und persönlichsten Investments. Es gibt eine Reihe von Künstlern, die einen Rekordpreis erzielen könnten, darunter Vertreter des Impressionismus und der Moderne, der Pop-Art wie auch der zeitgenössischen Kunst: Monet, Picasso, Gauguin, Pollock, Bacon, Basquiat und viele mehr.

Wird Roger Federer 2018 zum neunten Mal Wimbledon gewinnen?

Nein, meint William Skidelsky, Autor des Buchs «Federer and me. A Story of Obsession».

Würde Wimbledon 2018 morgen stattfinden, wäre Federer klarer Favorit – und meine Antwort: Ja. 2017 war er der weltbeste Spieler auf allen Unterlagen ausser auf Sand (auf dem er sich weise entschied, nicht anzutreten). Er wirkte in Wimbledon unbesiegbar und gewann das Turnier, zum ersten Mal überhaupt, ohne Satzverlust. Wie jeder Federer-Fan würde ich mich freuen, wenn es so weiterginge. Was wäre, wenn Federer es 2018 nicht nur in den Final von Wimbledon schaffte, sondern wenn er dort auf seinen Erzrivalen Rafael Nadal träfe? Genau ein Jahrzehnt nach der schmerzhaftesten Niederlage seiner Karriere – die Qualen des Finals von 2008 haben sich für ewig in mein Gedächtnis eingebrannt – hätte er die Gelegenheit, Rache zu üben ...

Aber Federer wird Anfang Juli seinen Lieblingspokal nicht in die Höhe halten. Der Hauptgrund ist das Alter. Bis dahin wird Federer fast 37 sein, und selbst wenn er in den kommenden Monaten schwere Verletzungen vermeiden kann, gibt es keine Garantie, dass er in der Form bleibt, die es braucht, um ein Grand-Slam-Turnier zu gewinnen. Die traurige Wahrheit ist, dass auch die allergrössten Tennisspieler schliesslich in einen Teufelskreis geraten: Verletzungen behindern sie beim Training, worauf sie Turniere spielen, für die sie nicht ausreichend vorbereitet sind, was zu weiteren Verletzungen und einem Abrutschen in der Rangliste führt. Federer hat es geschafft, sich diesem Kreislauf zu entziehen, indem er sich lange Auszeiten nahm, wenn sein Körper es erforderte. Irgendwann wird sich das jedoch ändern.

Aber stellen wir uns vor, dass er gesund bleibt und in Wimbledon in guter Form antritt. Selbst dann wird es für ihn extrem schwer zu gewinnen. Seien wir ehrlich: Wimbledon 2017 war eine Anomalie, qualitativ wohl das schlechteste Herren-Einzel seit 2002, als Lleyton Hewitt und David Nalbandian den Final erreichten. So beeindruckend Federers Leistung auch war, so gross war auch sein Losglück. Seine grössten Konkurrenten – Nadal, Novak Djokovic und Andy Murray – scheiterten vor dem Halbfinal. Und auch die Jungen versagten: Nick Kyrgios, Alexander Zverev und Dominic Thiem – zumindest theoretisch mögliche Titelanwärter – schieden früh aus. Auch Federer hatte Glück im Final, der dank Marin Cilics Blasen an den Füssen so etwas wie ein Nichtereignis war. Diese Umstände werden sich nächsten Sommer nicht wiederholen. Der Nachwuchs wird ein Jahr älter sein, Djokovic und Murray, die beide Federers Beispiel folgten und sich nach Verletzungen lange Pausen gönnten, werden wieder da sein. Sosehr es mich auch schmerzt, es sagen zu müssen: Ich glaube nicht, dass Federer gewinnen wird. Mein einziger Trost ist, dass ich ihn schon oft abgeschrieben habe – und jedesmal hat er mir bewiesen, dass ich falsch gelegen hatte.

Wird 2018 ein Schauspieler aus einem Schweizer Film herausgeschnitten?

Nein, meint Katja Früh, Theater- und Drehbuchautorin, Regisseurin und Kolumnistin.

Im Ernst jetzt? Das wird nicht passieren. Wie liefe das denn ab? Nehmen wir an, ein Schweizer Starschauspieler (von denen es im eigentlichen Sinn ja gar keine gibt) macht sich eines sexuellen Vergehens schuldig. Eine junge Schweizer Schauspielerin geht also wegen des Sennen-Ueli zum Produzenten, der ihr erklärt:

«Ach komm, mach dich nicht lächerlich, wir sind doch nicht in Amerika. Spiel dich nicht so auf, das schadet dir nur.» – «In Amerika schneidet man solche Leute aus den Filmen», sagt sie trotzig. «Ja, aber hier nicht», sagt der Produzent. «Mit wem sollten wir ihn denn ersetzen, ich meine, wenn deine Anschuldigungen Hand und Fuss hätten? Wir haben nicht so viele Schauspieler, wir können nicht mir nichts, dir nichts einen herzaubern. Ausser irgendeine Flasche, die kein Schwein kennt. Wenn der Sennen-Ueli rausgeschnitten würde, können wir das ganze Projekt kippen. Aus die Maus. Und, meine Süsse, in Amerika schneiden sie den Spacey ja auch nicht raus, weil sie so entrüstet sind. Sondern weil er das totale Kassengift wäre, keine Sau würde den Film anschauen wollen, es gäbe Pussy-Hat-Demonstrationen vor dem Kino und lauter solches Zeug. Darum machen die das. Kannst du dir das hier vorstellen, wegen des Sennen-Ueli? Oder dass so viele Schauspielerinnen plötzlich, auch wenn es Jahre her ist, rauskommen mit ihren Geschichten? Obwohl Agenten ihnen jahrelang eingebleut haben, dass sie die Fresse halten sollen? Wir haben ja nichtmal Agenten. Vergiss es. Die Leute lassen sich doch nicht ihren Sennen-Ueli vermiesen! Wenn einer schon mal Erfolg hat, also bitte! Zudem dauern Schweizer Karrieren sowieso nicht lange, keiner hat so viel Macht, dass er sie so missbrauchen kann. Für was plädierst du überhaupt? Findest du die Doppelmoral der Amerikaner etwa erstrebenswert? Alle haben das immer gewusst, niemand sagt etwas, aber wenn es hart auf hart kommt, schneiden sie ihn einfach raus. Wischen ihn weg, als hätte er nicht existiert. Stell dir vor, man hätte das mit Ruedi Walter gemacht!» – «Hat Ruedi Walter denn...?» – «Nein, natürlich nicht. Ich kenne keinen von den Volksschauspielern der je ..., hey, wir sind hier in der Schweiz, die sind alle viel zu schüchtern!» – «Ich kenne aber schon ...» Die Schauspielerin spricht nicht weiter. «Schau», sagt der Produzent, «wir haben hier nicht so eine Skandalkultur. Auch in der Politik hörst du nie von so was. Oder kannst du dir irgendeinen der Bundesräte vorstellen, der wie Bill Clinton ...?» – «Könnte ja sein ...» – «Nein, könnte nicht sein. In Amerika haben die ja sogar einen Präsidenten, der das vorlebt. Dann ist es doch kein Wunder, dass ...» – «Den sollte man eben auch herausschneiden. Aus dem Leben, aus der Welt, einfach so. Das wär schön.» – «Da hast du jetzt wiederum recht. Insofern hat der Film schon seine guten Seiten.»

Wird 2018 wirklich ein so gutes Jahr, wie Sie im Horoskop 2017 prophezeiten?

Ja, meint Elizabeth Teissier, Astrologin.

2018 sind zum ersten Mal in den letzten Jahren die positiven Zyklen der langsamen Planeten in der Überzahl. Das könnte mehr Solidarität, Fortschritt in Energiefragen und in der Wirtschaft bedeuten. Jupiter in Harmonie zu Neptun – ähnlich wie 2011 und 2012 beim arabischen Frühling – symbolisiert: humanitäre Ziele, soziale Gerechtigkeit, mehr Toleranz (Ende Mai und Mitte August, aber auch zwei Wochen davor und danach wirksam).

Natürlich beginnt deshalb nicht ein rosiges Zeitalter, denn einer der Spannungsaspekte (Neptun-Uranus), der schon 2017 wirkte, weist verstärkt auf Unwetter, Probleme mit Giftstoffen sowie grössere Pannen (Internet, Elektrizität?) hin. Auch der rückläufige Mars ist Anfang und Ende Juli (um den 27.) und in der ersten Augustwoche explosiv: Kriege und Brandkatastrophen sind möglich. Positiv wirkt sich aber ein weiterer Zyklus (Jupiter-Pluto) im Januar, April und September auf Reformen in Politik und Wirtschaft (Finanzen) aus. Dazu kommt im Sommer der seltene und positive Saturn-Uranus-Zyklus. Er steht für bewusstes Konsumverhalten und gegen Verschwendung, für traditionelle Werte und Rechtsparteien. Vielleicht auch für bahnbrechende Erkenntnisse in der Astronomie. Trotzdem bleiben Terror und Gewalt weiter präsent. Ich hoffe natürlich, dass die positiven Schwingungen stärker wirken werden.

Wird der Sommer 2018 heisser als der Hitzesommer von 2003?

Nein, meint Alois Holdener, ehemaliger Forstwart und einer der sechs Muotathaler Wetterschmöcker.

Wir werden einen frühen Frühling und recht schönes Sommerwetter haben. Aber so heiss wie 2003 wird es sicher nicht – wegen des Regens. Für meine Prognosen stütze ich mich oft auf Tannzapfen, zurzeit weist aber vor allem das Laub darauf hin: Es ist heuer sehr spät von den Bäumen gefallen. Ich beobachte den Wald seit Jahren und weiss: dann gibt es im Folgesommer mehr Regen. Und darum wird sich keine extreme Hitze aufbauen können.

Wird der Stau am Gotthard an Ostern 2018 den Rekord von 14 Kilometern übertreffen?

Ja, meint Kay Axhausen, Professor für Verkehrsplanung an der ETH. 

Der Prozess ist immer gleich: Zu viele Autos treffen auf eine vorhandene Kapazität. Wobei die Kapazität einer Strasse nicht fix ist. Regen, Gegenlicht, Fahrfehler führen dazu, dass sie fällt. Beim Gotthard ist sie sowieso zu gering für Spitzenbelastungen. Aber es gibt Variablen, die die Reiselust beeinflussen: Wetter, Eurokurs, frühe oder späte Ostern. Und manche entscheiden, wegen des Verkehrs früher oder später zu fahren. Darum orakle ich, dass der Stau länger sein wird, aber nicht dramatisch.

Illustrationen: Stephan Schmitz, Zürich

Dieser Artikel stammt aus dem Magazin NZZ Folio vom Dezember 2017 zum Thema "Wer die Zukunft macht". Sie können diese Ausgabe bestellen oder NZZ Folio abonnieren.