Videobeweis-Chef im Interview

Kommt der VAR aufs Handy? Drees: „Lösung, die wir ausprobieren sollten“

Als Projektleiter ist Dr. Jochen Drees beim DFB für den Videobeweis verantwortlich.

Als Projektleiter ist Dr. Jochen Drees beim DFB für den Videobeweis verantwortlich.

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Der Videobeweis ist unmittelbar mit Jochen Drees verknüpft. Er sorgte für dessen Premiere in der Bundesliga: Als damaliger Videoassistent entschied der heute 53-Jährige beim Eröffnungsspiel der Saison 2017/2018 zwischen dem FC Bayern und Bayer Leverkusen auf Elfmeter für die Münchner. Heute ist der Ex-Referee als Projektleiter VAR bei der Schiri GmbH des DFB tätig.

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Sportbuzzer: Herr Drees, kurz vor dem Start der neuen Saison versammelte der DFB seine Schiedsrichter, die in den drei Profiligen pfeifen, wie gewohnt zum einwöchigen Lehrgang. Worum ging es mit Blick auf den Videobeweis?

Jochen Drees (53): Ein Großteil aller Diskussionen hat sich zum Videoassistenten verlagert. Wir wollen darauf hinweisen, dass es nach wie vor darum gehen muss, dass der Schiedsrichter auf dem Platz die fachlich richtige Entscheidung trifft. Für uns war es nun wichtig, intensiv die Sinne zu schärfen, welche Situationen vergangene Saison falsch gelöst worden sind, wann es zu Unrecht eine Intervention gab oder wo ein VAR-Eingriff versäumt wurde – und welche Ursachen dem zugrunde lagen. Hieran haben wir intensiv gearbeitet.

Debatte der Woche: Videoschiedsrichter abschaffen?

Videoschiedsrichter im Fußball abschaffen?

Kein Wochenende in der Fußball-Bundesliga vergeht ohne hitzige Diskussionen über den Video Assistant Referee (VAR), auch Videobeweis genannt. Seit rund sechs Jahren kommt das technische Hilfsmittel zum Einsatz. Ist der VAR nun Fluch oder Segen?

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Einige Änderungen werden angeregt, um die Entscheidungen gerade für die Fans transparenter zu machen. Eine Idee ist, die Sequenzen aus dem „Kölner Keller“ in den Stadien zu zeigen. Sie befürworten das – woran scheitert die Umsetzung?

Ich bin der Überzeugung, dass eine bildliche Information im Stadion dazu führen würde, dass Fans die Entscheidungen besser nachvollziehen können. Die Szenen sind ohnehin im TV zu sehen, wir haben nichts zu verbergen. Uns als DFB Schiri GmbH sind aber Grenzen gesetzt. Wir übermitteln die Bilder aus dem Videocenter an die übertragenden TV-Anstalten. Also könnten wir sie mit geringem Mehraufwand über eine zusätzliche Schnittstelle an die Stadien weiterleiten. Da hört unser Einfluss auf, dann ist der Klub respektive der Stadionbetreiber in der Verantwortung. Aus unserer Sicht wäre es eine deutliche Verbesserung. Wir arbeiten parallel an einer Alternative, Bilder für Fans im Stadion zugänglich zu machen.

„Bilder könnten, etwa mittels einer App, auf Mobilgeräte der Fans im Stadion übertragen werden.“

Jochen Drees, Projektleiter Videobeweis beim DFB

Welche ist das?

Bilder könnten, etwa mittels einer App, auf Mobilgeräte der Fans im Stadion übertragen werden. Da gibt es noch einige Fragen zu klären, gerade was die Infrastruktur wie WLAN vor Ort betrifft. Wenn wir so etwas anbieten wollen, muss es auch funktionieren. Keiner darf genervt nach einer Minute das Smartphone weglegen, weil man ohnehin nichts sehen kann. Wenn technisch realisierbar, ist das eine Lösung, die wir ausprobieren sollten. Optimal wäre dennoch, wenn jeder die Szenen auf den Leinwänden sieht.

Eine andere Neuerung könnte die Trainer-Challenge sein.

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Sich mit neuen Möglichkeiten zu beschäftigen, halte ich für richtig. Ohne die Zustimmung der Fifa können wir aber nichts machen. Das ist der einzige Weg. Nachdem sie meines Wissens zunächst eher ablehnend war, beschäftigt sich die Fifa nun mit dem Thema – als Ergänzung zum VAR. Auch da sind aber noch viele Fragen offen. Wie viele Challenges pro Trainer soll es geben? Welche Folgen hätte eine erfolgreiche Challenge? Unsere Erfahrung im Austausch mit Trainern ist ohnehin, dass eine Mehrheit sich dagegen ausspricht.

Direkt gefragt: Sind Sie die Kritik und vielen Nörgeleien mittlerweile leid?

Viele Diskussionen, die wir anfangen, werden nicht mit allen Konsequenzen zu Ende geführt. Wir Deutschen neigen dazu, sehr kritisch mit allem umzugehen, auch auf gesellschaftlichen Ebenen abseits des Fußballs. Wie erwähnt gilt, dass der Schiedsrichter auf dem Spielfeld die handelnde Person sein muss – das fordern doch auch Kritiker. Also sollten wir ihn in den relevanten Situationen in die Review Area an den Bildschirm schicken, um selbst zu entscheiden. In der Folge führt es aber eher zu mehr Interventionen – das sorgt dann wieder für Aufregung, wenn es heißt, nur ganz eindeutig falsche Entscheidungen sollten überprüft werden. Fakt ist: Wir verschließen uns nicht vor Entwicklungen, wenn sie wesentliche Verbesserungen erreichen können.

Sportbuzzer

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