#KiwuFürAlle - für eine faire Kostenübernahme von Kinderwunschbehandlungen

#KiwuFürAlle - für eine faire Kostenübernahme von Kinderwunschbehandlungen

Startdatum
8. April 2022
Petition an
Prof. Dr. Karl Lauterbach (Deutscher Bundesminister für Gesundheit) und
110.885 Unterschriften:Nächstes Ziel: 150.000
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Warum ist diese Petition wichtig?

#KiWuFürAlle – für eine faire Kostenübernahme von Kinderwunschbehandlungen

#1von6 Paaren hat einen unerfüllten Kinderwunsch. Oftmals vergehen Jahre, bis sie mit Hilfe einer Kinderwunschbehandlung ihren Wunsch nach einem eigen Baby nachgehen können. Hier spielen jedoch nicht nur körperliche und psychische Faktoren eine Rolle, sondern leider auch die hohen Kosten. Andere nehmen einen Kredit für ihr Haus auf, Paare im Kinderwunsch oftmals einen für ihr Baby. Leider wird nicht jedem Menschen der Kinderwunsch in Deutschland erfüllt - weil zu wenig Geld, die “falsche” Sexualität oder das falsche Alter vorliegt, oder weil sie Single sind. Wir sind Anna und Sarah und fordern daher eine moderne, diskriminierungsfreie Familienpolitik und Kostenübernahme bei Kinderwunschbehandlungen - für Alle! 

Ich, Anna, bin 26, verheiratet und Influencerin sowie Autorin. Ich bin #1von7 Frauen, die unfruchtbar sind. Seit dem ich 21 bin, will ich ein Kind haben. Ich leide jedoch unter anderem an Adenomyose und Endometriose – der zweithäufigsten gynäkologischen Erkrankung, die etwa 10% aller Frauen betrifft und es sehr schwierig machen kann, natürlich schwanger zu werden. Für mich zählt im Kinderwunsch also jeder Monat - nach dem Gesetz musste ich jedoch erst 25 werden, um das Recht auf finanzielle Unterstützung zu bekommen. Ich meine, wer sucht sich schon freiwillig aus, mit unter 25 Jahren eine primäre Sterilität diagnostiziert zu bekommen?! Neben meinem Alter forderte der Gesetzgeber allerdings noch etwas von mir: Eine Hochzeit! Mittlerweile sind mein Mann und ich verheiratet, jedoch frage ich mich in welcher Welt wir leben, dass man für ein Kind verheiratet sein muss - wir haben nicht mehr 1950! Round about 45.000€ hat uns unser Kinderwunsch bisher gekostet. Auch jetzt zahlt die Krankenkasse nur 50% der Behandlungskosten für drei weitere Versuche, wobei jedoch auch nicht alles abgedeckt ist. Ich bin dankbar, dass wir diesen Weg gehen konnten - andere können dies so nicht. Ein Kinderwunsch sollte nicht vom Geld abhängig sein. Es ist so unfair, dass sich ein Paar den Weg zum Kind leisten kann und das andere eben nicht - das ähnelt schon fast einer Glückslotterie.

Ich bin Sarah, verheiratet und 33 Jahre alt, Ärztin und Bloggerin. Auch ich habe eine Kinderwunschbehandlung gebraucht, um schwanger zu werden. Bei mir liegt die Ursache vor allem bei meinem Partner, bei dem als Kind ein Hodenhochstand lange unbemerkt blieb und so eine verminderte Spermienqualität zur Folge hatte. Der unerfüllte Kinderwunsch ist also durchaus individuell und geht oft mit Rückschlägen einher. Wie auch Anna, musste ich bereits zwei Fehlgeburten erleben – und während ich nach meiner dritten künstlichen Befruchtung nun mein Regenbogenmädchen erwarte, kämpft Anna auch nach neun künstlichen Befruchtungen weiter um ihr Glück. Mein Mann und ich haben das große Glück, privat versichert zu sein und der “Normvorstellung” zu entsprechen - die private Krankenkasse hat bei uns daher nahezu alle Kosten übernommen. Ansonsten hätte uns dieses Baby aber knapp 30.000€ gekostet - ein Betrag, der vielen Paaren das Genick gebrochen hätte. Als Ärztin und Betroffene sage ich daher:

Die jetzigen Richtlinien, nachdem eine Kinderwunschbehandlung übernommen wird, sind diskriminierend, altmodisch und medizinisch fragwürdig.

Zuallererst: Die Kosten einer Kinderwunschbehandlung sind enorm und nicht alle können sich die Behandlung leisten: Obwohl in Deutschland zu wenige Kinder geboren werden, werden Paare mit Kinderwunsch oft alleine gelassen und sind massiven Kosten ausgesetzt. Nicht jede*r hat jedoch die finanzielle Möglichkeit, diesen Weg überhaupt anzutreten oder ihn gar für sich erfolgreich zu beenden. Es bricht uns das Herz, wie viele von ihnen aufgeben müssen. Nicht, weil sie die anstrengenden Stimulationsbehandlungen körperlich nicht mehr schaffen, sondern weil sie sich die Behandlung finanziell nicht mehr leisten können: 

Eigenanteil bei den unterstützen Versuchen gesetzlich Versicherter: 1.500-1.800€ je Versuch
Selbstzahler / privat Versicherte: 3.700-10.000€ je Versuch
Kryokonservierung: 600-800€ einmalig + jährliche Lagerungskosten von 200-400€
Die aktuelle Beschränkung der Kostenübernahme auf verheiratete, heterosexuelle Paare bestimmten Alters ist zudem diskriminierend und vorbei an der heutigen Lebensrealität von Paaren in Deutschland. Seit 2004 gilt Unfruchtbarkeit nicht mehr als Krankheit – seitdem müssen Krankenkassen die Kosten einer Kinderwunschbehandlung nicht mehr vollständig übernehmen. Aktuell werden bei gesetzlich versicherten Paaren 50% der Kosten für drei Versuche der künstlichen Befruchtung (IVF/ICSI) übernommen – allerdings auch nur unter folgenden Bedingungen: Das Paar ist heterosexuell und verheiratet, die Eizelle und Samen stammen vom Paar,die Frau ist zwischen 25-40 Jahren alt und der Mann zwischen 25-50 Jahren. Nach drei Versuchen der künstlichen Befruchtung ist übrigens Schluss – auch wenn  medizinisch noch gute Chancen auf Erfolg bestehen, kann das Paar jetzt entweder aufgeben oder als Selbstzahler komplett für die Kosten der weiteren Behandlung aufkommen.

Eine medizinisch notwendige Kinderwunschbehandlung sollte kein Grund sein, Paare in eine Ehe zu zwingen. Lesbische Paare dagegen werden durch die aktuelle Gesetzeslage dagegen oft zu einer rechtlich und medizinisch unsicheren Heiminsemination gedrängt. Auch alleinstehende Frauen mit Kinderwunsch („Single Moms“) sowie Co-Parenting-Ansätze gehören heute zur modernen Familienplanung in Deutschland und dürfen nicht diskriminiert werden. Zwar nehmen einige Bundesländer in Deutschland einen Teil der restlichen Kosten auf sich - jedoch leider nicht alle. Homosexuelle und/oder unverheiratete Paare erhalten von Anfang an kaum Unterstützung – ebenso wie heterosexuelle verheiratete Paare, die aus medizinischen Gründen auf eine Fremdsamenspende angewiesen sind. Komplett nicht übernommen ist auch die (medizinisch sinnvolle) Kryokonservierung von überzähligen Eizellen und Embryonen bei der Stimulationsbehandlung.

Wir haben das Glück, nicht durch die finanzielle Situation limitiert zu sein und dieser Diskriminierung zu entgehen - andere nicht. Wir sind heterosexuelle Frauen, die der Staat hier anerkennt - andere nicht. Das wollen wir so nicht mehr hinnehmen! Wir fordern eine moderne, diskriminierungsfreie Familienpolitik und Kostenübernahme bei Kinderwunschbehandlungen - für alle, unabhängig von sexueller Orientierung oder Identifikation, Herkunft, Hautfarbe oder Familienstand!

Unsere Forderungen im Detail:

Die Gesetzesregelung zur Kostenübernahme bei Kinderwunschbehandlungen ist unfair, diskriminierend und führt dazu, dass oft der finanzielle Status eines Paares entscheidet, ob sie ein Kind bekommen können. Das muss sich ändern! Daher fordern wir:

1) Anerkennung von Unfruchtbarkeit als Krankheit und Kostenübernahme für Kinderwunschbehandlungen zu 100% bei medizinischer Notwendigkeit

Kinder sind kein Luxusgut und kein Paar sucht sich freiwillig den Weg der künstlichen Befruchtung. Für Unfruchtbarkeit liegen fast immer klare medizinische Gründe vor und daher muss die Behandlung wie für jede andere Erkrankung von den Krankenkassen übernommen werden.

2) Aufhebung der Beschränkung der Kostenübernahme auf drei Versuche

Die Chance, pro Embryotransfer schwanger zu werden, liegt aktuell bei knapp über 30%. Die sture Beschränkung auf drei Versuche ist medizinisch nicht zu rechtfertigen. Auch im vierten oder fünften Transfer ist die Schwangerschaftsrate statistisch nicht reduziert im Vergleich zu den ersten drei Versuchen. Oft muss erst das richtige Behandlungsprotokoll oder eine bisher unbekannte zweite Diagnose (z.B. eine Gerinnungsstörung oder immunologische Problematik) gefunden werden, um die Chancen auf eine Schwangerschaft zu erhöhen. Daher muss künftig bei der Frage der Kostenübernahme für weitere Versuche immer die medizinische Aussicht auf Erfolg eine Rolle spielen – und nicht eine willkürlich gesetzte Grenze. Dies ist eine Entscheidung, die Ärzt*innen treffen müssen – nicht Politiker*innen oder Sachbearbeiter*innen einer Krankenkasse.

3) Kostenübernahme auch für unverheiratete und/oder homosexuelle Paare und alleinstehende Frauen

In dem Deutschland von 2022 bestehen Familien nicht immer aus “Mutter, Vater, Kind” - und das ist auch gut so! Die Diskrimierung von anderen Lebensentwürfen durch die aktuelle Regelung zur Kostenübernahme ausschließlich bei verheirateten, heterosexuellen Paaren ist nicht mehr zeitgemäß und muss daher dringend verändert werden. Egal ob verheiratet oder unverheiratet, homo- oder heterosexuell, als Paar, “Coparenting-Team” oder als “Single Mom” - die Behandlung einer Unfruchtbarkeit muss nach medizinischen Maßstäben entschieden werden!

4) Herabsetzung der unteren Altersgrenzen für eine Kostenübernahme auf 18 Jahre

Die untere Altersgrenze von 25 Jahren für eine Kostenübernahme ist medizinisch vollkommen sinnfrei und willkürlich vom Gesetzgeber bestimmt worden. Es ist schon seltsam, dass man über ein Wahlrecht mit 16 diskutiert, gleichzeitig aber Menschen unter 25 Jahren die Entscheidungsfähigkeit für ein Leben mit Kind abspricht. Mit bestimmten medizinischen Erkrankungen kann es sogar sein, dass die Fruchtbarkeit bereits unter 25 Jahren drastisch reduziert ist und die Chancen auf eine Schwangerschaft jedes Lebensjahr weiter abnimmt. Gerade junge Leute diese haben finanziell oft nicht die Möglichkeit, ihren Kinderwunsch finanziell als Selbstzahler zu stemmen und benötigen die Kostenübernahme oft dringend. Frauen unter 25 Jahren stellen aktuell in der Kinderwunschbehandlung eine sehr kleine Gruppe dar (0,3%) – und die Behandlung ist durch Schicksalsschläge nahezu immer medizinisch begründet.

5) Ersetzung der oberen Altersgruppe für eine Kostenübernahme durch eine medizinische Beurteilung der Erfolgsaussichten

Die Fruchtbarkeit einer Frau ist nicht nur vom Alter abhängig, sondern individuell verschieden. Manche Frauen sind bereits mit Mitte 30 in den Wechseljahren – während andere auch mit Anfang 40 noch natürlich schwanger werden und gesunde Kinder bekommen. Inzwischen kennen wir neben dem kalendarischen Alter weitere medizinische Indikatoren wie etwa den AMH- und FSH-Wert, sowie den AFC. Auch der allgemeine Gesundheitszustand der Frau spielt bei der Frage der Aussicht auf Erfolg eine Rolle. Daher sollte oberhalb von 40 Jahren eine individuelle Beurteilung der Erfolgsaussicht durch eine*n Ärzt*in erfolgen und daran eine Kostenübernahme entschieden werden. Im aktuellen Jahrbuch des deutschen IVF-Registers (2020) lagen die durchschnittlichen Erfolgschancen auf Schwangerschaft pro Embryotransfer bei einer 40-jährigen Frau bei 22,3% - und bei einer 41-jährigen bei 20,6% - auch daran sieht man die Willkür dieser Altersgrenze. Für die Altersgrenze bei Männern gibt es medizinisch keine nachvollziehbare Begründung, diese ist daher ebenfalls aufzuheben.

6) Übernahme der Kosten der Behandlung mit Spendersamen

Aktuell werden nur Kosten für eine Behandlung mit Eizelle und Spermien des behandelten Paares übernommen. Allerdings gibt es Fälle, in denen auch mit modernen Verfahren wie TESE/MESA beim Mann keine Spermien gewonnen werden können und eine komplette Azoospermie vorliegt. Selbst wenn Spermien vorhanden sind, ist bei stark ausgeprägter männlich bedingter Unfruchtbarkeit die Schwangerschaftschance in manchen Fällen drastisch reduziert. Diese Paare sind auf die Verwendung von Spendersamen angewiesen – sieerhalten aktuell keinerlei finanzielle Unterstützung. Die Behandlung mit Spendersamen hat dabei in den letzten Jahren deutlich zugenommen, wobei die Schwangerschaftsraten pro Versuch  in diesen Fällen deutlich höher sind (31% bei Spendersamen vs 22,7% bei TESE) und daher bei medizinischer Notwendigkeit finanziell genauso unterstützt werden sollten.

7) Übernahme der Kosten für Kryokonservierung von überzähligen Eizellen und Embryonen

Oft bleiben bei einer künstlichen Befruchtung befruchtete Eizellen oder Embryonen “übrig” - diese können entweder vernichtet oder für weitere Versuche eingefroren werden (Kryokonservierung). Aktuell sind bereits 30% aller Embryotransfere aus Kryozyklen - diese sind kosteneffizienter und haben mit “Frischzyklen” vergleichbare Erfolgsaussichten. Obwohl ein Kryotransfer für den Körper der Frau viel weniger belastend ist, werden die Kosten für diese Behandlung aktuell von den gesetzlichen Krankenkassen überhaupt nicht übernommen. Neben dem medizinischen Aspekt ist es auch ethisch fraglich, dass es finanziell sinnvoller ist, Embryonen zu vernichten - wir fordern daher die volle Kostenübernahme für Kryokonservierung, -lagerung und -transfer überzähliger Embryonen und befruchteter Eizellen.

8) Übernahme der Kosten des Ethikrates

Die Präimplantationsdiagnostik ist in Deutschland im Embryonenschutzgesetz streng geregelt, in Ausnahmefällen bei schweren genetischen Erkrankungen und Risiken der Eltern jedoch zulässig. Hier geht es nicht um “Designerbabys” - sondern darum, schwerwiegende Erkrankungen und/oder gehäufte Fehlgeburten zu verhindern. Im Gegensatz zum europäischen Ausland muss sich in Deutschland ein sogenannter Ethikrat mit einer Entscheidung auseinandersetzen - diese Kosten (100 - 5.000€) müssen dabei aktuell komplett eigenständig getragen werden. Das verstärkt die finanzielle Belastung von Menschen im Kinderwunsch, deren Ausgangssituation sowieso schon schwieriger ist - diese Kosten sollen daher ebenfalls vollständig übernommen werden.

 

 

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Entscheidungsträger*innen

  • Prof. Dr. Karl LauterbachDeutscher Bundesminister für Gesundheit
  • Lisa PausDeutsche Bundesfamilienministerin