Pressemitteilung vom 18. Juni 2013

Überwachungsskandal PRISM: Digitale Gesellschaft e. V. erstattet Anzeige

Wegen des Verdachts auf Geheimdienstliche Agententätigkeit und Landesverräterische Agententätigkeit (§§ 98, 99 StGB) hat der Digitale Gesellschaft e. V. gestern Anzeige bei der Polizei erstattet. „Wir gehen davon aus, dass es sich bei PRISM um staatliche Spionage handelt, bei der sowohl private als auch staatliche Geheimnisse ausgeforscht wurden“, so Markus Beckedahl, Vorstand des Digitale Gesellschaft e. V. „Es liegt nahe, dass es für die entsprechenden Spionageprogramme Unterstützer im In- und Ausland gegeben hat. Beides ist nach dem Strafgesetzbuch kein Kavaliersdelikt, sondern eine Straftat. Polizei und Staatsanwaltschaft müssen nun ermitteln, ob es auch Täter in Deutschland gab.“

Nachdem in den vergangenen Tagen bekannt wurde, dass PRISM nur ein Bestandteil eines noch weit umfassenderen Spionageprogramms ist, hat sich der Digitale Gesellschaft e. V. zu diesem Schritt entschlossen. „Wir verlangen Aufklärung, wie diese beispiellose Grundrechtsverletzung geschehen konnte und wer daran mitwirkte“, sagt Markus Beckedahl. „Wir wollen die Namen, und wir wollen sie vor Gericht sehen.“ Mit der Strafverfolgung von PRISM-Mittätern in Deutschland könnten die Ermittlungsbehörden deutlich machen, dass sie den Schutz der Bürgerrechte ernst nehmen – und zwar auch dann, wenn es nicht ganz fern liegt, dass auch Mitarbeiter deutscher Behörden zu den Tätern zählen.

Am heutigen Dienstag ruft der Digitale Gesellschaft e. V. um 13 Uhr zu einer Willkommens-Aktion für US-Präsident Barack Obama am Checkpoint Charlie auf: Unter dem Motto

„YES WE SCAN“

werden an dem geschichtsträchtigen Ort der Konfrontation zwischen Ost und West Bürgerrechtler mit Überwachungs-Equipment bildhaft zeigen, wie dankbar sie dem US-Präsidenten für seine Aufmerksamkeit sind.

Der Digitale Gesellschaft e. V. setzt sich seit 2010 für eine nutzer- und bürgerrechtsfreundliche Netzpolitik ein. Er arbeitet unabhängig, parteiübergreifend und kampagnenorientiert. Er finanziert sich durch Spenden, Mitgliedsbeiträge und wird von über 150 Förderern unterstützt.

Für Rückfragen jeder Art steht der Verein unter der E-Mailadresse presse@digitalegesellschaft.de zur Verfügung. Interviewanfragen und Gesprächstermine werden ebenfalls über diese E-Mailadresse zeitnah koordiniert.

Die Anzeige ist absichtlich simpel und ohne Fachchinesisch formuliert worden. Hier der Wortlaut der Anzeige, die unser Vorsitzender Markus Beckedahl am Montag, den 17. Juni 2013 online bei der Polizei aufgegeben hat:

„Ich möchte eine Anzeige wegen des Verdachts auf Geheimdienstliche Agententätigkeit und Landesverräterische Agententätigkeit (§§ 98, 99 StGB) gegen Unbekannt erstatten.
In vielen Medien wird über das sogenannte Prism-Überwachungsprogramm des USA-Geheimdienstes NSA berichtet. Davon soll auch Deutschland betroffen sein, indem deutsche Staatsbürger, aber auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Bundes- und Landesbehörden überwacht worden sind.
Außerdem gibt es nach Presseberichten konkrete Hinweise darauf, dass Mitarbeiter des Bundesnachrichtendienstes von dem Spionage-System profitiert haben. Das lässt es naheliegend erscheinen, dass es Gegenleistungen des BND gab und sich deutsche Bedienstete des BND an Straftaten amerikanischer Stellen beteiligt haben.
Ich gehe davon aus, dass es sich bei PRISM um staatliche Spionage seitens amerikanischer Stellen handelt, bei der sowohl private als auch staatliche Geheimnisse der Bundesrepublik Deutschland ausgeforscht wurden. Es liegt nahe, dass es für die entsprechenden Spionageprogramme Unterstützer im In- und Ausland gegeben hat, etwa beim Bundesnachrichtendienst. All das ist nach dem Strafgesetzbuch kein Kavaliersdelikt, sondern eine Straftat.
Polizei und Staatsanwaltschaft müssen nun ermitteln, ob es auch Täter gab, die in Deutschland gehandelt haben, oder Deutsche, die sich im Ausland an den amerikanischen Spionagemaßnahmen beteiligt haben.“

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9 Meinungen zu “PRISM: Digitale Gesellschaft e. V. erstattet Anzeige

  1. profemo sagt:

    Warum wurde die Anzeige gegen Unbekannt und nicht direkt gegen Mr. Obama bzw. Angehörige der entsprechenden britischen und (us) amerikanischen Botschaft gestellt?

    vg
    p

    PS: Gleichzeitig könnte gegen beteiligte Unternehmen Anzeige wegen Beihilfe und Unterstützung geheimdienstlicher Aktivitäten gestellt werden. Aus den bisher veröffentlichten Informationen ist es nicht ersichtlich, welche Teile der Unternehmen Daten herausgegeben haben.

  2. Marcello sagt:

    Bin leider kein Juridt, aber kommt da nicht noch was hinzu ?
    StGB § 202a
    Ausspähen von Daten

    (1) Wer unbefugt sich oder einem anderen Zugang zu Daten, die nicht für ihn bestimmt und die gegen unberechtigten Zugang besonders gesichert sind, unter Überwindung der Zugangssicherung verschafft, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

    (2) Daten im Sinne des Absatzes 1 sind nur solche, die elektronisch, magnetisch oder sonst nicht unmittelbar wahrnehmbar gespeichert sind oder übermittelt werden.

  3. FOK sagt:

    Betr.: Prism: Digitale Gesellschaft e.V erstattet
    Strafanzeige

    Nach der Veröffentlichung Ihrer Strafanzeige habe ich registriert, dass bei „Google News“ die Links zu Medien, die darüber berichtet haben, weitgehend NICHT veröffentlicht wurden.

    Lediglich zwei Links wurden von Google News angezeigt: 1. Von der „Neckar-Chronik“ 2. von der „Neuen Westfälischen“ in Bielefeld („Protest gegen Obama“).

    Allerdings: Der Link zur „Neuen Westfälischen“ (NW) führte nach kurzer Zeit nicht mehr zum angezeigten Artikel auf der Website der NW, sondern nur noch zu folgenden Hinweis von „NW Online“: „Der angegebene Artikel ist nicht mehr verfügbar“.

    Zufall, Selbstzensur oder Zensur auf Wunsch Dritter?

    ————————————————-

  4. Anonymiss sagt:

    Bin ja mal gespannt, ob unsere Gefälligkeitsjustiz in der Anzeige einen hinreichenden Anfangsverdacht sieht, um eine Ermittlung einzuleiten. Ich glaube es nicht, dass dieser angebliche Rechtsstaat dazu in der Lage ist gegen den BND zu ermitteln. Wenn dem wirklich so ist, gibt es keine Gewaltenteilung in dieser angeblichen Demokratie und der BND steht außerhalb des Gesetzes und der Kontrolle :(

  5. Alexander sagt:

    Danke!

    Ist es erlaubt und erwünscht, den Text für eine eigene Anzeige zu übernehmen?

  6. Berthold sagt:

    Wer jetzt nicht aufsteht, verwirkt sein Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Die Vergangenheit zeigt fast lückenlos, das einmal gebrochene Dämme bei der Privatsphäre nie wieder geschlossen sondern immer nur weiter geöffnet werden. Vielen Dank für diese Aktion!

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