Nostalgie, die
GrammatikSubstantiv (Femininum) · Genitiv Singular: Nostalgie · Nominativ Plural: Nostalgien · wird meist im Singular verwendet
Aussprache [nɔstalˈgiː]
Worttrennung Nos-tal-gie
Wortbildung
mit ›Nostalgie‹ als Erstglied:
Nostalgiker · nostalgisch
·
mit ›Nostalgie‹ als Letztglied:
DDR-Nostalgie · Ostalgie
Herkunft zu nóstosgriech (νόστος) ‘Rückkehr, Heimkehr’ + álgosgriech (ἄλγος) ‘Schmerz, Not, Trauer’
Bedeutungsübersicht
DWDS-Vollartikel
Bedeutungen
1.
wehmütige, sehnsuchtsvolle Rückbesinnung auf eine idealisierte vergangene Zeit; Wiederbelebung einer traditionellen Lebensform, die z. B. in der Nutzung von Gegenständen, Möbeln usw. aus der guten alten Zeit ihren Ausdruck findet
Kollokationen:
mit Adjektivattribut: verklärende, wehmütige, pure Nostalgie
als Akkusativobjekt: Nostalgie empfinden, verspüren, verbreiten
in Präpositionalgruppe/-objekt: ein Hauch, Anflug von Nostalgie; ein Hang, eine Neigung zur Nostalgie; in Nostalgie schwelgen, verfallen
in Koordination: Sentimentalität, Verklärung, Wehmut und Nostalgie
als Aktiv-/Passivsubjekt: Nostalgie schwingt mit, kommt auf
als Genitivattribut: der weiche Schleier, der Charme, eine Welle der Nostalgie
Beispiele:
Nostalgie ist die Verklärung einer Zeit, von der man
glaubt, dass sie die gute alte war. [Die Zeit, 19.08.1999]
Lagerfeld hatte keine Angst vor Kritik, aber er verabscheute
Wiederholungen und Nostalgie. Er wehrte sich nicht
gegen alte Ideen, aber er musste sie neu aussehen lassen. [Welt am Sonntag, 24.02.2019]
Seit dem Kollaps der Sowjetunion und dem Ende der revolutionären
Hoffnungen in der postkolonialen Welt hat die europäische Linke die Rhetorik
der Hoffnung durch eine der Nostalgie ersetzt, des
sehnsüchtigen Rückblicks auf die Zeiten der eigenen Machtfülle. [Neue Zürcher Zeitung, 21.11.2016]
Und in manchen Momenten ist dieses Buch eine Hommage […] an Kings eigene
Jugendzeit, und so voll unverfälschter Nostalgie,
dass die melancholischen Rückblicke eines Philipp Roth Pate gestanden haben
könnten […]. [hollarius.wordpress.com, 18.11.2013]
Ein Film über die Einheit verzaubert Deutschland! In der
Tragikomödie »Good Bye, Lenin« […] spielt ein Junge für seine kranke Mutter nach
der Wende weiter DDR. Es werden die alten Lieder gesungen, alte Kleider und
Möbel organisiert. Ist das Nostalgie? Oder längst
vergessen? [Bild, 26.02.2003]
Die eigene Kindheit wird […]
»vergangener«, sie lebt nur noch in der Erinnerung. Also entdeckt man die
Nostalgie. Nostalgie ist
romantisch. Damit entdeckt man auch die »Kindheit« als eigene Dimension des
Erlebens, das fördert die Einfühlung[…]. [Schwanitz, Dietrich: Bildung. Frankfurt a. M.: Eichborn 1999, S. 151]
Geraffte Vorhänge sind die Klassiker unter den Fensterdekorationen.
Sie harmonieren vor allem mit alten Möbeln und verbreiten einen angenehmen
Hauch von Nostalgie. [[o. A.]: Das Buch vom Wohnen. Hamburg: Orbis 1977, S. 183]
2.
bildungssprachlich, veraltend Heimweh
Beispiele:
So unterstellten Ärzte im 19. Jahrhundert traumatisierten Soldaten,
an Nostalgie zu leiden. Und um das zu kurieren, so
hieß es damals, sei jeder Heimaturlaub strengstens zu meiden. Überhaupt fand
der Begriff Nostalgie sehr freie Verwendung für
allerlei Leiden oder Spleens. [Süddeutsche Zeitung, 28.01.2014]
Dieses Wort Nostalgie – eine Zusammensetzung aus nostos/Heimkehr und algos/Schmerz – wurde erfunden, um die spezifische Krankheit Schweizer Söldner zu bezeichnen, die man ihrer Bergwelt entrissen hatte. [Süddeutsche Zeitung, 26.02.2001]
»Diese Sehnsucht nach Hause, diese verdammte
Nostalgie ist eine schlimme Krankheit«, stöhnt
der Maler […] – und am
meisten leiden jene Emigranten darunter, die es auf Fragen hin schlicht
abstreiten. [Der Spiegel, 16.08.1982]
Die Leute in der BRD wären einer Nostalgie
erlegen, sie litten unter starkem Heimweh nach der Vergangenheit. Eine
schlimme Krankheit offenbar. [Berliner Zeitung, 02.12.1973]
Nostalgie (grch.), Heimweh. [Brockhaus’ Kleines Konversations-Lexikon. Berlin: Directmedia Publ. 2001 [1906], S. 50903]
letzte Änderung:
Etymologisches Wörterbuch (Wolfgang Pfeifer)
Etymologie
Etymologisches Wörterbuch (Wolfgang Pfeifer)
Nostalgie f. ‘sehnsuchtsvolle Rückwendung zur Vergangenheit und deren verklärt gesehenen Lebensformen’, älter ‘Heimweh’. Als wissenschaftliche Bezeichnung des Heimwehs, dessen krankhafte Steigerung zuerst an in der Fremde lebenden Schweizern beobachtet wird (s. Heimweh), bildet Joh. Hofer 1688 (in seiner durch den Basler Professor J. J. Harder betreuten Dissertation) griech.-lat. nostalgia, das auf griech. nóstos (νόστος) ‘Rückkehr, Heimkehr’ (s. auch genesen) und dem zu griech. álgos (ἄλγος) ‘Schmerz, Not, Trauer’ gehörenden, an Adjektivbildungen auf -algḗs (-αλγής) ‘-leidend’, d. i. ‘woran Schmerz habend’, anzuschließenden Kompositionsglied -algía (-αλγία) beruht (also eigentlich ‘schmerzhaftes Verlangen nach Heimkehr’); vgl. antike Zusammensetzungen wie griech. kardialgía (καρδιαλγία) ‘Herz-, Magenschmerz’ (s. kardial), kephalalgía (κεφαλαλγία) ‘Kopfschmerz’. Dem nlat. medizinischen Terminus folgt frz. nostalgie (seit Mitte des 18. Jhs. neben gängigerem frz. maladie du pays, später mal du pays), und im Anschluß an dieses wird gegen Ende des 18. Jhs. Nostalgie als bildungssprachliches Synonym für Heimweh auch im Dt. gebräuchlich, zieht sich im 20. Jh. aber stärker auf den fachlichen Bereich zurück. Dagegen entwickeln frz. nostalgie und entsprechendes engl. nostalgia, nostalgy zu dieser Zeit Übertragungen wie ‘Verlangen nach früheren Lebensumständen, melancholische Sehnsucht nach Vergangenem oder Unbekanntem’, aus denen sich die Anfang der 70er Jahre des 20. Jhs. einsetzende moderne Verwendung von Nostalgie erklärt.
Bedeutungsverwandte Ausdrücke
Nostalgie ·
Rückwärtsgewandtheit ·
Sehnsucht nach Vergangenheit ●
Retrophilie geh., selten
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Assoziationen |
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