"Stolpersteine" des Künstlers Gunter Demnig.
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6.4.2005 | Von:
Hans-Ulrich Thamer

Beginn der nationalsozialistischen Herrschaft

Nach der Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler am 30. Januar 1933 zeigte sich, dass die Nationalsozialisten das Prinzip der parlamentarischen Regierung generell ablehnten. Den Reichstagsbrand nutzten sie, um sich mit dem Ermächtigungsgesetz vom 24. März 1933 die volle gesetzgebende Gewalt anzueignen.
Benito Mussolini und Adolf Hitler salutieren bei einer Militärparade in München anlässlich des Staatsbesuchs Mussolinis.Benito Mussolini und Adolf Hitler salutieren bei einer Militärparade in München anlässlich des Staatsbesuchs Mussolinis. (© AP)

Einleitung

Es ist fast ein Traum", notierte Joseph Goebbels am 30. Januar 1933 in seinem Tagebuch. "Die Wilhelmstraße (Sitz der Reichskanzlei und verschiedener Ministerien, Anm. d. Red.) gehört uns. Der Führer arbeitet bereits in der Reichskanzlei." Auch wenn der neue Reichskanzler Adolf Hitler nach der spektakulären Machtübertragung alles tat, um den Eindruck eines honorigen Staatsmannes zu erwecken, die Macht im Regierungsviertel gehörte den Nationalsozialisten noch keineswegs. Das Bild von der "nationalsozialistischen Machtergreifung", das von der NS-Propaganda sofort in die Welt gesetzt wurde und am Abend des 30. Januar mit einem Fackelzug durch das Brandenburger Tor wirkungsvoll unterstrichen wurde, war zunächst ebenso eine Propagandaformel wie die Behauptung, hier vollzöge sich eine "legale Revolution".

Regierungsübertragung

Die vorgebliche nationalsozialistische Machtergreifung war zunächst und vor allem eine Machtübertragung, bis die Nationalsozialisten in einer Verbindung von staatlichen Eingriffen von oben und der Parteirevolution von unten stufenweise die politische Macht an sich rissen. Die These von der "legalen Revolution" versuchte die Erwartungen vor allem des bürgerlichen Publikums und der traditionellen Machtgruppen zu befriedigen und die sofort einsetzenden Terror- und Repressionsmaßnahmen zu vertuschen.

Zugleich wurde damit der politischen Machtübernahme eine Legalität unterstellt, die schon längst unterminiert war. Denn nicht als Führer einer parlamentarisch tragfähigen Mehrheit kam Hitler an die Regierung, sondern durch die "autoritären Einbruchstellen der Weimarer Verfassung" (Bracher). Diese waren schon zuvor unter Ausnutzung des Notverordnungsartikels 48 von den Präsidialregierungen geöffnet worden. Zu den Illusionen gehörte schließlich das Konzept der Zähmung, das von konservativen Machtgruppen seit 1930 vertreten wurde. Danach sollten die vorgeblich "positiven" Elemente der NSDAP an das konservative Establishment gebunden werden. Das war auch der Grundgedanke, der hinter der Machtübertragung an Hitler stand und der weiterhin für die politischen Verbündeten Hitlers galt.

Eigentlich war diesem Konzept schon am Tage der Regierungsübertragung der Boden dadurch entzogen, daß Hitler sich mit der Forderung nach sofortigen Neuwahlen durchgesetzt hatte. Denn damit hoffte er, im Machtkampf mit den deutschnationalen Bündnispartnern, die keine Massenbasis besaßen, die nationalsozialistischen Stärken ausspielen zu können, nämlich die Fähigkeit zur Massenmobilisierung. Daß sich die nationalsozialistische Massenbewegung dabei nicht nur auf die Inszenierung einer gewaltigen Propagandakampagne beschränken würde, sondern daß es dabei auch zu einem Ausbruch politischer Gewalt kommen würde, war angesichts der bisherigen Bürgerkriegspraktiken vor allem der SA nicht überraschend.

Zudem bot sich durch eine solche Mobilisierungskampagne die Chance, von den parteiinternen Konflikten mit einzelnen SA-Abteilungen abzulenken und den ungeduldigen Aktivisten in Partei und SA eine politische Betätigung zu bieten. Darum setzten die Nationalsozialisten bald nach der Machtübertragung an die Regierung Hitler nicht nur alle staatlichen Mittel für ihre Wahlpropaganda ein, sondern auch SA-Stürme, die überall im Lande mit ihren nun staatlich geduldeten Rache- und Einschüchterungsfeldzügen vor allem gegen die politischen Gegner von links begannen. Parteibüros und Zeitungsredaktionen von KPD und SPD wurden gestürmt und vernichtet, sozialdemokratische und kommunistische Politiker niedergeschrien, gejagt, mißhandelt und schließlich in Keller und Lagerhallen, sogenannte wilde "Konzentrationslager" verschleppt.

Diese paradoxe Mischung von scheinbarer Legalität und gleichzeitigem Terror, von ungezügelter Massenmobilisierung und der Fortsetzung autoritärer Regierung, diese Verbindung von Tradition und Revolution, von Rhetorik und Gewalt, bei denen man sich wohltönender Volksgemeinschaftsparolen bediente und zugleich die politischen Gegner unbarmherzig verfolgte, gehört zu den wesentlichen Bestandteilen der Machteroberung einer modernen Diktatur. Dadurch ist seither unser Bild von totalitären Herrschaftstechniken entscheidend geprägt.

Formierung der Diktatur

Kaum etwas deutete am Morgen des 30. Januar 1933 darauf hin, daß mit der Ernennung Hitlers zum Kanzler des Deutschen Reiches und der Vereidigung der neuen Regierung tatsächlich ein neues Kapitel in der deutschen Geschichte aufgeschlagen wurde. Vizekanzler Franz von Papen war zufrieden mit seinem politischen Geschick und vertraute auf die Macht des Reichspräsidenten. "Was wollen Sie denn? Ich habe das Vertrauen Hindenburgs", antwortete er auf die skeptische Frage eines konservativen Kritikers. Auch Reichspräsident Hindenburg war zufrieden, sah er doch im neuen Kabinett vor allem vertraute Gesichter, den Reichsaußenminister Konstantin von Neurath, Reichsfinanzminister Lutz von Schwerin von Krosigk und Reichsjustizminister Franz Gürtner. Als der eigentliche starke Mann im neuen Kabinett galt fast allen Beobachtern der neue "Wirtschaftsdiktator", der Parteiführer der DNVP Alfred Hugenberg, der Wirtschafts- und Landwirtschaftsministerium gleichzeitig übernahm und kommissarisch auch für die entsprechenden preußischen Ministerien verantwortlich war. Um das Konzept der Einrahmung zu vervollständigen, wurde der Führer des "Stahlhelms" Franz Seldte zum Reichsarbeitsminister ernannt. Zudem war vor dem übrigen Kabinett bereits der künftige Reichswehrminister Generalleutnant Werner von Blomberg vereidigt worden, um die Sonderstellung der Reichswehr zu unterstreichen. Als weitere Bastion gegen die Nationalsozialisten wurde Vizekanzler von Papen zum kommissarischen preußischen Ministerpräsidenten ernannt.

Unterschätzung der NSDAP

Die wenigen Nationalsozialisten schienen tatsächlich von Repräsentanten der alten Machtgruppen eingerahmt zu sein: Neben dem neuen Reichskanzler Adolf Hitler saßen lediglich Wilhelm Frick als Reichsinnenminister und Hermann Göring als Minister ohne Geschäftsbereich und kommissarischer preußischer Innenminister im Kabinett. Hinzu kam, daß keines der Kabinettsmitglieder der NSDAP über eine größere Regierungs- und Verwaltungserfahrung oder über eine längere parlamentarische Erfahrung verfügte, wenn man von der kurzen Amtszeit Görings als Reichstagspräsident (seit den Juliwahlen 1932) einmal absah. Hitler hatte zuvor den Reichstag nie betreten, und seine Unterführer hatten die Parlamente in Reich und Ländern nur als Bühne für ihr agitatorisches Auftreten benutzt.

Waren sich die Mehrheit der politischen Verbündeten und auch der Gegner darum einig, daß die Nationalsozialisten im für sie ungewohnten Regierungsgeschäft bald politisch abwirtschaften würden, so sollte sich bald das Gegenteil herausstellen. Im April 1933 berichtete der französische Botschafter André François-Ponçet nach Paris: "Als am 30. Januar das Kabinett Hitler/Papen an die Macht kam, versicherte man, daß in der Regierung die Deutschnationalen [...] Hitler und seinen Mitkämpfern Paroli bieten würden, daß die Nationalsozialisten mit der Feindschaft der Arbeiterklasse zu rechnen haben und daß schließlich die Katholiken der Zentrumspartei die Legalität verteidigen würden. Sechs Wochen später muß man feststellen, daß all diese Dämme, die die Flut der Hitler-Bewegung zurückhalten sollten, von der ersten Welle hinweggespült wurden."

Daß die Dämme nicht hielten, hatte viele Gründe: Sicherlich war einer davon die Dynamik der nationalsozialistischen Bewegung, die nun endlich ihre Chance zur Abrechnung mit dem politischen Gegner, zu Aufstieg und Macht gekommen sah. Auch die propagandistischen Verführungskünste der Nationalsozialisten zusammen mit den nationalen Erlösungs- und Veränderungserwartungen des Publikums spielten eine Rolle. Ebenso entscheidend war auch die Schwäche der Dämme in Politik, Verwaltung und Gesellschaft selbst, die äußerlich zwar nach wie vor mächtig wirkten, innerlich schon längst unterminiert waren und an Selbstvertrauen verloren hatten.

Die Fackelzüge und Demonstrationsmärsche, die in Berlin von den Braunhemden der NSDAP und kleineren Stahlhelm-Gruppen zur Reichskanzlei und zum Reichspräsidentenpalais geführt und in vielen Städten und Dörfern imitiert wurden, sollten im Selbstverständnis der Nationalsozialisten Ausdruck der "nationalen Erhebung" sein. Skeptischen Intellektuellen wie Harry Graf Kessler galten sie noch als "ein wahrer Karneval". Andere, wie der Journalist Jochen Klepper, sahen mit Blick auf die ersten Entlassungen beim Berliner Rundfunk voller Sorge in die eigene Zukunft. Die Angst vor Entlassung und Ausgrenzung erfaßte beispielsweise auch den jüdischen Literaturwissenschaftler Viktor Klemperer in Dresden, der in seinen Tagebüchern das Leben unter nationalsozialistischer Herrschaft detailliert schildert. Doch auch er hoffte wie viele andere, daß es mit dem nationalsozialistischen "Spuk" bald ein Ende haben werde. Zu unbedarft erschien die nationalsozialistische Protestbewegung. Die intellektuelle Dürftigkeit ihres Parteiprogrmes und ihrer Führungsclique, deren geringe politische Erfahrung, die Flucht in den nationalen Mythos und den Kitsch der Parteisymbolik - all das konnte man belächeln und als Beleg für politische Unreife nehmen. Heute wissen wir, daß vom Mythos des "Retters" und "Führers" Massenwirksamkeit ausging und daß die dumpfe Gewalt der SA, die der Publizist und Pazifist Carl von Ossietzky anfangs noch mit dem Treiben von "wildgewordenen Skatbrüdern" verglichen hatte, Instrument einer Masseneroberungspolitik war.

Reaktionen der Arbeiterbewegung

Auch die politische Linke, der Hitler im Wahlkampf den Kampf angesagt hatte, sah den "Trommler" in der Abhängigkeit von Großgrundbesitzern und Schwerindustriellen und war überzeugt, daß sich Hitler und die Seinen in dieser Umklammerung bald verbrauchen würden. SPD und KPD waren vom 30. Januar gleichermaßen überrascht und reagierten mit überkommenen Rezepten und Erklärungen. Politisch waren sie schon längst zu sehr in der Defensive, um sich noch zu einer starken Gegenwehr formieren zu können.

Die KPD hielt an ihrer starren dogmatischen "Sozialfaschismus-Theorie" fest. Nach dieser Theorie galt die reformistische SPD-Führung als der eigentliche politische Gegner, da sie als Hauptstütze der wirtschaftlichen und politischen Eliten in deren Kampf gegen die "revolutionäre Arbeiterbewegung" fungiere und darum gefährlicher sei als der vermeintlich kurzlebige Nationalsozialismus. Der ganze Widersinn einer solchen Propagandathese mußte sich in dem Moment erweisen, als nun in Gestalt der nationalsozialistisch geführten Reichsregierung eine wirklich faschistische Gefahr drohte, von der auch die SPD betroffen war. Wirkungslos blieben aber auch Aufrufe von sozialdemokratischen Gewerkschaften und der "Eisernen Front" (ein 1931 geschlossenes Bündnis des sozialdemokratischen Wehrverbandes "Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold" mit Gewerkschaften und Arbeitersportvereinen zum Schutz der Republik). SPD und Freie Gewerkschaften waren durch den "Preußenschlag" Papens vom 20. Juli 1932 offenbar schon in ihrem Nerv getroffen. Sie hielten weiterhin an ihrem strikten Legalitätskurs fest, um keinen Vorwand für ein Parteiverbot zu liefern. Im übrigen tröstete sich die SPD damit, daß man schließlich auch schon das Sozialistengesetz von Bismarck überstanden habe und daß die Regierung Hitler sehr viel eher abwirtschaften werde.

Daß die einstmals mächtigste Arbeiterbewegung der Welt auch durch die Massenarbeitslosigkeit der Weltwirtschaftskrise zutiefst verunsichert war und kaum zu einem Generalstreik zu bewegen sein würde, war den Gewerkschaftsführern nach dem 30. Januar 1933 ebenso bewußt wie zuvor am 20. Juli 1932 ("Preußenschlag"). Es fehle, stellte der Herausgeber der Zeitschrift "Weltbühne" Carl von Ossietzky resigniert fest, den "Anhängern der Republik an dem notwendigen Lebenswillen".

Strategie der Machteroberung

Unsicherheit und ein unbestimmtes Bedürfnis nach Veränderung prägte die Stimmung der Bevölkerung. Man war von der erdrückenden Last des Alltags zu sehr beladen, um sich für politische Visionen zu begeistern. Auch die Parole von der "Nationalen Erhebung", mit der die NSDAP überall agitierte, blieb angesichts der Not ohne Wirkung. Für die Republik von Weimar wollte sich aber erst recht niemand einsetzen. Allerdings war die Anhängerschaft der NSDAP im Januar 1933 noch in der Minderheit. Schließlich hatte die NSDAP trotz ihrer gewaltigen Wahlerfolge vom Sommer 1932 zu keinem Zeitpunkt in freien Wahlen die Mehrheit der Deutschen hinter sich bringen können. Selbst die nicht mehr freien Wahlen zum Reichstag vom März 1933, die unter massiver Behinderung durch SA-Trupps und inmitten von Verfolgungsaktionen gegen die politische Linke stattfanden, brachten diese Mehrheit nicht. Die Zeit der massenhaften Parteieintritte kam erst nach dem Wahltag. Zählte die NSDAP im Januar 1933 noch 850000 Mitglieder, so waren es zwei Jahre später 2,5 Millionen. Was die Nationalsozialisten in ihrer Propaganda als Revolution bezeichneten, wurde von den Zeitgenossen meist als gleitender Übergang wahrgenommen und vollzog sich im Rückblick als stufenförmiger Vorgang. Basis für Hitlers Weg zur Diktatur war seine Stellung als Reichskanzler einer Präsidialregierung. Das bot den Vorteil, für den politischen Umsturz die Machtmittel des Staates zu besitzen. Hitler konnte sich neben der eigenen Massenbewegung auf die autoritäre Herrschaftstradition berufen und verfügte vor allem mit dem Notverordnungsrecht über das entscheidende politische Instrument, mit dem auch die Mitwirkung der traditionellen Eliten in Bürokratie, Diplomatie, Militär und Wirtschaft gesichert werden konnte.

Zu welchen Zielen Hitler die Macht in einem autoritären Führerstaat nutzen wollte, das offenbarte er in einer vertraulichen Rede vor Truppen- und Wehrkreisbefehlshabern am 3. Februar 1933. Um die "Wiederwehrhaftmachung" des deutschen Volkes zu erreichen, sollten Parlamentarismus und Demokratie abgeschafft werden. In dem uns überlieferten Stichwortprotokoll eines Beteiligten heißt es dazu: "Völlige Umkehrung der gegenwärtigen Zustände in Deutschland. Keine Duldung der Betätigung irgendeiner Gesinnung, die dem Ziel entgegensteht (Pazifismus!). Wer sich nicht bekehren läßt, muß gebeugt werden. Ausrottung des Marxismus mit Stumpf und Stiel. [...] Todesstrafe für Landes- und Volksverrat. Straffste autoritäre Staatsführung. Beseitigung des Krebsschadens der Demokratie."

Quellentext

Hitler als Demagoge

[…]

5. Die Regierung ist zur Zeit mit dem Wahlkampf beschäftigt. In den meisten zivilisierten Ländern würden die Reden der Nazi-Führer als bewußte Aufhetzung zu Gewalttätigkeiten angesehen werden. Tatsächlich haben sie schon ihre Billigung für politischen Mord zum Ausdruck gebracht […]

8. Hitler mag kein Staatsmann sein, aber er ist ein ungewöhnlich geschickter und kühner Demagoge mit einem enorm feinen Gespür für das Volksempfinden. Durch das einfache Verfahren der ständigen Wiederholung hat er die Jugend dieses Landes überzeugt, daß die gegenwärtige Arbeitslosigkeit das Werk der aufeinanderfolgenden Linksregierungen sei. Deutschland, so behauptet er, ist ein Trümmerhaufen. Die Grundwahrheit aber ist, daß Deutschland 1918 ein Trümmerhaufen war und die deutschen Linksparteien, die sogar in Versailles auf gewisse Sympathien stießen, das Gefüge des Reiches retteten, seine Einheit bewahrten und es schließlich wieder aufbauten. […]

9. Sowohl die Linksparteien als auch das Zentrum ringen mit einer schwierigen Lage, sind aber noch nicht ernsthaft erschüttert. […] Die Nazi-Stürme sind jetzt mit dem guten Modell einer automatischen Pistole ausgerüstet, und die Polizei, der vom preußischen Innenminister, Herrn Severing, der Waffengebrauch nur in dringenden Fällen der Selbstverteidigung erlaubt war, ist nun angewiesen worden, erst zu schießen und danach zu untersuchen. […]

12. […] Ich bin ernsthaft in Sorge wegen der Aussicht, daß die Fundamente der bürgerlichen Freiheiten und des parlamentarischen Regierungssystems in diesem Land endgültig unterminiert werden, wenn die Wähler nicht zur Vernunft kommen oder wenn Präsident von Hindenburg Geist und Buchstaben der Verfassung nicht mehr Achtung bezeugt, als er dies in der letzten Zeit tat. Ich erfuhr aus zuverlässiger Quelle, daß Hindenburg dem Einwand gegenüber sehr zugänglich geworden sei, seine Haltung 1918 sei nicht ganz untadelig gewesen und daß sein Verhalten als preußischer Offizier, als er dem König von Preußen den Rat gab, aus seinem Land zu fliehen, seiner selbst unwürdig gewesen sei und daß er jetzt die Gelegenheit nutzen solle, durch die Wiedereinsetzung der Rechtsparteien in die Macht vor der Geschichte Wiedergutmachung zu leisten.

Aus einem Bericht des britischen Botschafters in Berlin, Sir Horace Rumbold, an seine Regierung vom 22. Februar 1933, in: Josef und Ruth Becker (Hg.), Hitlers Machtergreifung 1933. Dokumente vom Machtantritt Hitlers, München 1983, S. 88 ff.

Über den Weg und die politischen Mittel zu der Machteroberung aber gab es in der NS-Führung offenkundig keine genauen Vorstellungen. Einen minutiösen Fahrplan der Gewinnung und Sicherung der Macht besaßen die Nationalsozialisten nicht, wohl aber verfügten sie über Techniken der Mobilisierung und Organisation von Massen, der Durchdringung und Unterwanderung von Institutionen und Verbänden, der Freisetzung von immer neuen Energien und Aktivitäten. Und sie besaßen den Willen zu Selbstbehauptung und Unterwerfung anderer. Kurzum alles, was sie in ihrer "Kampfzeit" zwischen 1919 und 1933 gelernt und perfektioniert hatten, übertrugen sie auf ihre Machteroberungspolitik. Dies führte zur ungehemmten, fast anarchischen Entladung von politischen Machtansprüchen einzelner Parteiführer und Parteigliederungen, die nun untereinander um die Ausweitung ihrer Macht und Einflußsphären in Ministerien, staatlicher Verwaltung und gesellschaftlichen Verbänden stritten. Das führte zunächst zur Ablösung bisheriger Führungsgruppen und zur Gleichschaltung von Staat und Gesellschaft, aber dann auch zu Kompetenzstreitigkeiten zwischen den einzelnen nationalsozialistisch dominierten Ministerien und Ämtern bzw. Parteiapparaten. Daß diese Machteroberungs- und Machterhaltungskonflikte nicht in eine Auflösung von Staat und Verwaltung mündeten, lag an der stabilisierenden Funktion der überkommenen Macht- und Verwaltungsapparate, die der elementaren Kraft der nationalsozialistischen Parteirevolution gleichsam ein Stützkorsett anzogen.

Entscheidung für Neuwahlen

Schon in den ersten Tagen wurden Entscheidungen getroffen, die kaum noch legal zu nennen waren. Sie griffen auf Planungen für einen Staatsnotstand durch die Regierung Papen zurück. Die Aushöhlung liberal-demokratischer Verfassungsprinzipien war schon so weit vorangeschritten, daß sich nur noch wenige daran störten und noch weniger bereit und entschlossen zum entschiedenen Widerstand waren. So war sowohl die Versicherung Hitlers gegenüber Hugenberg, auch nach den Neuwahlen werde sich an der Zusammensetzung der Regierung nichts ändern, kaum mit dem Geist der Verfassung in Übereinstimmung zu bringen. Genausowenig war es Papens Vorschlag in der zweiten Kabinettssitzung vom 1. Februar, es sei "am besten, schon jetzt festzulegen, daß die kommende Wahl zum Reichstag die letzte" sein solle und "eine Rückkehr zum parlamentarischen System für immer zu vermeiden" sei.

In diesem Sinne setzte die Regierung Hitler zunächst die Praxis der Präsidialkabinette fort. Der Reichskanzler erwirkte vom Reichspräsidenten am 1. Februar die Auflösung des Reichstages. Die Begründung der präsidialen Notverordnung, daß "sich die Bildung einer arbeitsfähigen Mehrheit als nicht möglich herausgestellt" habe, war unrichtig, denn die Gespräche mit dem Zentrum über eine "nationale Regierung" auf breiter Grundlage wurden bloß zum Schein geführt. Und Hitler tat alles, um sie scheitern zu lassen.

Die Neuwahlen zum Reichstag wurden für den 5. März angesetzt. Damit war der zeitliche und politische Rahmen für die erste Phase der Machtergreifung abgesteckt, die ganz im Zeichen von Aufbruchstimmung und Massenmobilisierung einerseits, von Terror und Entrechtung andererseits standen. Der Wahlkampf war auf den kommenden charismatischen Staatslenker ausgerichtet, auf den "Retter" und "Erlöser", der die Ängste und Sehnsüchte der Wähler mobilisieren konnte und die eigenen Absichten hinter einem Schwall von Mythen und traumatischen Bildern verbarg.

Schon die Regierungserklärung vom 1. Februar 1933 war auf Wahlkampf ausgerichtet. Nach außen ganz der christlich-konservative Staatsmann, spielte Hitler in seiner Rede auf der Klaviatur der nationalen Gefühle und sozialen Ängste. Da war vom "Verrat im November 1918" die Rede und von den 14 Jahren der Zerrissenheit, die die Weimarer Republik beschert hätte, vom materiellen Elend und der nationalen Erniedrigung als Folge der Politik der demokratischen Parteien und des Kommunismus. Dessen Erwähnung als Schreckgespenst durfte bei keiner nationalsozialistischen Selbstrechtfertigung fehlen. Dem wurde der Wille zur "nationalen Erhebung" und zur "nationalen Volksgemeinschaft" entgegengestellt.

Als oberste Aufgabe der nationalen Regierung bezeichnete der "völkische Erlöser" die Wiederherstellung der "geistigen und willensmäßigen Einheit unseres Volkes" und versprach, "das Christentum als Basis unserer gesamten Moral, die Familie als Keimzelle unseres Volks- und Staatskörpers in ihren festen Schutz zu nehmen", "über Stände und Klassen hinweg unser Volk wieder zum Bewußtsein seiner volklichen und politischen Einheit" zu bringen und das "große Werk der Reorganisation der Wirtschaft unseres Volkes mit zwei großen Vierjahresplänen zu lösen". Das waren Schlagworte, die jeden Hinweis auf ein konkretes Regierungsprogramm vermieden. Dabei wurde auch vage angedeutet, daß man sich bei diesem Werk der "Einigung" und "nationalen Wiedergeburt" über die Verfassung hinwegsetzen werde.

Hitlers Wahlkampf wurde unter der Parole "Kampf dem Marxismus" primär gegen die beiden Linksparteien geführt. Das entsprach nicht nur dem eigenen Selbstverständnis, sondern konnte sich der breiten Zustimmung des bürgerlichen Deutschlands und der traditionellen Machtapparate sicher sein. Der gleich nach der Machtübertragung an Hitler von den Kommunisten erfolgte Aufruf zu einem Generalstreik (der kaum befolgt wurde) bot den Vorwand für die Notverordnung des Reichspräsidenten "Zum Schutze des deutschen Volkes" vom 4. Februar.

Sie sah massive Einschränkungen der Presse- und Versammlungsfreiheit für den Fall vor, daß eine "unmittelbare Gefahr für die öffentliche Sicherheit" drohe oder daß "Organe, Einrichtungen, Behörden oder leitende Beamte des Staates beschimpft oder lächerlich gemacht werden". Das war so dehnbar formuliert, daß man damit gegnerische Parteien nach Belieben mundtot machen konnte. Bis der immerhin noch vorgesehene Beschwerdeweg beim Reichsgericht ausgeschöpft war, hatte die Verordnung ihren politischen Zweck schon längst erfüllt. Das galt vor allem in Preußen, wo Göring die gnadenlose Verfolgung der politischen Gegner im linken Spektrum eröffnete. Goebbels notierte voller Bewunderung: "Göring räumt in Preußen auf mit einer herzerfrischenden Forschheit. Er hat das Zeug dazu, ganz radikale Sachen zu machen, und auch die Nerven, um einen harten Kampf durchzustehen."

Verfügung über Polizei und Verwaltung

Entscheidend dafür war die Verfügung über Polizei und Verwaltung und die Tatsache, daß bereits mit dem "Preußenschlag" von Papen im Juli 1932 die demokratischen Bastionen in der preußischen Verwaltung durch Entlassung der republiktreuen Beamtenschaft geschleift worden waren. Die verbliebenen parlamentarischen Gegenkräfte sollten nun durch die Auflösung des Preußischen Landtages, der Provinziallandtage und sämtlicher Kommunalvertretungen ausgeschaltet werden.

Noch bestanden in Preußen zwei Regierungen: Die Regierung Braun, deren Absetzung auch vom Staatsgerichtshof für ungültig erklärt worden war, und die durch den Staatsstreich von Papen eingesetzte Kommissariatsregierung, die noch immer von Papen leitete. In diese Regierung war am 30. Januar als Innenminister Hermann Göring eingetreten. Um sich der "Konkurrenz"-Regierung endgültig zu entledigen und den Weg für Neuwahlen freizumachen, griff die Regierung Hitler zu einem zweiten Staatsstreich in Preußen. Dies geschah mit Unterschrift des Reichspräsidenten durch die Notverordnung "zur Herstellung geordneter Regierungsverhältnisse in Preußen", die kurzerhand alle der Regierung Braun noch verbliebenen Befugnisse auf die Kommissariatsregierung von Papens übertrug. Dies war glatter Rechtsbruch. Am 6. Februar wurde der Landtag in Preußen aufgelöst.

Damit war auch der Weg für Göring endgültig frei, der sich trotz der Vorrechte des ihm übergeordneten Reichskommissars Papen durchzusetzen wußte. Wer von den Sozialdemokraten nach dem Preußenschlag vom 20. Juli noch in Spitzenstellungen der Verwaltung verblieben war, wie etwa der frühere sozialdemokratische Wehrminister Gustav Noske als Oberpräsident in Hannover, wurde ebenso entlassen wie Spitzenbeamte des Zentrums oder der demokratischen Staatspartei: neben Oberpräsidenten, Regierungspräsidenten, Landräten auch 14 Polizeipräsidenten in preußischen Großstädten. Vor allem konservative und deutschnationale Verwaltungsbeamte, adlige Gutsbesitzer und Industriemanager rückten nach. Aus Rücksicht auf den deutschnationalen Partner (und weil die Nationalsozialisten selbst kaum über ein fachlich einigermaßen qualifiziertes Personal verfügten), mußte Göring mit der Ernennung von Nationalsozialisten noch zurückhaltend sein.

Mit den personellen Umbesetzungen in der preußischen Innen- und Polizeiverwaltung fand eine folgenreiche organisatorische Veränderung statt. Unter dem neuen Berliner Polizeipräsidenten Magnus von Levetzow, einem Führer völkisch-nationaler Wehrverbände, wurde die Politische Polizei bald aus dem Verwaltungsgang herausgelöst und zum Geheimen Staatspolizeiamt (Gestapa) verselbständigt. Nun ließ Göring die Maske des jovialen Biedermannes fallen, mit der er vor allem das bürgerlich-nationale Publikum zu beschwichtigen verstand. Er verkündete in aller Öffentlichkeit: "Volksgenossen, meine Maßnahmen werden nicht angekränkelt sein durch irgendwelche juristische Bedenken. Meine Maßnahmen werden nicht angekränkelt sein durch irgendeine Bürokratie. Hier habe ich keine Gerechtigkeit zu üben, hier habe ich nur zu vernichten und auszurotten, weiter nichts! [...] Einen solchen Kampf führe ich nicht mit polizeilichen Machtmitteln. Das mag ein bürgerlicher Staat getan haben. Gewiß, ich werde die staatlichen und polizeilichen Machtmittel bis zum äußersten auch dazu benutzen, meine Herren Kommunisten, damit Sie hier nicht falsche Schlüsse ziehen, aber den Todeskampf, in dem ich Euch die Faust in den Nacken setze, führe ich mit denen da unten, das sind die Braunhemden."

Die Polizeibeamten hatte er schon am 17. Februar 1933 angewiesen, mit den "nationalen Verbänden" (SA, SS und Stahlhelm), "in deren Kreisen die wichtigsten staatserhaltenden Kräfte vertreten sind, das beste Einvernehmen herzustellen". Zugleich hatte er hinzugefügt, "Polizeibeamte, die in Ausübung dieser Pflichten (gegen staatsfeindliche Organisationen) von der Schußwaffe Gebrauch machen, werden ohne Rücksicht auf die Folgen des Schußwaffengebrauchs von mir gedeckt. Das hatte die praktische Wirkung eines Schießbefehls und war die unverhohlene Aufforderung zu politischer Willkür. Um den Druck auf die Polizeibeamten noch zu verstärken, wurden die regulären Einheiten mit Erlaß vom 22. Februar noch durch SA- und SS-Einheiten als Hilfspolizei zur Abwehr "zunehmender Ausschreitungen von linksradikaler, insbesondere kommunistischer Seite" unterstützt.

Zwar mußten nach einem Verteilungsschlüssel von den insgesamt 50000 eingestellten Hilfspolizisten auch ein Fünftel vom "Stahlhelm" kommen, doch hatte Göring zur Kontrolle seiner Erlasse zugleich einige "Kommissare zur besonderen Verfügung" eingestellt, die meistens SS-Führer waren, aber keine staatliche Funktion besaßen. Das bedeutete, daß Parteifunktionäre und somit Privatpersonen nun den Zugriff auf die staatliche Verwaltung erhielten.

Quellentext

Förderung der nationalen Bewegung

Erlaß des Preußischen Innenministers Hermann Göring vom 17. Februar 1933 (Schießerlaß)

Ich glaube, mir einen besonderen Hinweis darauf ersparen zu können, daß die Polizei auch nur den Anschein einer feindseligen Haltung oder gar den Eindruck einer Verfolgung gegenüber nationalen Verbänden (SA, SS und Stahlhelm) und nationalen Parteien unter allen Umständen zu vermeiden hat. Ich erwarte vielmehr von sämtlichen Polizeibehörden, daß sie zu den genannten Organisationen, in deren Kreisen die wichtigsten staatsaufbauenden Kräfte enthalten sind, das beste Einvernehmen herstellen und unterhalten. Darüber hinaus sind jede Betätigung für nationale Zwecke und die nationale Propaganda mit allen Kräften zu unterstützen. Von polizeilichen Beschränkungen und Auflagen darf insoweit nur in dringendsten Fällen Gebrauch gemacht werden.

Dafür ist dem Treiben staatsfeindlicher Organisationen mit den schärfsten Mitteln entgegenzutreten. Gegen kommunistische Terrorakte und Überfälle ist mit aller Strenge vorzugehen und, wenn nötig, rücksichtslos von der Waffe Gebrauch zu machen. Polizeibeamte, die in Ausübung dieser Pflichten von der Schußwaffe Gebrauch machen, werden ohne Rücksicht auf die Folgen des Schußwaffengebrauchs von mir gedeckt; wer hingegen in falscher Rücksichtsnahme versagt, hat dienststrafrechtliche Folgen zu gewärtigen.

Der Schutz der immer wieder in ihrer Betätigung eingeengten nationalen Bevölkerung erfordert die schärfste Handhabung der gesetzlichen Bestimmungen gegen verbotene Demonstrationen, unerlaubte Versammlungen, Plünderungen, Aufforderung zum Hoch- und Landesverrat, Massenstreik, Aufruhr, Pressedelikte und das sonstige strafbare Treiben der Ordnungsstörer.

Jeder Beamte hat sich stets vor Augen zu halten, daß die Unterlassung einer Maßnahme schwerer wiegt als begangene Fehler in der Ausübung.

Ich erwarte und hoffe, daß alle Beamten sich mit mir eins fühlen in dem Ziele, durch die Stärkung und Zusammenfassung aller nationalen Kräfte unser Vaterland vor dem drohenden Verfall zu retten.

Wolfgang Michalka (Hg.), Das Dritte Reich. Dokumente zur Innen- und Außenpolitik, Band 1, München 1985, S. 24 f.

Terror im Wahlkampf

Mit den Erlassen wurde nicht nur eine ungleiche Behandlung der Wahlkampfparteien bewirkt, sondern auch der SA-Terror gedeckt. Die Polizei sah tatenlos zu, wie Teilnehmer republikanischer Wahlversammlungen von SA-Truppen angegriffen und wie beispielsweise in einer Versammlung des Zentrums in Krefeld am 22. Februar der ehemalige Reichsarbeitsminister Adam Stegerwald niedergeschlagen wurde. Jeder Tag brachte neue Nachrichten über den SA-Terror bei Kundgebungen von SPD und Zentrum, von Verwüstungen in Zeitungsredaktionen und von Überfällen auf Politiker der demokratischen Parteien. Viele Sozialdemokraten, die wie der frühere Berliner Polizeipräsident Albert Grzesinski sich knapp vier Wochen zuvor noch sicher waren, daß man Hitler überstehen werde, resignierten bereits Ende Februar, da sie um Leib und Leben fürchten mußten. Mit einer Welle von willkürlichen Verhaftungen sollte der politische Gegner überdies eingeschüchtert und ausgeschaltet werden. Insgesamt zählte man bis zu den Wahlen offiziell 69 Tote und Hundte von Verletzten.

Es gab auch besorgte Stimmen, Warnungen, Proteste und Versuche von Gegenwehr. Die Zentrumsführung appellierte in einem Zeitungsartikel an den Reichspräsidenten und den Vizekanzler, "den unglaublichen Zuständen ein Ende zu bereiten". Aber solche Bemühungen blieben ebenso vergeblich wie der Versuch, eine christlich-nationale Sammlungsbewegung bis hin zur politischen Mitte zu bilden. Sie scheiterten sowohl an den inneren Gegensätzen und persönlichen Rivalitäten im bürgerlich-konservativen Lager als auch an der Beschwichtigungs- und Verführungstaktik Hitlers. Dieser zeichnete gegenüber wichtigen gesellschaftlichen Interessenvertretern das um Vertrauen werbende Bild eines künftigen autoritären Staates und einer autoritären Wirtschaftsordnung. Was nach der Ausschaltung der "marxistischen Gewerkschaften" eine "ruhige Zukunft" verheiße.

Bei einem Empfang für einflußreiche Industrielle am 20. Februar kündigte der Reichskanzler schließlich dementsprechend an: "Wir stehen jetzt vor der letzten Wahl" und drohte dann weiter dunkel: "So oder so, wenn die Wahl nicht entscheidet, muß die Entscheidung eben auf einem anderen Wege fallen." Diese Andeutungen und die Hoffnung auf einen "starken, unabhängigen Staat", in dem nach dem Wunsche des Sprechers der Industriellen, Gustav Krupp von Bohlen, allein Wirtschaft und Gewerbe blühen könnten, weckte bei den Anwesenden die Bereitschaft, die bereitgestellte Wahlkampfkasse der NSDAP kräftig zu füllen.

Zuvor hatte sich Hitler auch schon die Neutralität der Reichswehr gesichert, als er in der Besprechung vom 3. Februar vor der Armeeführung seine "Zwei-Säulen-Theorie" entwickelte und damit dieser als einziger Waffenträgerin der Nation eine tragende und autonome Rolle im neuen Staat neben der NSDAP zugesichert hatte. Dafür sollte sich die bewaffnete Macht aus allen innenpolitischen Auseinandersetzungen heraushalten. Damit traf Hitler die Einstellungen und Erwartungen der Armeeführung. Er konnte zudem auf die volle Loyalität von Reichswehrminister Werner von Blomberg setzen, der mit seiner eindeutigen Parteinahme für Hitler als Bastion aus dem Zähmungskonzept der Deutschnationalen schon herausgebrochen war.

Quellentext

Unterdrückung demokratischer Parteien

SPD

Mir sind mehrere Versammlungen gesprengt worden und ein erheblicher Teil der Versammlungsbesucher mußte schwer verletzt weggeschafft werden. Im Einverständnis mit dem Parteivorstand bitte ich daher, von den mit mir als Redner vorgesehenen Versammlungen abzusehen. Nach Lage der Dinge gibt es offenbar auch keinen polizeilichen Schutz mehr, der ausreichen würde, dem aggressiven Vorgehen der SA und SS in meinen Versammlungen zu begegnen.

In Hindenburg ist Genosse Nölting mit knapper Not dem Totschlag entronnen. Bei mir war es in Langenbielau ähnlich. Einer meiner Begleiter wurde niedergeschlagen. In Breslau ist gestern abend nur durch eine zufällige Verzögerung eingesetzter SA-Formationen namenloses Unglück verhindert worden. Eine große Anzahl von Verwundeten hat es trotzdem gegeben, in einer Stadt, die bisher stets Versammlungssprengungen von Andersgesinnten hat vorbeugend verhindern können.

Ich bedauere selbst am tiefsten, Euch diese Mitteilung machen und diesen Entschluß fassen zu müssen. Es ist auch erst nach reiflicher Überlegung mit Mitgliedern des Parteivorstandes geschehen und nachdem auch in bezug auf andere Genossen ähnlich entschieden worden ist.

Aus einem Schreiben des ehemaligen preußischen Innenministers und Berliner Polizeipräsidenten Albert Grzesinski (SPD) an die SPD-Parteisekretäre in Dortmund, Frankfurt/M., Altona und Kiel vom 24. Februar 1933, in: Josef und Ruth Becker (Hg.), Hitlers Machtergreifung 1933. Dokumente vom Machtantritt Hitlers, München 1983, S. 98 f.

DDP

Die NSDAP, deren Führer Sie zum höchsten Beamten des Reichs ernannt haben, macht durch ein System von Gesetzwidrigkeiten einem anders denkenden bürgerlichen Politiker den Vortrag seiner politischen Anschauungen unmöglich, schüchtert die ruhige Bürgerschaft ein und leitet den Wahlkampf in einen offenen Bürgerkrieg über. Die ortspolizeilichen Organe leisten das Menschenmögliche. Sie können zwar die Person des Redners schützen, nicht aber die verfassungsmäßig gewährleistete Versammlungs- und Redefreiheit. Durch die Dezemberamnestie ist jede nachhaltige Achtung vor dem Gesetz geschwunden. Das besonnene Bürgertum in Württemberg blickt auf Sie, hochverehrter Herr Reichspräsident, als den letzten Hort für Recht und Ordnung in Deutschland. Wir geben Ihnen davon Kenntnis, wie eine große Regierungspartei vor der Entscheidungswahl des deutschen Volkes das Gesetz mit Füßen tritt, und bitten Sie, darauf einzuwirken, daß die NSDAP die Wahlfreiheit nicht weiter durch Mittel der Gewalt beeinträchtigt.

Beschwerde-Telegramm der württembergischen Deutschen Demokratischen Partei (DDP) an Reichspräsident Hindenburg vom 22. Februar 1933, in: a. a. O., S. 91.

Zentrum

Göring erließ gestern Sonderanweisungen an die preußische Polizei, in denen er praktisch verlangt, die SA und den "Stahlhelm" im Wahlkampf zu schützen, jedoch ähnliche Organisationen der Oppositionsparteien als Staatsfeinde zu behandeln, die rücksichtslos unterdrückt werden müssen. Diese Anweisungen haben die Nazis ermutigt, im Wahlkampf sowohl gegen die Zentrumspartei als auch gegen die Linksparteien Terrormethoden anzuwenden. Die Auflösung einer Zentrums-Versammlung in Krefeld, bei der der Hauptsprecher, der frühere Reichsarbeitsminister Stegerwald, von Nazis tätlich mißhandelt wurde, wird mit Bestürzung als ein Anzeichen für den Gang der Entwicklung in der Schlußphase dieses ungewöhnlich stürmischen Wahlkampfes betrachtet. […]

Bericht des amerikanischen Botschafters in Berlin, Frederic Sackett, an Außenminister Henry L. Stimson vom 23. Februar 1933. in: a. a.O., S. 92 f.

BVP

Diese Regierungserklärung hat in Deutschland eine Kluft aufgerissen und hat alles zerschlagen, was in den 14 Jahren geleistet wurde. Wir hatten die Straßen dem Verkehr zurückerobert, die Parteifahnen von den Amtsgebäuden heruntergeholt, der Presse die Freiheit in Deutschland wieder gegeben, die Sicherheit im Staat wieder hergestellt. Und heute ist das alles wieder gefährdet. Wir erleben heute wieder den Bürgerkrieg auf den Straßen, der Terror ist in den Versammlungen wieder eingerissen, Leute wie Stegerwald werden niedergeschlagen, es werden Feuerüberfälle auf die Bayern- und Pfalzwacht unternommen, die Presse wird wieder geknebelt, die freie Meinung versklavt, es regnet täglich Presseverbote. Die Regierungspresse darf aber schreiben, was sie will, ohne verboten zu werden. So durften die Hamburger Nachrichten kürzlich schreiben: Schmeißt die katholischen Bayern aus dem Reichsverbande hinaus, mit den anderen werden wir schon fertig. Die gleiche Zeitung durfte auch Hindenburg zum Verfassungsbruch auffordern. Die Zeitung wurde nicht verboten, wohl aber die katholische "Germania", die nichts weiter getan hat, als einen Aufruf der katholischen Verbände abzudrucken, die voller Sorge über die kritische Entwicklung Deutschlands waren. […]

Rede des Vorsitzenden der Bayerischen Volkspartei Fritz Schäffer in Würzburg am 23. Februar 1933, in: a. a. O., S. 96.

Propaganda und Versprechungen

Neben den Versprechungen und dem Werben um Vertrauen waren es die Propagandakampagnen der Partei, die nun mit prall gefüllten Wahlkampfkassen und dem Einsatz aller staatlichen Mittel eine Mobilisierung der nationalen Gefühlswelt betrieb und den Wahltag zum "Tag der erwachenden Nation" proklamierte. Mit pseudoreligiösen Formeln und Bildern sollte das Land in eine "blinde Glaubensseligkeit" (Fest) versetzt werden, die sich nicht auf ein politisches Programm, sondern auf den Hitler-Mythos stützte.

Der Wahlkampf, den die Nationalsozialisten mit Rundfunk, Film und Flugzeug bis in die Provinz trugen, war ganz auf Hitler abgestellt. Goebbels machte sich zum ersten Reporter seines "Führers", indem er zentrale Hitler-Kundgebungen einleitete und anschließend im Rundfunk, über den die Nationalsozialisten als Regierungspartei nun verfügen konnten, die Stimmung und Botschaft in jede Wohnstube zu übertragen versuchte. "Welch eine Wendung durch Gottes Fügung", jubelte er, als Hitler am 10. Februar im Berliner Sportpalast auftrat, dessen Tribünen mit den Parolen "Kampf dem Marxismus" versehen waren. Hitlers Rede war voller Drohungen an die politischen Gegner und voller Werbungen an die Wähler, die er pathetisch und ganz im Widerspruch zur Entschlossenheit, die einmal gewonnene Macht nicht aufzugeben, beschwor: "Deutsches Volk! gib uns vier Jahre Zeit - dann richte und urteile über uns. Deutsches Volk, gib uns vier Jahre, und ich schwöre dir, so wie ich dieses Amt antrat, tat ich es nicht um Gehalt und Lohn, ich taes um deiner selbst willen." Um diese verführerische Behauptung einer Identität von Führer und Volk zu bekräftigen, schloß er mit quasi-religiösen Verheißungen auf ein "Deutsches Reich der Größe und der Ehre und der Kraft und der Gerechtigkeit" und einem anschließenden "Amen".

Die nicht-nationalsozialistische Presse suchte die Phrasenhaftigkeit und Verlogenheit solcher Hitler-Auftritte zu enthüllen, wenn sie daran nicht mit scheinlegaler Gewalt gehindert wurde. "Wieder die gleichen Anklagen und Versprechungen" überschrieb die Bayerische Volkszeitung einen Bericht. "Der kritische Zuschauer aber verläßt den Saal enttäuscht über die Rede des ,Volkskanzlers'." Doch was zählte in einer solchen emotionalen Situation ein Programm? Werbung und Einschüchterung prägten bereits im Februar 1933 die nationalsozialistische Politik der Machteroberung, aber noch gab es einige rechtsstaatliche Dämme. Der terroristische Druck auf die Parteien der politischen Linken und das Zentrum mußten bis zum Wahltag genügen. Die endgültige Abrechnung mit dem politischen Gegner und der Demokratie war in Hitlers Kalkül auf später zu verschieben. "Wir müssen erst die ganzen Machtmittel in die Hand bekommen", hatte Hitler in seiner Rede vor den Industriellen am 20. Februar angekündigt, "wenn wir die andere Seite ganz zu Boden werfen wollen."

Quellentext

Hitler vor den Befehlshabern der Wehrmacht

am 3. Februar 1933

Wiedergabe eines Stichwortprotokolls

Ziel der Gesamtpolitik allein: Wiedergewinnung der politischen Macht. Hierauf muß gesamte Staatsführung eingestellt werden (alle Ressorts!).

1. Im Innern. Völlige Umkehrung der gegenwärtigen innenpolitischen Zustände in Deutschland. Keine Duldung der Betätigung irgendeiner Gesinnung, die dem Ziel entgegen steht (Pazifismus!). Wer sich nicht bekehren läßt, muß gebeugt werden. Ausrottung des Marxismus mit Stumpf und Stiel. Einstellung der Jugend und des ganzen Volkes auf den Gedanken, daß nur der Kampf uns retten kann und diesem Gedanken gegenüber alles zurückzutreten hat. […] Ertüchtigung der Jugend und Stärkung des Wehrwillens mit allen Mitteln. Todesstrafe für Landes- und Volksverrat. Straffste autoritäre Staatsführung. Beseitigung des Krebsschadens der Demokratie!

2. Nach außen. Kampf gegen Versailles. Gleichberechtigung in Genf; aber zwecklos, wenn Volk nicht auf Wehrwillen eingestellt. Sorge für Bundesgenossen.

3. Wirtschaft! Der Bauer muß gerettet werden! Siedlungspolitik! Künftige Steigerung der Ausfuhr zwecklos. Aufnahmefähigkeit der Welt ist begrenzt und Produktion ist überall übersteigert. Im Siedeln liegt einzige Möglichkeit, Arbeitslosenheer zum Teil wieder einzuspannen. […]

4. Aufbau der Wehrmacht wichtigste Voraussetzung für Erreichung des Ziels: Wiedererringung der politischen Macht. Allgemeine Wehrpflicht muß wieder kommen. Zuvor aber muß Staatsführung dafür sorgen, daß die Wehrpflichtigen vor Eintritt nicht schon durch Pazifismus, Marxismus, Bolschewismus vergiftet werden oder nach Dienstzeit diesem Gifte verfallen.

Wie soll politische Macht, wenn sie gewonnen ist, gebraucht werden? Jetzt noch nicht zu sagen. Vielleicht Erkämpfung neuer Export-Möglichkeiten, vielleicht - und wohl besser - Eroberung neuen Lebensraums im Osten und dessen rücksichtslose Germanisierung. Sicher, daß erst mit politischer Macht und Kampf jetzige wirtschaftliche Zustände geändert werden können. Alles, was jetzt geschehen kann - Siedlung - Aushilfsmittel.

Wehrmacht wichtigste und sozialistischste Einrichtung des Staates. Sie soll unpolitisch und überparteilich bleiben. Der Kampf im Innern nicht ihre Sache, sondern der Nazi-Organisationen. […]

Wolfgang Michalka (Hg.), Das Dritte Reich. Dokumente zur Innen- und Außenpolitik, Band 1, München 1985, S. 23 f.

Reichstagsbrand

Ein unvorhersehbarer Zufall kam zu Hilfe, um dieses Vorgehen noch vor dem Wahltag zu ermöglichen und den scheinbaren Beweis für den kommunistischen Umsturzversuch zu liefern, den die Nationalsozialisten für die Rechtfertigung einer verschärften Repressionspolitik gebrauchen konnten.

In der Nacht vom 27. auf den 28. Februar 1933 brannte der Berliner Reichstag. Gegen 21 Uhr war der Brand bemerkt worden, um 21.27 Uhr wurde der holländische Anarchist Marinus van der Lubbe im Bismarcksaal des brennenden Gebäudes festgenommen. Bei seiner Verhaftung stieß er das Wort "Protest" aus und gestand diese und drei vorausgehende, kleinere Brandstiftungen. Seither gehört die Frage nach der Täterschaft zu den immer wieder kontrovers diskutierten Fragen der Kriminalistik und politischen Strafprozeßgeschichte. Für die Nationalsozialisten stand noch in der Brandnacht fest, daß es sich um eine kommunistische Verschwörung handelte. Umgekehrt waren die Gegner der Nationalsozialisten, die diesen mittlerweile jede Hinterlist zutrauten, bald der Überzeugung, daß ein geheimes Kommando der Nationalsozialisten den Brand selbst gelegt hätte, um daraus politischen Gewinn für den Wahlkampf zu ziehen. Ein kommunistisches "Braunbuch" über den Reichstagsbrand hat diese These sehr bald als wirkungsvolles Argument der antinationalsozialistischen Gegenpropaganda zu untermauern versucht und damit weit in die Nachkriegszeit hineingewirkt. Denn was war angesichts der Nutzanwendung, die die Nationalsozialisten aus dem Reichstagsbrand zogen, und der politischen Folgen dieses Ereignisses naheliegender, als auch den Reichstagsbrand als Beweis für die Existenz eines ausgeklügelten Plans zur Errichtung einer totalitären Diktatur auf das Schuldkonto der Nationalsozialisten zu schreiben.

Mit den Publikationen von Fritz Tobias (1962) wurde der Reichstagsbrand für Politik und Wissenschaft vollends zum Objekt eines Glaubensstreites. Mit ihnen wurde nicht nur die These von der Alleintäterschaft van der Lubbes mit überzeugenden Argumenten erneuert. Vor allem wurde damit die grundsätzliche Frage aufgeworfen, ob der Weg zur NS-Diktatur planvoll vorbereitet und beschritten worden oder nicht vielmehr Folge einer skrupellosen, aber improvisierten Ausnutzung von Krisen und Konflikten war. An der Reichtstagsbrandkontroverse sollte sich die bis heute andauernde wissenschaftliche Auseinandersetzung um Struktur und Politik des NS-Regimes entzünden.

Nach intensiven Recherchen spricht heute vieles für die Alleintäterschaft des Marinus van der Lubbe, zu der dieser sich selbst bekannt hatte. Auch wenn der Anlaß eher zufällig war, historisch weit folgenreicher waren die Konsequenzen, die die Nationalsozialisten aus dem Vorfall zogen. Sie verrieten den entschlossenen und kompromißlosen Willen, die Ereignisse zur Vernichtung des politischen Gegners zu nutzen und die unbeschränkte Diktatur überfallartig und gewaltsam durchzusetzen.

Die nationalsozialistische Führung wurde vom Reichstagsbrand offensichtlich überrascht und reagierte zunächst hysterisch. Nach den ersten Informationen über den Täter und von einem Augenzeugen, der kurz vor dem Brand noch kommunistische Abgeordnete im Reichstag gesehen haben wollte, stand für Göring fest: "Das ist der Beginn des kommunistischen Aufstandsversuches, sie werden jetzt losschlagen. Es darf keine Minute versäumt werden." Hitler überbot ihn in der Androhung radikaler Verfolgungsmaßnahmen. "Es gibt kein Erbarmen; wer sich uns in den Weg stellt, wird niedergemacht. Das deutsche Volk wird für Milde kein Verständnis haben. Jeder kommunistische Funktionär wird erschossen, wo er angetroffen wird. Die kommunistischen Abgeordneten müssen noch in dieser Nacht aufgehängt werden. Alles ist festzusetzen, was mit den Kommunisten im Bunde steht. Auch gegen Sozialdemokraten und Reichsbanner gibt es jetzt keine Schonung mehr."

Ausnahmezustand

Auf diesen Ausbruch einer wilden Bürgerkriegsmentalität überstürzten sich die Anordnungen an die Polizeibehörden: Alle kommunistischen Abgeordneten und Funktionäre sollten verhaftet werden, auch die SPD und ihre Presse wurden in die Verfolgung einbezogen. Zur Legalisierung der Aktionen schlug der Staatssekretär im preußischen Innenministerium Ludwig Grauert noch in der Nacht eine "Notverordnung gegen Brandstiftung und Terrorakte" vor. Am nächsten Morgen wurde dann unter Verwendung entsprechender Pläne der Regierung Papen für den militärischen Ausnahmezustand der Entwurf einer "Verordnung zum Schutz von Volk und Staat" (Reichstagsbrandverordnung) vorgelegt, dessen Inhalt weit über die nächtlichen Vorschläge hinausging und im Laufe des Tages noch verschärft wurde. Nun enthielt der Text einen ganzen Katalog von zum Teil vorhandenen Straftatbeständen, die jetzt nachträglich mit der Todesstrafe bedroht wurden (so insbesondere Hochverrat und Brandstiftung). Hinzu kam die Sanktionierung des zivilen Ausnahmezustandes.

Nicht die Reichswehr oder der Reichspräsident, sondern die Reichsregierung und der Innenminister konnten über die Ausführung des Ausnahmezustandes entscheiden, der alle verfassungsmäßigen Grundrechte außer Kraft setzte. Die Hysterie der Brandnacht ermöglichte es, alle Grundrechte der Weimarer Verfassung bis auf weiteres - und das hieß tatsächlich bis 1945 - außer Kraft zu setzen. Sie beschleunigte zugleich die Selbstlähmung der konservativen Bündnispartner, als sie die Entscheidung über den Ausnahmezustand in die Hände Hitlers und des nationalsozialistischen Reichsinnenministers Wilhelm Frick fallen ließen.

Mit der Begründung, daß man "staatsgefährdende kommunistische Gewaltakte" abwehren müsse, setzte die "Reichstagsbrandverordnung" unter Berufung auf den Artikel 48 Absatz 2 der Weimarer Verfassung die verfassungsmäßigen Grundrechte wie die Freiheit der Person, die Meinungs-, Presse-, Vereins- und Versammlungsfreiheit, das Post-, Brief-, Telegraphen- und Fernsprechgeheimnis sowie die Unverletzlichkeit von Eigentum und Wohnung" bis auf weiteres außer Kraft. Verdächtige und mißliebige Personen konnten jetzt ohne Anklage, ohne Beweise und Rechtsbeistand willkürlich verhaftet und festgehalten werden. Das war die Scheinlegalisierung der berüchtigten "Schutzhaft", die als willkürliche Freiheitsberaubung ohne richterliche Nachprüfungsmöglichkeit in den bald darauf eingerichteten Konzentrationslagern an Gegnern des NS-Regimes in barbarischer Weise ausgeführt wurde.

Nicht weniger einschneidend und folgenreich war der Paragraph 2 der Verordnung. Er ermächtigte den Reichsinnenminister, in die Souveränität der Länder einzugreifen, wenn diese "die zur Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung nötigen Maßnahmen" nicht ergreifen würden. Damit war der Gleichschaltung auch der Länder der Boden bereitet, die noch nicht unter nationalsozialistischer Kontrolle standen.

Wie schon in früheren Fällen verzichtete die improvisierte Notverordnung auf konkrete Ausführungsbestimmungen und öffnete damit einer willkürlichen Auslegung Tür und Tor. Die Begründung, daß man angebliche kommunistische Gewaltakte abwehren müsse, reichte aus, um vom Reichspräsidenten eine Notverordnung absegnen zu lassen, die den Abbau des Rechtsstaates einleitete und bald zur eigentlichen "Verfassungsurkunde" (Ernst Fraenkel) des Dritten Reiches werden sollte. Hier wurde die scheinlegale Grundlage der nationalsozialistischen Diktatur gelegt, die durch den permanenten Ausnahmezustand gekennzeichnet war.

Formal knüpfte die Reichstagsbrandverordnung an die bisherige Praxis der präsidialen Notverordnung der letzten Jahre an. Das und die Tatsache, daß sich die Verordnung gegen die politische Linke richtete, dürfte auch das Gewissen der Deutschnationalen besänftigt und jeden Widerspruch erstickt haben. Die Tatsache, daß mit dem Urteil des Reichsgerichts im Reichstagsbrandprozeß vom September 1933, in dem der Holländer van der Lubbe zum Tode verurteilt wurde, die Begründung der Verordnung, nämlich die Täter- oder Mittäterschaft der Kommunisten bei der Brandstiftung nicht nachgewiesen werden konnte und daß sie damit rechtlich ungültig war, änderte daran nichts. Allein das beweist, wie es mit der Legalität des nationalsozialistischen Staates bestellt war, "der sich auf eine tatsachenwidrig begründete, permanente Ausnahmegesetzgebung stützte" (Bracher). Hinzu kam, daß van der Lubbe u.a. wegen Brandstiftung verurteilt wurde, die zum Zeitpunkt der Tat noch nicht mit der Todesstrafe bedroht war.

Für die nationalsozialistische Führung wirkten die Verordnungen und die von ihnen legalisierten Verfolgungsmaßnahmen wie ein Stimulans, das ihre Aggressivität noch steigerte. "Es ist wieder eine Lust zu leben", kommentierte Goebbels die Nachrichten von den Massenverhaftungen in den folgenden Tagen. Die meisten Deutschen nahmen die Gefährdung ihrer Freiheit nicht wahr. Mit der Reichstagsbrandverordnung vom 28. Februar verstärkten sich die terroristischen Züge des Wahlkampfes. Tausende von Kommunisten wurden verhaftet und in improvisierte Konzentrationslager oder Folterkeller verschleppt. Bis Mitte März waren allein in Preußen mehr als 100000 politische Gegner verhaftet worden. In der Mehrheit Kommunisten, aber auch Angehörige der literarischen Linken fielen in die Hände von Görings Polizei: Carl von Ossietzky, Erich Mühsam, Ludwig Renn, Egon Erwin Kisch und viele andere, die ein Stück der Weimarer Kultur gebildet hatten.

Quellentext

"Hier habe ich nur zu vernichten"

Ich denke nicht daran, in bürgerlicher Manier und in bürgerlicher Zaghaftigkeit nur einen Abwehrkampf zu führen. Nein, ich gebe das Signal, auf der ganzen Linie zum Angriff vorzugehen!

Volksgenossen, meine Maßnahmen werden nicht angekränkelt sein durch irgendwelche juristischen Bedenken. Meine Maßnahmen werden nicht angekränkelt sein durch irgendeine Bürokratie. Hier habe ich keine Gerechtigkeit zu üben, hier habe ich nur zu vernichten und auszurotten, weiter nichts! Dieser Kampf, Volksgenossen, wird ein Kampf gegen das Chaos sein, und solch einen Kampf führe ich nicht mit polizeilichen Machtmitteln. Das mag ein bürgerlicher Staat getan haben. Gewiß, ich werde die staatlichen und die polizeilichen Machtmittel bis zum äußersten auch dazu benutzen, meine Herren Kommunisten, damit Sie hier nicht falsche Schlüsse ziehen, aber den Todeskampf, in dem ich euch die Faust in den Nacken setze, führe ich mit denen da unten, das sind die Braunhemden! Ich werde dem Volke klarmachen, daß das Volk sich selbst zu wehren hat. Ich werde ihm klarmachen, daß die lebendigen Kräfte des Volkes hier mobilisiert werden müssen. Und darum habe ich mit voller Absicht erklärt: In Zukunft, meine Herren, kommt in den Staat nur mehr hinein, wer aus den nationalen Kräften stammt, und nicht, wer sich herandrängt und heranheuchelt. Mich stört es nicht, wenn gewisse "Kritiker" sich scheinheilig über diese meine Maßnahmen aufregen und nach "mehr Gerechtigkeit" schreien. Ich messe mit zweierlei Maß.

Ich habe erst angefangen zu säubern, es ist noch längst nicht fertig. Für uns gibt es zwei Teile des Volkes: einen, der sich zum Volk bekennt, ein anderer Teil, der zersetzen und zerstören will. Ich danke meinem Schöpfer, daß ich nicht weiß, was objektiv ist. Ich bin subjektiv. Ich stehe einzig und allein zu meinem Volke, alles andere lehne ich ab. [...]

Wenn sie sagen, da und dort sei einer abgeholt und mißhandelt worden, so kann man nur erwidern: Wo gehobelt wird, fallen Späne. Wir haben jahrelang die Abrechnung mit den Verrätern angekündigt. Ruft nicht so viel nach Gerechtigkeit, es könnte sonst eine Gerechtigkeit geben, die in den Sternen steht und nicht in euren Paragraphen! Und wenn diese Gerechtigkeit leuchtet, ist euer Ende gekommen. Man klagt über die Unterdrückung von Zeitungen. Wundert euch das? Mich wundert, daß sie noch existieren. [...]

Aus zwei Reden Görings in Frankfurt a. M. und Essen vom 3. und 11. März 1933 in: Josef und Ruth Becker (Hg.), Hitlers Machtergreifung 1933. Dokumente vom Machtantritt Hitlers, München 1983, S. 117 f. und 138 f.

Wahlen vom 5. März 1933

Um so erstaunlicher war es, daß in diesem Klima von Rechtsunsicherheit und Gewalt bei den Reichstagswahlen am 5. März 1933 die NSDAP mit 43,9 Prozent und die Deutschnationalen mit acht Prozent zusammen nur knapp die Mehrheit der abgegebenen Stimmen erhielten; daß umgekehrt das katholische Zentrum und die SPD ihren Stimmenanteil halten und sich damit zum letzten Mal auf die große Geschlossenheit ihres jeweiligen Wählerpotentials stützen konnten. Auch die KPD erreichte trotz der massiven Behinderung und Verfolgung mit 12,3 Prozent ein bemerkenswertes Ergebnis. Die Parteien der bürgerlichen Mitte wurden hingegen endgültig zerrieben.

Der Stimmenzuwachs der NSDAP mit 10,8 Prozent gegenüber den Wahlen im November 1932 und 6,5 Prozent gegenüber den Juliwahlen von 1932 enttäuschte die Erwartungen der Parteiführung. Beobachter waren sich einig, daß dieser Zuwachs vor allem auf das Konto Hitlers bzw. des Hitler-Mythos ging, der im Mittelpunkt des Wahlkampfes gestanden hatte. Ihre Gewinne schöpfte die NSDAP vor allem aus dem Reservoir der Nicht- und Neuwähler, teilweise auch aus dem Potential der Protestwähler, die bislang KPD gewählt hatten und jetzt im Massensog ihr Heil im anderen Extrem suchten. Der hohe Grad der politischen Mobilisierung spiegelte sich in der Wahlbeteiligung, die auf die Rekordmarke von 88,8 Prozent gestiegen war.

Hochburgen im Norden

Die Hochburgen der NSDAP lagen nach wie vor in den Agrargebieten Nord- und Ostdeutschlands, allen voran die Wahlkreise Ostpreußens mit 56,5 Prozent NSDAP-Stimmen, Pommern mit 56,3 Prozent, Frankfurt/Oder mit 55,2 Prozent, Osthannover mit 54,3 Prozent, Liegnitz mit 54 Prozent und Schleswig-Holstein mit 53,2 Prozent der Stimmen. Am anderen Ende der Skala rangierten städtisch-industrielle Ballungsgebiete Mittel- und Westdeutschlands. Hier spielte teilweise auch der konfessionelle Faktor eine wichtige Rolle, wie etwa im überwiegend katholischen Wahlkreis Köln-Aachen, der mit 30,1 Prozent die niedrigste Stimmenzahl für die NSDAP brachte.

Auffällig war, daß nun auch verstärkt Wahlkreise in Süd- und Südwestdeutschland größere Stimmengewinne für die NSDAP brachten, so etwa Niederbayern mit 39,2 Prozent (bisher 18,5 Prozent) oder Württemberg mit 42 Prozent, wo der Zuwachs gegenüber 1932 13,8 Prozentpunkte betrug. In Bayern war es der NSDAP vor allem gelungen, starke Einbrüche im ländlichen Milieu zu erzielen, das bislang eine mächtige Bastion der BVP bildete. Die NSDAP konnte vor allem Wähler aus den ärmeren Schichten der bäuerlich-katholischen Bevölkerung für sich gewinnen. In ihrem Votum verband sich mit Hitler die Hoffnung auf eine Besserung der materiellen Lage mit der Abneigung gegen die Vorherrschaft des politischen Katholizismus und der traditionellen Verbände auf dem Lande, die in der Regel von mittel- und großbäuerlichen Gruppen dominiert wurden. Das Wahlergebnis im Süden war überdies keine gute Nachricht für die Länder, die sich dem Gleichschaltungsdruck der Regierung Hitlers in Berlin entziehen wollten.

Die Nationalsozialisten feierten das Wahlergebnis vor allem als Votum für den "Volkskanzler" Adolf Hitler und ließen nun den deutschnationalen Partner im Kabinett deutlich die veränderten Machtverhältnisse spüren. Das kam auch darin zum Ausdruck, daß in der offiziellen Sprachregelung nun nicht mehr von der "nationalen Revolution", sondern von der "nationalsozialistischen Revolution" oder einfach von "der Revolution" die Rede war. Nun begann die zweite Etappe der nationalsozialistischen Machteroberung.

Daß Hitlers Satz vom Beginn einer Revolution ernst gemeint war, zeigten die Ereignisse in den folgenden Tagen. Das Besondere an der "nationalsozialistischen Revolution" war, daß die Aktionen auf der Straße verbunden waren mit einer administrativen Gleichschaltung und formellen Legalisierung von oben. Die Träger dieser Revolution setzten einerseits die SA ein zum Sturm auf die Rathäuser, Regierungsgebäude und Verlage, andererseits nutzten sie ihre Regierungsmacht, um den Druck von unten zu rechtfertigen und die Straßenaktionen zu legalisieren.

Das Ergebnis dieser eigentümlichen Revolution war die Ausschaltung der gesamten bis dahin politisch führenden Gruppen und Organisationen, die Ausschaltung von Parteien, Parlament und autonomer Öffentlichkeit und schließlich auch die Durchdringung der Gesellschaft. Diese ließ den traditionellen Oberschichten und auch dem Bürgertum zunächst mehr Freiraum als Unter- und Mittelschichten, die ihrer eigenen sozialen Organisationen beraubt wurden. Schauplatz dieser fundamentalen Veränderungen im politischen System waren die Länder und Kommunen, aber auch zum letzten Mal das Parlament, das nach der Verfassung die präsidialen Notverordnungen außer Kraft hätte setzen können.

Quellentext

Mißhandlung einer demokratischen Stadträtin

In der Nacht vom 20. zum 21. März dieses Jahres gegen halb 2 Uhr wurde an meiner Wohnungstür heftig geklingelt und geklopft. Im Glauben, daß meine Kinder nach Hause gekommen waren, stand ich sofort auf und fragte "Wer ist da?" Mit einer barschen Stimme wurde mir darauf geantwortet: "Machen Sie sofort auf, hier ist die Polizei, sonst wird gewaltsam geöffnet." […] Mein Mann schloß die Tür auf. Es traten 6-8 Mann herein. Verschiedene waren mit Karabinern bewaffnet. Bis auf einen Mann, der ein blaues Jackett und eine blaue Mütze trug, waren alle in SA-Uniform. Die Leute, die in meine Wohnung eintraten, kenne ich vom Sehen alle. Es sind alles junge Leute, die mit meinen Kindern zusammen in die Schule gegangen sind. […] Einer von denen, der sicher der Führer war, forderte mich mit den Worten "Bitte ziehen Sie sich an. Sie kommen mit" auf. Ich forderte von diesem Mann einen Ausweis. Er antwortete mir mit flotter Armbewegung: "Ach Quatsch, machen Sie keinen Heckmeck. Sie kommen mit!". […] Ich mußte nun das Auto (ein Wäscheauto), das vor dem Hause bereit stand, mit den Leuten, die bei mir in der Wohnung waren, besteigen und mitfahren. […]

Die Fahrt ging weiter nach der Elisabethstraße in die SA-Kaserne. […] Dort auf dem Hof mußte ich aussteigen und mit in das Hintergebäude des Hofes (unten Stall, oben sicher Heuboden) mitgehen. Erwähnen will ich noch, daß sich außer mir noch ein gewisser Herr Heber und Herr Flieger im Wagen befanden. Diese Leute mußten ebenfalls mit mir in das Gebäude gehen. […]

Der Führer, der auch in meiner Wohnung mit war, meldete uns dem dort befindlichen Führer. Als der Führer, der mich aus der Wohnung holte, dem dort befindlichen Führer meinen Namen Jankowski nannte, antwortete der dort anwesende Führer "Ach Jankowski, die alte, fette Sau!" Wir wurden aufgefordert, uns in eine Ecke zu stellen. Jetzt mußte der junge Mann, Heber […], vortreten, und es wurden ihm die Haare geschnitten. Es wurden jetzt von uns dreien die Personalien aufgenommen. Bei der Aufnahme der Personalien fielen allerlei Bemerkungen, zum Beispiel "Aas, dreckiges Luder" usw. […] Der Führer richtete nun an mich die Frage, wieviel Gehalt ich von der Stadt beziehe. Ich gab ihm zur Antwort, daß ich nur eine Aufwandsentschädigung von 48,75 RM den Monat beziehe. Der Führer antwortete mir "Du verschwindeltes Aas, du kriegst kein Gehalt, dir werden wir schon" und gab dann den Leuten, die zum Schlagen bereit standen, die Zahl 20 an. […] Nach Verabfolgung der Schläge mußte ich mich zu Flieger wieder in die Ecke stellen. […] Als ich zum zweiten Mal herankam, beschuldigte der Führer mich, daß ich Listen verbreitet hätte, wonach nationalsozialistische Geschäftsleute boykottiert werden sollten. Ich erklärte ihm, daß ich nichts davon weiß. Er antwortet mir: "Du weißt ja überhaupt nichts", und ich bekam zum zweiten Mal 20 Schläge. […] Nach einer gewissen Zeit wurde ich wieder in Ruhe gelassen und es kamen jetzt wieder Heber und Flieger und ich heran, sich auf den Tisch zu legen und zum dritten Male Schläge zu bekommen […]

Wir mußten uns nachdem in eine Reihe stellen und das Deutschlandlied durchsingen. Nach Absingen des Deutschlandliedes erklärte uns der Führer, daß er uns jetzt eine halbe Stunde in Ruhe lassen würde. Er würde jetzt hinuntergehen, und wenn er wiederkäme, würde er an uns bestimmte Fragen richten. Sollten wir die Fragen nicht beantworten, "so wird uns nochmal so eine Wucht verabfolgt [...] und dann werden wir in den Wagen eingeladen und nach Schmöckwitz gefahren, wo wir unsere Kute (Grube) graben können." Während der Abwesenheit des Führers sowie einigen anderen SA-Leuten, wurden wir von der zurückbleibenden Wache mit allerlei Schimpfworten bedacht. Was für schmutzige Wörter von den Leuten zu uns gesagt wurden, kann ich heute hier nicht mehr wiedergeben.

Nach Rückkehr des Führers bekamen wir der Reihe nach auf dieselbe Art und Weise wie vorher zum 4. Male je 20 Schläge. […]

Mir wurde jetzt erklärt, daß ich jetzt entlassen werde, müßte aber vorher noch ein Revers unterschreiben. Das Revers war schon mit der Maschine vorgeschrieben. Es enthielt, daß ich alle Ämter niederzulegen habe, daß ich aus der Partei austrete und mich politisch nicht mehr betätige. Außerdem solle ich mich von Donnerstag, den 23. März 33 ab in der dort befindlichen SA-Kaserne, wo ich geschlagen wurde, abends von 19-20 Uhr täglich melden. Am Donnerstag, den 23. März 33, hätte ich auch die Liste sämtlicher Funktionäre der Partei mitzubringen. […] Da ich nun allein auf der Straße stand und nicht laufen konnte, war es mir nicht möglich, meinen Heimweg anzutreten. […]

Am 31. März wurde ich auf Grund einer Verfügung des Hauptgesundheitsamts aus dem Krankenhaus entlassen. Ich befinde mich heute noch in ärztlicher Behandlung. […]

Aus Furcht, daß mir evtl. nochmals dieses Unglück widerfahren könnte und damit ich nun in Ruhe gelassen werde, stelle ich gegen die Täter keinen Strafantrag.

Aus dem Vernehmungsprotokoll der Berliner Kriminalpolizei vom 17. Mai 1933, ,in: Josef und Ruth Becker (Hg.), Hitlers Machtergreifung 1933. Dokumente vom Machtantritt Hitlers, München 1983, S. 150 ff.

Gleichschaltung der Länder

Mit dem Wahltag begann der Prozeß der Gleichschaltung in Ländern und Kommunen, aber auch der Verbände und Vereine. Damit brach ein Erdrutsch über Deutschlands Städte und Dörfer herein, der die überlieferte politische Ordnung zerstörte und soziale Netzwerke weitgehend zerstörte. Es war ein Vorgang einer teilweise gewaltsamen, teilweise freiwilligen Gleichschaltung, in dem sich der Macht- und Ausgrenzungswille der nationalsozialistischen Führung mit den sozialen Ressentiments der Zukurzgekommenen und in dem sich Aufbruchs- und Erneuerungspathos mit Anpassungsdrang und Opportunismus verbanden.

Die Gleichschaltung der Länder vollzog sich zwischen dem 5. und 9. März 1933 in der bereits bewährten Taktik nationalsozialistischer Machteroberung durch das Ineinandergreifen zweier Strategien: durch revolutionäre Aktionen auf der Straße von unten und durch scheinlegale, administrative Maßnahmen der Reichsregierung von oben. Begründet wurden die Aktionen mit dem Wahlsieg der NSDAP, den man nun in Ländern und Kommunen nachvollziehen müsse. Das entsprach weder den Wahlergebnissen noch den Verfassungsgrundsätzen des Föderalismus, aber das zählte nicht mehr. Überall forderten die Nationalsozialisten die Einsetzung von Reichskommissaren oder die Beteiligung an der Landesregierung bzw. die Posten von Bürgermeistern und Polizeipräsidenten.

Um diesen Forderungen Nachdruck zu verleihen, kam es zusätzlich zu organisierten Kundgebungen des sogenannten "Volkszornes". Nationalsozialistische Demonstranten, meistens SA-Männer oder Parteiaktivisten rückten vor die Rathäuser und Regierungsgebäude, verlangten das Hissen einer Hakenkreuzfahne und drohten mit der Blockade bzw. Erstürmung der Gebäude. Dies wiederum nutzte der Reichsinnenminister dann als Vorwand, um unter Berufung auf Artikel 2 der "Reichstagsbrandverordnung" einzugreifen. Er setzte die Landesregierung ab und setzte einen Kommissar, in der Regel den zuständigen Gauleiter der NSDAP oder einen anderen führenden Nationalsozialisten, ein und ernannte auch kommissarische Polizeipräsidenten. Daß dies in der Regel reibungslos verlief, hatte mit der allgemeinen politischen Resignation der republikanischen Kräfte zu tun. Die eigentliche Schwäche der meisten Länderregierungen lag darin, daß sie wie in Bayern, Württemberg, Hessen, Sachsen und Hamburg keine parlamentarischen Mehrheiten mehr besaßen undur noch geschäftsführend im Amt waren. Hier setzten die Nationalsozialisten an.

Vorgänge in Bayern

Begonnen hatten die Aktionen in Hamburg. Besonders hartnäckig, wenn auch am Ende ebenso hilflos in ihrem Selbstbehauptungswillen war die bayerische Landesregierung. Goebbels beschreibt in seinem Tagebuch vom 8. März die Planungen für Bayern: "Abends sind wir alle beim Führer. Dort wird beschlossen, daß nunmehr Bayern an die Reihe kommen soll." Doch der bayerische Ministerpräsident Heinrich Held war couragiert genug, um sich nicht von der Drohung eines SA-Aufstandes zur Aufgabe zwingen zu lassen. Sein Versuch freilich, die bayerische Reichswehr zum Schutz gegen die aufziehenden SA-Verbände einzusetzen, scheiterte am Befehl der Reichswehrführung aus Berlin, die Reichswehr müsse sich aus innenpolitischen Dingen heraushalten. Hitlers Bündnis mit der Reichswehr machte sich bezahlt. Schließlich intervenierte Reichsinnenminister Frick, wie zuvor schon in den anderen Ländern.

Ein erneuter Widerstandsversuch Helds, diesmal beim Reichspräsidenten, ging ebenfalls ins Leere. Auf den Protest gegen den Rechtsbruch durch den Reichsinnenminister antwortete nicht der Reichspräsident, sondern Wilhelm Frick selbst. Unter Hinweis auf Artikel 2 der "Reichstagsbrandverordnung" setzte er als Reichskommissar für Bayern den Nationalsozialisten Generalleutnant Franz Ritter von Epp ein. Noch nicht einmal zu einem persönlichen Gespräch bei Hindenburg wurde der entlassene Ministerpräsident Held vorgelassen. Dieselben Vorgänge waren nach den Ländern mittlerweile auch in den meisten Städten abgelaufen.

Was an den bayerischen Vorgängen besonders folgenreich sein sollte, war die Tatsache, daß im Gefolge Epps ein weiterer Parteigenosse in die Kommandostellen der Münchener und bayerischen Polizei einrückte, für den die Machtergreifung bisher eine Enttäuschung war: Heinrich Himmler, Reichsführer der noch kleinen "Schutzstaffel" (SS), die der SA unterstellt war. Bislang hatte Himmler vergeblich versucht, sich in die Polizeiarbeit zu drängen und konnte sich allenfalls durch neu gegründete Sonderkommandos im Rahmen der preußischen Hilfspolizei am politischen Terror beteiligen. Nun aber zog er in staatliche Funktionen ein. Er wurde Leiter der Polizeidirektion München und "Politischer Referent beim Staatsministerium des Innern." Damit war ihm die gesamte Politische Polizei in Bayern unterstellt. Mit ihm rückte Reinhard Heydrich in die Politische Abteilung des Präsidiums in München ein. Damit begann ihr Aufstieg in das Zentrum der politischen Macht. Der Reichsführer SS und sein ihm intellektuell überlegener Gehilfe knten sich in der Polizeibürokratie fest etablieren. Sie brachten sich von München aus zwischen November 1933 und Januar 1934 überall in den gleichgeschalteten Ländern, mit Ausnahme von Preußen und Schaumburg-Lippe, durch Absprachen mit den regionalen NS-Führern in kurzer Zeit in den Besitz der wichtigsten Polizeifunktionen in Deutschland. Die Versuche des Reichsinnenministers, die Kontrolle über diesen Bereich zu gewinnen, scheiterten.

Ende des Föderalismus

Erwähnenswert sind die legislativen Akte, mit denen Hitler den Prozeß der Gleichschaltung der Länder besiegelte. Mittlerweile war er durch das Ermächtigungsgesetz vom 23. März 1933 in die Lage versetzt worden, Reichsgesetze zu erlassen. Das "Vorläufige Gesetz zur Gleichschaltung der Länder mit dem Reich" vom 31. März ermächtigte die Landesregierungen, ohne Beschluß des Landtages Gesetze zu erlassen und die Landesverwaltung neu zu organisieren, das heißt auch politisch zu säubern. Gleichzeitig wurden die Landtage nach dem Reichstagswahlergebnis neu zusammengesetzt, wobei die Zahl der Mandate verringert und die KPD-Sitze gestrichen wurden.

Mit dem "Zweiten Gesetz zur Gleichschaltung der Länder mit dem Reich" vom 7. April wurden elf Reichsstatthalter durch den Reichspräsidenten auf Vorschlag des Reichskanzlers ernannt. Die hatten die Befugnis, "für die Beobachtung der vom Reichskanzler aufgestellten Richtlinien der Politik zu sorgen", die Vorsitzenden der Landesregierungen zu ernennen sowie die Landtage gegebenenfalls aufzulösen bzw. Landesgesetze anzufertigen. In einer Doppelfunktion waren die Reichsstatthalter damit einerseits politische Beauftragte der Reichsregierung oder deren direkte Vertreter vor Ort und andererseits die eigentlichen Vertreter der Länderinteressen gegenüber dem Reich.

In Preußen, dem wichtigsten und größten Land, das in der Machtausweitung bisher den Vorreiter gespielt hatte, wurden die politisch-administrativen Verhältnisse den neuen Entwicklungen angepaßt. Hier ernannte der Reichskanzler den Reichsstatthalter bzw. Chef der Landesregierung in eigener Machtvollkommenheit ohne Mitwirkung des Reichspräsidenten. Der amtierende Reichskommissar in Preußen, Franz von Papen, trat am 7. April zurück. Nachfolger als Reichsstatthalter in Preußen wurde Hitler, der das Amt durch den zum Ministerpräsidenten ernannten Hermann Göring verwalten ließ. Mit der Abschaffung des Föderalismus kündigte sich in der Verfassungsorganisation des Reiches damit zugleich der Führerstaat an.

Reich und Regionen

Mit dem Gleichschaltungsprozeß in Ländern und Gemeinden entwickelte sich eine verfassungsrechtliche Situation, die nie eindeutig geklärt werden und die zu einem charakteristischen Merkmal der Herrschaftsstruktur des "Dritten Reiches" werden sollte: das Nebeneinander von Staat und Partei. Die meisten Reichsstatthalter besaßen als Gauleiter der Partei, die sie zugleich waren, oder als SA-Gruppenführer eine eigene Machtbasis und konnten sich durch ihr Parteiamt und den damit verbundenen direkten Zugang zu Hitler der staatlichen Aufsicht jederzeit entziehen, die formal der Reichsinnenminister über sie ausübte. Wenn nach außen mit den Gleichschaltungsgesetzen also eine Zentralisierung im Sinne alter Reichsreformpläne vollzogen wurde, so entfaltete sich in der politischen Wirklichkeit ein wildwuchernder Partikularismus. Denn die meisten "Gaufürsten" erwiesen sich als viel hartnäckigere Vertreter der Länderinteressen als vor ihnen die Ministerpräsidenten. Konflikte zwischen den zuständigen Reichsministern und den "zekönigen" in den Ländern bzw. Gauen gehörten bald zum Regierungsalltag.

Von Anfang an weigerte sich jedoch Hitler, in dessen Person das Nebeneinander von Staat und Partei zusammenlief, eine klare Kompetenzregelung zu treffen. In seinem sehr personalisierten Verhältnis zu seinen Reichsstatthaltern und Gauführern kam seine Abneigung gegen regelhaftes Regierungs- und Verwaltungshandeln zum Ausdruck. Ebenso kennzeichnete es seinen Führungsstil, der den Unterführern ein großes Maß an Freiraum ließ, um diese zur Entfaltung größtmöglicher Energien anzustacheln. Durch die gleichzeitige Unsicherheit in den tatsächlichen Entscheidungskompetenzen hielt er die eigene Machtsphäre unabhängig.

Diese eigentümliche Unklarheit, die sich schon im Frühjahr 1933 ausbildete, relativierte alles, was die nationalsozialistische Propaganda über die Einheitlichkeit des neuen Staates und die Eindeutigkeit des Führerwillens behauptete. Denn der Herrschaftsalltag war geprägt von ungeregelten Zuständigkeiten zwischen Reich und Ländern, zwischen staatlicher Verwaltung und Parteidienststellen, zwischen Ministerien und Sonderbevollmächtigten sowie Beauftragten des "Führers" und damit von vielfältigen Kompetenzkonflikten. Sie wurden zu keiner Zeit vom allmächtigen "Führer und Reichskanzler", wie Hitler sich seit dem August 1934 offiziell nannte, nach einheitlichen Kriterien geregelt. Im Gegenteil, Hitler ließ sie oft treiben oder äußerte sich so vage, daß die rivalisierenden Unterführer unterschiedliches daraus ableiten konnten. Das galt auch schon für die Mahnung Hitlers an die SA und SS nach Abschluß der Gleichschaltungsaktionen am 10. März, daß das große Werk der nationalen Revolution nicht durch Einzelaktionen kompromittiert werden dürfe. Nach der Umwälzung der vergangenen Tage und Wochen sollte jedoch der "weitere Vollzug der nationalen Erhebung ein von oben geleiteter planmäßiger" sein.

Rolle der SS

Dies war keine Absage an politische Gewalt und kein Plädoyer für eine straffe autoritäre Organisation der innenpolitischen Entscheidungen, sondern nur eine Absage an die politisch unkontrollierte Gewalt der SA. Zugleich bedeutete diese Aussage aber auch die Propagierung geordneter Gewalt, wie sie dann von der "Schutzstaffel" (SS) verkörpert wurde. Es ist darum kein Zufall, daß am 20. März die Einrichtung eines neuen Konzentrationslagers der SS in einer ehemaligen Pulver- und Munitionsfabrik im oberbayerischen Dachau beschlossen und auch in der Presse publiziert wurde. Hier entstand im Unterschied zu den "wilden" Konzentrationslagern und Folterkellern der SA ein "Musterlager" mit strenger Reglementierung der barbarischen Gewalt gegen politische Gegner. Die Brutalität, mit denen die SA-Trupps politische und persönliche Gegner in den ersten Monaten der Machteroberung behandelten, hatte die Bürger und auch die Presse im In- und Ausland verschreckt. Die Übergriffe hatten sich teilweise vor aller Augen abgespielt.

Mit dem Aufbau der Konzentrationslager der SS verschwand dieser Terror nicht, die SA führte ihre willkürliche Jagd auf ihre Opfer weiter. Während der "Köpenicker Blutwoche" im Juni 1933, einer Racheaktion der SA an politischen Gegnern, gab es 91 Tote und mehr als 500 Verschleppte. Durch die SS wurde der Terror lediglich organisiert und von der Öffentlichkeit abgeschirmt. "Hier werden", berichtete der "Völkische Beobachter" vom 21. März 1933 zufrieden, "die gesamten kommunistischen und, soweit dies notwendig ist, Reichsbanner- und sozialdemokratische Funktionäre, die die Sicherheit des Staates gefährden, zusammengezogen, da es auf Dauer nicht möglich ist und den Staatsapparat zu sehr belastet, diese Funktionäre in den Gerichtsgefängnissen unterzubringen".

Ende Juni 1933 hatte Himmler den SS-Oberführer Theodor Eicke zum Kommandanten des Lagers Dachau ernannt. Dieser erließ eine Disziplinar- und Strafordnung, die vom Gedanken äußerster Härte bestimmt war und den Grausamkeiten der SA in nichts nachstand. Neben Arrest und Prügel drohte den Gefangenen "kraft revolutionären Rechts" für den Fall von Meuterei oder Flucht auch die Hinrichtung. Jede persönliche Regung der SS-Wachmannschaften gegenüber den Gefangenen sollte unterbleiben. Stattdessen wurde das Lager als Teil eines ideologischen Erziehungskonzeptes bestimmt, das nur die Umerziehung oder die "Ausmerzung" der Feinde der "Volksgemeinschaft" kannte.

Quellentext

Berichte über die ersten Konzentrationslager

Frühjahr 1933

Am Mittwoch wird in der Nähe von Dachau das erste Konzentrationslager mit einem Fassungsvermögen für 5000 Menschen errichtet werden. Hier werden die gesamten kommunistischen und, soweit dies notwendig ist, Reichsbanner- und sozialdemokratischen Funktionäre, die die Sicherheit des Staates gefährden, zusammengezogen, da es auf die Dauer nicht möglich ist und den Staatsapparat zu sehr belastet, diese Funktionäre in den Gerichtsgefängnissen unterzubringen. Es hat sich gezeigt, daß es nicht angängig ist, diese Leute in die Freiheit zu lassen, da sie weiter hetzen und Unruhe stiften. Im Interesse der Sicherheit des Staates müssen wir diese Maßnahmen treffen ohne Rücksicht auf kleinliche Bedenken. Polizei und Innenministerium sind überzeugt, daß sie damit zur Beruhigung der gesamten nationalen Bevölkerung und in ihrem Sinne handeln.

Meldung des "Völkischen Beobachters" vom 21. März 1933, in: Wolfgang Michalka (Hg.), Das Dritte Reich. Dokumente zur Innen- und Außenpolitik, Band 1, München 1985, S. 32 .

[…] In diesen Märztagen entstanden die Konzentrationslager um Berlin. Es kamen Nachrichten über Lager bei Oranienburg, Königswusterhausen und Bornim. Nach den Berichten von Beamten und Freunden trat die SA mit eigenen "Vernehmungsstellen" in Berlin selbst in eine grauenvolle Tätigkeit ein. In den einzelnen Stadtteilen entstanden "Privatgefängnisse".

[…] Ich konnte nun mit den Polizeimannschaften die Marterhöhle betreten. Dort waren die Fußböden einiger leerer Zimmer, in denen sich die Folterknechte betätigten, mit einer Strohschütte bedeckt worden. Die Opfer, die wir vorfanden, waren dem Hungertod nahe. Sie waren tagelang stehend in enge Schränke gesperrt worden, um von ihnen "Geständnisse" zu erpressen. Die "Vernehmungen" hatten mit Prügeln begonnen und geendet; dabei hatte ein Dutzend Kerle in Abständen von Stunden mit Eisenstäben, Gummiknüppeln und Peitschen auf die Opfer eingedroschen. Eingeschlagene Zähne und gebrochene Knochen legten von den Torturen Zeugnis ab. Als wir eintraten, lagen diese lebenden Skelette reihenweise mit eiternden Wunden auf dem faulenden Stroh. Es gab keinen, dessen Körper nicht vom Kopf bis zu den Füßen die blauen, gelben und grünen Male der unmenschlichen Prügel an sich trug. Bei vielen waren die Augen zugeschwollen, und unter den Nasenlöchern klebten Krusten geronnenen Blutes. Es gab kein Stöhnen und Klagen mehr; nur starres Warten auf das Ende oder neue Prügel.

Bericht des ersten Gestapo-Chefs Rudolf Diels, in: a. a. O., S.. 32 f.

Tag von Potsdam

Zur gleichen Zeit zeigte das Regime unter der Regie des neuen Propagandaministers Goebbels sein anderes Gesicht, das allemal angenehmer wahrzunehmen war. Gelegenheit dazu bot die feierliche Eröffnung des neuen Reichstages.

Mit dem "Tag von Potsdam" zum Frühlingsanfang am 21. März inszenierte Hitler und der neuernannte Propagandaminister Joseph Goebbels am Traditionsort preußischer Geschichte die "Versöhnung des alten mit dem jungen Deutschland". Alle waren zum Fest der nationalen Versöhnung aus Anlaß der feierlichen Eröffnung des Reichstages geladen: Parteigenossen und Bündnispartner, SA-Führer und Reichswehroffiziere, Männer der Wirtschaft und der Verwaltung, ehemals gekrönte Häupter und Generäle des kaiserlichen Deutschland. Nur Sozialdemokraten und Kommunisten waren nicht geladen. Sie waren, wie Innenminister Frick höhnisch bemerkte, "durch dringende und nützliche Arbeiten [...] in den Konzentrationslagern" am Erscheinen gehindert worden.

Der Tag in Potsdam begann mit Festgottesdiensten, denn auch Vertreter der Kirchen wollten bei der propagierten nationalen Versöhnung nicht abseits stehen. Danach kam es auf den Stufen der Garnisonskirche zu der millionenfach reproduzierten Begegnung zwischen Hindenburg und Hitler. Der "unbekannte Gefreite des Weltkrieges", im schwarzen Cut, verbeugte sich tief vor dem Reichspräsidenten, der die Uniform eines kaiserlichen Generalfeldmarschalls trug. Im Altarraum der Kirche verharrte Hindenburg vor dem leeren Stuhl des Kaisers und hob grüßend den Marschallstab. Hinter dem Stuhl saß der Kronprinz, auch er in preußischer Generalsuniform. Hitler folgte respektvoll und befangen. Auch das folgende minutiös einstudierte Programm mit Orgelmusik und Choral, einer kurzen Ansprache Hindenburgs und einer betont feierlichen und in den Aussagen allgemein gehaltenen Rede Hitlers war ganz darauf ausgerichtet, den schönen Schein einer "nationalen Vermählung vollzogen zwischen den Symbolen der alten Größe und der jungen Kraft"so Hitler, zu erzeugen. Nach dieser feierlichen Eröffnung begann dann die Arbeit des Reichstages, die in der Konzeption Hitlers nur dessen Selbstabdankung bringen sollte.

In der Tat, die "Potsdamer Rührkomödie" (Friedrich Meinecke) verfehlte ihre Wirkung im In- und Ausland nicht. Das "Dritte Reich" hatte sich als legitimer Erbe des "Zweiten Reichs" Bismarcks präsentieren und den Eindruck erwecken können, als sei die Zähmung der dynamischen nationalsozialistischen Bewegung durch den preußisch-deutschen Konservativismus gelungen.

Ermächtigungsgesetz

Zwei Tage später, bei der Abstimmung über das Ermächtigungsgesetz in der Kroll-Oper, wo der Reichstag nun in Zukunft tagen sollte, hatte sich die Kulisse völlig verändert. Statt des schönen Scheins der Tradition nun die Drohgebärde der vor und in dem Gebäude aufmarschierten SA-Verbände. Auch Hitler kam nun in Parteiuniform. Reichstagspräsident Göring hatte zuvor schon alle Vorkehrungen getroffen, damit die Zweidrittelmehrheit der Anwesenden und der Stimmen erreicht würde. Denn nach Artikel 76 der Weimarer Reichsverfassung benötigten "Beschlüsse des Reichstages auf Abänderung der Verfassung" eine Zweidrittelmehrheit, sofern mindestens auch "zwei Drittel der gesetzlichen Mitgliederzahl anwesend sind." Die 81 KPD-Abgeordneten waren rechtswidrig erst gar nicht eingeladen worden und 26 SPD-Abgeordnete waren bereits verhaftet oder geflohen. Durch einen Geschäftsordnungstrick wurden nun die unentschuldigt fehlenden oder ausgeschlossenen Abgeordneten als anwesend gerechnet. Damit war eine Verhinderung oder Verzögerung des Abstimmungsverfahrens durch die parlamentarischen Möglichkeiten der Geschäftsordnung von vorneherein unmöglich. Nun hing alles vom Verhalten des Zentrums und der Bayerischen Volkspartei (BVP) ab. In mehrtägigen Gesprächen mit den Vertretern des politischen Katholizismus waren Zusagen gemacht worden, auf die Hitler in seiner Rede werbend einging, indem er vor allem die Rechte der Kirchen einzuhalten versprach.

Auseinandersetzungen im Zentrum

Die Verhandlungen mit den Nationalsozialisten im Vorfeld der Reichstagssitzung hatten die Zentrumsfraktion vor eine schwere innere Zerreißprobe gestellt. Gegen den Willen einer Minderheit um Heinrich Brüning und Adam Stegerwald setzte sich der Parteivorsitzende Prälat Ludwig Kaas, ohnehin ein Verfechter einer autoritären nationalen Sammlungspolitik, schließlich durch. Seine Argumente waren durchaus einleuchtend, aber gleichwohl verhängnisvoll. Das Ermächtigungsgesetz ändere in der politischen Wirklichkeit nichts an der Herrschaft Hitlers. Weite Teile der Basis der Partei verlangten nach einem besseren Verhältnis zur NSDAP und seien kaum noch daran zu hindern, in das Lager Hitlers zu wechseln. Schließlich belastete das Zentrum das Trauma des Kulturkampfes unter Bismarck, der mit der Einführung der Alleingültigkeit der Zivilehen und der staatlichen Schulaufsicht zu wesentlichen Einbußen der kirchlichen Disziplinargewalt im öffentlichen Leben beigetragen hatte. Man wollte nicht noch einmal in die Rolle eines Reichsfeindes geraten. Die Zentrumsführung verließ sich auf die Zusagen Hitlers, daß man die bestehenden Länderkonkordate zwischen dem Vatikan und Baden, Bayern und Preußen anerkenne, den christlichen Einfluß auf die Schule respektiere und zusammen mit dem Zentrum ein Gremium zur fortlaufenden Information über die Maßnahmen der Reichsregierung bilden werde.

Umstritten und nicht belegbar ist die Vermutung, bei der Entscheidung des Zentrums für das Ermächtigungsgesetz hätten auch konkrete Absichtserklärungen über ein Reichskonkordat eine Rolle gespielt, das in der Tat einige Wochen später verhandelt und abgeschlossen wurde. Auch war die Vorstellung, den organisatorischen Kern des katholischen Lagers, nämlich das Verbandsleben, durch diese Entscheidung zu retten, durchaus plausibel. Daß sie bei ihrem Bemühen, "Schlimmeres" zu verhindern, die Wortbrüchigkeit der Nationalsozialisten unterschätzten, wurde erst später erkennbar. All das aber belegte noch einmal, wie entscheidend für die Erfolge Hitlers neben dem skrupellosen nationalsozialistischen Machtwillen die innere Schwäche bzw. Zerstrittenheit der politischen Gegner war. Das gilt auch für die Deutsche Staatspartei, die sich in der politischen Situation des Frühjahrs 1933 nicht anders verhielt und trotz warnender Stimmen dem Gesetz schließlich zustimmte.

Verstärkt haben dürfte die Zustimmung zum Gesetz, die mit 444 Ja-Stimmen gegen 94 Nein-Stimmen endete, auch die Rede Hitlers, die rhetorisch geschickt Werbung und Versprechungen mit Drohungen verband. Die Regierung, so Hitler, biete den Parteien die "Möglichkeit einer ruhigen Entwicklung und einer sich daraus in Zukunft anbahnenden Verständigung" an. Auch die Rechte des Reichstages, des Reichsrates oder des Reichspräsidenten werde man nicht antasten. Zugleich aber drohte Hitler, er sei "ebenso entschlossen und bereit, die Bekundung der Ablehnung und damit die Ansage des Widerstandes entgegenzunehmen." Die Entscheidung über "Frieden und Krieg" läge bei den Abgeordneten selbst. Aber was sollten alle Beschwichtigungen, wenn mit jedem Artikel des "Gesetzes zur Behebung der Not von Volk und Reich" (Ermächtigungsgesetz) ein Eckstein aus der Verfassung herausgebrochen wurde. Reichsgesetze konnten hinfort auch von der Reichsregierung beschlossen werden; diese Gesetze durften von der Verfassung abweichen; der Reichskanzler konnte anstelle des Reichspräsidenten die Gesetze ausfertigen und verkünden. Artikel 4 des Ermächtigungsgesetzes übertrug auch das Recht zum Abschluß von Verträgen mit fremden Staaten allein auf die Reichsregierung. Der fünfte und letzte Artikel war dazu angetan, trügerische Hoffnungen zu nähren. Die Gültigkeit des Gesetzes war auf vier Jahre beschränkt und an die Existenz der gegenwärtigen Regierung gebunden. Doch es sollte noch zweimal verlängert werden und blieb wie die Reichstagsbrandverordnung bis zum Ende des "Dritten Reiches" in Kraft.

Ablehnung durch die SPD

Nur ein Abgeordneter, der sozialdemokratische Parteivorsitzende Otto Wels, wagte es, in maßvoller und würdiger Form unter den drohenden Blicken der SA-Truppen die Ablehnung seiner Partei zu erläutern. Es war ein Zeugnis von Unerschrockenheit und ein letztes öffentliches Bekenntnis zur Demokratie. Wels begründete die Ablehnung mit den Verfolgungen, die die SPD in der letzten Zeit erfahren habe und mahnte, daß auf Gewalt und Unrecht keine Volksgemeinschaft begründet werden könne. "Ihre erste Voraussetzung ist gleiches Recht." Eine Regierung könne nur Strenge walten lassen, "wenn es nach allen Seiten gleichmäßig und unparteiisch geschieht und wenn man es unterläßt, besiegte Gegner zu behandeln, als seien sie vogelfrei. Freiheit und Leben kann man uns nehmen, die Ehre nicht." Wels schloß sein Bekenntnis zu Rechtsstaat und Demokratie mit einem Gruß an die "Verfolgten und Bedrängten".

Hitler stürzte darauf mit äußerster Erregung an das Rednerpult: "Die schönen Theorien, die Sie, Herr Abgeordneter, soeben hier verkündeten, sind der Weltgeschichte etwas zu spät mitgeteilt worden. Vielleicht hätten diese Erkenntnisse, praktisch angewendet vor Jahren, die heutigen Klagen von Ihnen erspart." Es war eine zynische und rhetorisch gekonnte Replik, die sich in das Gewand der radikalen Kritik am sozialdemokratischen Reformismus hüllte und der SPD jeden Anspruch auf die Vertretung nationaler und sozialer Interessen bestritt. Schließlich enthüllte Hitler das revolutionäre, gewalttätige Verständnis der Nationalsozialisten von Politik und Recht: "Auch Ihre Stunde hat geschlagen, und nur weil wir Deutschland sehen und seine Not und die Notwendigkeit des nationalen Lebens, appellieren wir in dieser Stunde an den Deutschen Reichstag, uns zu genehmigen, was wir ohnedem hätten nehmen können. Des Rechts wegen tun wir es - nicht weil wir die Macht überschätzen, sondern weil wir uns am Ende mit denen, die vielleicht heute von uns getrennt sind, aber doch an Deutschland glauben, einst vielleicht leichter finden können. Denn ich möchte nicht in den Fehler verfallen, Gegner bloß zu reizen, statt sie entweder zu vernichten oder zu versöhnen."

Zur Täuschung und wegen der plebiszitären Werbung wählte Hitler den scheinlegalen Weg des Ermächtigungsgesetzes, um eine politische Ordnung mit möglichst breitem Konsens zu errichten, in der es entweder nur Zustimmung oder Vernichtung geben könne. Tatsächlich beschloß das Ermächtigungsgesetz eine weitere Etappe der nationalsozialistischen Machtergreifung. Der "Völkische Beobachter", das politisch-propagandistische Massenblatt der NSDAP, bilanzierte zufrieden: "Für vier Jahre kann Hitler alles tun, was notwendig ist für die Rettung Deutschlands. Negativ in der Ausrottung der volkszerstörenden marxistischen Gewalten, positiv im Aufbau einer neuen Volksgemeinschaft."

Stabilisierung des Regimes

Gerade zwei Monate hatte Hitler gebraucht, um sich von seinen konservativen "Bändigern" frei zu machen. Er war nun unabhängig vom Reichspräsidenten und auch von den deutschnationalen Partnern. Eine organisierte Gegenwehr, möglichst noch auf dem Boden der Verfassung, war nun unmöglich geworden. Hitler konnte nun das Gewicht der nationalsozialistischen Massenbewegung auch gegen die konservativen Regierungspartner ausspielen. In ihrem blinden Eifer gegen Parlamentarismus und linke Parteien hatten Papen und Hugenberg übersehen, daß sie nach deren Ausschaltung kein Gegengewicht gegen die Übermacht der NSDAP hatten und daß der Weg zurück zu einer autoritären Verfassung schon längst nicht mehr möglich war. Auch die weitere Stoßrichtung der politischen Dynamik der NSDAP war nun deutlich erkennbar.

Quellentext

Otto Wels (SPD) zum "Ermächtigungsgesetz"

am 23. März 1933

[…] Nach den Verfolgungen, die die Sozialdemokratische Partei in der letzten Zeit erfahren hat, wird billigerweise niemand von ihr verlangen oder erwarten können, daß sie für das hier eingebrachte Ermächtigungsgesetz stimmt. Die Wahlen vom 5. März haben den Regierungsparteien die Mehrheit gebracht und damit die Möglichkeit gegeben, streng nach Wortlaut und Sinn der Verfassung zu regieren. Wo diese Möglichkeit besteht, besteht auch die Pflicht. Kritik ist heilsam und notwendig. Noch niemals, seit es einen Deutschen Reichstag gibt, ist die Kontrolle der öffentlichen Angelegenheiten durch die gewählten Vertreter des Volkes in solchem Maße ausgeschaltet worden, wie es jetzt geschieht, und wie es durch das neue Ermächtigungsgesetz noch mehr geschehen soll. Eine solche Allmacht der Regierung muß sich um so schwerer auswirken, als auch die Presse jeder Bewegungsfreiheit entbehrt.

[…]

Wir haben gleiches Recht für alle und ein soziales Arbeitsrecht geschaffen. Wir haben geholfen, ein Deutschland zu schaffen, in dem nicht nur Fürsten und Baronen, sondern auch Männern aus der Arbeiterklasse der Weg zur Führung des Staates offen steht. Davon können Sie nicht zurück, ohne Ihren eigenen Führer preiszugeben. Vergeblich wird der Versuch bleiben, das Rad der Geschichte zurückzudrehen. Wir Sozialdemokraten wissen, daß man machtpolitische Tatsachen durch bloße Rechtsverwahrungen nicht beseitigen kann. Wir sehen die machtpolitische Tatsache Ihrer augenblicklichen Herrschaft. Aber auch das Rechtsbewußtsein des Volkes ist eine politische Macht, und wir werden nicht aufhören, an dieses Rechtsbewußtsein zu appellieren.

[…] Wir deutschen Sozialdemokraten bekennen uns in dieser geschichtlichen Stunde feierlich zu den Grundsätzen der Menschlichkeit und der Gerechtigkeit, der Freiheit und des Sozialismus. Kein Ermächtigungsgesetz gibt Ihnen die Macht, Ideen, die ewig und unzerstörbar sind, zu vernichten. […] Das Sozialistengesetz hat die Sozialdemokratie nicht vernichtet. Auch aus neuen Verfolgungen kann die deutsche Sozialdemokratie neue Kraft schöpfen.

Wir grüßen die Verfolgten und Bedrängten. Wir grüßen unsere Freunde im Reich. Ihre Standhaftigkeit und Treue verdienen Bewunderung. Ihr Bekennermut, ihre ungebrochene Zuversicht verbürgen eine hellere Zukunft.

Wolfgang Michalka (Hg.), Das Dritte Reich. Dokumente zur Innen- und Außenpolitik, Band 1, München 1985, S. 33 ff.

Allen Beteuerungen zum Trotz war das Gesetz ganz offenkundig nicht legal zustandegekommen. Alle institutionellen Sicherungen, die gegen den Mißbrauch eingebaut worden waren, bestanden ein Jahr später nicht mehr. Der Reichstag war völlig gleichgeschaltet, der Reichsrat aufgelöst und das Amt des Reichspräsidenten existierte nach dem Tode von Hindenburgs (1934) als unabhängige Verfassungsinstitution auch nicht mehr. Verfassungswidrig war schon bei der Abstimmung über das Ermächtigungsgesetz die Zusammensetzung des Reichsrates, der einem verfassungsändernden Gesetz mit einer qualifizierten Mehrheit ebenfalls zustimmen mußte. Dort aber saßen seit Mitte März nicht mehr Vertreter demokratisch gewählter Länderregierungen, sondern Beauftragte von Reichskommissaren. Das Ermächtigungsgesetz hat der Stabilisierung des Regimes große Dienste geleistet, und das war sein eigentlicher Zweck. Denn es bot den im formalen Denken großgewordenen konservativen Sympathisanten und Beamten die Möglichkeit, das Gewissen zu beruhigen und ihre Vorstellungen von Staat und Recht scheinbar zu befriedigen.

Quellentext

Ermächtigungsgesetz

vom 24. März 1933

Der Reichstag hat das folgende Gesetz beschlossen, das mit Zustimmung des Reichsrats hiermit verkündet wird, nachdem festgestellt ist, daß die Erfordernisse verfassungsändernder Gesetzgebung erfüllt sind:

Art. 1. Reichsgesetze können außer in dem in der Reichsverfassung vorgesehenen Verfahren auch durch die Reichsregierung beschlossen werden. […]

Art. 2. Die von der Reichsregierung beschlossenen Reichsgesetze können von der Reichsverfassung abweichen, soweit sie nicht die Einrichtung des Reichstags und des Reichsrats als solche zum Gegenstand haben. Die Rechte des Reichspräsidenten bleiben unberührt.

Art. 3. Die von der Reichsregierung beschlossenen Reichsgesetze werden vom Reichskanzler ausgefertigt und im Reichsgesetzblatt verkündet. Sie treten, soweit sie nichts anderes bestimmen, mit dem auf die Verkündung folgenden Tage in Kraft. […]

Art. 4. Verträge des Reichs mit fremden Staaten, die sich auf Gegenstände der Reichsgesetzgebung beziehen, bedürfen nicht der Zustimmung der an der Gesetzgebung beteiligten Körperschaften. Die Reichsregierung erläßt die zur Durchführung dieser Verträge erforderlichen Vorschriften.

Art. 5. Dieses Gesetz tritt mit dem Tage seiner Verkündung in Kraft. Es tritt mit dem 1. April 1937 außer Kraft; es tritt ferner außer Kraft, wenn die gegenwärtige Reichsregierung durch eine andere abgelöst wird.

Wolfgang Michalka (Hg.), Das Dritte Reich. Dokumente zur Innen- und Außenpolitik, Band 1, München 1985, S. 35.


Auszug aus:
Informationen zur politischen Bildung (Heft 251) - Beginn der nationalsozialistischen Herrschaft
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