Bayern-Ehrenpräsident im Interview

Uli Hoeneß über Manuel Neuer: „Ich sehe keine unüberbrückbaren Differenzen“

Uli Hoeneß, Ehrenpräsident des FC Bayern München.

Uli Hoeneß, Ehrenpräsident des FC Bayern München.

Leipzig. Bayern-Patron Uli Hoeneß (71) saß beim 1:0-Sieg seines Herzensvereins in Paris auf der Tribüne, hatte beim Achtelfinal-Hinspiel in der Champions League „nie das Gefühl, dass etwas schiefgehen kann“. Im am Samstag erscheinenden großen Exklusiv-Interview mit der „Leipziger Volskzeitung“ blickt Hoeneß auf seine verletzungsbedingt weit vor der Zeit endende Laufbahn als schnellster Stürmer Europas, eine mit 27 Jahren beginnende Manager-Karriere, berufliche und private Höhen und Tiefen. Vorab ein paar Hoeneß-Einblicke.

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Stichwort Manuel Neuer: „Das Interview hat für Wirbel und Aufregung gesorgt und auch mich überrascht. Mittlerweile hat sich ja Julian (Nagelsmann) mit Manuel ausgetauscht, ist etwas Ruhe in die Geschichte gekommen. Die Medien haben in den ersten Tagen den Taktstock und die Deutungshoheit übernommen, das darf und wird so nicht bleiben. Die Verantwortlichen des FC Bayern werden sich in Kürze zu der Angelegenheit öffentlich äußern, rund ums Paris-Rückspiel könnte dafür der richtige Zeitpunkt sein. Ich sehe keine unüberbrückbaren Differenzen, die Probleme sind da, müssen in aller Ruhe und Offenheit besprochen und ausgeräumt werden. Manuel Neuer hat maßgeblich zu unseren Erfolgen und denen der Nationalelf beigetragen. Wenn er wieder gesund ist, wird er die Handschuhe wieder anziehen. Dass der FC Bayern nach Neuers Verletzung Yann Sommer verpflichtet hat, war eine Entscheidung, zu der ich nur gratulieren kann. Yann macht es super.“

Stichwort Champions League: „Ich bin sehr zufrieden mit dem Auftritt in Paris, das war bis auf wenige Minuten eine sehr souveräne Leistung von uns. Dass wir eine große Qualität haben, ist bekannt. Dass es uns ab und zu an der absoluten Disziplin gefehlt hat, diese Klasse zu 100 Prozent auf den Rasen zu bringen, ist ebenfalls nicht neu. Diesmal haben alle fantastisch mitgearbeitet und fast nichts zugelassen. Erst als Mbappe kam, hatte Paris eine erste Chance. Ich hatte auf der Tribüne nie das Gefühl, dass etwas schiefgehen kann. Das 1:0 ist eine gute Ausgangsposition fürs Rückspiel – nicht mehr, nicht weniger. Dass Mbappe, Messi, Neymar jederzeit zuschlagen können, weiß jeder, wissen wir.“

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Stichwort zahlreiche RB-Transfers nach München: „Das einzige Motiv und Kriterium war und ist: Wie können wir unsere Mannschaft verstärken? In Leipzig wird gute Arbeit geleistet, der mutige Ansatz ist uns sehr nah. Der FC Bayern braucht Spieler, die das Gewinnen im Blut haben. Wenn du einen holst, der ständig im Abstiegskampf war, spielt er im Zweifel eher quer oder rückwärts.“

Stichwort Julian Nagelsmann: „Julian ist der Richtige, ein sehr junger, sehr fähiger und sehr reflektierter Trainer, der nicht auf jedem Satz fünfmal herumkaut, bevor er ihn ausspricht. Mir gefällt das. Julian lernt schnell, macht einen hervorragenden Job. Oliver Kahn und Hasan Salihamidzic haben ihm nicht umsonst einen Fünf-Jahres-Vertrag gegeben.“

Julian ist der Richtige, ein sehr junger, sehr fähiger und sehr reflektierter Trainer.

Uli Hoenes über Julian Nagelsmann

Stichwort Meisterschale: „Wir haben ein paar Mal zu oft unentschieden gespielt, Punkte liegenlassen. Die Konkurrenz schläft nicht, punktet fleißig. Wir müssen nur noch nach Freiburg. Union, Dortmund, Leipzig und Frankfurt spielen alle noch bei uns, das ist bei der Gesamtbetrachtung nicht ganz unwichtig. Es ist eng und es bleibt eng, ich gehe von einem Kopf-an-Kopf-Rennen bis zum Ende aus. Wenn wir so leidenschaftlich und diszipliniert wie in Paris spielen, kann der Meister nur Bayern München heißen.“

Stichwort „Fischer-Chöre“: „Mit Union Berlin rechne ich bis zum letzten Spieltag. Die haben eine richtig gute und im Wortsinn starke Mannschaft zusammen, sind unglaublich schwer zu bespielen. Ich halte Urs Fischer für einen sehr guten Trainer, seine Ruhe und Gelassenheit strahlt auf den ganzen Verein ab.“

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Stichwort Klassenk(r)ämpfe 1973 gegen Dynamo Dresden: Wie war der West-Ost-Gipfel für Hoeneß? „Sportlich extrem wichtig und prestigeträchtig, politisch bis zum Anschlag aufgepumpt. Beim Spiel in München hat unser Manager Robert Schwan in der Pause die Siegprämie erhöht, haben wir aus einem 2:3 ein 4:3 gemacht. Das war immer noch kein gutes Ergebnis. Wir wussten, dass die stark sind und wie die Verrückten kommen werden.“

1973, West-Ost-Duell im EC der Landesmeister: Uli Hoeneß (l.) läuft Eduard Geyer davon, die Bayern bezwingen Dynamo Dresden 4:3 und kommen eine Runde weiter.

1973, West-Ost-Duell im EC der Landesmeister: Uli Hoeneß (l.) läuft Eduard Geyer davon, die Bayern bezwingen Dynamo Dresden 4:3 und kommen eine Runde weiter.

Stichwort Eduard Geyer, der von Hoeneß abgehängt wurde: „Wenn ich Platz hatte, war ich nicht zu halten. Für den Platz haben Udo Lattek, Gerd Müller und Dynamo gesorgt. Lattek hat Gerd in unsere Hälfte zurückgezogen und gehofft, dass er auch dort gedeckt wird. Dixie Dörner ließ sich aus dem Zentrum locken, der Rest war einfach. Langer Ball, ich renne los, Geyer hinterher.“

Dieser Artikel erschien zuerst bei der „Leipziger Volkszeitung“.

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