Zé Roberto: „Unser Klima kann die Europäer fertig machen“

Ex-Bayern-Star Zé Roberto über die körperliche Belastung bei der WM, neue politische Proteste und Deutschlands Titel-Chancen

Von: Von MARIO VOLPE

Er machte 84 Länderspiele für die Selecao, glänzte bei den Bayern, in Leverkusen und beim HSV. Bis 2014 lässt Zé Roberto seine Karriere bei Gremio Porto Alegre ausklingen – er will die 40 Jahre noch vollmachen.

BILD am SONNTAG: Zé Roberto, Deutschland hat Irland 3:0 geschlagen und sich für die WM 2014 qualifiziert. Was halten Sie vom DFB-Team?

ZÉ ROBERTO (39): Deutschland ist in meinen Augen zusammen mit Spanien die einzige europäische Mannschaft, die den WM-Titel in Brasilien holen kann.

Warum?

Vier Mannschaften haben aus meiner Sicht Titel-Chancen: Brasilien, Argentinien, Spanien, Deutschland. Für Deutschland spricht, dass sie seit Jahren den gleichen Stamm an Spielern und den gleichen Trainer haben.

Das ist unglaublich wichtig. Ein weiterer großer Vorteil für das DFB-Team: Sie sind physisch das stärkste Team. Der Körper wird nach einer langen Saison, in einem klimatisch anstrengenden Land das Wichtigste sein.

Sie haben ja gesehen, wie platt die Spanier beim Confed-Cup waren. Sie wurden von Brasilien 4:0 nass gemacht.

Liegt es nur am Klima, dass noch nie Europäer in Südamerika große Titel gewinnen konnten?

Hauptsächlich ja. Die Europäer reisen in ihrem Sommer hier an. Sie sind auf angenehme Temperaturen eingestellt. In Brasilien ist aber Winter. Das heißt: Im Süden wird es abends acht Grad kalt.

Muss man nach der Gruppenphase reisen und landet im Nord-Osten, in Manaus oder Bahia hat man 40 Grad. Das kann einen fertigmachen.

Reichen ein reifer Miro Klose mit 36 Jahren und ein oft kritisierter Mario Gomez für den Titel?

Es sind nur wenige Spiele bis zum Titel. Deshalb spielt das Alter von Miro keine Rolle. Er trifft regelmäßig bei Lazio und hat schon bei unserer gemeinsamen Zeit in München extrem auf seinen Körper geachtet.

Er wird eine gute WM spielen. Auch Gomez ist ein super Stürmer. Außerdem ist euer Mittelfeld mit Özil, Müller, Reus extrem torgefährlich.

Und die Abwehr?

Früher habt ihr Top-Abwehrspieler produziert. Heute sind es eher geniale Mittelfeldspieler und das merkt man in der Defensive. Aber Probleme sehen anders aus. Boateng, Mertesacker, Hummels – die sind doch genial.

Während des Confed-Cups protestierten viele Brasilianer gegen Korruption, Gewalt und die hohe Arbeitslosigkeit. Wird das bei der WM extremer?

Glaube ich nicht. Unser Land wird die WM zum Anlass nehmen, ein wunderschönes Bild von Brasilien zu zeichnen. Alle freuen sich auf das Turnier und werden gut gelaunt sein.

Die Regierung hat die Zeichen verstanden und versucht, vieles zu ändern.

Könnten die Demos Fans abschrecken, nach Brasilien zu kommen?

Brasilien ist DAS Fußballland, diese WM wird ein einmaliges Fest. Die Menschen sollten kommen und genießen. Was Gewalt und Korruption angeht, sollten unsere Politiker aber erst an die Einheimischen denken.

Viele Menschen haben keine Arbeit, wenig zu essen. Hier herrscht viel Ungerechtigkeit, und das ist traurig zu sehen. Ich hoffe, dass die WM und Olympia 2016 dazu genutzt werden, unserem Volk ein besseres Leben zu ermöglichen.

Die Menschen hier haben das verdient.

Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.