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Fitschen und der Kirch-Prozess Staatsanwälte ermitteln gegen Deutsche-Bank-Chef

Der Streit mit den Erben des Medienunternehmers Leo Kirch lässt die Deutsche Bank nicht zur Ruhe kommen. Die Staatsanwaltschaft führt jetzt auch Co-Chef Jürgen Fitschen als Beschuldigten. Es geht um uneidliche Falschaussage und Prozessbetrug. Ein Banksprecher weist die Vorwürfe zurück.
Deutsche-Bank-Chef Fitschen: Von zwei Seiten unter Druck

Deutsche-Bank-Chef Fitschen: Von zwei Seiten unter Druck

Foto: Boris Roessler/ dpa

In dem seit mehr als zehn Jahren andauernden Streit zwischen dem verstorbenen Medienunternehmer Leo Kirch und seinen Erben mit der Deutschen Bank gibt es eine neue, spektakuläre Wendung.

Die Münchner Staatsanwaltschaft führt nach SPIEGEL-Informationen in dem umfangreichen, aus mehreren Zivil- und Strafverfahren bestehenden Komplex neuerdings auch Deutsche-Bank-Co-Chef Jürgen Fitschen, 65, als Beschuldigten. Sie ermittelt gegen ihn wie gegen mehrere Ex-Vorstände des Konzerns wegen des Verdachts der uneidlichen Falschaussage beziehungsweise des Prozessbetrugs.

Familienmitglieder und Ex-Manager des Medienimperiums fordern von dem größten deutschen Kreditinstitut Schadensersatz in Milliardenhöhe. Sie sind überzeugt, dass Äußerungen des früheren Bank-Chefs Rolf Breuer die Schieflage erst auslösten - was er und die Bank vehement bestreiten. Das Oberlandesgericht München hat die Deutsche Bank vergangenen Winter zu Schadensersatz verurteilt, im weiteren Verlauf des Verfahrens soll die Höhe ermittelt werden.

Parallel zu dem Schadensersatzprozess leitete die Staatsanwaltschaft München schon Ende 2011 gegen mehrere Top-Manager ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts auf uneidliche Falschaussage und Prozessbetrug ein. Die Ermittlungen richteten sich neben Breuer gegen den damals noch amtierenden Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann, den früheren Aufsichtsratschef Clemens Börsig sowie Ex-Vorstand Tessen von Heydebreck. Die Staatsanwälte werfen den inzwischen allesamt ausgeschiedenen Ex-Führungskräften vor, sie hätten sich vor ihrer Einvernahme als Zeugen vor Gericht abgesprochen und falsche Angaben gemacht, um die Ansprüche der Kirch-Seite abzublocken. Die Beschuldigten wiesen einen solchen Verdacht stets zurück.

Absprache der Prozesstaktik

Inzwischen haben die Ermittler aber offenbar neue Indizien und Belege gesichert. Bei einer weiteren Durchsuchung in der Deutschen Bank Ende Dezember vergangenen Jahres stellten die Ermittler umfangreiches Material sicher. Dabei stießen sie offenbar auch auf Unterlagen, die nahelegen, dass sich die Beschuldigten bis in die jüngere Vergangenheit über ihre Prozesstaktik abgesprochen haben könnten. Auch Fitschen soll sich daran beteiligt haben.

Ein Deutsche-Bank-Sprecher bestätigte die Ermittlungen gegen Fitschen, wies aber die Vorwürfe zurück: "Die Deutsche Bank ist überzeugt, dass sich der Verdacht als unbegründet erweisen wird." Auch die Ansprüche der Kirch-Erben hält der Finanzkonzern für haltlos und hat gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesgerichtshof eingereicht.

Die Münchner Staatsanwälte sind nicht die Ersten, die Fitschen attackieren. Auch bei der Frankfurter Staatsanwaltschaft läuft ein Ermittlungsverfahren gegen den Co-Chef der Deutschen Bank. Es geht um den Verdacht des Umsatzsteuerbetrugs. Fitschen und Finanzvorstand Stefan Krause hätten demnach eine Steuererklärung unterzeichnet, in der die Bank ungerechtfertigte Erstattungsansprüche geltend macht, die auf dem offenbar betrügerischen Handel mit CO2-Zertifikaten basierten. Die Bank hält die Vorwürfe gegen ihre beiden Vorstände für unbegründet, die Steuererklärung sei rechtzeitig korrigiert worden.

Fitschen steht somit nun von zwei Seiten unter Druck. Ungeachtet dessen hatte der Aufsichtsrat der Deutschen Bank erst vergangene Woche Fitschens Vertrag um zwei Jahre verlängert, er wäre 2015 ausgelaufen. Als Grund für die vorzeitige Verlängerung gilt, dass der Aufsichtsrat gerade in Fitschen einen Garant für den vielfach beschworenen Kulturwandel in der Bank sieht, der neben dem Kirch-Verfahren durch zahlreiche Ermittlungen und Klagen belastet wird.

Der Konzern hat bereits mehr als vier Milliarden Euro für drohende Strafen und Schadensersatzforderungen zurückgelegt, ein Großteil davon ist eine Folge zweifelhafter Geschäfte im Investmentbanking der Bank, das bis 2012 von Fitschens Co-Chef Anshu Jain geleitet wurde.