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WM 2018 Fifa-Skandal

Warum Katar-Freund Platini fein raus ist

Ressortleiter Investigation und Reportage
Uefa-Präsident Platini (l.) und Fifa-Boss Blatter gehören zu den mächtigsten Männern im Weltfußball Uefa-Präsident Platini (l.) und Fifa-Boss Blatter gehören zu den mächtigsten Männern im Weltfußball
Uefa-Präsident Platini (l.) und Fifa-Boss Blatter gehören zu den mächtigsten Männern im Weltfußball
Quelle: picture alliance / dpa
Nach der Ausweitung der Ermittlungen gegen Franz Beckenbauer geht die Fifa-Ethikkommission auch gegen Spitzenfunktionäre des Weltverbandes vor – nicht aber gegen Katar-Freund Michel Platini.

Anfang September saß Michael Platini im Hauptquartier des europäischen Fußballverbandes Uefa in Genf und machte Witze über seine Unterstützung für die Fußball-Weltmeisterschaft in Katar. "Vielleicht wähle ich beim nächsten Mal die Mongolei", sagte der Franzose und lachte. Für die Entwicklung des Fußballs sei es gut, dass das größte Sportereignis der Welt 2022 in dem Emirat am Golf stattfinde, erklärte Platini voller Ernst.

Der 59-Jährige hat viel einstecken müssen dafür, dass er bei der WM-Vergabe für Katar stimmte. Dass er zuvor mit dem Emir zu Abend gegessen hatte und sein Sohn einen Managementjob bei einem Ableger des katarischen Staatsfonds bekam, wirft ein schlechtes Licht auf ihn. Und doch: An jenem Nachmittag im September wirkte Platini völlig entspannt, so, als habe er nichts zu befürchten.

Damit liegt er offenbar richtig. Wie die "Welt" aus Fifa-Kreisen erfuhr, wird der Franzose in dem Untersuchungsbericht der Ethikkommission des Fußball-Weltverbandes zur WM-Abstimmung 2010 entlastet. Das Gremium wird kein Verfahren gegen Europas Fußballboss wegen eines Verstoßes gegen das Ethikreglement einleiten. Platini, so heißt es, habe die Ermittler davon überzeugen können, vor und nach der Vergabe der WM 2018 (Russland) und 2022 (Katar) objektiv und frei abgestimmt zu haben. Damit ist das Thema für ihn durch – anders als für andere hochrangige Funktionäre.

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Quelle: SID

Nach Informationen der "Welt" ermitteln die Ethikhüter um ihren Vorsitzenden Michael Garcia unter anderem gegen Angel Maria Villar Llona, den Vizepräsidenten der Fifa und Boss des spanischen Verbandes. Der 64-Jährige gehört seit 16 Jahren dem Fifa-Vorstand an, in den vergangenen Monaten fiel er dadurch auf, dass er die Umsetzung der Ethikreform des Weltverbandes blockierte. 2012 war die Ethikkommission neu aufgestellt und ein Zwei-Kammern-System geschaffen worden. Alle Fußballamtsträger weltweit müssen kooperieren, falls sie dazu aufgefordert werden – wie bei den Ermittlungen zur WM-Vergabe nach Russland und Katar.

Beckenbauer unter Druck

Ausgerechnet Fifa-Vorstand Llona weigerte sich, Chefermittler Garcia Rede und Antwort zu stehen – ein klarer Verstoß gegen den Fifa-Ethikkodex. Nun droht dem Spanier eine Sperre für alle fußballerischen Aktivitäten. Wenn es dazu kommt, muss er seine Tätigkeiten als Fifa-Vorstand und spanischer Verbandschef einstellen. Möglicherweise wird Llona außerdem mit einem Stadionverbot belegt; der Spielraum für die Strafbemessung der Ethikkommission ist groß. Der Fifa-Vize ist nach der Ausweitung des Ermittlungsverfahren gegen Franz Beckenbauer, der vor seiner Stimmabgabe als damaliger Fifa-Vorstand dem australischen WM-Team sehr nahe stand, der nächste prominente Funktionär, der Konsequenzen befürchten muss.

Ein weiterer ist nach "Welt"-Informationen Michel D'Hooghe (68), ebenfalls Fifa-Vorstand (seit 1988) und außerdem Medizinchef des Verbandes. Der Sohn des Belgiers bekam nach der WM-Vergabe eine Stelle als Arzt in Katar. Gegenüber der "Welt" wies er einen Zusammenhang mit seinem Stimmverhalten schon im Sommer zurück, nun gab er an, er habe gegenüber der Ethikkommission "ein paar Dinge zu bereits bekannten Fällen klarstellen" müssen.

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Quelle: Die Welt

Ärger droht auch dem Chilenen Harold Mayne-Nicholls (53). Der ehemalige Fußballboss Chiles und Fifa-Mitarbeiter soll vor der WM-Vergabe bei dem Chef eines großen katarischen Fußballprojekts um Jobs für seinen Sohn und seinen Neffen angefragt haben – trotz seiner Aufgabe als WM-Inspektor für den Fußball-Weltverband. Mayne-Nicholls kam in seinem Bericht für den Fifa-Vorstand zwar zu dem Schluss, dass die Voraussetzungen für ein Wüstenturnier schlecht sind. Dennoch stoßen der Ethikkommission die Aktivitäten des Chilenen in Katar übel auf. Bemerkenswert in diesem Zusammenhang ist, dass Mayne-Nicholls darüber nachdenkt, 2015 bei der Fifa-Präsidentschaftswahl gegen Sepp Blatter anzutreten. Jüngst erklärte er öffentlich, die Fifa könne nicht weitermachen wie bisher: "Wir brauchen einen Wechsel."

FBI jagt Fifa

Die Ermittlungen gegen einzelne Offizielle gehören zur Aufarbeitung der Geschehnisse rund um die WM-Vergabe 2010, wegen deren Art und Weise die Fifa scharf kritisiert wird. Ethikrichter Hans-Joachim Eckert zog in seinem Abschlussbericht fragwürdige Schlüsse, die Veröffentlichung des Ermittlungsberichts von Michael Garcia wird verhindert. Politiker und unbeteiligte Sportfunktionäre attackierten daraufhin die Fifa. Das US-amerikanische FBI hat seine Ermittlungen gegen den Verband intensiviert, und die Schweizer Bundesanwaltschaft beschäftigt sich mit den Korruptionsvorwürfen; die britische Betrugsbekämpfungsbehörde SFO will ebenfalls mit in die Ermittlungen einsteigen.

Auch bei der Uefa in Genf schütteln sie den Kopf über die Fifa. Obwohl Garcia Blatter nach "Welt"-Informationen in seinem Bericht scharf kritisiert, wird er in Eckerts Bericht ausdrücklich gelobt. Und Platini, einer der größten Blatter-Gegner? Dass der Franzose von Chefermittler Garcia entlastet wurde, schweigen sie bei der Fifa tot.

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