Dominik Szoboszlai: „Als Typ hat mich Rose gehasst“

Dominik Szoboszlai und sein Trainer kennen sich schon aus Salzburg

Dominik Szoboszlai und sein Trainer kennen sich schon aus Salzburg

Foto: Getty Images
Von: Robert Schreier

SPORT BILD: Herr Szoboszlai, Sie haben in dieser Saison zwölf Tore vorbereitet, nur Lionel Messi mit 14 und Kevin De Bruyne mit 13 mehr. Gehören Sie also zur Weltspitze?

DOMINIK SZOBOSZLAI (22): Mal sehen, wer am Ende die meisten hat (lacht). Ich will jedenfalls weiter Vorlagen geben und noch mehr Tore schießen..

Sie haben schon spektakuläre Tore erzielt. Was ist das Geheimnis Ihrer besonderen Schusstechnik?

Ich habe sehr kleine Füße, Schuhgröße 41 bei 1,86 Meter. Dadurch bekommen die Bälle eine besondere Flugbahn. Und ich habe es mit meinem Papa seit ich klein war geübt. Manchmal hat er zum Beispiel Bälle auf Hütchen gelegt, und ich musste von dort aus schießen.

Ihr Vater war Ihr erster Trainer. Wie kritisch ist er heute noch?

Bis ich 20 Jahre alt war, rief er mich nach jedem Spiel an. Wenn ich verloren habe, hat er mir immer gesagt, was ich besser machen soll. Dann habe ich aufgelegt (lacht). Jetzt weiß er, dass er nicht anrufen soll, wenn das Spiel nicht gut war, und wartet lieber einen Tag, bis wir reden. Aber er ist bei 95 Prozent meiner Spiele im Stadion.

Sie sind seit Sommer unumstritten in Leipzig, haben 13 von 15 Ligaspielen und alle in der Champions League absolviert. Was sind die Gründe, dass es jetzt so gut läuft?

Unter unserem Trainer (Marco Rose; d. Red.) spiele ich viel, das gibt Selbstvertrauen. Ich habe immer gesagt: Wenn ich auf dem Platz stehe, zeige ich allen, was ich kann.

Ist Rose der wichtigste Trainer Ihrer Karriere?

Marco Rose hat mir gezeigt, dass ich noch kein guter Profi bin

Ja! Ich kam in Salzburg mit 16 Jahren zu den Profis, er wollte mich in seiner Mannschaft haben. Damals hatte ich meinen eigenen Kopf, und ich glaube, er hat mich als Typ gehasst (lacht). Er hat mir auch gezeigt, dass ich noch kein guter Profi bin. Ich solle nicht der Letzte sein, der zum Training kommt, und nicht der Erste, der wieder geht, wenn ich gut sein möchte. Er brachte mir bei, dass es nicht reicht, wenn ich locker trainiere und nur einmal in der Woche gut bin.

Hat es einmal geknallt, und dann hat sich der Schalter bei Ihnen umgelegt?

Wenn du einem 16-Jährigen etwas einmal sagst, reicht es nie! Vielleicht habe ich beim ersten Mal nicht zugehört ...

Muss Rose Ihnen heute noch sagen, dass Fußball auch Arbeit ist?

Nein, jetzt weiß ich das (lacht).

Ist es ein Vorteil, dass Sie sich gut kennen?

Ich habe keinen Bonus: Wenn ich nicht alles gebe, lässt er mich nicht spielen. Bei Marco Rose gibt es keine Diskussionen. Aber es war ein Vorteil, dass er uns nicht erklären musste, wie er über Fußball denkt und was er verlangt. Die halbe Mannschaft kannte ihn und seinen Stil.

Was ist das Wichtigste, was er verlangt?

Laufen!

Fällt Ihnen das als kreativer Spieler schwer?

Nein, ich spiele im Mittelfeld, da gehört das dazu. Manchmal denke ich, dass ich keine Kraft mehr habe, direkt wieder nach vorn zu gehen, wenn ich 70 Meter zurückgesprintet bin. Aber ich muss. Und danach auch wieder nach hinten.

War Rose in Salzburg anders, als er heute ist?

Er war der gleiche Typ. Er verändert sich nicht, er weiß, was er will. Aber er spricht anders mit dir, wenn du älter, erfahrener bist. Ich war damals ein Kind. Das musst du erziehen.

Leipzig hat eine Siegesserie hingelegt. Wo landet RB am Saisonende?

Ich sage immer: Ich will Meister werden!

Das wollen alle. Aber schafft RB das?

Die Chance ist meiner Meinung nach immer noch da. Wir müssen jetzt natürlich mal vom Verletzungspech verschont bleiben.

Leipzig spielt im neuen Jahr gleich gegen die Bayern. Ist das Spiel entscheidend für den Titel?

Es ist zumindest sehr wichtig, mit einem Sieg sind wir auf drei Punkte dran. Dann muss Bayern sehr viel gewinnen, um Erster zu bleiben.

Aber nach der langen WM-Pause wissen Sie doch gar nicht, wo Sie stehen.

Ach was, so dürfen wir gar nicht erst denken. Das Spiel ist doch geil, Dritter gegen Erster, Freitagabend, Flutlicht, vor unseren Fans! Wenn wir alles so gut machen, wie zuletzt, dann können wir das schaffen!

Bayern war zehnmal in Folge Meister. Warum müssen Sie nicht den Verein wechseln, um einen nationalen Titel zu holen?

RB Leipzig kann in den nächsten Jahren absolut Meister werden, und ich will mit dem Verein mehr erreichen, als den DFB-Pokal zu gewinnen. Und wenn wir die Ersten wären, die Bayern entthronen, dann wären wir Legenden.

In der Champions League spielen Sie im Achtelfinale gegen Manchester City. Dort schießt Ihr Freund und Ex-Mitspieler aus Salzburg, Erling Haaland, Tore wie am Fließband. Was haben Sie ihm nach der Auslosung geschrieben?

Ausgerechnet einen Tag vor der Auslosung habe ich in einem Interview in Ungarn gesagt, dass ich jeden nehme, aber City lieber nicht. Wir waren letzte Saison in einer Gruppe mit ihnen (3:6 und 2:1; d. Red.). Sie hatten damals schon eine unglaubliche Mannschaft, und jetzt kam noch Erling dazu. Aber ich habe ihm geschrieben, dass wir kommen, um zu gewinnen.

Was hat er geantwortet?

Dass er auch gewinnen will (lacht). Wir schreiben oft, er ist ein Freund.

Wer ist im Moment der beste Fußballer: Haaland, Neymar oder Ihr Teamkollege Christopher Nkunku?

Wow, schwierig! Mit Erling habe ich in Salzburg gespielt. Wie er spielt, ist geil. Er macht auf dem Platz nicht die typischen Bewegungen, keiner weiß, wie er abschließt. Er ist nicht zu greifen. Christo spielt ein Wahnsinnsjahr, kommt aber mehr aus der Tiefe. Hoffentlich wird er schnell wieder fit. Und Neymar ist der Spieler, mit dem ich am liebsten mal zusammenspielen würde. Er macht sein Ding auf dem Platz, hat immer Spaß. Aber sie sind alle etwas unterschiedlich. Sie könnten alle auch zusammenspielen.

Und Sie dahinter …

Dann hätte ich in der Saison 40 Assists. Jeder Pass von mir wäre ein Treffer (lacht)!

Neymar hat in der Champions League 2021 auf Sie eingeredet, als Sie in der letzten Minute beim Stand von 1:2 gegen Paris einen Elfmeter schießen wollten. Was hat er gesagt?

Er hat mich gefragt, ob ich ihn reinmache.

Um Sie zu verunsichern?

Konnte er nicht. Ich weiß nicht, was sein Plan war. Ich habe ihm nur geantwortet: Ja, klar! Dann sagte er: Viel Glück!

Sie haben dann getroffen. Sind Sie manchmal nervös?

Ja, die Spiele gibt es. Aber das weiß niemand, weil es keiner sieht. Soll ich Ihnen mal verraten, wann ich zuletzt angespannt war?

Gern!

Zu Hause gegen Dortmund. Weil das Spiel sehr wichtig war. Es war das Debüt unseres neuen Trainers. Dazu ging es gegen seinen alten Verein. Und mein bester Freund im Fußball spielt in Dortmund: Karim Adeyemi. Wir haben in Salzburg sogar zusammengewohnt und noch immer eine WhatsApp-Gruppe mit mehreren Kumpels. Er hat mich dort die ganze Zeit genervt, es gab viel Trash Talk. Aber am Ende haben wir gewonnen (lacht).

Warum spielt er in Dortmund und nicht in Leipzig?

Ich habe alles gegeben, dass Karim Adeyemi zu uns kommt

Ich habe alles gegeben, damit er zu uns kommt. Chris Vivell (damaliger Kaderplaner bei RB; d. Red.) hatte mich auch gebeten, mit ihm zu reden. Aber am Ende war es seine Entscheidung.

Sprechen Sie auch mit Konrad Laimer und Nkunku, dass sie bleiben?

Ach, gehen sie weg? Ich glaube, am Ende bleibt oder wechselt kein Fußballer aufgrund seiner Teamkollegen. Es ist ihre Entscheidung.

Sie sind seit Kurzem Kapitän von Ungarns Nationalelf. Wie fühlt sich das an?

Das ist schon geil! Als Kind träumt man davon, Länderspiele zu machen, aber nicht davon, dass man Kapitän ist. Als Führungsspieler habe ich mir natürlich Gedanken gemacht, als klar war, dass Adam Szalai zurücktritt. Jetzt durfte ich erstmals die Binde gegen Luxemburg tragen. Eine große Ehre!

Viele in Ungarn sagen, Sie sind der neue Ferenc Puskas. Belastet Sie das?

Nein, es belastet mich nicht. Er ist eine Legende, war im WM-Finale, hat bei Real Madrid gespielt. 84 Länderspiele, 85 Tore. Jeder in Ungarn kennt die Zahlen. Ich möchte meine eigenen Erfolge feiern. Aber wenn mir jemand sagt, dass ich das erreiche, was er erreicht hat, unterschreibe ich sofort.

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